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Impressum:

 

Personen und Handlungen sind frei erfunden.

Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

 

 

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Alle Rechte vorbehalten.

 

 

Lektorat: Melanie Wittmann

Herstellung: Redaktions- und Literaturbüro MTM

www.literaturredaktion.de

Illustrationen: Roxana, Christian und Dietmar Timmer

 

 

 

 

ISBN: 978-3-86196-732-3 - Taschenbuch

ISBN: 978-3-96074-192-3 - E-Book

 

 

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Dietmar Timmer

Der
Mullimutspumper

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Inhalt

Der Mullimutspumper ...

 

... und der Bankraub in Uttwil bei Romanshorn

... reist zum Geburtstagsfest des Zauberers Gunimats

... und die Hexe von, auf und zu Ritzenstein

... der böse Waldkobold und der grüne Speiteufel

... und die Waldfee Mistelfix

... und das Gespenst in der Klause

... begegnet dem Eisalb

... auf dem Geburtstagsball des Zauberers Gunimats

... und die Rückfahrt mit seinen vier Freunden

... und der Schatz im alten Goldbergwerk

... und die Tränenliese

... endlich wieder zu Hause

... und Prof. Dr. Dr. Hubert Winzelmann

Der Mullimutspumper

imageDer Mullimutspumper war ein kleiner, drahtiger und kräftiger Mann, blitzschnell und flink, intelligent und listig, aber auch verträumt und oft in sich selbst versunken. Gutmütigkeit und Hilfsbereitschaft gehörten zu seinen besonderen Tugenden.

Wenn er etwas sah und Interesse hatte, blitzten seine kleinen Augen listig auf. Leute, die in Bedrängnis oder Not geraten waren, konnten mit seiner Hilfe rechnen. Seine Höflichkeit und Warmherzigkeit tat den Betroffenen gut, weswegen seine Beliebtheit groß war. Gegenüber rücksichtslosen Betrügern oder gar Dieben ging er konsequent und energisch vor.

In seinem langen Leben hatte er vieles gemacht und versucht: tischlern, backen, kochen, gärtnern sowie vieles mehr, aber nichts hat ihn zufriedengestellt. Bis ihm eines Tages der Zauberer Gunimats begegnete. Sie verstanden sich auf Anhieb und es begann eine lange, tiefe Freundschaft. Der Mullimutspumper konnte von Gunimats viele Zauberkünste lernen, wie Gegenstände zu vermehren, Feuerbälle und Farbringe zu zaubern und so weiter.

Trotz ihrer Freundschaft wurde es ihm auch mit Gunimats eines Tages zu viel. Der Mullimutspumper zog weiter, ging seinen Weg und traf auf den Zauberer Herakli aus Griechenland, von dem er noch einiges an Zauberei hinzulernen konnte. Aber ein richtig großer Zauberer wie seine Freunde zu werden, das lag dem Mullimutspumper nicht.

imageDoch eines Tages entdeckte er sich selbst, den Mullimutspumper, und das gestaltete sein weiteres Leben. Vor allem seine Fähigkeit, sich unsichtbar zu machen, war oft lebensrettend in der Gefahr. Allerdings erforderte dies sehr viel Konzentration, was zur schnellen Ermüdung führte. Somit konnte dieser Zustand nicht lange durchgehalten werden. Seine größte Fähigkeit aber war, sich ganz klein zu machen, etwa so groß wie eine Ameise.

Wenn man ihn unter einem Mikroskop betrachten würde, könnte man sehen, wie sein Hinterteil dabei ganz lang wurde, ihm zusätzlich an der Hüfte zwei Beine wuchsen, sodass er – seine Ärmchen mit eingerechnet – sechsbeinig wurde. Zudem sprossen ihm an der Schläfe zwei Fühler, die ihn Übernatürliches wahrnehmen ließen, Gefühle erspüren, ja, selbst mitunter Gedanken lesen lassen konnten. So klein und kräftig und mit diesen Gaben ausgestattet, konnte er durch jeden Spalt, jeden Türschlitz und jedes Schlüsselloch hindurchschlüpfen. Selbst senkrecht Wände hinaufzuklettern, und das in einer enormen Geschwindigkeit, stellte kein Problem für ihn dar. Mit diesen Fähigkeiten konnte nun jede Situation, jede Gefahr gemeistert werden.

Der Mullimutspumper lebte in seinem Unterwasserschloss tief im Bodensee, das war seine Heimat. Dieses Schloss war einst mit der Hilfe seines Freundes, des Zauberers Gunimats, gebaut worden. Es war kugelrund und wurde über einen seitlichen Geheimgang (eine Glasröhre mit einer Stahltreppe) vom Land aus betreten. Dieser Ort war streng geheim und darf natürlich auch in diesem Buch nicht verraten werden.

Das letzte Stück des Gangs glich einem Schnorchel, der unter der Wasseroberfläche lag. Mit einem nur dem Mullimuts-pumper bekannten Zauberspruch fuhr dieser an die Wasseroberfläche zum Ufer und genauso wieder zurück.

Betrachtete man das Unterwasserschloss von außen, sähe es aus wie ein in sich zusammengerollter Seeigel mit lauter Stacheln und einem großen Glasprisma, ähnlich dem Facettenauge eines Insekts, obenauf.

Von dem Geheimgang aus gelangte man in das Zentrum des Schlosses, einen großen Saal mit ebenjener linsenförmigen Glaskuppel aus tausend Facetten. Jede einzelne schimmerte in einer anderen Farbe, entweder ganz hell oder dämmrig. So erblühte ein Farbenrausch in diesem Saal, in dem oft große Feste gefeiert wurden.

Tagsüber konnte man den ganzen See und die Ufer betrachten. Vier mächtige Glassäulen, die oben fächerförmig wie eine Palme waren, trugen das Ganze. Unterhalb dieser Lichtkuppel waren rundherum lauter kleine Lamellen angebracht, die aussahen wie Muscheln und ständig in Bewegung waren, auf- und zuklappten und dabei dem Seewasser Sauerstoff entzogen, wie es die Fische mit ihren Kiemen machten. Dadurch wurde das Schloss mit Atemluft versorgt.

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In diesem Saal standen außerdem ein Esstisch für mindestens zwölf Personen und ein Liegestuhl mit großen Ohren, mit denen man dem Treiben auf dem See und am Ufer lauschen konnte.

Sonst war noch allerlei, was man zum Wohnen brauchte, vorhanden, auch eine gut ausgestattete Küche, denn der Mullimutspumper kochte leidenschaftlich gern.

Um den großen Saal herum waren die Schlafräume für ihn und seine Gäste angeordnet. Jeder Schlafraum hatte sein eigenes Bad und ein Bullaugenfenster, von wo aus der Seegrund betrachtet werden konnte wie in einem Unterseeboot.

In der Küche gab es alles, was man brauchte, allerlei Kräuter und auch ein Labor, wo all die Salben, Tees und Elixiere hergestellt wurden, die vielen Leute halfen, ihre Krankheiten zu kurieren. Ja, es war ein kleines, aber feines Unterwasserschloss.

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Der Mullimutspumper

... und der Bankraub
in Uttwil bei Romanshorn

imageDer Mulli, wie ihn seine Freunde nannten, war in seinem Liegestuhl eingeschlafen, er hatte wohl am Abend ein Glas Rotwein zu viel getrunken. Am frühen Morgen weckten ihn aufgeregte Stimmen, denn sein Liegestuhl hatte große Ohren, mit denen er alles hören konnte, was sich rund um den Bodensee abspielte. Und über die Facettenaugen der Lichtkuppel konnte er die Ufer betrachten.

In Uttwil bei Romanshorn war ein Getöse, Gewusel, Krach und Lärm, ein wildes, chaotisches Durcheinander. Der ganze Ort musste auf den Beinen sein, da war etwas nicht in Ordnung, irgendwas war da schiefgelaufen.

Man muss wissen, zwischen Uttwil in der Schweiz und Friedrichshafen in Deutschland ist der Bodensee am breitesten (14 Kilometer) und tiefsten (254 Meter).

Der Mullimutspumper beschloss, sich die Sache näher anzuschauen. Er schlüpfte in seine grüne Lederhose, die aus kleinen Schuppen (wie die von Fischen) genäht war, zog seine kastanienbraune Lederjacke an, schloss die großen bronzenen Knöpfe, setzte seinen schwarzen Hut auf (wie ein Fischkopf geformt, mit breiter Krempe und einer roten Feder obendrauf) und los ging es. Halt, er hatte vergessen, seine schwarzen Stiefel anzuziehen. Schnell hineingeschlüpft und schon eilte er ans Ufer zu seinem Wagen.

Sein Auto war ein Morgan Threewheeler. Der hatte vorne zwei und hinten ein Rad, war dunkelgrün und ein Geschenk von seinem Freund Snoby aus England. Der Mullimutspumper liebte das Fahrzeug und pflegte es voller Hingabe. Der Motor war vorne, zwei Zylinder wie bei einem Motorrad, man konnte ihn richtig arbeiten sehen, die Teile waren allesamt verchromt und blitzten sauber geputzt in der Sonne. Das Ganze sah aus wie bei einem alten Doppeldeckerflugzeug.

In Uttwil angekommen, stellte er sein Auto am Rathausplatz ab, gefolgt von einer Schar Kinder, die sich über seine Kleidung lustig machte. „Schuppenhase, Fischkopf, Hosenwurm, Knochenständer, Mägerlimucki“, riefen sie ihm nach. Er sah ja auch putzig aus.

„Ihr seid rotzfrech“, antwortete er ihnen. Da der Mullimutspumper Kinder liebte, hatte er immer eine Handvoll Bonbons in der Hosentasche, die er gerne verteilte. Nachdem er dies getan hatte, drängte er sich mitten in die Menschenmenge an der Uferpromenade hinein. Dort herrschten eine große Aufregung, ein wildes Durcheinander und lautes Reden, er verstand kein Wort, die Leute waren hektisch und aufgeregt.

Endlich konnte der Mullimutspumper in der Menschenmenge eine ältere Dame ansprechen, die ihm über das schreckliche Ereignis Auskunft gab. „In der kleinen Bank von Uttwil wurde eingebrochen und das ganze Geld der Uttwiler gestohlen“, berichtete sie. Daher die Aufregung, das war natürlich verständlich.

„Das ist ja furchtbar, richtig boshaft“, antwortete der Mulli, bedankte sich bei der Dame und ging zur Bank, um sich das Ganze näher anzusehen. Vor dem Gebäude waren bereits die Polizei aus Romanshorn, der Bürgermeister Ratschisch und der Ortspolizist Stringel versammelt. Ratschisch war ein großer, kräftiger Mann, nicht zu verwechseln mit einem Terminator, er war mit einem dunklen, etwas verbeulten Anzug bekleidet und trug einen kleinen schwarzen Hut mit schmaler Krempe. Sein Gesicht war geprägt von einem ausladenden Schnurrbart, einer Popelbremse.

Stringel war klein, gedrungen und etwas dicklich. Er trug seine Polizeiuniform, die schon etwas zu klein geworden war und aus allen Nähten zu platzen drohte. Er hatte einen ausgeprägten Stiernacken und sehr schwülstige Lippen. Der Mullimutspumper sprach die beiden an. „Können Sie mir bitte nähere Auskünfte über die Vorkommnisse hier geben?“

Doch die Männer wiesen ihn sehr barsch ab. „Du siehst doch, dass wir jetzt keine Zeit für dich haben“, antwortete Stringel mit scharfer Stimme.

Komisch, sonst waren die beiden immer sehr freundlich und zuvorkommend ihm gegenüber gewesen.

Über die Dröppelgasse (das sind kleine, enge Gässchen zwischen den Häusern, die im Mittelalter zum Brandschutz frei gelassen wurden) konnte man in den Hof der Bank sehen. Das Fenster zum Büro war eingeschlagen, die Scherben lagen verstreut auf dem Hofpflaster herum. Eine sehr nette, freundliche Polizistin aus Romanshorn sprach ihn an. „Was machen Sie denn hier?“, fragte sie ihn. Er stellte sich ihr vor und bekundete sein Interesse an den Uttwiler Bürgern, daraufhin gab sie ihm nähere Informationen. „In der Nacht wurde in das kleine Büro der Bank eingebrochen. Ein Hacker hat alle Kontodaten aus dem Computer gestohlen und dann sämtliches Geld der Uttwiler aus dem Geldautomaten gezogen. Wir wissen aber schon, wer es war. Der ortsbekannte Landstreicher Utzerup ist gestern im Ort gesehen worden und seitdem spurlos verschwunden“, berichtete sie.

Der Mulli bedankte sich bei ihr und fragte noch nach dem Bankdirektor Zirngibel.

„Der ist im Urlaub und kann nicht erreicht werden“, antwortete die Polizistin.

Nun musste der Mulli erst mal in ein Café gehen und sich stärken. Im Ortskern lag das kleine Lokal von Frau Rüffele. Dort angekommen ließ er sich über einer heißen Tasse Kaffee grübelnd die ganze Geschichte noch mal durch den Kopf gehen. Wenn man ein Fenster von außen einschlug, würden die Glasscherben nach innen und nicht in den Hof fallen. Der Utzerup als Hacker (das sind Leute, die sich unerlaubt in fremde Computer einloggen und darauf mitunter großen Schaden anrichten), das konnte nicht sein. Auch wenn er ein übler Gesell war, grimmig, böse und unbeherrscht, der Hellste war er schon in der Schule nicht gewesen, kurz: eine Blimse. Computer zu hacken, das konnte man ihm nicht zutrauen.

Hm ... hm ... Es half nichts, der Mulli musste ihn finden und mit ihm sprechen.

Als er den Ort verließ, sah er schon ein Plakat: Der Bankräuber Utzerup wurde gesucht, und wer ihn fasste, würde 1.000 SFR Belohnung erhalten.

„Das ging ja schnell“, dachte er, bevor er dem leicht geschwungenen Weg die sanfte Hügelkette hinauf in Richtung Wald folgte. Er kam an mehreren Bauernhöfen vorbei, wo er nach dem Utzerup fragte, doch keiner hatte ihn gesehen.

Am Waldrand angekommen fragte er einige Waldarbeiter, doch auch diese wussten nicht, wo sich der Landstreicher aufhielt.

Der Mulli kam am Waldgasthof vorbei und ging immer tiefer in den Wald hinein. Er kannte den Utzerup und auch das ein oder andere Versteck von ihm, doch er konnte ihn nicht finden.

Der Mulli machte oft ausgedehnte Wanderungen und kannte sich deshalb gut in der Gegend aus. Endlich kam er ganz oben am Bergkamm an, wo es eine Höhle mitten im Wald gab. Doch Vorsicht, lieber unsichtbar die Höhle betreten, schließlich sollte der Utzerup überrascht werden.

Unsichtbar, langsam wie eine Schnecke und ganz leise schlich er sich in die Höhle, immer tiefer hinein, es wurde düsterer und dunkler, er konnte schon fast nichts mehr sehen, als er über einen Stein stolperte, hinfiel und sofort wieder sichtbar wurde. Er holte seine Taschenlampe aus seiner Hosentasche, um sich einen Überblick zu verschaffen. Da entdeckte er eine Feuerstelle, die noch warm war.

Plötzlich huschte eine schwarze Gestalt über ihn hinweg. Durch das Licht der Taschenlampe wurde sie an die Höhlenwand projiziert, wodurch dort der riesige Schatten eines Vampirs mit ausgebreiteten Flügeln erschien. Das war dem Mullimutspumper unheimlich und er bekam eine Gänsehaut. Da ertönte ein Kreischen und Flattern über ihm. Er rannte, so schnell er konnte, aus der Höhle hinaus und fiel, draußen angekommen, der Länge nach auf die Nase.

Als er sich wieder einigermaßen gefasst hatte, merkte er, dass durch ihn ein Schwarm Fledermäuse aufgescheucht worden war, der sich nun in der Umgebung auf den Bäumen niederließ. Gott sei Dank war nichts weiter passiert, er musste ein wenig über sich selbst lachen.

Doch von Utzerup weiterhin keine Spur. Wenn er dagewesen war, musste er die Höhle bereits vor dem Mulli verlassen haben. Da kam ihm eine Idee: Er musste den Landstreicher überlisten.