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Ulrich Scholz
Sven Pastoors
Joachim H. Becker

Einführung in nachhaltiges Innovationsmanagement
und die Grundlagen des Green Marketing

Dr. Ulrich Scholz ist seit 17 Jahren als Hochschullehrer mit Schwerpunkt Marketing und Management an der Fontys International Business School in Venlo (NL) tätig. Seine Forschungs- und Beratungsschwerpunkte liegen im Relationship Marketing und in der Marktforschung.

Dr. Sven Pastoors, Politikwissenschaftler, arbeitete in den letzten 15 Jahren unter anderem als Hochschullehrer an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (DE), der Radboud Universiteit Nijmegen (NL) und der Fontys International Busi-ness School in Venlo (NL). Zu seinen Lehr- und Forschungsschwerpunkten zählen Innovations-Management (Open Innovation), Regieren im Europäischen Mehr-ebenen¬system und Bürgerkommunikation.

Joachim H. Becker, Sozialwissenschaftler, ist seit 15 Jahren als Hochschullehrer mit den Hauptschwerpunkten Kommunikation und Personalwesen an der Fontys Inter-national Business School in Venlo (NL) tätig. Weitere Schwerpunkte liegen in der Organisationssoziologie (NPO’s) und dem Personalcoaching.

Ulrich Scholz
Sven Pastoors
Joachim H. Becker

Einführung in nachhaltiges
Innovationsmanagement und die
Grundlagen des Green Marketing

Tectum Verlag

Ulrich Scholz

Einführung in nachhaltiges Innovationsmanagement und die Grundlagen des Green Marketing.

© Tectum Verlag Marburg, 2015

ISBN: 978-3-8288-6333-0

Umschlagabbildung: Gestaltung unter Verwendung
von shutterstock.com © Kheng Guan Toh

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Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen National¬bibliografie; detaillierte bibliografische Angaben sind
im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

INHALTSVERZEICHNIS

1 Einleitung

1.1 Nachhaltigkeit und Innovation

1.2 Aufbau des Buches

2 Awareness

2.1 Das Konzept der Nachhaltigkeit

2.2 Problemstellung

2.3 Sozio-ökonomische Effekte, die nachhaltiges Handeln erschweren

2.4 Nachhaltigkeitsindikatoren

2.5 Ökoeffizienz vs. Ökoeffektivität

3 Identification

3.1 Der Innovationsbegriff

3.2 Arten der Innovation

3.3 Der interne Innovationsprozess (Closed Innovation)

3.3.1 Der Innovationsprozess nach Witt

3.3.2 Der Innovationsprozess nach Wildemann

3.3.3 Das Drei-Phasen-Modell

3.3.4 Der Innovationsprozess nach Thom

3.3.5 Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Modelle

3.4 Der offene Innovationsprozess (Open Innovation)

3.4.1 Arten der Open Innovation

3.4.2 Lead User Innovationen – Wie Unternehmen Innovationen ihrer Kunden nutzen

3.5 Der nachhaltige Innovationsprozess (Sustainable Innovation)

4 Ideation

4.1 Ideenfindung

4.2 Kreativitätstechniken

4.2.1 Kreativ-Intuitive Methoden

4.2.2 Systematische-Analytische Methoden

4.2.3 Übersicht einiger ausgewählter Methoden

4.3 Auswahl und Bewertung der Ideen

4.4 Innovationsworkshop

5 Incubation

5.1 Customer Insight

5.2 Einordnung der Customer Insight in den Marktforschungsprozess

5.3 Aktivierung des Kundenwissens

5.4 Das Phasenkonzept der Customer Insight

6 Implementation

6.1 Umweltmanagement und Life Cycle Assessment

6.1.1 Qualitätsmanagement: Produkt/Prozessaspekte

6.1.2 Soziale Aspekte

6.1.3 Ökologische Aspekte

6.1.4 Life Cycle Assessment

6.2 Cradle to Cradle als neue Philosophie der nachhaltigen Innovation

6.2.1 Die „vier goldenen Regeln“ des Cradle to Cradle

6.2.2 Zertifizierung des Cradle to Cradle Prinzips

7 Marketing

7.1 Green Marketing

7.2 Nachhaltiges Marketing und Green Marketing

7.3 Green Washing

7.4 Strategisches Green Marketing

7.5 LOHAS: Die Zielgruppe des Green Marketing

7.6 Green Marketing und nachhaltige Innovation

Literaturverzeichnis

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abbildung 2.1Die vier ‚E‘ der Nachhaltigkeit

Abbildung 2.2Der ökologische Fußabdruck

Abbildung 2.3Nachhaltigkeitsindikatoren im Vergleich

Abbildung 2.4Ökoeffizienz

Abbildung 2.5Ökoeffizienz versus Ökoeffektivität

Abbildung 3.1Der Innovationsprozess nach Witt

Abbildung 3.2Der Innovationsprozess und seine Gestaltung

Abbildung 3.3Der „3 Phasen-Trichter“ der Innovation

Abbildung 3.4Innovationsprozess nach Thom

Abbildung 3.5Die vier Schritte im nachhaltigen Lead User Prozess nach Herstatt, Lüthje und Lettl

Abbildung 5.1Methoden der Datenerhebung

Abbildung 5.2Vor- und Nachteile der einzelnen Befragungsarten

Abbildung 5.3Aktivierungsprozess des Customer Insight

Abbildung 5.4Durch „Outside In“ und „Inside Out“ Betrachtung zu Customer Insights

Abbildung 6.1Die Kernthemen sozialer Verantwortung von Unternehmen nach DIN 26000

Abbildung 6.2Allgemeine Vorgehensweise der Entwicklung eines Life Cycle Assessment

Abbildung 6.3Life Cycle Assessment eines Autos

Abbildung 6.4Die vier Schritte des LCA

Abbildung 6.5Gegenüberstellung des biologischen und technischen Kreislauf

Abbildung 6.6Biologischer Kreislauf im Cradle to Cradle Modell

Abbildung 6.7Der Technische Kreislauf im Cradle to Cradle Modell

Abbildung 7.1Systematik von Marketingstrategien und strategischen Optionen

Abbildung 7.2Entwicklung einer Green Marketing Strategie

Abbildung 7.3Stufen von Green-Marketing-Aktivitäten

Abbildung 7.4Die Kundengruppen des Green Marketing

Abbildung 7.5Gegenüberstellung von Unternehmens ausrichtung und Kundeneinstellung

Abbildung 7.6Neun Felder Matrix nach Grant

Abbildung 7.7Merkmale der Zielgruppe LOHAS

Abbildung 7.8Themenfelder durch die LOHAS beeinflusst werden

Abbildung 7.9Das Kondratieff Zyklus Modell

TABELLENVERZEICHNIS

Tabelle 4.1Gruppen der Kreativitätstechniken

Tabelle 4.2Beispiel: Verpackung für Waschmittel

Tabelle 4.3Neun-Fenster-Methode (TRIZ)

Tabelle 4.4Einteilung nach Einsatzgebiete

Tabelle 4.5Einfache Plus-Minus-Liste

Tabelle 4.6PMI – Methode

Tabelle 4.7Entscheidungsmatrix Vorlage 1

Tabelle 4.8Entscheidungsmatrix Vorlage 2

1 EINLEITUNG

1.1 Nachhaltigkeit und Innovation

Die Begriffe Nachhaltigkeit und Innovation dürfen nicht losgelöst voneinander betrachtet werden. Ziel nachhaltiger Innovationen ist es, neue Produkte und Technologien wirtschaftlich nutzbar zu machen und dadurch die eigene Marktposition zu stärken. Die Unternehmen richten ihre Marketingaktivitäten dabei zum einen an technologischen und innovativen Entwicklungen und zum anderen an den Wünschen, den Erwartungen und den Problemstellungen ihrer Kunden aus. Grundsätzlich sind zwei unterschiedliche Ausgangspositionen möglich:

Am Markt existieren bereits andere Produkte, mit denen ein bestehendes Problem gelöst werden kann. In diesem Fall wird im Rahmen der Marktforschung untersucht, ob und wie bestehende Kundenanforderungen und – probleme mit Hilfe der neuen Lösungsansätze preiswerter, einfacher und dadurch besser gelöst werden können.

Am Markt ist noch kein anderer Lösungsansatz erhältlich: Da noch kein Lösungsansatz existiert, besteht am Markt noch kein Bedarf, aber eventuell bereits ein Bedürfnis. In diesem Fall wird geprüft, welche Kundenprobleme mithilfe der neuen Technologie gelöst werden können und wie ein Bedarf für das Produkt geschaffen werden kann.

Das Markt-Technologie-Dilemma beschreibt den Gegensatz zwischen den Anforderungen und Wünschen der Kunden einerseits und den technologischen Möglichkeiten andererseits. Nicht alles, was sich die Kunden wünschen, ist technisch machbar oder moralisch wünschenswert. Andererseits müssen neue technische Entwicklungen in der Regel zuerst an die Wünsche der Kunden angepasst bzw. Bedürfnisse geweckt werden. Dies gilt besonders für Innovationen. Nur etwa sechs Prozent aller neuen Produkte schaffen es, sich dauerhaft auf dem Markt durchzusetzen (vgl. Vahs; Burmeister, 2005, S. 25). Fast die Hälfte aller Entwicklungsleistungen fließt in Projekte, deren Ergebnisse nie auf den Markt kommen. Unternehmen wenden viel Zeit und Geld auf, um auf der Basis ihrer Marktkenntnis und Erfahrungen ein neues Produkt zu entwickeln. Diese Unternehmen können häufig nur schwer verstehen, dass ihr Produkt und dessen Anwendungen angepasst werden müssen. Sie scheitern, weil ihre Produkte übertrieben aufwendig ausgestattet sind oder an den Bedürfnissen der Kunden vorbeientwickelt wurden. Der Erfolg eines Produktes hängt stark von der Informationsbereitschaft der Verbraucher/Kunden ab. Von ihren Endkunden und von den Händlern vor Ort erfahren Unternehmen, was gewollt und gefragt ist. Diese Informationen fließen anschließend mit in die Produktentwicklung und -weiterentwicklung ein.

Die Unternehmen müssen deshalb zusammen mit den Kunden in die Zukunft schauen, um zu erkennen, welche Probleme gelöst werden müssen. Dabei müssen sie darauf achten, dass nicht alle Kunden gleich sind, sondern dass es eine große Vielfalt verschiedener Kunden gibt, von denen jeder seine eigenen speziellen Anforderungen hat. Aber sie alle verbindet der Wunsch, mit Hilfe neuer Technologien ihre Probleme zu lösen. Das bedeutet nicht nur, dass Produkte stärker kundespezifisch entwickelt werden, sondern auch, dass technisch hochwertige Produkte so flexibel entwickelt werden, dass sie eine Vielfalt spezifischer Kundenwünsche erfüllen.

Innovationen und neuartige Produkte sind frühzeitig dem Markt zu kommunizieren, da der Kunde vom Nutzen der neuen Produkte erst überzeugt werden muss. Innovationen werden nicht um ihrer selbst willen gekauft. Der Neuigkeitswert von Innovationen allein ist kein Verkaufsargument. Kunden sind neuen Technologien gegenüber oft eher kritisch eingestellt. Ein Kunde wird sich nur dann für ein Produkt entscheiden, wenn es dem Unternehmen gelingt, dem Kunden den entscheidenden Vorteil des jeweiligen Produktes zu vermitteln. Deshalb ist es wichtig, die Nutzungsvielfalt neuer Produkte zu erhöhen, um so eine frühestmögliche Akzeptanz zu schaffen. Das Marketing muss deshalb im Entwicklungsprozess von Beginn an gleichberechtigt berücksichtigt werden. Innovationen sind zudem stärker nutzenorientiert zu kommunizieren.

1.2 Aufbau des Buches

Das vorliegende Buch bietet einen Überblick über die Grundlagen zum Thema „Nachhaltige Innovationen“ (Sustainable Innovation). Hierzu werden in den Kapiteln „2 Awareness“ und „3 Identification“ die Begriffe „Nachhaltigkeit“ und „Innovation“ dargestellt und in einen betriebswirtschaftlichen Kontext eingebettet. Im vierten Teil „4 Ideation“ zeigt das Buch den Prozess der Ideenfindung- und Auswahl von nachhaltigen Produkten auf. Anschließend werden in Kapitel „5 Incubation“ diese Ideen mit den Kundenwünschen abgeglichen. In Kapitel „6 Implementation“ werden unterschiedliche Ansätze zur Umsetzung nachhaltiger Innovationen vorgestellt. Die Implementierung erfolgt durch neue Ansätze wie Cradle to Cradle1 oder über das Qualitäts- und Umweltmanagement, dessen Ausgangspunkt die kritische Betrachtung das Life Cycle Assessment2 ist. Abschließend wird in Kapitel „7 Green Marketing“ eine Marketingstrategie entwickelt, die ökologische und soziale Aspekte berücksichtigt. Das „Green Marketing“ ermöglicht eine direkte Ansprache einer neudefinierten, ständig größer werdenden Kundengruppe, den „LOHAS“3.

Das Buch folgt in seinem Aufbau sechs möglichen Schritten eines nachhaltigen Innovationsprozesses:

Awareness: Zu Beginn des Innovationsprozesses müssen sich die Beteiligten Akteure als erstes eines bestehenden Problemes bewusst werden.

Identification: Haben die Akteure (z. B. ein Unternehmen oder die Kunden) ein Problem erkannt, gilt es, dieses möglichst genau zu definieren.

Ideation: Im Rahmen des Kreativprozesses werden nun Lösungen für das vorher definierte Problem entwickelt.

Incubation: Mit Hilfe von Marktforschung und Customer Insight werden diese Lösungsansäze bzw. innovative Produktideen auf ihre Martktauglichkeit überprüft.

Implementation: Um sicherzugehen, dass ein Unternehmen bzw. ein Produkt dauerhaft auf dem Markt erfolgreich ist, bedienen sich Unternehmen Philosophien wie Cradle-to-Cradle oder Managementsystemen wie der Corporate Social Responsibility (CSR) oder dem Life-Cycle-Assessment

Green marketing: Den End- und gleichzeitig Anfangspunkt des nachhaltigen Innovationsprozesses bildet das Green Marketing, das die Kunden aktiv in den Prozess mit einbindet.

1Eine neue Denkweise im Umgang mit Stoffströmen.

2Analyse der Umweltwirkungen von Produkten während des gesamten Lebensweges.

3Personen die einen gewissen Lebensstil nachgehen, wobei diese einen besonderen Wert auf Gesundheitsbewusstsein und -vorsorge sowie der Ausrichtung nach Prinzipien der Nachhaltigkeit legen.

2 AWARENESS

2.1 Das Konzept der Nachhaltigkeit

„Nachhaltige Entwicklung trägt den Bedürfnissen der heutigen Generation Rechnung, ohne die Möglichkeiten zukünftiger Generationen zu gefährden, ihren eigenen Bedürfnissen nachzukommen.“4 Diese Definition der Vereinten Nationen prägt seit 1987 die Diskussionen über die Begriffe der Nachhaltigkeit und der nachhaltigen Entwicklung. Nachhaltigkeit beschreibt somit die Fähigkeit einer Gesellschaft, Organisation oder eines Unternehmens, so zu wirtschaften, dass sie auch in Zukunft noch Bestand haben werden (bzw. auf Englisch ‚the capacity to endure‘5). Dies gilt nicht nur für jeden Einzelnen oder jedes Unternehmen, sondern auch für die Menschheit als Ganzes. Auf lange Sicht darf die Weltgemeinschaft nicht einen Teil der Kosten auf zukünftige Generationen abwälzen. Dies beinhaltet auch, dass einzelne Gesellschaften nicht zu Lasten der Menschen in anderen Regionen der Erde konsumieren dürfen.

Auch wenn es bereits im Altertum die ersten Forderungen nach einer nachhaltigen Nutzung der natürlichen Ressourcen gab, spielte die effiziente Nutzung natürlicher Ressourcen lange Zeit keine Rolle (Rogall, Holger (2012), S. 29–31). Der Begriff „Nachhaltigkeit“ selbst entstand erst im 18. Jahrhundert im Bereich der Forstwirtschaft.6

Die Diskussion über nachhaltige Entwicklungen hat ihren Ursprung in der Weltwirtschaftskrise der 1970er Jahre. Durch die Krise wurde deutlich, dass die Menschheit durch die Übernutzung der natürlichen Ressourcen ihre eigene Lebensgrundlage gefährdet. Heute ist Nachhaltigkeit ein wirtschaftliches Gesamtkonzept. Ökonomische, ökologische und soziale Entwicklungen dürfen nicht voneinander getrennt oder gegeneinander ausgespielt werden: kein dauerhafter wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Fortschritt ohne eine intakte Umwelt – keine intakte Umwelt ohne wirtschaftliches und gesellschaftliches Wohlergehen. Eine einseitige Fokussierung auf umweltpolitische Ziele würde dazu führen, dass sich nur umweltinteressierte Akteure an den notwendigen Maßnahmen beteiligen.

Nachhaltigkeit ist eine Querschnittsaufgabe, weil sie alle Bereiche des Lebens berührt. Ihre Umsetzung ist eine globale Herausforderung. Denn durch die Globalisierung sind die gesellschaftlichen, ökonomischen und ökologischen Folgen in allen Teilen der Welt spürbar. Umwelt- und Entwicklungsprobleme können nicht von einem Land allein, sondern nur gemeinsam in enger Zusammenarbeit gelöst werden. Aus diesen ökologischen und sozialen Herausforderungen lassen sich die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit ableiten:

Ökologische Nachhaltigkeit (Ecological):

Ökologische Nachhaltigkeit beschreibt den schonenden Umgang mit Ressourcen und der Umwelt.

Sie umfasst alle Schritte des Lebenszyklus (Gewinnung der Rohstoffe, Produktion, Verpackung, Marketing, Transport, Gebrauch und Entsorgung) eines Produktes.

Als ökologisch nachhaltig gilt eine Produktions- bzw. Lebensweise, die die natürlichen Lebensgrundlagen nur in dem Maße beansprucht, wie diese sich regenerieren. (vgl. Rogall, Holger (2012), S. 47.)

Soziale / Ethische Nachhaltigkeit (Ethical):

Soziale/Ethische Nachhaltigkeit beschreibt den verantwortungsvollen Umgang mit allen an einem Prozess beteiligten Menschen.

Ziel ist es, sozialen Spannungen und Konflikte auf friedlichem und zivilem Wege auszutragen.

Innerhalb von Unternehmen betrifft dies z. B. den Umgang mit den Mitarbeitern, die Beziehungen zu Interessensgruppen oder die Verantwortung des Unternehmens gegenüber der Gesellschaft(CSR). (vgl. Rogall, Holger (2012), S. 47f.)

Ökonomisch/Wirtschaftliche Nachhaltigkeit (Economical):

Wirtschaftliche Nachhaltigkeit zeichnet sich durch einen effizienten Mitteleinsatz aus.

Jede Organisation (ein Unternehmen, ein Staat oder eine Gesellschaft) oder Individuum sollte wirtschaftlich nicht über ihre Verhältnisse leben, da dies zwangsläufig auf Kosten der nachkommenden Generationen geschehen würde.

Wirtschaftliches Handeln gilt als nachhaltig, wenn das Geschäftsmodell dauerhaft betrieben werden kann. (vgl. Rogall, Holger (2012), S. 48.)

Integrativer Ansatz (‚Embedment’):

Das Drei-Säulen-Modell ist sowohl in der Praxis als auch in der Fachliteratur umstritten. Kritiker bemängeln vor allem, dass sich das Modell schlecht operationalisieren lässt und sich deshalb kaum konkrete Maßnahmen für die Praxis ableiten lassen. (vgl. Stockmann, R. (1996), S. 74f). Die Drei Säulen der nachhaltigen Entwicklung werden deshalb häufig um eine vierte Säule – die betriebliche bzw. politische Verankerung der Nachhaltigkeit auf der operativen Ebene (‚Integrativer Ansatz’ oder ‚Institutionelle Ebene‘ bzw. auf Englisch ‚embedment‘7) – ergänzt. So wurde das Drei-Säulen-Modell vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) um die institutionelle Dimension (Operationalisierung8 der Nachhaltigkeit) erweitert und entsprechend weiterentwickelt. Im Mittelpunkt steht dabei die Verknüpfung der institutionelle Ebene mit den anderen drei Säulen. (vgl. Jörissen, J. u.a. (1999): Ein integratives Konzept nachhaltiger Entwicklung)

Zusammenfassung:

Als viertes „E“ wird häufig noch „Embedment“ (die „institutionelle Ebene“ bzw. der „integrative Ansatz“) genannt, die Einbettung des Nachhaltigkeitsgedanken in die Prozesse und Strukturen einer Organisation.

Voraussetzung für Embedment ist eine Bewusstseinsveränderung bei allen beteiligten Akteuren.

Zu den Maßnahmen im Bereich Embedment zählen z. B. Bildung und Weiterbildung oder ein funktionierendes Innovationsmanagement. (vgl. Rogall, Holger (2012), S. 49.)

Abb. 2.1: Die vier ‚E‘ der Nachhaltigkeit

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Quelle: eigene Zusammenstellung

2.2 Problemstellung

Seit gut 50 Jahren wächst sowohl bei Wissenschaftlern als auch bei Unternehmen die Erkenntnis, dass die Menschheit ‚über ihre Verhältnisse lebt’ und ihre ‚natürlichen Lebensgrundlagen zunehmend übernutzen’ (Rogall, Holger (2008), S. 31). Die Menschen nehmen mehr von der Natur, als natürlich nachwachsen kann. Die Übernutzung und Verschmutzung der natürlichen Systeme äußert sich auf unterschiedliche Arten:

Verknappung infolge der Ausbeutung natürlicher Ressourcen (z. B. Süßwasser, Tropische Wälder, Weltmeere)

Der Klimawandel und der steigende Verbrauch fossiler Brennstoffe (z. B. Öl, Kohle)

Die Verschmutzung der Umwelt und die damit verbundene Gefährdung der Gesundheit (z. B. durch unsachgemäße Abfallentsorgung)

Zerstörung von Ökosystemen und der Artenvielfalt (vgl. Rogall, Holger, 2008, S. 31)

Extreme Ausbeutung von Menschen in anderen Ländern (z.B. Produktion unter Menschen unwürdigen Bedingungen oder Zerstörung der Lebensgrundlagen)

Steigender Verbrauch regenerativer Ressourcen

Die Menschheit verbraucht mehr regenerative Ressourcen, als die Ökosysteme in der gleichen Zeit erneuern können.

Die wichtigste Ressource ist das Süßwasser. Ernährung und Wohlstand, aber auch viele industrielle Prozesse hängen von der Verfügbarkeit und der Qualität sauberen Trinkwassers ab. Die Wasservorräte auf der Erde bestehen jedoch zu 96 % aus Salzwasser, weitere 3 % sind im Eis gebunden. Nur 1 % der Vorräte ist potenziell für den menschlichen Gebrauch geeignet. Bereits heute leben 2,5 Milliarden Menschen ohne sauberes Trinkwasser (Vgl. UNICEF/WHO-Report, 2012). Der Kampf um sauberes Trinkwasser droht deshalb einer der Hauptgründe für künftige Kriege werden.

Zudem verringert sich die Waldfläche rapide. Dies führt zur Beschleunigung des Klimawandels und zur Verödung großer Gebiete. Anfang des 20. Jahrhunderts bedeckten die tropischen Regenwälder noch rund 12 % der Erdoberfläche, heute sind sie auf 6 % zusammengeschrumpft (Vgl. FAO, 2005).

Ein weiteres Problem sind die Versiegelung und Erosion urbarer Böden. Jedes Jahr geht mehr landwirtschaftliche Nutzfläche durch Versiegelung und Erosion verloren, als neue Flächen erschlossen werden können.

Auch die Überfischung der Meere führt zur Zerstörung von Ökosystemen. So hat sich der Gesamtbestand an Fischen weltweit seit Beginn der 1970 Jahre halbiert (Vgl. Rogall, Holger, S. 35).

Klimawandel

Die globale Durchschnitttemperatur hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, wie z. B. der Sonnenaktivität, seismischen Aktivitäten oder der Konzentration an Treibhausgasen in der Erdatmosphäre. In den letzten drei Milliarden Jahren ist es auf der Erde mehrfach zu großen Klimaveränderungen gekommen. Die letzte Kaltzeit, die weltweit zum Sterben vieler Tier- und Pflanzenarten führte, endete erst vor rund 12.000 Jahren.

Seit der industriellen Revolution setzen die Menschen immer mehr Treibhausgase frei. So ist die CO2 Konzentration in der Atmosphäre von 1850 bis 2005 mit 35 % stärker gestiegen, als in den 650.000 Jahren davor. Dies hat zu einer Erwärmung der Atmosphäre um 0,8°C geführt, die sich in den nächsten Jahren noch weiter verstärken wird. Die kritische Marke würde überschritten, wenn sich die Erdtemperatur um weitere 1,2°C erwärmen sollte (Pachauri, R.K./Reisinger, A., 2007, S. 2). Gelingt es den Menschen nicht, den weiteren Anstieg der Durchschnittstemperatur auf 1,2°C zu begrenzen, wird dies gravierende Folgen für das Leben auf der Erde haben. Während der Meeresspiegel weiter stiege, verringerten sich weltweit die Süßwasserreserven. Dies würde zu Wüsten- und Steppenbildung und sinkenden Ernteerträgen führen. (Pachauri, R.K./Reisinger, A., 2007, S. 10). Neben Mangelernährung in Folge schlechter Ernten und der steigenden Seuchengefahr bedrohen die extremen Wetterbedingungen Millionen von Menschen. So forderte die Hitzewelle im Sommer 2003 in Europa nach Schätzungen der World Health Organisation (WHO) rund 70.000 Todesopfer (vgl. Robine, J.M., 2007).

Der Klimawandel wird in den nächsten Jahren extreme wirtschaftlichen Kosten verursachen und die Lebensgrundlagen für Hunderte Millionen Menschen zerstören (Stern, N. (2006), S. 1). Diese Entwicklung lässt sich langfristig nur stoppen, wenn sich alle Staaten der Erde an den Maßnahmen zur Senkung des CO2 Ausstoßes beteiligen. Die einzige politisch durchsetzbare Lösung ist es, jedem Menschen die gleichen Emissionsrechte zuzuteilen. Dies bedeutet jedoch, dass vor allem die westlichen Industrienationen ihren CO2 Ausstoß rapide senken müssten.

Ein Grund für den Klimawandel ist die Verbrennung fossiler Brennstoffe. Obwohl sich die weltweiten Reserven langsam ihrem Ende neigen9