9783864081576(ebook)

Inhalt

1. EINFÜHRUNG

2. DAS LEBEN VOR UND IN BUCHENWALD

3. VOR GERICHT IM DRITTEN REICH

4. ANGEKLAGT ALS KRIEGSVERBRECHERIN

5. DER PROZESS IN DEUTSCHLAND

6. RESÜMEE

7. ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

8. LITERATURVERZEICHNIS

9. ENDNOTEN

1. Einführung

Die Vorwürfe gegen Ilse Koch schockierten nach Kriegsende die Weltöffentlichkeit: Die Ehefrau des Lagerkommandanten des Konzentrationslagers Buchenwald habe sich Lampenschirme aus der tätowierten Haut ermordeter Häftlinge herstellen lassen. Diese Geschichte, gepaart mit weiteren Beschuldigungen, erschuf das Bild einer sadistischen und monströsen Person. Ilse Koch war die Verkörperung der Verbrechen, die in den zahlreichen Konzentrationslagern in Europa begangen worden waren.

Der Wahrheitsgehalt der Anschuldigungen ließ sich indes nie klären, der Lampenschirm-Vorwurf konnte nicht eindeutig bewiesen werden. Dennoch blieben genug andere Beschuldigungen gegen Ilse Koch, die das Bild einer bösartigen und sadistischen Person zeichneten. Im Buchenwaldprozess 1947 wurde sie schließlich wegen „common design“, also dem Mitwirken bei der Umsetzung eines Konzentrationslagers, wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu lebenslanger Haft verurteilt. Zwei Jahre später hatte ein Revisionsantrag Erfolg und das Urteil gegen Ilse Koch wurde auf vier Jahre Haft reduziert.

Das Entsetzen über die Urteilsminderung war insbesondere in den USA gewaltig. Die Presse überschlug sich mit immer neuen Anschuldigungen und Beleidigungen gegen die „Hexe von Buchenwald“. Diese trafen auch den verantwortlichen Militärgouverneur Lucius Dubignon Clay, das Revisionsgericht und sogar die US-Armee. Alle, die in irgendeiner Form mit der Urteilsminderung zu tun hatten, wurden attackiert. Schnell mischten auch Opferverbände und Lobbygruppen in der Diskussion mit. Bei Kundgebungen wurde die Empörung über die erfolgreiche Revision im Fall Ilse Koch zum Ausdruck gebracht. Die heftigen Reaktionen verfehlten ihre Wirkung nicht: Ilse Koch sollte erneut verurteilt werden.

Da nach amerikanischem Recht ein zweites Gerichtsverfahren wegen des gleichen Vorwurfes nicht möglich war und die Beweislage für ein Verfahren wegen Kriegsverbrechen zu dünn erschien, sollte sich ein deutsches Gericht des Falls Koch annehmen. 1949 kam es in Augsburg abermals zur Anklage und zur neuerlichen Verurteilung zu lebenslanger Haft, dieses Mal wegen Verbrechen gegen deutsche Staatsbürger. Der Fall Ilse Koch war zum Politikum geworden.

Die „Bestie von Buchenwald“ war bis zu ihrem Tod von der eigenen Unschuld überzeugt, wie sie auch gegenüber ihren Kindern regelmäßig betonte. Die von ihrem Anwalt immer wieder gestellten Gnadengesuche wurden allesamt abgelehnt. 1967 nahm sie sich schließlich in ihrer Zelle das Leben.

Ziel dieser Biographie ist nicht die Erstellung eines Psychogramms, sondern die Rekonstruktion der Geschichte einer Frau, die eine außergewöhnliche Rolle in der Geschichte der Nachkriegszeit spielte. Als Symbol der NS-Verbrechen sollte von Seiten der Alliierten Rache an Ilse Koch genommen werden. In der jungen Bundesrepublik wiederum diente Ilse Koch als Beispiel des schrecklichen Nazis, der – anders als die meisten „braven“ Deutschen – wirklich Schuld trug und auch vor Mord an den eigenen Mitbürgern nicht zurückschreckte.

Wie war die „Kommandeuse von Buchenwald“? Wer war Ilse Koch?