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Nr. 242

– ATLAN exklusiv Band 103 –

 

Brennpunkt Vergangenheit

 

Atlan und Fartuloon auf Arkon – als Augenzeugen einer Legende

 

von H. G. Ewers

 

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Das Große Imperium der Arkoniden kämpft um seine nackte Existenz, denn es muss sich sowohl äußerer als auch innerer Feinde erwehren. Die äußeren Feinde sind die Maahks, deren Raumflotten den Streitkräften des Imperiums schwer zu schaffen machen. Die inneren Feinde Arkons sind die Herrschenden selbst, deren Habgier und Korruption praktisch keine Grenzen kennen.

Gegen diese inneren Feinde ist der junge Atlan, der rechtmäßige Thronerbe und Kristallprinz von Arkon, bereits mehrmals erfolgreich vorgegangen. Selbst empfindliche Rückschläge entmutigen ihn nicht und hindern ihn und seine Helfer nicht daran, den Kampf gegen Orbanaschol III., den Diktator und Usurpator, mit aller Energie fortzusetzen.

Gegenwärtig ist Atlan allerdings nicht in der Lage, an diesem Kampf mitzuwirken, da er, sowie ein paar Dutzend seiner Gefährten von der ISCHTAR im Bann Akon-Akons, des Psycho-Tyrannen, stehen, gegen dessen Befehle es keine Auflehnung gibt.

Akon-Akon, der mit Atlans und Fartuloons Hilfe den »Stab der Macht« in Besitz nehmen konnte, treibt die von ihm beherrschte Gruppe von Männern und Frauen durch einen neuen Transmittersprung weiter ins Ungewisse und Unbekannte.

Der Kristallprinz und Fartuloon werden dabei zu Augenzeugen einer Legende – denn sie geraten in den BRENNPUNKT VERGANGENHEIT ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Caycon und Raimanja – Ein Liebespaar, das zur Legende wird.

Atlan und Fartuloon – Der Kristallprinz und sein Erzieher werden zu Augenzeugen der Vergangenheit.

Akon-Akon – Das »wache« Wesen.

Tarmin cer Germon – Biogenetiker von Akon.

Orthrek – Spezialist des Energiekommandos.

Die Legende von Caycon und Raimanja

 

Es geschah in der dunklen Zeit, als das Große Imperium nur als Idee in den Köpfen einiger vorausschauender Männer existierte, dass sich Caycon und Raimanja in Liebe zusammenfanden. In dem Chaos, das damals auf Arkon herrschte, wurde ihre Liebe harten Bewährungsproben ausgesetzt, denn ihre Familien standen sich in offener Feindschaft gegenüber.

Caycon war der jüngste Sohn der Akonda-Familie, die im Großen Befreiungskrieg, der zur Loslösung vom Mutterimperium geführt hatte, eine führende Rolle gespielt hatte und die neue Kolonie im Kugelsternhaufen Urdnir regierte. Raimanja dagegen gehörte zur Sulithur-Familie, die die Opposition anführte und die politischen Ziele der Akonda-Familie erbittert bekämpfte. Es blieb nicht bei den Auseinandersetzungen der Redner im Regierungshaus. Oft bekämpften sich Anhänger beider Familien mit der Waffe in der Hand, und manchmal tobten tagelang erbitterte Straßenkämpfe.

Unter diesen Umständen konnten Caycon und Raimanja nicht darauf hoffen, die Einwilligung ihrer Familien zur Eheschließung zu erlangen. Als sie dennoch zusammenzogen, wurden sie aus ihren Familien ausgestoßen. Sie begannen ihr gemeinsames Leben nur mit den Besitztümern, die sie am Leibe trugen. Freunde halfen ihnen, sich eine Hütte zu bauen.

Als Raimanja schwanger wurde, wurde das Paar eines Nachts von Fremden überfallen, gefangen genommen und in den Weltraum entführt. Was dort mit ihnen geschah, liegt auf ewig im Dunkel der Geschichte verborgen. Aber es steht fest, dass dem Liebespaar später die Flucht aus dem Raumschiff der Fremden gelang. Sie flohen nach Perpandron, wo Raimanja nach Ablauf der Zeit einen Sohn gebar. Dieser Sohn war ein waches Wesen, das zurückkehren und große Dinge vollbringen wird, wenn seine Zeit gekommen ist ...

1.

 

Ich spürte den Entzerrungsschmerz der Rematerialisation kaum, denn er wurde von einem anderen Schmerz überlagert. Mein rechtes Schienbein war heftig gegen ein Hindernis geprallt.

Rings um mich wurden Schreie und Verwünschungen laut. Ich streckte unwillkürlich die Hände aus, um nach einem Halt zu tasten, denn neben den Schmerzen hatte ich nur eine andere Wahrnehmung: völlige Finsternis.

Was war das für eine Transmitterstation, in der uns Dunkelheit und Hindernisse erwartet hatten?

Nach und nach schalteten meine Gefährten ihre Handscheinwerfer ein. Helle Lichtkegel durchschnitten die Finsternis und warfen Schlaglichter auf geborstenes, flechtenüberzogenes Mauerwerk. Bleiche Schlingpflanzen wucherten um zwei Kegelstümpfe aus Metallplastik; nur die Oberteile mit den Abstrahlpolen für die Energiesäulen des Torbogentransmitters lagen frei.

Ich hob den Kopf und blickte nach oben. Sicher hatte auch diese uralte Transmitterstation einst eine kuppelförmige Decke besessen. Sie war längst verschwunden, durch äußere Einflüsse zerstört, wie die gezackten Ränder bewiesen. In der Öffnung schimmerten Sterne. Ich sah einige Konstellationen, erkannte sie aber nicht. Der Planet, auf dem wir angekommen waren, musste in einem mir unbekannten Raumsektor liegen.

»Wo sind wir?«, fragte Karmina Arthamin.

»Keine Ahnung«, erwiderte Fartuloon. »Jedenfalls ist es ein Wunder, dass der Transmitter in diesem Trümmerhaufen überhaupt noch funktioniert und uns unsere Stofflichkeit wiedergegeben hat.« Mein Pflegevater blickte Akon-Akon herausfordernd an. »Du hast mit unserem Leben gespielt, Junge!«

Akon-Akon erwiderte Fartuloons Blick nicht. Er starrte düster vor sich hin, ein Junge noch und doch das Wesen, das uns alle beherrschte. Sein edles Gesicht, seine stolze Haltung und sein schulterlanges silberfarbenes Haar wiesen ihn als Arkoniden von hoher Herkunft aus. Außergewöhnlich an ihm waren nur die großen Augen – und die seltsamen Sternsymbole auf den Innenseiten seiner Hände, die schwach rötlich leuchteten, soweit sie für mich sichtbar waren.

Ich wusste nicht, was ich von dem Jungen halten sollte, den wir aus seinem gläsernen Turm Perpandron herausgeholt und zum Leben erweckt haben. War er wirklich jenes mysteriöse »wache Wesen«, das in der arkonidischen Mythologie eine so große Rolle spielte? Es schien so, denn sein Geist war außergewöhnlich »wach«, wenn man damit seine Fähigkeit bezeichnen wollte, uns alle durch seine geistigen Kräfte zu beherrschen. Praktisch waren wir seine Sklaven, denn keiner von uns konnte etwas tun, was er nicht wollte. Mehrfach schon hatten wir versucht, uns seinem Einfluss zu entziehen. Es war uns immer wieder misslungen.

»Warum gehen wir nicht hinaus?«, fragte Ra. Der Barbar rollte die Augen und deutete unternehmungslustig nach oben.

»Wir werden hier den Tag abwarten müssen«, sagte Akon-Akon mit dumpfer Stimme.

Ich glaubte, Resignation herauszuhören, und blickte den Jungen verwundert an. Auch andere Mitglieder unserer achtunddreißigköpfigen Gruppe mussten etwas gemerkt haben, denn mehrere Scheinwerferkegel richteten sich gleichzeitig auf Akon-Akon.

Im grellen Lichtschein sah ich, dass sein Gesicht angespannt wirkte, so, als lauschte er in sich hinein. Einmal bewegte er lautlos die Lippen. Seltsamerweise blinzelte er nicht, obwohl ein Lichtkegel genau in sein Gesicht stach.

Ich wollte etwas sagen, brachte aber kein Wort heraus. Wie gebannt stand ich da und sah, wie sich Akon-Akons Hände plötzlich so fest um den geheimnisvollen Kerlas-Stab krampften, dass die Knöchel weiß hervortraten.

Als ich den Blick wieder von dem Stab lösen wollte, merkte ich, dass das nicht ging. Immer stärker wurde meine Aufmerksamkeit von diesem Gebilde aus einer unbekannten Legierung gefesselt, das einem Kreuz mit kurzer, nach außen spitz zulaufender Querstrebe glich und oben einen Ringgriff besaß.

Allmählich versank alles um mich herum. Ich sah nur noch den schwarzen Metallstab und die Hände des Jungen.

Nein, eigentlich sah ich die Hände nicht, sondern nur ihre Umrisse! Die Hände selbst, ihr Fleisch und ihre Knochen, waren durchsichtig geworden. Aber die rötlich leuchtenden Sternsymbole waren geblieben. Eingerahmt von den nebelhaft angedeuteten Umrissen der Hände schimmerten sie, schienen den Kerlas-Stab wie einen losen Sternenhaufen zu umgeben.

So wie die Wasser des Flusses unaufhaltsam dahinströmen und ihre Spuren hinterlassen, so strömt auch die Zeit ...!

Woher kamen mir solche Gedanken? Hatte ich sie irgendwann von Fartuloon gehört oder in einer alten Schrift gelesen? Oder hatte jemand in der lautlosen Sprache des Geistes zu mir gesprochen?

So wie das Wasser der Meere verdunstet und zu seinem Anfang zurückkehrt, so steigt der Geist aus seinem Flussbett auf, oder aus seinem tiefen Meer, oder aus dem Gefängnis des Körpers und weht zurück zu den Spuren, die vor ihm entstanden ...

Nein, ich war sicher, dass ich so etwas noch nie zuvor gehört oder gelesen hatte. Etwas sprach in mir, wollte mir etwas mitteilen. Aber was?

Die Wahrheit über Caycon und Raimanja!

Was bedeutete das? War es etwa Akon-Akon, der mit seinen Gedanken zu meinen Gedanken sprach?

Wieder versuchte ich, meine Aufmerksamkeit von den Sternsymbolen und vom Kerlas-Stab zu lösen – und wieder vergeblich. Dabei merkte ich, dass ich den Stab nur noch als verschwommenen Nebelfleck sah. Nur die Sternsymbole waren noch klar erkennbar – und es war so still geworden, als wäre ich allein in der uralten Transmitterstation.

Aber ich hörte nicht einmal meinen eigenen Atem. War ich dann überhaupt noch?

Plötzlich verwischten sich die Sternsymbole, dann füllten sie mein Blickfeld aus. Aber sie stellten nicht mehr die gleichen Sternbilder dar, sondern andere, solche, die mir von Karten her vertraut waren. Und doch war etwas daran anders. Sie schienen merkwürdig verschoben, so, als ob sie nicht zu meiner Zeit gehörten.

Ich hatte das Empfinden, als würde ich in eine unendliche Tiefe fallen – oder zu unendlichen Höhen aufsteigen. Das Gefühl dafür, ob es ein Steigen oder Fallen war, ließ mich plötzlich im Stich. Doch dann kam ich mit einem Ruck zum Stehen.

Ich sah, dass ich mich auf der Oberfläche eines bewohnten Planeten befand – und ich ahnte, wie dieser Planet hieß und was ich zu sehen bekommen würde.

Und dass ich – oder vielmehr mein Geist – weit in die Vergangenheit geschleudert worden war ...

 

*

 

Caycon duckte sich, als ein schwerer gepanzerter Fluggleiter um die Straßenecke bog, an der er stand. Der Gleiterpilot musste wahnsinnig sein, so dicht über dem Boden mit halsbrecherischer Geschwindigkeit um die Ecke zu rasen.

Dann erblickte Caycon die bewaffneten Männer, die in dem Gleiter hockten. Sie kümmerten sich nicht um ihn, sondern spähten zu dem großen Kuppelbau hinüber, der ungefähr dreihundert Schritt vor ihnen am rechten Rand der Straße stand, in die der Gleiter soeben eingebogen war. Es war der Kuppelbau, in dem die Regierung der Arkoniden, der Freien, residierte.

Caycon ahnte, was geschehen würde – und er wusste, dass es nicht in seiner Macht lag, etwas zu verhindern. Das hätten nur die Führer der beiden Familien, in deren Händen die Führung von Regierung und Opposition lagen, verhindern können. Aber Caycon wusste aus Erfahrung, denn er war der jüngste Sohn der regierenden Akonda-Familie, dass keine der verfeindeten Gruppen zurückstecken würde.

Er trat hinter die Hausecke zurück und spähte vorsichtig um sie herum.

Der gepanzerte Gleiter jagte mit schrill summendem Feldantrieb auf den Kuppelbau zu. Aus seiner Unterseite schob sich die Kuppel eines Raketenwerfers. Als er auf gleicher Höhe mit dem Hauptportal des Regierungsgebäudes war, schossen in kurzer Folge eine Reihe flammender Projektile aus der Werferkuppel. Gleichzeitig feuerten die Bewaffneten im Gleiter mit Strahlenkarabinern.

Im Innern des Kuppelbaus explodierten die Raketen mit fürchterlichem Krachen. In der Außenwand bildeten sich Risse, aus denen Glut und Rauch schlug. Das Hauptportal verformte sich, dann hörte es auf zu existieren.

Der Gleiter mit den Attentätern schoss davon. Aber bevor die Kuppel verwüstet war, hatte sich aus einer Öffnung ihrer Außenhülle eine strahlende Feuerkugel gelöst. Sie raste unaufhaltsam hinter dem Gleiter her, holte ihn in wenigen Augenblicken ein – und verwandelte ihn in einen expandierenden Feuerball.

Der Krach der Explosion schmetterte durch die Straße. Die Druckwellen ließen Glassitfenster zerbröckeln, und glühende Trümmerstücke durchschlugen die Wände von Häusern.

Danach war es einige lange Augenblicke totenstill – dann gellten panische Schreie der Angst, des Entsetzens und der Schmerzen auf. Einige Männer verließen die Häuser und starrten zu dem zerstörten Kuppelbau hinüber.

Caycon überwand seine Erstarrung. Er verließ seine Deckung und lief auf den Kuppelbau zu, um nachzusehen, ob es darin noch Lebende gab, denen noch zu helfen war, oder Sterbende, denen man ihre letzten Atemzüge etwas erleichtern konnte.

Doch er musste vor der Glut kapitulieren, die aus dem Innern der Ruine strahlte und ihm die Brauen versengte, als er sich zu nahe heranwagte. Caycon fragte sich, ob zur Zeit des Anschlags jemand aus seiner Familie in dem Gebäude gewesen war. Er wusste es nicht, denn er hatte jeden Kontakt zu den Akondas verloren, seit man ihn wegen seiner Verbindung mit einem Mädchen, das der führenden Familie der Gegenseite entstammte, ausgestoßen hatte.

Er wich weiter zurück, als einige Löschtrupps mit heulenden Sirenen eintrafen, eskortiert von Prallfeldgleitern voller bewaffneter Polizisten. Während aus den drehbaren Schaumkanonen der Löschgleiter Unmengen von Löschschaum in die glühenden Trümmer geschossen wurden, bildeten die Polizisten einen Ring und trieben die Zuschauer zurück. Caycon hatte Hemmungen sich als Mitglied der Akonda-Familie auszuweisen, was er ja auch nicht mehr war. Nur die Blutsbande bestanden noch. Da ihn keiner der Polizisten erkannte, musste er wohl oder übel mit den übrigen Zuschauern weichen.

Kurz darauf sanken einige Flugpanzer der Tartoos vom Himmel. Die Tartoos waren Soldaten der Privatarmee, die die Akonda-Familie unterhielt. Sie galten als fanatische Kämpfer. Gerüchte wollten wissen, dass in den Tartoo-Kasernen gefangene Angehörige der Sulithur-Familie gefoltert worden seien.

Caycon hatte früher, als er noch nicht ausgestoßen war, seinen Vater danach gefragt. Sein Vater hatte die Gerüchte als gezielte Verleumdungen des politischen Gegners zurückgewiesen. Caycon war mit der Antwort zufrieden gewesen. Er hatte sich auch nicht vorstellen können, dass die Familien, die die Hauptlast des Kampfes gegen die Akonen getragen hatten, nach dem gemeinsam errungenen Sieg mit derart verwerflichen Methoden gegeneinander kämpften.

Im Lauf der folgenden Zeit aber waren ihm Zweifel an den Worten seines Vaters gekommen. Caycon sah fast täglich die grausamen Folgen der polarisierten Gegensätze. Das Volk, das in dem langen Befreiungskrieg unermessliche Opfer gebracht hatte und sich anschickte, sich die Natur seiner neuen Heimatwelt untertan zu machen, erschöpfte einen guten Teil seiner Kraft in politischen Auseinandersetzungen, die zu einem Machtkampf ausgeartet waren.

Dabei hätte noch so viel friedliche Arbeit geleistet werden müssen. Die Städte auf Arkon waren nicht viel mehr als mit primitiven Mitteln aufgebaute Ansiedlungen, bestehend aus einem winzigen Stadtkern und darum herum gruppierten regellosen Anhäufungen von Häusern, Hütten und Zelten, in denen die Kolonisten hausten, die erst vor kurzem von den im Krieg verwüsteten Welten gekommen waren. Die Energieversorgung der Städte wurde mit den Fusionskraftwerken von Raumschiffen garantiert, die während der Kämpfe so schwer beschädigt worden waren, dass sich eine Instandsetzung nicht gelohnt hätte. Die intakten Einheiten der Raumflotte durchstreiften den riesigen Kugelsternhaufen Urdnir, um das künftige Ausbreitungsgebiet der Arkoniden abzusichern und um festzustellen, ob in ihm Völker lebten, die Arkon gefährlich werden konnten.

Als Caycon sich abwandte, um wieder seiner Wege zu gehen, vertraten ihm zwei Männer den Weg. Sie trugen Zivil, aber er erkannte in ihnen zwei Männer, die für die Akonda-Familie arbeiteten. Ihre harten Gesichter verrieten, welche Art von Arbeit sie auszuführen pflegten.

Will meine Familie mich umbringen lassen?, fragte sich Caycon unwillkürlich. Aber nicht hier!, sagte er sich dann.

»Was wollt ihr?«, fragte er laut.

»Dich zu jemanden bringen, der mit dir reden will«, antwortete einer der Männer. Für einen Augenblick ließ er eine kleine Injektionspistole sehen. »Kommst du freiwillig mit, oder soll ich nachhelfen?«, erkundigte er sich.

Caycon vermutete, dass die Injektionspistole mit einer Droge gefüllt war, die ihr Opfer willenlos machte.

»Ich komme mit«, sagte er.

Die beiden Männer nahmen ihn in die Mitte. Es sah aus, als begleiteten ihn zwei gute Freunde. Sie brachten ihn zu einem unauffällig aussehenden Gleiter und stiegen mit ihm auf die Rückbank. Auf dem Vordersitz saß ein dritter Mann; er schien jedoch nur die Funktion eines Piloten zu haben, denn er sprach während des ganzen Fluges kein Wort.

Nach einer halben Stunde landete der Gleiter zwischen zwei mächtigen Mauerruinen auf einem kargen Grasboden. Caycon kannte die Gegend. Sie wurde von den Arkoniden »Etset Secinda« genannt, die Stadt der Sieben, weil die Grundrisse aus der Luft das Bild einer in sieben Bezirke gegliederten ehemaligen Stadt boten. Die ersten Kolonisten hatten die riesigen Mauerruinen als Gletscherablagerungen aus einer früheren Eiszeit bezeichnet. Spätere Kolonisten wurden stutzig, weil zwischen den Gesteinsschichten eine bröselige Metallmasse austrat und lange Rostspuren auf die Wände zeichnete. Man untersuchte die Gebilde etwas genauer und fand Schmelzspuren. Danach kam man zu der Ansicht, dass hier vor sehr langer Zeit eine mächtige Stadt gestanden hatte, die von einer in großer Höhe gezündeten schweren Atombombe zerstört worden war.

»Aussteigen!«, befahl einer der beiden Männer.

Caycon gehorchte. Draußen sah er sich aufmerksam um. Er erkannte die Gegend, in dem der Gleiter gelandet war, als den Tempelbezirk.

Aus den Schatten der Felsmauer zur Linken trat eine hochgewachsene Gestalt, die in die Kombination eines Raumfahrers gekleidet war. Auf der linken Brustseite prangte das Symbol eines Dreifachen Mondträgers, des Kommandanten eines Schweren Schlachtschiffs. Als der Mann bis auf etwa dreißig Schritt herangekommen war, erkannte Caycon Kuranth, seinen ältesten Bruder. Kuranth trug das Symbol des Dreifachen Mondträgers zu recht. Er hatte im Großen Befreiungskrieg, der vor zwölf Jahren beendet worden war, zuletzt die ROOR-NAKH kommandiert und sich in der Schlacht im Ophuus-Sektor besonders ausgezeichnet.