cover.jpg

 

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

Irgendwann in der Zukunft

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

img1.jpg

 

Nr. 2264

 

Die verlorene Schöpfung

 

Kampf gegen die Helix-Torpedos – Terraner untersuchen ein besonderes Artefakt

 

Uwe Anton

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

img2.jpg

 

Auf den von Menschen und ihren Nachkommen bewohnten Planeten der Milchstraße schreibt man das Jahr 1333 Neuer Galaktischer Zeitrechnung. Aufgrund des so genannten Hyperimpedanz-Schocks herrscht in der Galaxis eine Mischung aus wirtschaftlichem Niedergang und wagemutiger Aufbruchsstimmung.

Auf Terra, der Urheimat der Menschheit, leben zudem viele Bewohner in wachsender Angst: Der mysteriöse »Gott« Gon-Orbhon greift aus dem Dunkel heraus nach der Macht. Die Regierung vermutet sein Versteck in der Großen Magellanschen Wolke. Eine Expedition soll das Übel an der Wurzel packen.

Unter dem Decknamen »Operation Kristallsturm« brach die RICHARD BURTON – nach starkem Umbau und neuer Ausstattung – schon vor einem halben Jahr auf. Nach langem Flug nähert sich das Raumschiff seinem Ziel.

In Magellan ist allerdings vieles nicht mehr so, wie es die Terraner aus früheren Kontakten kennen. Unter anderem terrorisieren die so genannten Helix-Torpedos die nähere Umgebung des neu aufgetauchten Sternhaufens. Terraner stoßen auf DIE VERLORENE SCHÖPFUNG ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Kantiran – Der so genannte Sternenbastard geht in einen gefährlichen Einsatz.

Reginald Bull – Der Residenz-Minister befiehlt die Erforschung eines Artefakts.

Ascari da Vivo – Die Mascantin geht wieder einmal ihre eigenen Wege.

Qertan – Der Dron spielt an Bord der RICHARD BURTON sein eigenes Spiel.

Mal Detair – Der Fuertone legt es auf eine Konfrontation an.

Irgendwann in der Zukunft

 

Er war und war doch nicht.

Man hatte ihn erschaffen, um zu zerstören.

Seine gesamte Existenz war die Vernichtung. Er war nicht imstande, Gefühle zu haben oder sich zu erinnern. Er war desaktiviert.

Seine Schöpfer hielten es nicht für nötig, ihn kostbare Energie verschwenden zu lassen. Seine Hülle war die Grenze seiner Welt, und er war bewegungsunfähig.

Warum sollte er sich bewegen können? Die Schöpfer sorgten für ihn.

Sie waren immer bei ihm; er spürte ihre Nähe. Er war ihr Werkzeug, und sie legten großen Wert auf seine Funktionalität. Alles andere war unwichtig.

Doch dann veränderte sich etwas.

Oder alles, was ihn betraf.

Sie ließen ihn allein.

Das Unerwartete geschah. Er fühlte sich einsam.

Er nahm die endlose, eisige Leere wahr.

Denn plötzlich konnte er fühlen, ohne zu leben.

1.

Irgendwo in der Gegenwart:

26. Januar 1333 NGZ

 

Wir waren soeben aus dem Linearraum zurückgefallen. Ich spürte die Anspannung in der Zentrale der RICHARD BURTON geradezu körperlich. Jede Sekunde konnte die Ultra-Giraffe den Empfang eines Orter-Pings melden.

Die Holos in der Mitte des Zentralerunds zeigten allenthalben zahlreiche im Weltall treibenden Wrackraumschiffe, Opfer der Helix-Torpedos. Ich fragte mich, wie viele Intelligenzwesen hier in der Parrakhon-Wolke ihr Leben hatten lassen müssen.

Reginald saß unnatürlich starr in seinem Sessel. Oberst Ranjif Pragesh gab kurze Anweisungen an die Besatzung weiter. Dann nickte er Bull zu und aktivierte den Bordruf. Reginalds Stimme war nun überall im ENTDECKER zu vernehmen.

»Wir befinden uns jetzt mitten im verminten Gebiet«, sagte er, an die Besatzung gewandt. »Vor uns liegt ein gefährlicher Weg bis ins Zentrum des Parrakhon-Systems. Die Helix-Torpedos stürzen sich auf jedes Ortersignal, das sie empfangen. Also sorgen wir dafür, dass sie nichts von uns mitbekommen!« Er legte eine Kunstpause ein. »Shut-down-Programm vorbereiten!«

Ich atmete tief und gleichmäßig ein, um mich zu beruhigen, wie ich es an der Akademie gelernt hatte.

Eine Entdeckung durch die Helix-Torpedos war tödlich.

Es gab offensichtlich keinen Schutz vor ihnen.

Daher hatte die Besatzung der RICHARD BURTON sämtliche Emissionsquellen des Schiffes erfasst und so viele Erzeugerpunkte wie möglich in das spezielle Shut-down-Programm integriert, das die Biopositronik im Notfall zu befolgen hatte.

Dennoch wagten wir einen Tanz auf dem Vulkan. Trotz aller Vorkehrungen blieben diverse Strahlungsquellen, die sich nicht binnen zwei Minuten einfach so herunterfahren oder beseitigen ließen. Angefangen bei den Hyperkristallen, die eine Eigenstrahlung aufwiesen, über die künstliche Schwerkraft samt Andruckabsorption bis hin zu den Aggregaten der Impulstriebwerke.

Nicht zu vergessen die Gravotons, Sphäro- und Zyklotrafspeicher. Und die Nugas-Reaktoren, Schutzschirmgeneratoren, Waffensysteme und Hawks, die allesamt über Restemissionen verfügten, sofern sie überhaupt komplett heruntergefahren werden konnten.

Reginald räusperte sich. »Mir ist klar, dass sich ein ENTDECKER-Riese nicht auf null herunterdimmen lässt«, fuhr er fort. »Ein Restrisiko bleibt. Aber mit diesen Werten können wir leben. Erhöhte Alarmbereitschaft ist angeordnet, absolute Konzentration auf den Orterposten selbstverständlich. Ich hoffe, dass wir unter diesen Bedingungen unsere Reise zum Ende des Jetstrahls im Parr-System ungefährdet zurücklegen werden!«

Ich beneidete den Freund meines Vaters Perry Rhodan wahrlich nicht um seine Verantwortung. Es war ein Unterschied, ob man in einer kleinen, abgehalfterten Space-Jet lediglich seinen eigenen Hintern retten musste oder die Last der Verantwortung für 7100 Lebewesen trug. Ganz zu schweigen vom enormen Wert des ENTDECKERS vom Typ II der SATURN-Klasse.

Aber in diesem Punkt dachte ich wohl zu arkonidisch. Die Terraner hätten liebend gern einen ENTDECKER in die nächste Sonne stürzen lassen, hätten sie damit auch nur ein einziges Menschenleben retten können.

»Das Shut-down-Programm aktivieren!«, riss Reginalds Stimme mich aus meinen Gedanken. »Sämtliche Emissionsquellen herunterfahren!«

 

*

 

Abrupt wurde es in der Zentrale der RICHARD BURTON schummrig dunkel. Doch als Halbarkonide, der sich in letzter Zeit oft hatte im Zwielicht aufhalten müssen, gewöhnte ich mich schnell daran.

Dennoch kniff ich die Augen zusammen – wie ich es auf der Kadettenschule Paragetha gelernt hatte.

Einen Moment lang verleitete mich das Halbdunkel, meine Gedanken schweifen zu lassen. Die RICHARD BURTON hatte vor kurzem den Planeten Aon verlassen, die Heimat der Cortezen, der Ahnherren der Gurrads, und befand sich auf der Verfolgung des sechsdimensionalen Jetstrahls, der von der Sonne Sol offensichtlich bis zum Sternhaufen der Parrakhon-Wolke reichte. Am Ende des Strahls, im Parr-System, wartet der angebliche Gott Gon-Orbhon.

Der Sternhaufen war nicht gerade klein. Er umfasste ein Raumgebiet von knapp 150 Lichtjahren Durchmesser; nach bisherigen Hochrechnungen waren es wohl etwa 300.000 Sterne. Das Zentrum des Sternhaufens war 163.183 Lichtjahre vom Solsystem und 7780 Lichtjahre von Navo-Nord entfernt.

Gon-Orbhon – wer auch immer sich dahinter verbarg – musste entweder besiegt, ausgelöscht oder unschädlich gemacht werden, bevor er sein furchtbares Regiment über Terra entfalten konnte. Die Sekte, die sich in seinem Namen auf der Heimatwelt der Menschheit etabliert hatte, war viel mehr als nur ein Ärgernis. Als Arkonide, der im Imperium aufgewachsen war, hatte ich nicht das geringste Verständnis für die Art und Weise, wie die terranischen Behörden mit ihr umgingen. Doch sie war nun einmal da, und wir wussten mittlerweile, dass Gon-Orbhon keine Einbildung, sondern bedrohliche Realität war.

Der Weg ins Zentrum des Parrakhon-Haufens, zur Sonne Parr, war allerdings in höchstem Maß gefährlich. Hier wimmelte es von den besagten Helix-Torpedos, die alles zerstörten, was in ihre Ortung kam. Die RICHARD BURTON hatte diesen brutalen Destruktions-Systemen nichts entgegenzusetzen.

Der Shut-down-Probelauf, den Reginald angeordnet hatte, verlief reibungslos. In der Zentrale kehrte wieder jene gelassene, wenn auch angespannte Ruhe ein, die allerdings nicht einmal ansatzweise die an Bord vergleichbarer arkonidischer Eliteeinheiten erreichte.

Ich stand auf und ging zum nächsten Schott. Dabei nickte ich weder Reginald noch Pragesh zu. Sie hätten die Geste sowieso nicht bemerkt, woran allerdings nicht das Halbdunkel, sondern ihre gespannte Konzentration Schuld trug.

Mal Detair erwartete mich bereits. Wir wollten uns einen Happen gönnen, und so seltsam es auch anmutete, das nervenaufreibende Warten auf eine Reaktion der Ultra-Giraffe machte mich tatsächlich hungrig.

»Hast du die Holos der Nahortung gesehen?« Mein bester Freund, der immer etwas zottelig aussah, also auch jetzt, schniefte theatralisch. »Dieser Sternhaufen ist der reinste Weltraumfriedhof! Überall Trümmer von Raumschiffen, die an uns vorbeitreiben. Das macht mich richtig schwermütig.«

Ich schüttelte den Kopf. »Solange die Wracks dir nicht den Appetit verderben, gibt es noch Hoffnung für dich.«

Der Fuertone hieb mir mit einer Pranke auf die Schulter. »Du nimmst mich nie ernst. Dein Hochmut wird dir irgendwann zum Fallstrick. Denk nur an die vielen Raumfahrer, die da draußen den Tod gefunden haben. Schrecklich!«

Ich wich dem nächsten Hieb, den er mir zugedacht hatte, geschickt aus. »Natürlich ist es schlimm! Deshalb sitzen wir auch in der Zentrale und stellen ununterbrochen unsere Lauscher auf. Damit wir uns nicht dazugesellen. Ein ENTDECKER fehlt noch in der Sammlung.«

Er holte erneut aus, doch meine Akademieausbildung setzte sich durch. Bevor er den Arm auch nur um zehn Zentimeter senken konnte, landete ich einen Treffer auf seiner Brust.

Er stöhnte gequält auf. »He, Kant! Beherrsch dich! Ich hab schließlich keine militärische Ausbildung absolviert. Ich bin kein Offiziersanwärter von einer Eliteakademie, sondern nur ein kleiner Tierheiler, den es mehr oder weniger zufällig hierher verschlagen hat!«

Mehr oder weniger zufällig ... Ich musste unwillkürlich grinsen.

Seine Linke kam dann umso überraschender. Er hatte mich geschickt abgelenkt und kalt erwischt. Ich glaubte, meine Brustplatte knacken zu hören. Natürlich nur eine Täuschung, aber immerhin. Dieser Heuchler!

»Klar, du hast noch nie Arkoniden verprügelt. Los, jetzt kämpfe ehrlich! Oder gibst du lieber auf?«

Unser harmloser Schaukampf hatte die Aufmerksamkeit einiger Besatzungsmitglieder erregt. Sie blieben stehen, sahen zu uns herüber und wussten nicht so recht, was sie davon halten sollten.

Ich spürte, wie meine Ohren rot anliefen. Solch ein Verhalten geziemte sich nicht für einen Arkoniden, der die Prüfungswelt Iprasa absolviert hatte ... wenngleich mit einem überraschenden Ergebnis. Verlegen zog ich Mal beiseite.

»Wir ... äh ... üben nur etwas«, sagte er zu den Schaulustigen und grinste breit. »Dagor. Man weiß nie, wofür es gut ist, im Training zu bleiben!«

Mein Freund war nie um Worte verlegen. Manchmal beneidete ich ihn darum. Ich war noch immer zu sehr Akademie- und Iprasa-Absolvent, Arkonide mit einer klassischen Ausbildung, um mich unter das gemeine Volk zu mischen.

Mir war klar, dass ich mich auf einem terranischen Schiff befand. Doch ich kam nicht aus meiner Haut heraus. Ich war kein Trottel, aber Begünstigter – oder Leidtragender – einer anspruchsvollen, gehobenen arkonidischen Ausbildung.

Und Arkoniden waren eben keine Terraner.

Ich tat so, als hätten wir keine Zuschauer, und zog Mal weiter zur Seite. »Wir gehen jetzt Essen fassen«, flüsterte ich.

»Bull hat uns ins Bordleben einbezogen«, erwiderte Mal, »und unsere genehmigte Pause ist gleich vorbei. Ich weiß nicht, ob er es wagt« – schließlich war sein bester Freund Perry Rhodans Sohn –, »aber sonst lässt er uns wegen Verspätung eine Sonderschicht schieben. Darauf habe ich keine Lust. Du weißt doch, ich bin verabredet.« Vielsagend sah mein Freund mich an. Er ließ nichts anbrennen.

Ich hatte keinen Nerv dazu. Ich dachte an Thereme.

Und an Sca.

Verfluchter Mist, dachte ich. Sca. Bitte nicht ...

Ich schämte mich.

Meine Akademieausbildung bot nur eine Möglichkeit: die Schuld verschieben. »Wer hat denn angefangen?« Ich spielte den Beleidigten, doch Mal legte den Arm um meine Schultern und zog jetzt mich einfach mit.

Verdammt. Ich war ein Mischling. Ein Halbblut. Ein Bastard. Ich hatte Iprasa durchlebt und war gescheitert, weil ich ein Mutant war.

»Wir beide!«, sagte Mal. »Aber das ist Schnee von gestern. Übrigens habe ich da eine süße Terranerin gesehen, und die wäre ...«

»Sei mir nicht böse, aber mir ist nicht danach!« Mein Ton brachte ihn zum Schweigen.

Das schätzte ich an ihm. Mal war immer zu Späßen aufgelegt – das Leben war schließlich ernst genug –, wusste aber, wann er aufhören musste. Plötzlich blieb er stehen und hielt den Finger an die Lippen.

Wir standen an einer Abzweigung. Im Dämmerlicht erkannte ich einen Schatten.

»Das ist Qertan! Den rieche ich auf eine Lichtstunde Entfernung! Wo der auftaucht, ist was im Busch ...«

Der reptiloide Leibwächter meiner verhassten Mutter sprach mit jemandem, der noch tiefer in der Dunkelheit stand.

Mal gab mir ein Zeichen. »Wir müssen näher ran, ich versteh kein Wort«, flüsterte er so leise, dass ich ihn kaum verstehen konnte.

Er drückte sich an die Wand. Wenn er wollte, konnte er sich erstaunlich leise bewegen.

Ich folgte seinem Beispiel, schlich voran, wagte kaum zu atmen.

»Du weißt, was auf dem Spiel steht«, vernahm ich schließlich die dunkle Stimme des Echsenwesens. »Die Mascantin wird sich erkenntlich zeigen. Sie hat die Macht dazu, der Imperator hört auf ihren Rat. Doch vergiss nicht, du wirst nur für Ergebnisse belohnt.«

»Ich bemühe mich«, kam die geflüsterte Antwort. »Aber meinen Kompetenzen sind Grenzen gesetzt.«

Mit wem unterhielt sich der Dron? Ich konnte nur den Umriss einer humanoiden Gestalt erkennen. Es könnte jeder der 7100 Besatzungsmitglieder des ENTDECKERS sein.

»Ich kann dir nur ausrichten, was man mir gesagt hat. Ware gegen Ware! Halt dich daran, und du bekommst es.«

»Was zum Teufel geht hier vor?« Bevor ich reagieren konnte, trat Mal aus seiner Deckung.

Qertan fuhr herum, baute sich drohend vor ihm auf und starrte ihn aus seinen blitzenden Reptilaugen an. Der Dron sah aus wie ein aufrecht gehender Raubdinosaurier. Er verdeckte die Gestalt, die sich abwandte und langsam davonging, und entblößte kräftige Reißzähne.

»Nichts, was dich angeht!«, zischte er. »Sei froh, dass du unter dem Schutz der Terraner stehst, sonst hätte ich dich schon längst zur Verantwortung gezogen.«

»Wovon sprichst du? Reiß dein Maul nicht so weit auf! Vor dir habe ich keine Angst. Und schützen muss mich auch keiner.« Mal redete sich in Rage.

Ich konnte nur hoffen, dass Ascari da Vivos Leibwächter nicht die Beherrschung verlor und einen diplomatischen Zwischenfall riskierte. Aber dafür war er meiner Mutter zu treu ergeben. Sie hatte ihm das Leben gerettet, und diese Schuld würde er bis zu seinem Tod abtragen.

»Fuertone, du bist der Freund des flüchtigen Kantiran! Auf deinen Kopf ist eine Belohnung ausgesetzt. Nur mein Anstand hält mich davon ab, sie mir zu holen!«

Die Augen des Drons funkelten. Tückisch, wie es mir schien.

Plötzlich bekam ich es mit der Angst zu tun. Wollte Qertan meinen Freund provozieren und sich hinterher auf Notwehr herausreden? Falls ja, gelang es ihm ausgezeichnet.

»Du verdammter Molch!« Mal plusterte sich auf – theatralisch, wie mir schien. Was hatte er vor? Er wusste, dass er gegen das Echsenwesen keine Chance hatte. »Wenn du so stark bist, komm und hol mich doch!«

Es wurde Zeit, dass ich mich einmischte. Ich trat vor und legte eine Hand auf seine Schulter. »Wir wollen keinen Streit! Das gibt nur Ärger mit Reginald Bull. Am besten geht jeder seines Weges!«

Der rund zwei Meter große Dron baute sich vor mir auf. »Wen haben wir denn da? Ich hätte mir denken können, dass ein Mörder ohne den anderen nicht unterwegs ist. Feige seid ihr beide obendrein!«

Das Blut schoss mir ins Gesicht. Der Dron beschützte die Frau, die ich als Auftraggeberin für einen Mord überführt hatte, und schimpfte mich einen Mörder!

»Wir können das sofort erledigen! Nur wir beide!« Ich schob meinen Freund beiseite. »Mal, du hältst dich da raus!«

Meine guten Vorsätze waren weggefegt. Qertan hätte genauso gut Thereme persönlich beleidigen können.

In diesem Moment löste sich die Gestalt, die der Dron bislang verdeckt hatte, aus dem Schatten und lief noch schneller den Gang entlang. Ich konnte sie nicht erkennen, nicht einmal ausmachen, ob sie eine Uniform oder Freizeitkleidung trug.

Mal wollte ihr nachsetzen, doch ein Befehl hielt ihn zurück. »Jetzt mal ganz ruhig! Was ist hier los?«

Ich drehte mich langsam um, ohne den Dron aus den Augen zu lassen. Auch das Echsenwesen sah in die Richtung des Sprechers, entspannte sich dann langsam und gab seine Kampfhaltung auf.

Vor uns stand Oberstleutnant Tete Kramanlocky, der Leiter der Schiffsverteidigung. Man sagte dem unauffällig wirkenden Terraner nach, ein Experte für alles zu sein, was nur irgendwie als Waffe eingesetzt werden konnte. Manche bezeichneten ihn sogar als Militaristen.

Begleitet wurde er von zwei Angehörigen der Bordsicherheit.

Ich fragte mich, ob es reiner Zufall war, dass Blueboy, wie man ihn auch nannte, ausgerechnet jetzt hier auftauchte, oder ob er den Auftrag hatte, mich unauffällig zu überwachen. Jeder an Bord wusste, dass ich mich nicht allzu gut mit meiner Mutter verstand und eine Begegnung vielleicht nicht ohne Zwischenfall ablaufen würde.

Auch das noch!, dachte ich. Ich sah schon das verärgerte Gesicht des Expeditionsleiters. Blieb mir kein Fettnäpfchen erspart?

»Der Eindruck täuscht, Terraner«, sagte Qertan. »Wir sind uns rein zufällig begegnet. Ich habe einen Auftrag meiner Mascantin erledigt und möchte wieder auf meinen Posten.«

Nicht ungeschickt, wie Qertan den Oberstleutnant auf seine Stellung als Ascaris Leibwächter verwies. Die Beziehung zwischen den arkonidischen Beobachtern und der restlichen Besatzung war schon angespannt genug.

Kramanlocky verzog den schmalen Mund in seinem ausdruckslosen Gesicht zu einem nichts sagenden Lächeln. »Ich will dich keineswegs von deiner Pflicht abhalten.« Er machte eine einladende Handbewegung und trat zurück, damit der Dron passieren konnte.

Als Qertan an mir vorbeikam, zischte er mir noch etwas auf Arkonidisch ins Ohr. »Halte dich von mir fern, oder beim nächsten Mal wird einer sein Leben verlieren, Verräter!«

»Ich werde dich erwarten und töten, elender Diener!«

»Was redet ihr da?« Kramanlocky sah irritiert drein. »Das klingt nicht gerade freundschaftlich.«

Ich zuckte die Achseln. »Nichts von Bedeutung, nur arkonidische Grußformeln. Dass ich nicht der beste Freund der Mascantin bin, ist ja bekannt.« Ich grinste harmlos.