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Mhou - Der Vogel Strauß

Miriam C. Förster

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Impressum:

Personen und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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© 2009 – Papierfresserchens MTM-Verlag GbR

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Alle Rechte vorbehalten.

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.

Illustrationen: © Dr. Christina Maria Förster

Titelbild gestaltet mit einem Bild von: © Martina Schüler – Pixelio lizenziert

Herstellung: Redaktions- und Literaturbüro MTM: www.literaturredaktion.de

2. Auflage 2009 - Erstauflage Mai 2009 - ISBN: 978-3-940367-59-4 (Taschenbuch)

ISBN: 978-3-96074-183-1 (E-Book, 2020)

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Inhalt

Wie Mhous Geschichte entstand ...

Teil 1: Der kleine Strauß

Wie das Sträußchen aus seinem Ei schlüpft

Wie das Sträußchen zu seinem Namen kommt

Mhou kommt in den Straußenkindergarten

Mhou macht einen Ausflug

Was Mhou in Straußterreich erlebt

Mhou in Gefahr

Mhou fährt nach Strallorca

Teil 2: Schicksalsjahre eines Sträußchens

Wo ist Mhou?

Mhou im Herbstwald

Mhou geht ins Schwimmbad

Mhou hört die Geschichte vom Rhein-Geist

Mhou, Charles und Hans kochen Unreifmarmelade

Mhou und der Straußenmeister-Film

Mhou steckt den Kopf in den Sand

Teil 3: Jugendliche Jahre

Mhou und Claudia

Straußenspotters Triumph

Ganz besondere Ferien für Mhou!

Mhous Alptraum

Mhou besucht die Straußen-Uni

Mhous erste Uni-Sportstunde

Mhou macht sein Examen

Die Autorin

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Wie Mhous Geschichte entstand ...

Im Spätsommer 2008 besuchte ich zusammen mit meiner Omi zum ersten Mal die Mhou Farm in Rülzheim, die älteste und größte Straußenfarm in Deutschland.

Auf dieser Straußenfarm konnte ich einige kleine Sträußchen aus ihren Eiern schlüpfen sehen. Sofort war ich von ihnen begeistert. Ich beobachtete auch die etwas älteren Sträußchen und die sehr imposanten erwachsenen Straußenvögel, die in dieser Savannenlandschaft am Oberrhein auf großen Weiden leben. Die ganz besondere, sanfte, zauberhafte Art des Straußes hat mich tief berührt.

Zuhause musste ich immer daran denken, was aus einem der kleinen Sträußchen, die ich beim Schlüpfen beobachtet hatte, wohl werden würde. Ich nannte den Kleinen „Mhou“, denn dies ist der Name, den Einheimische in Afrika dem größten Vogel der Welt gegeben haben. Tatsächlich gibt er immer wieder Laute von sich, die wie ein tiefes „Mhouuuuuuuu“ klingen.

Also schlüpft Mhou am Anfang meiner Geschichte als vorwitziges Küken aus seinem Ei und wächst zu einem kleinen Sträußchen heran, das zunächst in den Straußenkindergarten geht. Dort findet Mhou schnell ganz besondere Freunde, und natürlich auch einen ganz speziellen Rivalen, der eine Ganovenmaske und schwarze Federhosen trägt. Gemeinsam mit den anderen Sträußchen erlebt Mhou viele bunte Abenteuer, durch die er wichtige Dinge für sein Leben lernt ...

Miriam Carmina Förster

im März 2009

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Teil 1: Der kleine Strauß

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Wie das Sträußchen aus seinem Ei schlüpft

Es war einmal in einem Ei ein winzig kleines niedliches Straußenküken. Es hatte sich hier sehr wohl gefühlt, weil es warm war und man sich, solange man klein war, frei bewegen konnte. Aber dem Straußenküken war es zu eng geworden. Es wurde größer und immer größer, und irgendwann passte es nicht mehr in das Ei hinein. Es wollte ... hinaus!

Es wollte ja auch nicht zeitlebens in einem Ei verbringen. Es wollte frei sein und die weite Welt sehen. So stemmte es sich mit seinem Nacken und mit aller Kraft gegen die Eierschale. Das machen Straußenküken nämlich, wenn sie schlüpfen wollen. Es drückte und drückte … und irgendwann machte es kracks und es konnte durch einen kleinen Riss etwas sehen. Es war sehr hell.

Dann ruhte das Sträußchen. Es hatte sich so angestrengt. Es konnte sich kaum noch bewegen in seinem Ei, doch der Platz reichte gerade noch dafür, dass es sich mit seinen Federn beruhigend über den Nacken streichen konnte.

„Irgendwie schaffe ich das schon“, dachte es, „ich glaube, ich muss noch etwas ruhen.“

So ruhte es sich noch eine halbe Stunde aus und sammelte Kräfte, damit es etwas später noch einmal drücken konnte. Es wusste ja, dass man genügend Kraft brauchte, um die Eierschale endgültig zu durchbrechen, denn Straußenküken durchbrechen die Schale nicht mit ihrem Schnabel, sondern mit ihrem Nacken und Hals. Warum wäre denn der Hals sonst so lang und kräftig und muskulös?

So strengte sich das schlüpfende Straußenküken noch einmal an und stemmte sich mit aller Kraft gegen die Schale. Diesmal machte es nur ein winzig kleines krick.

„Ich muss mich in meinen Gedanken durch die Schale hindurchdenken. Dann werde ich es schaffen!“

Und es ging schon etwas besser, als es das Stemmen nach fünf Minuten noch einmal versuchte. Es war schon beinahe ein Loch in der Schale!

Es atmete noch einmal tief durch. Ein bisschen Verschnaufen würde doch nichts schaden, nicht wahr? Der Anfang des Lebens eines Vogel Straußes war schwer. Es machte aber nichts, wenn die Schale nicht schon beim ersten Versuch durchbrach. Ein Straußenküken musste sich erst einmal Mut zusprechen, wenn es das Sprengen der Eierschale nicht gleich beim ersten Mal schaffte. Es war, wie wenn man in einer Art Kampfkunst entschlossen ein hartes Ahornholz zerschlagen musste.

Genau so erging es dem kleinen Sträußchen. Erst wusste es nicht mehr weiter, aber dann dachte es sich: „Los, sei mutig, sei stark, sei tapfer! Das ist so leicht, das kannst du im Schlaf!“ Da holte es tief Luft, stemmte sich so stark wie möglich gegen die Schale – und tatsächlich! Das Kleine schaffte es!

„Nun werde ich einmal sehen, wie die weite Welt aussieht“, sagte es zu sich. „Die erste Prüfung hab’ ich bereits bestanden.“

Es blinzelte. Es war so hell da draußen. Sollte es dort wirklich wohnen?

Langsam machte es die Augen wieder auf. Es gewöhnte sich an die Helligkeit, an das Tageslicht, und als es genauer hinsah, sah es eine Straußenhenne, die auf das Kleine zuging.

„Mami?“, fragte es, „bist du das? Hilf mir mal etwas, aus der Schale zu kommen. Ich steck da schon beinahe fest. Da drin wird es langsam kalt und nass und öde und langweilig!!!“

Die Mutter brach mit ihren kräftigen Flügelfingern die Schale auseinander und hob das Junge heraus. Dann rief sie: „Aaron, komm mal schnell her, unser Junges ist geschlüpft!“

Sofort eilte ein Straußenhahn herbei. Sein Gefieder war schwarz und er hatte kräftige Beine, mit denen er sehr schnell laufen konnte.

„Ist es nicht niedlich?“ Die Mutter übergab Aaron das Junge.

„Das ist dein Vater, mein Kleines“, sagte sie.

„Hallo Papi!“, sagte das vorwitzige Küken und winkte ihm zu. „Sag mal, was machen wir denn jetzt?“

„Erst einmal ruhst du dich aus“, beantworteten die Eltern seine kecke Frage. „Die Geburt war sicher schon anstrengend genug für dich.“

„O ja“, antwortete das Sträußchen. „Am liebsten würde ich mich jetzt hinlegen und ganz, ganz lange schlafen.“

„In Ordnung. Wir wecken dich dann zum Frühstück.“

Der Vater legte das frisch geschlüpfte Sträußchen in sein Babybett. Es schlief sofort ein. Und wie es versprochen hatte: ganz, ganz lange.

Als es aufwachte, gähnte es und reckte sich und streckte sich. „Ich habe heute aber gut geschlafen“, murmelte das Sträußchen.

„Ah, du bist ja schon wach!“ Es erkannte seinen Vater, der neben ihm an seinem Bett stand. „Komm, das Frühstück ist fertig!“

„Sag mal: Was ist ein Frühstück? Ich war vorhin so müde, ich konnte euch gar nicht fragen.“

„Aber da kannst du doch nichts dafür, dass du von deiner Geburt noch so erschöpft warst. Das ist immer so. Als ich ein kleines Küken war, da ging es mir genauso. Aber ihr habt es ja heute viel gemütlicher als wir. Ich wusste damals nicht einmal, was ein Bett ist.“

„Das kann ich dir genau sagen, Papi! Ein Bett ist etwas, wo man sich hineinlegen und wunderbar schlafen kann!“

„Richtig! Aber jetzt sage ich dir erst einmal, was ein Frühstück ist. Du weißt ja, dass es einen Morgen gibt, genauso wie einen Mittag und einen Abend. Nun denk mal daran, dass es zu den bestimmten Tageszeiten auch Essenszeiten gibt. Am Morgen heißt es Frühstück, am Mittag Mittagessen und am Abend Abendessen.“

„Papi, aber das Frühstück sollte doch eigentlich Morgenessen heißen – wieso heißt es denn nicht so?“

Der Vater lachte. „Ganz einfach, mein Kind. Morgenessen hört sich nicht sehr gut an. Deswegen haben wir beschlossen, es Frühstück zu nennen. Es gibt ja auch die Zeitstufen früh und spät. Und es ist ja früh. Und das Frühstück ist ja auch ein Stück von dem, was wir essen. Und insgesamt ergibt es – rate mal, was? – das Frühstück!“

„Komm, jetzt gehen wir aber zum Morgenessen, ich meine natürlich zum Frühstück!“

Da mussten sie beide lachen. Der Vater hob sein vorwitziges Sträußchen aus dem Bett heraus und sie gingen gemeinsam zum Frühstück.

*

Wie das Sträußchen zu seinem Namen kommt

„Mami, Papi, was machen wir heute Nachmittag?“, fragte der kleine Strauß seine Eltern.

Stella, die Mutter, lächelte. „Du und ich, wir gehen heute zur Kükenärztin.“

„Küken... was?“, stotterte das kleine Sträußchen verwirrt. „Was ist das überhaupt?“

„Kükenärztin heißt es“, wiederholte Aaron, der Vater, geduldig. „Die Kükenärztin versorgt kleine Sträußchen wie dich, wenn es euch nicht gut geht. So etwas nennt man eine Krankheit. Es gibt viele verschiedene Krankheiten.“

„Welche denn?“

„Fieber, Grippe, Ohrenentzündung, Windpocken. Es gibt auch Allergien …“

„Was sind denn Allergien?“

„Allergien, mein Liebes, sind Reaktionen deines Körpers auf etwas, das er nicht gut verträgt. Da kann es dir dann auf einmal nicht mehr so gut gehen. Und damit du dann wieder gesund wirst und dich wohlfühlst, dafür ist die Kükenärztin da. Die Kükenärztin wird dich heute kennenlernen und untersuchen.“

Direkt nach dem Frühstück ging die Mutter mit ihrem Sträußchen los. Die Kükenärztin war sehr nett zu dem Kleinen und bat ihn, sich auf den Untersuchungstisch zu setzen. Dann nahm sie ein Stethoskop und horchte sein Herz ab.

„Hmmmm“, murmelte sie.

„Was machst du denn da?“, fragte das Küken.

„Ich höre dein Herz ab. So kann ich deine Herztöne hören!“ Als sie das Stethoskop wieder wegnahm, sagte sie: „Alles perfekt! Du bist rundum gesund! Und nun zum letzten Test für heute. Sag mal ganz laut: Mhou!“

„Mhou“, sagte das Kleine, „mhou, mhou …“

„Etwas lauter, bitte.“

„Mhouuuuuuuuu“, sagte es ganz lang.

„Nein, ich meine ja nicht nur lang, sondern auch laut!“

„Also gut“, sagte das Küken leise, holte einmal tief Luft und brüllte durch die ganze Praxis: „MHOUUUUUUUU, MHOU MHOUUUUUUUUU!“

„Scht, nicht so laut!“ Die Mutter legte ihm beschwörend den Flügelfinger auf den Schnabel. „Du weckst ja noch die anderen Babys in der Nachbarschaft auf!“

„Aber die Kükenärztin hat doch gesagt, ich soll ganz laut mhou sagen, und das hab ich getan.“

Als die Mutter mit ihrem Küken nach Hause kam, antwortete sie fröhlich: „Heissa, wir haben etwas über unser neues Kind herausgefunden! Erstens: Es hat keine gesundheitlichen Schäden. Zweitens: Es ist ein Junge. Und drittens kann er ganz laut mhouen.“

„Zeig das mal, mein Sohn!“, sagte der Vater.

„MHOUUUUUUU“, schrie er wie in der Kükenarztpraxis, „MHOU MHOUUUUUUU, MHOU MHOUUUUUU!“

Aaron hielt sich die Ohren zu. „Jetzt mach mal langsam. Für ein kleines Söhnchen schreist du schon ganz stark.“

„Und nun, hast du dir auch schon einen Namen für ihn ausgesucht?“, fragte der Vater und sah die Mutter neugierig an.

„Nein, noch nicht“, sagte die Mutter lächelnd, „ich meine ... eigentlich doch! Aber es ist ein Geheimnis. Ich sage es dir erst“, flüsterte sie ihm ins Ohr, „wenn er schläft.“

Das junge Sträußchen hatte natürlich nichts gehört und war ratlos. „Wann erfahre ich denn, wie ich heiße?“, fragte es und machte große Augen.

„Bei deiner Taufe! Die ist gleich morgen“, antworteten die Eltern gleichzeitig.

„Was ist denn eine Taufe?“, fragte der kecke Kleine. „Tut das weh?“

„Aber nein, im Gegenteil! Es ist eine schöne Feier! Da wirst du sehen, wie du wirklich heißen sollst.“

„Das ist aber toll!“, antwortete das kleine Sträußchen. „Aber wieso darf ich mir meinen Namen denn nicht selber aussuchen?“

Doch darauf antwortete die Mutter nur mit einem leisen Lächeln: „Alte Straußentradition!“

Der kleine Strauß war erst einmal sauer, erstens, weil er seinen Namen noch nicht wissen durfte, und zweitens, weil er nicht wusste, was eine Tradition war. Aber er war viel zu sauer, um seine Eltern noch einmal zu fragen.

Erst nach dem Abendessen befragte er seine Mutter dann doch noch einmal: „Du Mami, was macht man bei der Taufe?“

„Bei der Taufe, mein Kleiner, setzen wir dich auf einen kleinen Tisch, der mit einem Kissen ausgepolstert ist. Dann musst du ganz stillhalten, denn dann kommt der Pfarrer herein mit der Schüssel Weihwasser. Das ist eine spezielle Wasserart, die gießt er dir dann vorsichtig auf deine kleinen Stirnlocken.“

„Geht das auch wieder weg?“, fragte er alarmiert. „Ich will nicht, dass da immer etwas an meinen schönen Locken klebt.“

„Weihwasser klebt nicht, mein Sohn“, antwortete die Mutter, „und außerdem haben wir festgestellt, dass du nur leicht wellige Haare bekommen wirst und keine richtigen Locken.“

„Aber woher erfahre ich dann endlich meinen Namen?“, fragte er.

„Den sagt der Pfarrer.“

In der Nacht schlief das Sträußchen zwar unruhig, weil es so gespannt war auf seinen Namen, aber es hatte auch weiterhin Angst um seine Stirnlocken. Als es dann am nächsten Morgen früh aufstehen musste, wollte es sich am liebsten mit dem Hals im Kopfkissen verankern.

„Wieso muss ich schon so früh aufstehen?“, protestierte es verschlafen.

„Wach auf, Kleines, deine Taufe! Wenn du sie verschläfst, dann erfährst du deinen eigenen Namen nicht!“

Die Taufe, die Taufe! Mit einem Mal war der kleine Strauß hellwach. Ohne Widerworte ließ er sich von seiner Mutter in ein weißes Taufkleid stecken. Dabei flüsterte er: „Iiih, warum muss ich denn ein Kleid anziehen?“

„Das ist bei allen Straußen so, auch bei den Jungs.“

Der Straußenknabe starrte genervt Löcher in die Luft. „Hoffentlich halten die mich nicht noch für ein Mädchen! Wenn mein Name doch nur einigermaßen ein Jungenname ist!“

Doch schließlich war es soweit! Die Mutter trug ihn herein. Obwohl er sich bemühte, still da zu sitzen, konnte er es nicht lassen, mit den Armen zu rudern und mit den Füßen zu strampeln.

„Wieso vibrierst du denn so?“, flüsterte die Mutter. „Pass jetzt mal auf, die Taufe fängt gleich an!“

Die Taufe! Bei dem Wort war er wieder ganz angespannt! Gleich würde er seinen richtigen Namen erfahren, der ihn ein Leben lang begleiten sollte!

Die Mutter überreichte das Sträußchen feierlich dem Vater. Dieser setzte es wiederum auf den kleinen Tisch im Raum.

Tatsächlich: Es sah zwar eher wie ein Nachtkästchen aus, aber es war ein kleiner Tisch mit Polsterung.

„Und nun mein lieber Junge“, hallte nach endlos scheinenden Liedern und Segenssprüchen die Stimme des Straußenpfarrers zu ihm. „Ich taufe dich auf den Namen ...“

Jetzt waren alle gespannt, nur die Mutter zwinkerte ihrem Mann leise zu: „Wenn die wüssten! Die halten jetzt ja schon die Luft an!“

„Ich taufe dich auf den Namen ...“

Endloses Warten, endloses Schweigen.

„... MHOU!“

Mhou?

Was soll das heißen? Mhou – wer nannte denn schon sein Küken Mhou?

Einige kicherten, einige flüsterten, doch der frischgetaufte Mhou schrie begeistert durch den ganzen Saal: „MHOUUUUUUUU, MHOU MHOUUUUUUUU!“

Da waren alle der Meinung, dass dieser Name am besten zu dem Kleinen passte.

*

Mhou kommt in den Straußenkindergarten

„Mami, was machen wir heute? Wieso packst du mir einen Rucksack mit Broten? Gehen wir etwa heute schon in diesen komischen Kindergarten?“, fragte der kleine Mhou traurig. „Ich will nicht weg von dir! Du bist da doch gar nicht dabei! Was ist, wenn die Kinder ganz böse zu mir sind?“

„Aber nein, das sind sie nicht.“

Mhous Mutter Stella war eine sehr gute Mutter. Sie erfüllte ihm jeden Wunsch. Aber da es um den Kindergarten ging, konnte sie ihn nicht daheim lassen. Es war nämlich festgelegt, dass er angemeldet war, und junge Sträußchen mussten ja bis zu ihrem Jugendalter in den Kindergarten gehen. Natürlich kamen sie auch wieder zu ihren Eltern zurück, aber Mhou hatte seine Bedenken. Der Kindergarten fing nämlich schon um 8 Uhr an und hörte erst um 15 Uhr wieder auf. Also musste er sieben Stunden lang an diesem Ort sein.

Es war ganz einfach: Er würde alles so blöd wie möglich finden, sodass die Eltern sicher der Meinung wären, dass er die nächsten Jahre nicht noch dort hingehen sollte.

„Aber da findest du doch neue Freunde! Andere Sträußchen sind ja auch ganz nett“, versuchte Stella, ihn zu beruhigen.

„Ja schon, aber die sind doch alle fremd!“, jammerte er, als sie hingingen. „Und was ist, wenn mich vielleicht jemand verletzt oder so etwas Ähnliches passiert? Da sind ja noch ältere Sträußchen.“

„Aber nein, der Kindergarten hat erst dieses Jahr aufgemacht. Und außerdem ist immer eine Klasse in einem Kindergarten, also bleibt es auch so! Und keine Älteren und Jüngeren kommen hinzu!“

„Ach, deswegen sind gleich 16 Kindergärten in diesem Ort und im Nachbarort sogar fast 20! Da soll es ja nur so wimmeln vor lauter kleinen Sträußchen, nicht wahr, Mami?“

Endlich waren sie da. Ein junger Straußenherr mit einem großen Schopf und freundlichem Blick kam auf ihn zu.

„Hallo, du bist bestimmt Mhou! Ich weiß, es gibt hier viele Kindergärten, aber ich bin froh, dass du dir diesen Kindergarten ausgesucht hast. Wir sind ja ganz neu! In den anderen Kindergärten sind über 40 Straußenküken und bei uns sind es nur 21! Du hast also noch viel Platz bei uns. Ich bin übrigens Herr Schnurributz, ich bin der Erzieher der kleinen Sträußchen. Ich passe auf, dass es euch gut geht und meine Frau kocht euch leckeres Essen. Komm gleich mit hinein!“

Herr Schnurributz führte Mhou einen Gang entlang bis zu einer Tür. Dort hatte Mhou vorher viele lärmende kleine Sträußchen gesehen. Jetzt saßen sie alle still da und sahen ihn mit ihren großen erstaunten Augen an.

„Guckt mich nicht so an!“, wollte er gerade sagen. Doch da erklärte schon Herr Schnurributz mit lauter Stimme: „Hallo Leute, das ist Mhou. Er wird ab heute in unseren Kindergarten kommen. Sorgt dafür, dass er hier froh ist, und helft ihm, sich einzufügen in unser schwieriges Leben.“

„Das ist eigentlich gar nicht so schwierig!“, hörte Mhou ein paar andere gleichzeitig rufen.

Dann rief Herr Schnurributz aufmunternd: „Los, Mhou, jetzt geh mal zu den anderen Sträußchen hin!“

Aber Mhou musste nicht zu den anderen gehen. Im Gegenteil: Sie kamen zu ihm! Ja, sie stürmten sogar zu ihm und riefen: „Hallo Mhou, sei herzlich willkommen!“

Ein kleiner Strauß, der ungefähr einen Monat jünger war als er, gab ihm seinen Flügel und holte ihn zu den anderen. Er sah eigentlich ganz nett aus. „Hallo Mhou, ich heiße Charles. Komm mit, ich zeige dir unseren Kindergarten.“

Als Mhou noch einen sehnsüchtigen Blick zur Tür warf, sah er, dass dort nicht nur Herr Schnurributz, sondern auch seine Mutter stand. Noch bevor er etwas zu ihr sagen konnte, rief Charles: „Guck mal, das hier ist die Kuschelecke. Wir benutzen sie auch gerne beim Spielen als Schlafzimmer, damit du das schon einmal weißt.“

„Ihr kuschelt euch doch sicher in die Kissen, oder Charles? Und manchmal gibt es bestimmt eine Kissenschlacht, nicht?“

„Genau, Mhou!“, antwortete Charles und zwinkerte ihm zu.

Dann zeigte Charles ihm noch die Spielecke, die Lego-Ecke, die Küchen-Ecke, den Brotzeittisch und den Lunchtisch.

„Nun, Mhou, sag mal, gehen wir noch etwas herum? Da draußen ist unser Garten. In den werden wir später gehen. Dann zeig ich dir alles, was es da gibt. Zum Beispiel den …“

Doch bevor er weitersprechen konnte, eilte ein Straußenjunge vorbei, der es anscheinend etwas eilig hatte. Er hatte einen strengen Blick aufgesetzt, trug schwarze Federhosen und noch eine schwarze Maske um die Augen, mit der er aussah wie ein Ganove.