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Schlösser und Herrenhäuser in Vorpommern

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Foto: Thomas Grundner

INHALT

EINLEITUNG

KATALOG

Balkenkoppel

Bandelin

Barth

Bassendorf (Deyelsdorf)

Battinsthal

Bauer-Wehrland (Bauer)

Behrenwalde

Beiershagen

Berglase/Rügen

Bisdamitz/Rügen

Böken

Bömitz

Boldevitz/Rügen

Bröllin

Buggenhagen

Dambeck

Daugzin

Dubnitz/Rügen

Falkenhagen

Gobbin/Rügen

Granitz/Rügen

Granskevitz/Rügen

Griebenow

Groß Behnkenhagen

Groß Bremerhagen

Groß Kedingshagen

Groß Luckow

Groß Lüdershagen

Groß Mohrdorf

Groß Schoritz/Rügen

Groß Toitin

Grubnow/Rügen

Gützkow

Haidhof/Rügen

Heinrichsruh

Hessenburg

Hildebrandshagen

Hohendorf

Holthof

Jarnitz/Rügen

Jessin

Kapelle/Rügen

Karlsburg

Karnitz/Rügen

Kartlow

Kartzitz/Rügen

Katzenow

Klein Kordshagen

Klein Kubbelkow/Rügen

Klempenow

Klepelshagen

Klevenow

Krackow

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Foto: Wolf Karge

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Foto: Wolf Karge

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Foto: Wolf Karge

Krebsow

Krimvitz/Rügen

Krönnevitz

Krugsdorf

Krummin/Usedom

Landsdorf

Leistenow

Libnitz/Rügen

Libnow

Liddow/Rügen

Liepen

Lietzow/Rügen

Linchenshöh

Löbnitz

Losentitz/Rügen

Ludwigsburg

Lüskow

Mellenthin/Usedom

Mellnitz/Rügen

Müggenburg

Neddesitz/Rügen

Neetzow

Neuendorf/Usedom

Nisdorf

Nossendorf

Oldendorf

Pansevitz/Rügen

Parow

Pastitz/Rügen

Penkun

Pentin

Plötz

Poggenhof/Rügen

Poppelvitz/Rügen

Pustow

Pütnitz

Quilow

Quitzin

Ralswiek/Rügen

Ramitz/Rügen

Ranzin

Ranzow/Rügen

Reischvitz/Rügen

Rönkendorf

Rothenklempenow

Salchow

Schlemmin

Schmarsow

Schmuggerow

Schwichtenberg

Semper/Rügen

Siedenbüssow

Sommersdorf

Sophienhof

Spyker/Rügen

Stolpe

Stolpe/Usedom

Strelow

Streu/Rügen

Thalberg

Turow

Ueckermünde

Vanselow

Venz/Rügen

Verchen

Wiepkenhagen

Wietzow

Wolfradshof

Wüst Eldena

Zarrentin

Zicker/Rügen

Zinzow

Zubzow/Rügen

ANHANG

Prägende Köpfe der Architektur

Glossar zu den im Katalog markierten Begriffen

Literaturauswahl

Personenregister

Adressen

Der Autor

Karte

Bildnachweis

EINLEITUNG

Eine sichtbare Grenze zwischen Mecklenburg und Vorpommern ist seit über 60 Jahren nicht mehr vorhanden. Zuvor gab es zwar immer enge Kontakte zwischen den Bewohnern, aber etwa acht Jahrhunderte lang eine stabile Trennung der Gebiete. Nachdem das pommersche Herzogshaus 1637 ausgestorben war, konnten Schweden und Preußen die bislang von diesem beherrschten Territorien übernehmen. Eine zweite, heute noch sichtbare Folge des Aussterbens der Greifen ist, dass für die Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg in Pommern repräsentative Residenzen regierender Monarchen fehlen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde ein großer Teil der bis 1945 bestehenden preußischen Provinz Pommern samt der einstigen Hauptstadt Stettin polnisch. Geblieben sind in der Region Vorpommern bemerkenswert viele repräsentative Bauten des Landadels und auch bürgerlicher Gutsbesitzer.

Das Landesamt für Kultur und Denkmalpflege nennt für das gesamte Bundesland Mecklenburg-Vorpommern 2192 vorhandene Burgen, Schlösser, Guts- und Herrenhäuser. Davon sind rund 1500 noch als Gebäude erhalten. Um die 250 Objekte gelten als baulich akut gefährdet, etwa die Hälfte davon als perspektivlos. Die anderen sind saniert oder zumindest gesichert.

Exakt 1012 Herrenhäuser und Gutsanlagen stehen insgesamt in Mecklenburg-Vorpommern unter Denkmalschutz. Die noch vorhandene Dichte dieser Bauten wird für Deutschland als einmalig eingeschätzt. Weit über 300 sind landesweit touristisch zugänglich und werden als Hotels, Ferienwohnungen oder Museen und Galerien genutzt. Private Schlossherren gewähren darüber hinaus in vielen Fällen Zutritt bei besonderen kulturellen Ereignissen wie den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern, literarischen Veranstaltungen, Konzerten, zum Tag des offenen Denkmals oder zur Aktion »Gartensommer«.

Die Internetpräsenz »schloesser-gaerten-mv.de«, eingerichtet vom Ministerium für Verkehr, Bau und Landesentwicklung Mecklenburg-Vorpommern, führt 54 Herrenhäuser und 15 landesherrliche Residenzen auf. Davon stehen 20 in Vorpommern. Das ist lediglich die Spitze des »Schlösserberges«. Für die einzelnen Landesteile kann eine Gesamtzahl nur annähernd ermittelt werden. Allein der frühere Landkreis Nordvorpommern listete rund 220 Anlagen auf. Der Regionale Planungsverband Vorpommern zählt »750 kultur- und geschichtsträchtige Guts- und Herrenhäuser sowie Parkanlagen« in seinem Arbeitsgebiet (das nicht ganz deckungsgleich mit der historischen Region Vorpommern ist, da einige mecklenburgische Ortschaften integriert sind). Diese stattliche runde Zahl umfasst allerdings auch Parks ohne überlieferte Gutshäuser. Genannt werden zudem zehn Burgen und elf Schlösser.

Im Unterschied zu den Burgen des Mittelalters, die Feinde abschrecken oder fernhalten sollten, wollten die repräsentativen Wohnhäuser Bewunderung erzeugen. Sie sollen gefallen – im Auftrag ihrer Bauherren. Innen wurden die Schlösser und Herrenhäuser wohnlich und komfortabel. Die Repräsentation galt vorrangig den Standesgenossen, auch ein wenig Sozialneid durfte schon aufkommen. Dafür wurde gelegentlich über die eigenen finanziellen Möglichkeiten hinaus investiert. Entstanden sind Kleinode der ländlichen Architektur, skurrile Bauherrenlaunen und schlichte Zweckbauten.

Es gibt unterschiedliche Meinungen und auch wissenschaftliche Erklärungen, ob die Immobilien, denen sich dieses Buch widmet, »Herrenhaus«, »Gutshaus« oder »Schloss« genannt werden sollen. Von Marketingstrategen kreierte Bezeichnungen wie »Schlossgut« und »Schlosshotel« oder die Unterscheidung von »Landschlössern« im Gegensatz zu »Residenzschlössern« machen die Verwirrung komplett. Eine Kurzformel für einen Kompromiss könnte lauten: Das »Gutshaus« ist der Mittelpunkt eines landwirtschaftlichen Betriebes. Der Begriff »Herrenhaus« ist eine soziale Definition seiner Bewohner. »Schloss« hebt auf den repräsentativen Charakter eines Hauses ab. Übrigens gehen diese Bezeichnungen bereits in älteren Dokumenten bunt durcheinander.

Das 16. Jahrhundert hat in Vorpommern die ersten Überlieferungen repräsentativer Schlossbauten hinterlassen. Die Herrschenden kamen hinter ihren verbergenden und schützenden Burgmauern hervor und wollten ihre Macht zeigen. Landschaft wurde als Park in diese Planungen einbezogen. Architektur wurde Form und Stil; Kunst, Ästhetik und Materialbeherrschung bestimmten die schönsten Bauten. Die Reste des Ueckermünder Schlosses lassen das gut erkennen. Wer es noch prächtiger sehen will, muss nach Stettin fahren.

Das 17. Jahrhundert hat wegen des Dreißigjährigen Krieges und seiner Folgen wenig Spuren hinterlassen. Ein Glücksfall ist einer der Stammsitze der Familie von der Schulenburg in Penkun. Auch das Wasserschloss Mellenthin auf der Insel Usedom, die Herrenhäuser Spyker, Granskevitz und Boldevitz auf Rügen, Turow oder Quilow geben einen Eindruck von den stilistischen Ausdrucksmöglichkeiten der Renaissance. Besondere Fürsorge sollte in Zukunft dem herzoglichen »Leibgedinge« in Ludwigsburg gelten. Hier ließ einst der Pommernherzog Ernst Ludwig seiner jung vermählten Frau Sophie Hedwig aus dem Hause Braunschweig-Lüneburg ein »festes Haus« bauen und übergab ihr das Gebiet 1577 zur persönlichen Verfügung.

Aus der pommerschen Schwedenzeit nach 1648 sind nicht viele Neubauten überliefert. Die ersten beiden Drittel des 18. Jahrhunderts zeigen in vielen Fällen mit Fachwerk, wenig Zierrat und zurückhaltendem Materialeinsatz Sparsamkeit. Erst das ausgehende 18. Jahrhundert brachte wieder Glanz und Größe zurück. Der Landadel konnte sich sowohl unter schwedischer wie unter preußischer Herrschaft wieder mehr Repräsentation leisten. Die Agrarwirtschaft hatte Konjunktur, Kriege fanden nun auf der Krim und an anderen entfernten Enden der Welt statt. Ausländische Anregungen flossen in die neuen Prunkbauten ein. Parks gewannen mehr und mehr an Bedeutung. Interessante Überlieferungen in – nach wie vor preisbewusstem – Fachwerk sind aus jener Zeit vorhanden und ebenfalls bereits Perlen unter den geschützten Denkmalen. Rothenklempenow, Heinrichsruh, Lüskow oder Neuendorf auf Usedom sind Beispiele dafür. Auch prachtvollere Massivbauten dieser Zeit haben überlebt. Falkenhagen, Griebenow, das »Adelige Fräuleinstift« in Barth, Karlsburg, Schmarsow oder Venz zeigen ihre Formensprache noch recht unverbaut. Kartzitz auf der Insel Rügen ist eines der schönsten Beispiele.

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Foto: Wolf Karge

Wappen über dem Eingang von Schloss Ralswiek auf der Insel Rügen

Doch erst das 19. Jahrhundert hat jene Fülle von Bauwerken hinterlassen, die heute den Ruf Mecklenburg-Vorpommerns als Land der Herrenhäuser begründet. Klassizismus und der von der Berliner Schule beeinflusste Tudorstil bestimmten die erste Hälfte. Dann lösten sich die Baustile auf und verwoben sich im Historismus zu Architekturzitaten vergangener Jahrhunderte. Totale Umbauten älterer Herrenhäuser oder »Fassadenkosmetik« führten zu einer Konjunktur ländlicher Repräsentation. Das Imperium des Fürsten zu Putbus auf der Insel Rügen entfaltete eine mit regierenden Herrscherhäusern vergleichbare Pracht. Leider wurde das Hauptschloss in Putbus in den 1960er-Jahren zerstört.

Das 20. Jahrhundert brachte den herrschaftlichen Landhausstil. Städtischer Wohnkomfort mischte sich mit ländlichen Bedürfnissen, gepaart mit dem bleibenden Anspruch auf Repräsentation.

Bekannt sind in den meisten Fällen die Auftrag gebenden Bauherren. Sucht man nach den gestaltenden Baumeistern, so ist die Überlieferung für die repräsentative Schloss- und Herrenhausarchitektur dünn. Seit dem 16. Jahrhundert sind zumindest einzelne Namen überliefert. Soweit bekannt, kamen fast alle frühen Baumeister aus anderen deutschen Regionen. Erst das 19. Jahrhundert nennt eine Reihe befähigter Architekten auch aus Mecklenburg und Vorpommern. Sie waren überwiegend an der durch Schinkel beeinflussten Berliner Schule orientiert und ausgebildet worden. Von dort erhielten sie die Anregungen für die historisierenden Neostile wie den der Tudorgotik, des Neobarock oder der Neorenaissance. Zum Ende des 19. Jahrhunderts mischten sich die Architekturzitate immer stärker. Es entstand eine Art »Verbürgerlichung« der Herrenhausarchitektur zur »Schlossvilla«.

1945 brach die Entwicklung abrupt ab. Die Bodenreform entzog mit der Enteignung von Boden und Gebäuden den Gutsbesitzern ihre Existenzgrundlage. Eine soziale Gruppe, die Pommern über Jahrhunderte hinweg geprägt hatte, wurde politisch vorsätzlich ihrer ökonomischen Basis beraubt und floh überwiegend in die westlichen Besatzungszonen. Die landwirtschaftlichen Flächen wurden aufgeteilt und die Herrenhäuser überwiegend als Massenquartiere für Flüchtlinge aus dem Osten genutzt. Das führte in den meisten Fällen zur Zerstörung der Inneneinrichtung. Der Abbruch zur Gewinnung von Baumaterial für Neubauernhäuser unterblieb aber wegen der Wohnnutzung in den meisten Fällen. Es folgten Jahre des Mangels in der DDR, die den Häusern weiter schadeten. Der Erhalt durch Nutzung war oft mit Umbauten und erheblichen Eingriffen in die Bausubstanz verbunden. Nur wenige Objekte wurden unter Denkmalschutz gestellt und noch weniger entsprechend saniert.

Das war die Situation, als 1990 zunächst das Interesse der Alteigentümer oder deren Erben (in Vorpommern stärker als in Mecklenburg) die öffentliche Aufmerksamkeit auf diese ländliche Architektur lenkte. Restitutionsansprüche konnten nicht durchgesetzt werden. Doch einigen Nachkommen gelang der Rückkauf in einer Zeit, in der sich die Immobilien langsam zu Investitionsobjekten für Hotelbetreiber oder private Nutzer entwickelten. Das öffentliche und touristische Interesse an der Herrenhausarchitektur nahm zu. Gleichzeitig wurde die noch an vielen Orten vorhandene Parklandschaft überwiegend in der englischen Gestaltung des 19. Jahrhunderts mit oft darin enthaltenen älteren Solitärbäumen wiederentdeckt.

Netzwerk für ein besonderes Erbe

Initiativen und Zusammenschlüsse von Interessenvertretern und Eigentümern erhöhten den Druck auf die Landespolitik zum Erhalt der wertvollen Baudenkmale: 1995 gründete sich auf Initiative des Thünen-Museums Tellow und ECOVAST (Europäischer Verband für den ländlichen Raum) im Museumsdorf Tellow der Verein AG Gutsanlagen – mit dem Zweck, die Erhaltung und Nutzung entsprechender Häuser und Anlagen einschließlich des Umfeldes in Mecklenburg-Vorpommern zu fördern und darüber hinaus deren kulturelle, politische und historische Bedeutung im Bewusstsein der Bürger lebendig zu machen. Acht Jahre später regte diese Arbeitsgemeinschaft eine gemeinsame Resolution mit dem Kultur-Landschaft e.V. und der Arbeitsgruppe kulturlandschaft.mv an, die in Waren verabschiedet wurde. Die Präambel fordert: »Die Gutsanlagen oder Restbestände solcher Anlagen mit ihren Guts- und Herrenhäusern, Schlössern, Wirtschaftsgebäuden und Parks sind Kulturgut, das bewahrt und geschützt werden muss.« Seit 2007 arbeitet die AG mit der Stiftung Herrenhäuser und Gutsanlagen in Mecklenburg-Vorpommern zusammen, die jährlich Seminare an der Europäischen Akademie in Waren durchführt. Die Initiatoren waren 1999 erstmals mit dem Kittendorfer Appell zum Erhalt der Gutshäuser an die Öffentlichkeit getreten; daraus hatte sich 2003 die Stiftung mit einem Startkapital von 50000 Euro entwickelt. 2012 regte die Stiftung einen »Runden Tisch« zu diesen Themen an, der zweimal jährlich stattfinden soll.

Anlässlich eines internationalen Symposiums 2009 wurde eine Tellower Erklärung »Gutsanlagen im Ostseeraum – ein gemeinsames europäisches Erbe« verabschiedet. Ziel war es, länderübergreifend Kräfte für die Erhaltung und Nutzung eines europäischen Kulturerbes zu bündeln. Formuliert waren Themen wie Öffentlichkeitsarbeit, Einflussnahme auf die Raumordnungs- und Regionalentwicklung, die landwirtschaftliche, museale, touristische und andere Nutzung der Gutsanlagen, die Schaffung einer Denkmalwacht nach dem Vorbild der niederländischen Monumentenwacht oder die Verhinderung von Abriss insbesondere von Wirtschaftsgebäuden. Die politische Resonanz blieb allerdings gering.

Eine »Gartenroute Mecklenburg-Vorpommern« wirbt überwiegend mit den von Peter Joseph Lenné beeinflussten englischen Parkanlagen. Aus Vorpommern ist unter den Herrenhäusern bisher lediglich Griebenow in diesem Verbund.

Für die Region Vorpommern engagiert sich in besonderem Maße der Regionale Planungsverband mit dem Projekt der Guts- und Parkanlagen. 2005 formulierte er ein »Fachspezifisches Regionalkonzept zur Entwicklung und zum Erhalt der Vorpommerschen Guts- und Parkanlagen«. Der Verband sagt in seinem Regionalen Raumentwicklungsprogramm, »dass geeignete Schlösser, Guts- und Herrenhäuser mit ihren Parkanlagen sowie archäologische Denkmale unter Beachtung der kulturhistorischen Werte und unter Einbindung in die betreffenden Landschaftsareale für touristische Zwecke nutzbar gemacht werden sollen«. Er will dazu beitragen, dass im Rahmen der Stadt- und Dorfentwicklung »Schlösser, Guts- und Parkanlagen erhalten und mit zeitgemäßer Nutzung zu wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Zentren ihrer Ortschaften entwickelt werden«. Zunächst wurden 2006 mit einer Hochglanzbroschüre »Guts- und Parkanlagen in Vorpommern – Frischer Wind in alten Mauern …« die positiven Beispiele gezeigt. 2007 entstand aus denselben Ambitionen heraus der Katalog »Zum Verkauf – Herrenhäuser in der Planungsregion Vorpommern«. Jüngst veröffentlichte der Verband die Broschüre »Mit dem Rad auf Entdeckungstour durch die Gutshauslandschaft Vorpommerns, Teil I – Vorpommern-Rügen«, der weitere Teile folgen sollen. Eine Homepage »gutsanlagen-vorpommern.de« ist angelegt und wird ständig ergänzt.

2008 wurde erstmals der »Friedrich-Lisch-Denkmalpreis« für Mecklenburg-Vorpommern ausgeschrieben. Dieser mit 4000 Euro dotierte Preis wird für »vorbildliche Leistungen zur Rettung und zum Erhalt von Bau- und Kunstdenkmalen« verliehen. Gewürdigt werden auch die Verbreitung des Denkmalpflegegedankens, hervorragende wissenschaftliche Leistungen, die Nutzung traditioneller oder innovativer Handwerkstechniken und nicht zuletzt langjähriges herausragendes Wirken auf dem Gebiet der Bau- und Kunstdenkmalpflege. Vorpommern ist bei der Vergabe bisher unterrepräsentiert: Bisher sind nur Nossendorf (2010) und Hessenburg (2012) vertreten.

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Foto: Wolf Karge

Säule am Herrenhaus Neetzow

Der 2005 entstandene Landschaftspflegeverband Mecklenburger Agrarkultur e.V. kooperiert seit 2010 mit dem Kultur- und Landschaftsverband Vorpommern e.V. im Landkreis Vorpommern, der sich besonders um die Schlösser, Herrenhäuser und Parks in dieser Region bemüht. Der Verein begann 2009 unter dem Vorsitz des Quitziner »Schlossherrn« Burghard Rübcke von Veltheim mit der Arbeit, die vor allem die Erfahrungen mit der Sanierung von Gutsanlagen und Parks bündelt und weitergibt.

Das Land Mecklenburg-Vorpommern versucht durch verschiedene Fördermöglichkeiten die Sanierung und Erhaltung historischer Gutsanlagen und Herrenhäuser zu fördern. Ein Programm des Wirtschaftsministeriums hat den Ausbau für eine Hotelnutzung im Blick. Das Landesamt für Kultur und Denkmalpflege konnte 2012 knapp 650 000 Euro für denkmalpflegerische Belange ausgeben. Das Problem besteht aber überwiegend darin, dass gerade die Hotelnutzung oft gravierende Eingriffe in die denkmalgeschützte Substanz erfordern. Entsprechende Kompromisse müssen oft schwer erarbeitet werden.

Zur Auswahl der Objekte

In dem dieser Einleitung folgenden Katalog wird nun nach dem 2010 erstmals erschienenen Band »Schlösser und Herrenhäuser in Mecklenburg« auch der vorpommersche Landesteil gewürdigt. Überwiegend befinden sich auch hier die Objekte im Privatbesitz. Im Regelfall wurden nur die Herrenhäuser der ritterschaftlichen Gutsbesitzer aufgenommen. Dabei war uninteressant, wann dieses Eigentum eingetreten war – ob es sich um uradligen oder neuerworbenen bürgerlichen Besitz handelte. Ausgeschlossen wurden überwiegend die ebenfalls zahlreich überlieferten Wohngebäude der Gutspächter. Allenfalls dann, wenn in Ausnahmefällen architektonische Besonderheiten sichtbar sind, fanden sie Aufnahme in die vorliegende Auswahl.

Das entscheidende Auswahlkriterium war ein gegenwärtig möglichst guter oder zumindest aussichtsreicher Zustand der Häuser. Zur fachlichen Absicherung und um eine möglichst aktuelle Darstellung zu erreichen, wurde der Regionale Planungsverband Vorpommern in die Auswahl einbezogen. Für die kompetente Hilfe und Mitarbeit sei an dieser Stelle besonders Katja Wächtler ausdrücklich gedankt.

Balkenkoppel

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Lage:

9 km südlich von Barth

Errichtet:

19. Jahrhundert

Stil:

historisierender Putzbau

Nutzung:

privat

Die Romantik ist Programm in diesem Haus. Im Giebel zum kleinen Park kann es ein wenig barock sein, aber der kleine, runde Eckturm über einem Erker mit dem Kegeldach wird mit einem gotischen Fenster geschmückt. Hervorgehoben werden die Gebäudeecken durch Putzquader. Andere repräsentative Gebäudeteile, wie Säulen, Fenster- und Türlaibungen oder die Giebelvoluten, sind in Sandstein ausgeführt. Das kleine zweigeschossige Herrenhaus mit starken Profilsimsen zwischen den Geschossen und dem steilen Mansarddach ist das Resultat mehrfacher Erweiterungen, die sich heute als Architekturwandel des gesamten 19. Jahrhunderts zeigen.

Ursprünglich handelte es sich wohl um ein Bauernhaus aus dem 18. Jahrhundert, das mit der Aufwertung des Hofes zum Rittergut repräsentative An- und Umbauten erfuhr.

Nach der Enteignung 1945 wurde das Gebäude in der DDR als Wohnhaus genutzt. Nach 1990 stand es einige Jahre leer. Seit seiner Privatisierung ist es aufwändig saniert und in den jetzigen Zustand zurückversetzt worden.

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Foto: Wolf Karge

Bandelin

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Lage:

12 km westlich von Züssow

Errichtet:

18. Jahrhundert/1930

Stil:

Barock/Neobarock

Nutzung:

privat

1928 brannte das alte Herrenhaus aus dem 18. Jahrhundert ab. Das Feuer vernichtete auch erhebliche Kunstschätze, darunter eine originale Gutenberg-Bibel. Über dem alten Grundriss und vermutlich auch in den Kubaturen erhielt 1930 das neue Herrenhaus die neobarocke Form. Dafür wurde das Geld aus der Versicherungssumme genutzt. Dieser Bau dürfte einer der letzten Herrenhausbauten vor 1945 in Mecklenburg-Vorpommern gewesen sein. Das Gut befindet sich seit Jahrhunderten im Besitz der Familie von Behr. Sie fügte in das Giebeldreieck ihr sprechendes Wappen mit dem schreitenden Bären ein. Das Walmdach ist durch zahlreiche Fledermausgauben und vier mächtige Schornsteine herausgehoben. Während der dreiachsige Mittelrisalit hofseitig flach gehalten und lediglich durch schmückende Putzstrukturen um die Fenster und die Eingangstür betont wird, ist die Parkseite von einem auffälligen, fast turmartigen halbrund hervortretenden Mittelteil mit Kolossalpilastern und rundem Kuppeldach bestimmt, von dem über dem hohen Souterrain eine breite Freitreppe in den Landschaftspark führt. Im Park befindet sich auch das Erbbegräbnis derer von Behr auf Bandelin.

Von 1946 bis 1991 wurde das Haus nach der Enteignung der Familie durch die Bodenreform als staatliches Kinderheim genutzt. 1991 übernahm das Diakonische Werk der Pommerschen Evangelischen Kirche das Heim. Seit 2001 befindet es sich in Privatbesitz.

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Foto: Wolf Karge

Barth

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Errichtet:

1733–1741

Stil:

Barock

Nutzung:

Betreutes Wohnen, Ausstellungen

Das schlossähnliche »Adelige Fräuleinstift« entstand dort, wo sich zuvor eine Residenz der Pommernherzöge befand. König Friedrich I. von Schweden stiftete 1722 die Anlage »seiner« schwedisch-pommerschen Ritterschaft zur Unterbringung ihrer unverheirateten adligen Töchter und für Witwen. In den Jahren 1733 bis 1741 entstand der Gebäudekomplex als völliger Neubau. Die Dreiflügelanlage wird durch Mauern und weitere Gebäude an der Westseite zu einem geschlossenen Innenhof mit einem barocken Eingangstor zusammengefasst. Über dem Portal befindet sich das bekrönte schwedische Wappen mit den drei Kronen. Darunter kündet eine vergoldete Inschrift vom königlichen Stifter und seiner Frau Ulrica Eleonora aus dem Hause Wittelsbach.

Mittelpunkt der Dreiflügelanlage ist ein eingeschossiger Zentralbau mit einem zweigeschossigen Mittelrisalit, der in das hohe abgewalmte Mansarddach hineinragt. Die Ecklösungen dieses Gebäudes zieren Putzquader. Im unteren Teil bildet eine dreiseitig offene Vorhalle den Eingang. Der obere Teil ist von einem hohen Dreiecksgiebel mit einem Rundfenster und zwei hochovalen Fenstern geschmückt. Den Dachabschluss bildet ein offener oktogonaler Dachreiter mit einer Wetterfahne, die das Renovierungsjahr 1994 anzeigt. Im Obergeschoss befand sich die Stiftskirche.

Die bescheiden wirkenden eingeschossigen Seitenflügel sind im Dachbereich durch Zwerchhäuser ausgebaut.

Bis 1975 wohnten noch Stiftsdamen in dem Gebäude. Danach diente es weiterhin Wohnzwecken. In der DDR wurde es in die Denkmalliste des Küstenbezirks Rostock aufgenommen.

Die Seitenflügel dienen nach der kompletten Sanierung der Volkssolidarität für Betreutes Wohnen. Im Mittelbau finden Wechselausstellungen statt.

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Foto: Wolf Karge

image Die Drei Kronen (schwedisch: Tre Kronor) sind in ihrer Bedeutung nicht eindeutig. Erstmals siegelte der Schweden-König Albrecht aus dem Hause Mecklenburg 1364 aus nicht klar erkennbaren Gründen mit drei Kronen. Albrecht wurde 1389 durch Margarethe von Dänemark faktisch entmachtet und musste ihr 1398 endgültig den Thron überlassen. Die Königin nutzte die drei Kronen seitdem als Symbol für die von ihr geführte »Kalmarer Union« aus Schweden, Norwegen und Dänemark.

Gustav I. Wasa führte nach der von ihm eingeleiteten Trennung Schwedens von Dänemark bei seiner Thronbesteigung 1523 den Titel »König der Schweden, Goten und Vandalen«. Zugleich übernahm er die drei Kronen, die nun vielleicht für die genannten Landesteile standen. Bis 1973 trugen die Schwedenkönige den Titel, dann wurde er mit der Thronbesteigung von Carl XVI. Gustav in »König von Schweden« geändert. Die drei Kronen blieben.

Mit dem Ende des Dreißigjährigen Krieges und den Festlegungen im Westfälischen Frieden wurde ein großer Teil Pommerns 1648 Besitz der schwedischen Krone, blieb aber politisch als »ewiges Reichslehen« Teil des Heiligen Römischen Reiches. Mit dem Abschluss der Befreiungskriege gegen Napoleon verfügte dann 1815 der Wiener Kongress den Übergang von »Schwedisch-Pommern« an Preußen.image

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Foto: Wolf Karge

Barockes Eingangsportal mit dem schwedischen Drei-Kronen-Wappen

Bassendorf (Deyelsdorf)

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Lage:

9 km südlich von Tribsees

Errichtet:

18. Jahrhundert

Stil:

Barock

Nutzung:

privat

Das kleine eingeschossige Gutshaus ist ein verputzter Fachwerkbau. Die Grundsubstanz blieb erhalten, das äußere Bild erfuhr verschiedene Veränderungen im jeweiligen Zeitgeschmack, ohne aber die barocke Erscheinung zu überdecken. Das hohe Mansarddach ist auf der Hof- und Parkseite im Mittelteil mit dreiachsigen Zwerchhäusern versehen, die von geschweiften Giebeln bekrönt werden. Hofseitig befindet sich im Giebel ein Lünettenfenster. Das Portal wird von Pilastern gerahmt, die einen flachen Dreiecksgiebel tragen.

Seit dem 17. Jahrhundert befand sich das Gut im Besitz der Familie von Wachtmeister, die 1945 im Rahmen der Bodenreform enteignet wurde. Danach beherbergte es Wohnungen und nahm eine Verkaufsstelle auf.

Nach der Privatisierung wurde das Haus saniert und dient als Wohnhaus.

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Foto: Wolf Karge

Battinsthal

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Lage:

1 km nördlich von Penkun

Errichtet:

erste Hälfte des 19. Jahrhunderts

Stil:

Klassizismus

Nutzung:

privat

Das Gutshaus ist vermutlich Anfang des 19. Jahrhunderts gebaut worden. Da sich das Gut seit 1818 im Besitz der Familie Schuckmann befand, ist kurz darauf auch die Bauzeit des Hauses anzusetzen. Das bescheiden wirkende eingeschossige Gebäude steht über einem hohen Feldsteinsockel, dessen Kellerfenster Ziegelrahmungen aufweisen. An der Hofseite ist das zurückgestellte Portal mit toskanischen Säulen geschmückt. Eine kleine Freitreppe führt hinab. Das Wohngeschoss ist durch Putzquader im Geschmack des Klassizismus geschmückt. Das abgewalmte Mansarddach nimmt ein weiteres Geschoss auf, das mit Zwerchhäusern und Fledermausgauben versehen ist.

In unmittelbarer Nachbarschaft zum Gutshaus befindet sich das sogenannte Schlösschen, aus dem Jahr 1899, in der Formenvielfalt des Historismus.

Das Gut ging in die Schuckmann’sche Familienstiftung über, die 1945 enteignet wurde. Gutshaus und »Schlösschen« wurden als Wohnungen genutzt. In jüngster Zeit sind beide Gebäude in Privathand übergegangen und werden saniert. Im Park befindet sich noch die Grabkapelle der Familie Schuckmann.

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Foto: Wolf Karge

image Familienstiftungen/Fideikommisse dienten seit dem 18. Jahrhundert zum Schutz einer Vermögensgesamtheit, etwa eines landwirtschaftlichen Unternehmens. Die Historikerin Kathleen Jandausch hat griffig erklärt, wie das funktionierte: »Der Stifter bestimmte einen Teil seines Eigentums zu einem sogenannten Familienfideikommiss. Das Eigentum konnte aus Grundbesitz oder auch aus Kapital bestehen. In der Regel erfolgte die Stiftung als Bestandteil eines Testaments, in Form einer Stiftungsurkunde mit verschiedenen Paragrafen zu Aufbau, Verwaltung, Erbfolge, Auflösung usw. Der Inhaber eines Fideikommisses war zugleich Nutznießer und Verwalter des gestifteten Vermögens, jedoch nicht Eigentümer von Grund und Boden oder des Kapitals. Grundsätzlich durfte er deshalb das auf diese Weise beschränkte Eigentum nicht verschulden oder veräußern.«

Zu den Zielen solcher Stiftungen gehörten die Abwehr von Haftungsrisiken, von Pflichtteils- und Ausgleichsansprüchen sowie die Minimierung wirtschaftlicher Störfaktoren, insbesondere aus dem Bereich der Mitbestimmung und die Gefahr der Betriebsteilung oder -übernahme.image

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Foto: Wolf Karge

Bauer-Wehrland (Bauer)

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Lage:

5 km nördlich von Lassan

Errichtet:

1837/38

Stil:

Klassizismus

Nutzung:

privat

Das Doppelgut Bauer-Wehrland wurde 1836 durch den Kaufmann Moritz Voss erworben, der in Mexiko zu erheblichem Vermögen gelangt war. In den beiden darauffolgenden Jahren ließ er das Herrenhaus im Geschmack des Klassizismus in der Tradition von David Gilly als reines Wohnhaus ohne landwirtschaftlichen Betrieb umbauen bzw. neu errichten.

Der zweigeschossige Bau über einem niedrigen Kellergeschoss ist durch kräftige umlaufende Simse zwischen den Geschossen gegliedert. Der dreiachsige Mittelrisalit mit dem Eingang über einer breiten Freitreppe wird von einem flachen Dreiecksgiebel abgeschlossen. Die sehr flachen Seitengiebel sind mit Lünettenfenstern geschmückt.

Etwa zur selben Zeit wurde der Park angelegt, der heute Bestandteil des Projektes »Paradiesgarten Lassaner Winkel« ist.

1867 verkaufte der Besitzer das gesamte Gut an die Familie von Quistorp, die es bis zur Enteignung 1945 bewirtschaftete und das Herrenhaus bewohnte.

Nach 2000 wurde das Haus umfassend saniert und restauriert. Im ebenfalls privaten Park finden im Sommer öffentliche Veranstaltungen, beispielsweise Lesungen statt.

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Foto: Wolf Karge

image PARADIESGARTEN LASSANER-WINKEL Der Lassaner Winkel liegt westlich direkt der Insel Usedom gegenüber auf dem vorpommerschen Festland vor dem Peenestrom. Er kann durchaus noch als »Geheimtipp« gelten. Mittelpunkt der Initiative »Paradiesgarten Lassaner-Winkel« ist die Kirche St. Johannis in der Kleinstadt Lassan. Partner in diesem Projekt sind die Kirchgemeinde, der »Mirabell-Verein zur Förderung von Natur, Kultur und Gemeinwesen« und der Kunstverein NORDOST. Viele Bewohner der Stadt und der Umgebung haben sich persönliche Garten-Paradiese geschaffen und wollen sie gern zeigen. Über das ganze Jahr bunt gestreut, wird zu Veranstaltungen und Besichtigungen in die meist privaten Refugien eingeladen. Dazu gehören Saatgut- und Pflanzenbörsen, Anregungen und Gespräche, Ausstellungen, Lesungen oder Konzerte rund um das gemeinsame Thema.image

Behrenwalde

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Lage:

5 km nordwestlich von Franzburg

Errichtet:

Ende des 19. Jahrhunderts

Stil:

Neorenaissance

Nutzung:

Wohnungen

Das Gutshaus ist in seiner Grundstruktur älter, es wurde aber Ende des 19. Jahrhunderts durch die Besitzerfamilie von Behr-Negendank aus dem Stamm Rügen/Pommern in der äußeren Ansicht »modernisiert«. Dabei entstanden die ziegelummauerten Fensterlaibungen im ersten Geschoss über dem verklinkerten Kellergeschoss. Diese Ummauerung im ansonsten verputzten Gebäude ist im zweiachsigen Mittelrisalit auch im zweiten Geschoss fortgesetzt worden. Vor diesem Fensterpaar befindet sich ein Austritt. Der Mittelrisalit endet in einem eigenwillig geschweiften Giebel mit einem Rundbogenfenster.

1945 wurde die letzte Besitzerfamilie Liss von der Roten Armee enteignet und des Hauses verwiesen. Danach wohnten Flüchtlinge und andere Dorfbewohner im Haus.

Die Zwerchhäuser sind Zutaten vom Ausbau des Gebäudes für weitere Wohnungen in den 1960er-Jahren. Die Sanierung für moderne Wohnzwecke erfolgte 2002/03.

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Foto: Wolf Karge

image Die altadlige Familie von Behr ist in mehreren Zweigen überliefert. Vermutungen gibt es über eine Abstammung von den italienischen Orsinis oder Ursinis (Ursus – der Bär), diese sind aber urkundlich nicht belegbar. Doch alle führen ihre Linien auf die erste Erwähnung von (Eberhard) Bere zurück, der als Gefolgsmann des Sachsenherzogs Heinrich des Löwen diesem 1189 in die englische Verbannung folgte. Die Linien teilten sich in den Osnabrücker Stamm der Bere (Bar), den Pommern-Gützkower Stamm und den Niedersächsisch-Lüneburger Stamm. Der Zweig Behr-Negendank ging aus dem 1231 erstmals urkundlich erwähnten vierten Stamm Rügen/Pommern mit dem Stammsitz in Semlow hervor. Im 18. Jahrhundert nahm Karl August von Behr den Doppelnamen an. Die Familie war schon seit dem Mittelalter im Grenzgebiet zwischen Pommern und Mecklenburg reich begütert. Trotzdem ist sie ausschließlich pommerschen und nicht mecklenburgischen Ursprungs. Der mecklenburgische Ortsname Behren-Lübchin geht aber auf die Familie zurück. 1861 erhielt Ulrich von Behr-Negendank aus dem Hause Semlow den preußischen Grafentitel. Ein Jahr später folgte die Verleihung des Titels Baron durch den russischen Zaren. Bis 1945 blieb die Familie in Semlow ansässig.image

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Foto: Ernst Münch

Beiershagen

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Lage:

5 km nördlich von Ribnitz-Damgarten

Errichtet:

Anfang des 18. Jahrhunderts

Stil:

Barock (mehrfach überformt)

Nutzung:

privat

Der zweigeschossige und neunachsige Bau ist in seiner Grundstruktur vermutlich durch die Besitzerfamilie von Usedom als Fachwerkhaus errichtet worden. Ein schmales umlaufendes Putzband teilt die beiden Geschosse. Das hohe Walmdach ist in seiner Gestalt noch aus der Zeit des Barock überliefert. Im hofseitigen Dreiecksgiebel befand sich im kielbogigen Feld wohl ursprünglich ein Wappen. Anders als dieses blieb ein weiteres hübsches kleines schmückendes Detail erhalten. Um 1885 wurden im Auftrag des Gutsbesitzers Ernst von Zanthier noch einmal Veränderungen vorgenommen. Das plastisch gestaltete Rosenrelief über dem Eingang ist farbig gefasst. Der Laubenvorbau als Holzveranda ist eine Zutat aus dem Jahre 1925, als das Gut der Familie Thormann gehörte.

Das Haus wurde im Jahre 2000 saniert und für die Nutzung geteilt.

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Foto: Wolf Karge

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Foto: Wolf Karge

Berglase/Rügen

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Lage:

2,5 km südlich von Samtens

Errichtet:

um 1900

Stil:

Neorenaissance

Nutzung:

privat

Der verputzte Backsteinbau zeigt sich mit einer ungewöhnlich vertikal betonten Struktur. Bereits das hohe Kellergeschoss nimmt diese Linienführung in Naturstein auf, die dann in den beiden Obergeschossen als Putzquader in Pilasterform bis unter das Dach geführt werden. Ein Mittelrisalit nimmt den über eine schmale Freitreppe erreichbaren hoch gelegenen Eingang und ein darüber liegendes dreiflügeliges Fenster mit Segmentbogen auf. Im oberen Teil des Risalits schmückt ein rundes Fenster diese Fassade. Die Putzflächen des Gebäudes sind durch ihre starke ochsenblutrote Farbigkeit von den hellen Pilastern abgesetzt.

1945 wurde die Besitzerfamilie Rühe enteignet. Das Haus wurde danach von mehreren Familien bewohnt. 1988 brannte das Gebäude aus und bei der folgenden Sanierung wurden die historischen Gebäudestrukturen stark vereinfacht überbaut.

Die ursprüngliche Besitzerfamilie konnte das Gut nach 1991 zurückerwerben und baute es nach den historischen Vorlagen wieder auf.

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Foto: Wolf Karge

image Ochsenblutrot: Das ist der Name, der häufig auftaucht, wenn der Farbstoff bezeichnet werden soll, in der die Holzbalken vieler Fachwerkhäuser gestrichen sind. Der rotbraune Anstrich ist haltbar, licht- und wetterbeständig und schützt das Holz. Der rostrote Farbton rührt jedoch keineswegs tatsächlich von Blut her, sondern von Eisenoxiden, also schlicht von Rost. Trotzdem hält sich hartnäckig die Legende, dass in früheren Jahrhunderten die Bauern aus Sparsamkeitsgründen tatsächlich aus dem Serum des Blutes Farbe hergestellt hätten. Es sind sogar Rezepte »überliefert«.

Doch eine Farbe auf der Basis von Blut wäre für den Außenanstrich denkbar unpraktisch, v.a. wegen fehlender Wasserfestigkeit. Der typische Fachwerkanstrich an alten Häusern basiert auf einer Ölfarbe und Leinölfirnis, die mit Eisenoxidpigment getönt war. Diese Rezeptur wird noch heute verwendet und dient wegen ihrer vorzüglichen Verträglichkeit als Pigment für alle Arten von Fassadenanstrichen.image

Bisdamitz/Rügen

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