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Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

Prolog

Achte Attraktion

Neunte Attraktion

Zwischenspiel

Zehnte Attraktion

Elfte Attraktion

Zwischenspiel

Zwölfte Attraktion

Dreizehnte Attraktion

Epilog

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Nr. 2285

 

Tag der Verkündung

 

Der Vesuv als Brennpunkt der Ereignisse – ein Gott hält Gericht über die Menschen

 

Leo Lukas

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

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Der Sternenozean von Jamondi und der Arphonie-Sternhaufen sind in den Normalraum zurückgekehrt. Anders, als es die von Perry Rhodan angeführte Allianz der Moral angenommen hatte, stellen sich die Kräfte des Feindes aber nicht zum Entscheidungskampf. Stattdessen flieht Tagg Kharzani mit seinen Kybb-Titanen aus dem Sternhaufen und reist auf direktem Kurs zur Erde.

Dort befindet sich mittlerweile am Vesuv der »Tempel der Degression«, das Zentrum jener Macht, die mit dem selbst ernannten Gott Gon-O identisch ist. Tagg Kharzani hat sich mit Gon-Orbhon verbündet – um die Unsterblichkeit zu erlangen, die ihm versprochen wurde.

Während der erst vor kurzem erwachte »Gott« versucht, sich des Psi-Potenzials zu bemächtigen, das im Inneren der Sonne schlummert, weitet er seinen Einfluss auf die Erde und ihre Bewohner aus. Noch weiß keiner, welche Verwendung er für die Menschheit haben wird.

Irgendwann wird es sich entscheiden, ob die Terraner ein »auserwähltes Volk« sein können. Es droht der TAG DER VERKÜNDUNG ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Mondra Diamond – Die ehemalige Agentin überzeugt als Zirkusprinzessin.

Homer G. Adams – Das Finanzgenie verkalkuliert sich ganz gewaltig.

Matti di Rochette – Der Chef der »Fliegenden Rochettes« liefert die Show seines Lebens.

Gon-Orbhon – Der selbst ernannte Gott hat seltsame Pläne mit den Terranern.

Babett Bündchen – Die Hochseilartistin engagiert sich intensiv.

Prolog

Ein Plausch unter Unsterblichen

 

»Millitron!«

Wenn mein Herr und Gott mich ruft, gehorche ich unverzüglich. Ihm zu dienen, wurde ich gebaut und programmiert.

Ich schalte vom Bereitschafts- in den Aktivmodus. Geräuschlos betrete ich jene Kammer des Stock-Relais, in der sich Gon-Orbhon am häufigsten aufhält. Die Humanoiden, nach deren Körperform mein Äußeres gestaltet wurde, hätten dafür den Begriff »Wohnung« benutzt.

Ein Gott aber wohnt nicht, genauso wenig wie ein Roboter.

Schmucklos und zweckgemäß eingerichtet ist sein Quartier. Er benötigt weder Pomp noch Schönheit, ist sich selbst prachtvoll und herrlich genug.

»Hol den Terraner!«, befiehlt Gon-Orbhon und fügt hinzu: »Uns verlangt nach Gesellschaft.« Obwohl er seine Beweggründe vor niemandem offenbaren muss, schon gar nicht vor mir.

Jeder Wunsch des Gottes ist Gebot, jeder seiner Befehle heilig. Allen Handlungen, die er setzt, haftet absolute Unfehlbarkeit an.

Er und nur er darf sich widersprechen nach Belieben. Wenn mir dennoch etwas unlogisch erscheinen sollte, hat mich das nicht zu kümmern, denn ich bin unvollkommen.

Ich eile zum Psi-Gefängnis, in welchem der Terraner und seine beiden Begleiter verwahrt sind. Sie werden von den Motoklonen Zwölf und Hundertacht bewacht, Kunstgeschöpfen gleich mir, die keinen Sekundenbruchteil in ihrer Aufmerksamkeit nachlassen.

»Mein Herr und Gott will den Terraner sehen«, sage ich und übermittle zugleich den Motoklonen per Funk die Autorisation, diesen Häftling freizugeben.

»Warum immer nur ihn?«, piepst das Pelzwesen, mit seinem breiten Schwanz auf den Boden trommelnd. »He, Silberblechbüchse, verklickere deinem Oberboss, dass der liebe Gucky auch mal raus will! Noch dazu wäre ich garantiert der wesentlich interessantere Gesprächspartner.«

Ich ignoriere den Wicht, dessen harmloses Erscheinungsbild meinen Herrn und mich nicht täuschen kann. Außerhalb des Psi-Kerkers könnte er seine Fähigkeiten der Telepathie, Telekinese und Teleportation zur Anwendung bringen und sogar den Motoklonen gefährlich werden.

Auch der dritte Eingesperrte wäre in Freiheit ein ernst zu nehmender Gegner. Er gehört dem dreiäugigen, sechsgliedrigen Volk der Haluter an und ist mehr als doppelt so groß wie ich. Sein roter Kampfanzug wurde ihm abgenommen und sicher verwahrt wie auch die übrige Ausrüstung der drei Inhaftierten.

Die Waffenarme der Motoklone sind auf den Terraner gerichtet, als er durch die Strukturlücke in der Barriere tritt. Ich bedeute ihm, mir zu folgen. Er gehorcht widerspruchslos.

Keineswegs darf diese Passivität dahin gehend interpretiert werden, dass sein Trotz in der Zeit der Gefangenschaft erlahmt wäre. Er hat bloß die Aussichtslosigkeit eines Fluchtversuchs oder sonstigen Aufbegehrens gegen meinen Herrn und Gott eingesehen und fügt sich einstweilen in sein Schicksal.

Ich wurde mit zu wenig Wissen und Analysevermögen ausgestattet, um gänzlich nachvollziehen zu können, weshalb Gon-Orbhon die drei auf Parrakh gefassten Spione nicht längst liquidieren ließ. Sie sollen bei den Terranern sehr populär sein; eventuell will er sie bei Bedarf als Faustpfand gebrauchen, um die Menschheit zu erpressen.

Nach den mir vorliegenden Informationen liegt die Wahrscheinlichkeit, dass sich dies als notwendig erweisen könnte, im Promillebereich. Mein Gott beherrscht die Erdbewohner vollkommen, sowohl mental als auch militärisch.

Jeglicher Widerstand wurde im Keim erstickt. Es existiert kein Faktor im gesamten Sonnensystem, der Gon-Os Dominanz auch nur ansatzweise erschüttern könnte.

Gleichwohl werden der Vierarmige, der Pelzige und der Terraner am Leben gehalten, bis absolut sicher feststeht, dass sie keinerlei nützliches Potenzial mehr aufweisen. Dann kann man sich ihrer entledigen. Ein einziges Wort meines Herrn an die Motoklone und das Heer der Techniten genügt.

Vorerst noch scheint Gon-Orbhon die gelegentlichen Dispute mit dem Humanoiden zu genießen. Der Angehörige der Führungselite seines Volkes ist, dank eines Zellaktivatorchips in der Schulter, ebenfalls biologisch unsterblich.

Ihn deswegen als gleichrangig, -berechtigt oder gar -wertig zu betrachten wäre allerdings ein Sakrileg: Es gibt keinen Gott außer Gon-O.

»Hier bin ich«, sagt der Terraner überflüssigerweise, nachdem wir die Kammer betreten haben.

Gon-Orbhon erhebt sich. Sie stehen einander gegenüber, in ihrer Gestalt verblüffend ähnlich und doch so verschieden wie Tag und Nacht, Perfektion und Schadhaftigkeit, Macht und Ohnmacht. Der eine die personifizierte Vollkommenheit, ein makelloser Hüne, geballte Autorität ausstrahlend. Der andere, wohl auch gemäß seinen eigenen Schönheitsidealen, bestenfalls Mittelmaß, nachlässig im Äußeren wie in der Haltung, seine Mankos durch halbstarke Dreistigkeit kompensierend.

»Nicht mehr lang bis zum Tag der Verkündung«, sagt Gon-Orbhon, die Arme vor der Brust verschränkt, mit lauter, Ehrfurcht gebietender Stimme. »Wie, meinst du, sollen wir uns entscheiden? Erweisen sich deine Terraner als würdig, Gon-Os Volk zu werden?«

»Es sind nicht meine Terraner. Ich gehöre zu ihnen, doch sie gehören mir nicht – wie sie auch dir niemals gehören werden«, antwortet patzig der im direkten Vergleich so erbärmlich schäbig Wirkende. »Im Übrigen: Warum fragst du ausgerechnet mich? Wieso holst du dir nicht Carlosch Imberlock als Diskussionspartner, deinen ach so eifrigen Propheten?«

Er versucht zu provozieren. Auch ihm ist inzwischen bekannt, dass niemand den Quarzstock betreten darf, kein Jünger, kein Arveze, kein Kybb. Ein Steg aus schwarzem Kunststoff verbindet die Pforte zum Groß-Relais mit dem Tempel der Degression, doch wer den Fuß darauf setzte, würde augenblicklich getötet.

Großmütig geht Gon-Orbhon über den Affront hinweg. »Zuweilen schätzen wir Gegenrede. Ich wurde dahin gehend ausgebildet, auch konträre Ansichten zu würdigen. Gon-O ist kein Tyrann. Seine Strenge entspringt seiner höheren Weisheit.«

»Wir, ich, er ... Man könnte glatt meinen, du wärst dir nicht ganz sicher, wer oder was du eigentlich bist.«

Eine weitere Impertinenz. Der ehemalige Schutzherr Gon-Orbhon wurde körperlich ins Solsystem entsandt als Statthalter und Vollstrecker. Eine real anwesende Person vermag viel präziser die Lage zu erkennen und zu beeinflussen, als dies auf rein mentalem Wege möglich wäre. Doch obwohl Gon-Orbhon sich rund 170.000 Lichtjahre von Satrugar entfernt befindet, ist er unteilbar eins mit dem Nocturnenstock und bildet auch weiterhin mit ihm zusammen den Gott Gon-O.

»Willst du erneut an das appellieren, was du in deiner beschränkten Weltsicht Vernunft nennst?«, weist mein Herr den Gefangenen in die Schranken. »Ich warne dich davor, uns durch die Wiederholung von Argumenten zu langweilen. Dein Leben ist wenig wert, und ich halte es in meiner Hand. Hum tjorgendai d'lü schlö zwajni ...«

Er zitiert etwas in einer Sprache, die nicht in meinen Speichern aufscheint. Es besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass er sie soeben erst erfunden hat; derlei Anwandlungen kommen immer wieder vor. Ich werte sie als Ausdruck seiner Genialität.

»Wenn du meinst ...«, sagt der Terraner, nachdem Gon-Orbhon geendet hat, und gähnt. »Jedenfalls ärgert und fasziniert dich zugleich, dass du Gucky, Tolot und mich nicht übernehmen kannst, nicht einmal aus nächster Nähe.«

Das stimmt. Mein Herr und Gott hat es mir gegenüber bestätigt. Vielleicht schützen sie die Aktivatorchips, vielleicht sind die drei mental zu stark, vielleicht spielen noch andere Komponenten eine Rolle. Genau vermag das niemand zu sagen, auch Gon-Orbhon nicht.

Was seiner theoretischen Allmacht selbstverständlich keinen Abbruch tut.

»Ihr drei zählt nicht«, entgegnet er, nach wie vor ungerührt. »Mir huldigen inzwischen rund eine Milliarde Menschen auf diesem Planeten.«

»Du hast sie über das Stock-Relais in großem Maßstab geistig versklavt, ihnen Loyalität zu dir und Imberlocks Kirche eingeimpft. Aber kannst du permanenten Kontakt halten, sie rund um die Uhr überwachen?«

»Wozu? Dies ist nicht notwendig. Sie dienen mir, so gut sie es vermögen.«

»Hm. Mir scheint, du leidest da unter einer Art Bandbreiten-Problem, mein Lieber. Je größer die Zahl deiner Jünger, desto qualitativ schlechter der Grad an Kontrolle. Könnte es sein, dass du deine Kapazität ein wenig überstrapazierst?«

»Für die Terraner wird es reichen.« Nun klingt mein Herr und Gott ein wenig schroff. »Außerdem konvertieren beständig Menschen zu unserer Religion, ohne von mir direkt beeinflusst zu sein.«

»Mitläufer«, sagt der Häftling abschätzig, sich offenbar seiner prekären Situation nicht ausreichend bewusst. Er vollführt eine Handbewegung in meine Richtung. »Roboter; mentale Marionetten; und Trittbrettfahrer. Fürwahr nicht die ideale Basis, um darauf ein Galaxienreich zu errichten.«

»Rätst du uns damit, auf die Terraner zu verzichten? Soll ich mich also gegen sie entscheiden und diesen Planeten entvölkern? Wäre dir das lieber, Reginald Bull?«

Das hat gesessen. Der Mann schluckt; sein Kopf hat sich hochrot gefärbt.

»Mit den Terranern lassen sich große Dinge vollbringen«, sagt er schließlich, nach mehreren Atemzügen, leise und rau. »Das haben Perry und meine Wenigkeit bewiesen. Aber man kann sie auf Dauer nicht zwingen, ihnen nicht einfach einen fremden Willen oktroyieren. Man muss sie überzeugen, und zwar bei freiem Bewusstsein.«

Er kneift die Augen zusammen. »Entweder du schaffst das, Gon-Orbhon, oder deine Tage sind gezählt.«

Achte Attraktion

Keulen, Bälle, ein Salto und ein Drahtseilakt

3. April 1333 NGZ

 

45.

 

Mondra kletterte. So schnell sie konnte, hangelte sie sich im Gestänge des Riesenrads nach oben.

Sie hatte zu diesem Einsatz bewusst keine Ausrüstungsgegenstände mitgenommen, deren Energieentfaltung hätte angemessen werden können, also auch keinen Mikro-Antigrav. Zu groß war die Gefahr einer zufälligen Ortung durch Patrouillen der Polizei, des TLD oder des Militärs; von den Kybb-Kriegern ganz zu schweigen.

Schon dass sie ihre Kostümierung abgelegt hatte, stellte ein hohes Risiko dar. Doch in den Klamotten, die ihrer Rolle als Ashanty Paz entsprachen, hätte sie den Aufstieg nie so rasch bewältigt.

Und jede Sekunde konnte kostbar sein. Denn Homer G. Adams steckte in Schwierigkeiten.

Sie war bereits etwa zwanzig Meter hoch. Es gab keine Anzeichen dafür, dass jemand sie bemerkt hatte, obwohl das Fundament des uralten Wiener »Fahrgeschäfts« von Hunderten Menschen und Außerirdischen umringt war. Aber in ihrem dunklen, hauteng anliegenden Tarnanzug verschmolz sie mit den Schatten des Stützpfeilers, und diejenigen Touristen, die nach oben blickten, wurden von den bunten Lichterketten an den Gondeln geblendet.

Seit etwa zwei Minuten stand das Wahrzeichen des »Wurstelprater« genannten Vergnügungsparks still. Das hing vermutlich mit den beiden Polizeigleitern zusammen, die knapp über dem höchsten Punkt des Riesenrads Position bezogen hatten.

Über jenem Waggon, in dem sich Homer befand. Zusammen mit einem Überschweren, der ihn mit einer Waffe bedrohte.

Mondra erreichte die Nabe des stählernen Rades und schwang sich auf eine der Speichen. Am kalten, von braunrotem Rost überzogenen, schartigen Metall riss sie sich die Fingerkuppen blutig.

Nicht darauf achten. Weiter! Schneller! Höher!

Obwohl ringsumher zahlreiche Lichtquellen blinkten und holografische Reklamen flimmerten, lagen die Traversen in tiefschwarzer Dunkelheit. Griffe und Tritte waren kaum auszumachen. Mondra wagte es, ihre Stirnlampe einzuschalten. Der schwache, eng fokussierte Strahl würde von unten – oder aus den Gondeln – maximal als ein Pünktchen unter Hunderten zu erkennen sein.

Auf einen weiteren geflüsterten Kurzbefehl hin klappte aus ihrem Kragen ein Kommunikator aus. Die Leitung war tot. Seit das Riesenrad länger als fürs Aus- und Einsteigen üblich angehalten hatte, bekam sie kein Signal mehr von Homer herein.

Um die Kabine, in der er und der Überschwere sich aufhielten, musste sich eine Funk-Abschirmung gebildet haben – auch das war ein Alarmzeichen.

Dabei hatten sie und Adams alles Erdenkliche getan, ihre wahre Identität geheim zu halten. Mussten sie auch: Auf der ganzen Erde wurde nach ihnen gefahndet. Carlosch Imberlock hatte sie zu Staatsfeinden und Schwerverbrechern erklärt.

Nachdem es ihnen gelungen war, im Zirkus der »Fliegenden Rochettes« unterzuschlüpfen, hatten sie sich einigermaßen sicher gewähnt. Und der Kontakt mit dem Hehler, den Homer hier und jetzt treffen wollte, war unter Wahrung allerhöchster Vorsicht hergestellt worden.

Mondra hielt sich nicht mit Spekulationen darüber auf, was schief gelaufen sein konnte. Stattdessen konzentrierte sie sich auf die nächsten Meter.

Ihre Hände brannten, die Oberschenkel begannen zu zittern.

Weiter! Höher! Schneller!

Sie katapultierte sich geradezu empor, auf die höchste Kabine zu. Dass sie keinen Strahler bei sich trug, bedeutete nicht, dass sie unbewaffnet war. In ihrem Einsatzgürtel befand sich neben der Seilpistole noch die eine oder andere Überraschung, mit deren Hilfe sie Adams und sich die Flucht vor der Polizeistreife zu ermöglichen hoffte.

Wenn sie nicht zu spät kam.

Denn in diesem Moment entstand eine Öffnung in einem der Gleiter und zwei uniformierte Gestalten schwebten zur Gondel herab.

 

 

46.

 

Der Überschwere verzog den breiten Mund zu einem undefinierbaren Grinsen.

»Deine Geschäftspartner«, knurrte er, während er mit der freien Hand die Dachluke aufklappte, ohne Homer aus den Augen zu lassen oder den Kombistrahler abzuwenden. »Akkurat, wie es sich für Beamte ziemt.«

Seit der Umweltangepasste ohne jede Vorwarnung die Schusswaffe gezogen, entsichert und auf ihn gerichtet hatte, kalkulierte Homer fieberhaft seine Chancen. Sie standen nicht gut. Nahkampf zählte er nicht unbedingt zu seinen größten Stärken.

Zwar verliehen ihm die künstlichen Muskeln des Exoskeletts, das seine auffällig bucklige Gestalt verbarg, beträchtlich gesteigerte Körperkräfte. Doch der Überschwere hielt, ganz Profi, gut vier Meter Distanz. Homer sah sich außerstande, diese Entfernung zu überwinden, bevor der andere reagierte und den Auslöser betätigte.

Zwei Polizisten stiegen durch die Luke herein, einer gedrungen, der andere lang und dünn. Homer erkannte sie sofort. Sie hatten mehrfach im Zirkus zu tun gehabt, dessen Standplatz, am Rand des Donauparks, in ihrem Revier lag. Ihre Namen lauteten Supan Cic und Gro Ebner.

Homer hütete sich zu zeigen, dass er die beiden Inspektoren kannte. Auch sie hatten ihn bereits gesehen, doch in seiner anderen Verkleidung, als Musiker Paul Frajune. Den verband äußerlich überhaupt nichts mit seiner jetzigen, überdurchschnittlich großen und breitschultrigen Erscheinung. Es wäre ein großer Fehler gewesen, die Verbindung zum Zirkus zu verraten.

Falls sie bloß, schoss es ihm durch den Kopf, hinter jemandem her sind, der mit Schwarzgeld illegale Hochtechnologie kaufen will. Und nicht, aufgrund welcher Hinweise auch immer, mich persönlich jagen.

So oder so würde ihn eine Verhaftung mit anschließender Leibesvisitation in die Bredouille bringen.

»Die Kohle?«, fragte Ebner den Überschweren.

»Hier.«

Der Springer-Abkömmling hatte Homers »farblosen« KredChip überprüft – und unmittelbar danach den Strahler gezückt.

»Na dann«, sagte der dicke Polizist fröhlich und legte einen Koffer auf den Tisch: »Lasst uns endlich zum Geschäft kommen!«

 

 

47.

 

Mondra war hinterher ganz schön sauer. Picco konnte es ihr nicht verdenken.

»Und du hast noch Glück gehabt«, versuchte er sie aufzuheitern, »dass du nicht bis zur Gondel kamst, ehe sich die Situation aufgeklärt hat. Stell dir vor, du wärst mitten hineingeplatzt und hättest die ›Amtshandlung‹ torpediert.«