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FLORIAN HAYMANN

MOUNTAINBIKES

AUSWAHL | WARTUNG | FAHRTECHNIK

 

 

 

 

 

 

 

 

DELIUS KLASING VERLAG

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Inhalt

Vorwort

Das richtige Bike

Bike-Navigator

Hardtail oder Fully?

Wo kaufen?

Laufradformate

Schaltung

Geometrie

Größenwahl

Fahrwerksabstimmung

Tipps für Frauen

Berg und Tal

Cross-Country-Bikes

All-Mountain-Bikes

All-Mountain-Sport

All-Mountain-Plus

Talwärts

Enduro-Bikes

Freeride-Bikes /

Slopestyle-Bikes /

Dirtbikes /

Fourcross-Bikes

Downhill-Bikes /

Big-Bikes

Freistil

Fat-Bikes

E-Bikes

Zubehör

Kontaktzonen

Helferlein

Pflege & Reparatur

Wäsche / Pflege

Reifen demontieren

Kette reparieren

Laufräder

Schaltung /

Züge und Außenhüllen wechseln

Steuerkopf

Bremsen

Ritzel & Kettenblätter

Fahrtechnik

Grundposition

Kurven fahren

Spitzkehren

Vorderrad anheben

Bunny-Hop

Lexikon

Technik

Fahren im Gelände

Der Autor

Vorwort

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Der einstige Trendsport Mountainbiken ist erwachsen geworden. Das Mountainbike hat die ehemals verschlafene Fahrradbranche gründlich entstaubt. Aktuell begeistert es bereits eine dritte Generation von Anhängern. Diese Erfolgsgeschichte ist noch lange nicht zu Ende.

Mitte der Neunziger Jahre wurden die Biker noch als papageienbunte Trendsportler belächelt. Mittlerweile ist Mountainbiken ein beliebter Breitensport. Die besten Biker dürfen seit Langem schon um olympisches Gold fahren. Das Mountainbike (kurz: MTB) ist zum Motor der gesamten Fahrradbranche geworden: Es hat zum Beispiel die Rennradhersteller aus einem jahrzehntelangen Dornröschen-Schlaf geweckt. Nun fahren Tour-de-France-Teams auf Rädern von MTB-Marken, natürlich mit Bike-Technik. Wie konnte ein Spezialrad fürs Gelände eine so steile Karriere hinlegen? Weil es sich nicht nur im schroffen Terrain wohlfühlt. Die All-roundeigenschaften von MTBs beeindrucken: Ob Alpenpass, Bikepark oder der Weg zur Post – sie rollen durch jedes Terrain und sind meist als Erste im Ziel. Während zuvor jedes Fahrrad an die Straße gebunden war, ermöglichte das MTB erstmals entspanntes Radeln in unverbauter Natur – weg von Lärm, Abgasen, Gefahr und Stress, hin zum Naturerlebnis, die Sinne ganz aufs Innere fokussiert. Viele Menschen entdeckten erst mit dem MTB, welche unglaubliche Reichweite man auch ohne Auto erzielen kann. Extremisten fahren 300 Kilometer nonstop, Marathons von über 80 Kilometern Länge haben oft Starterfelder von über 2000 Menschen. Tausende Biker überqueren jeden Sommer die Alpen – (meist) allein mit Muskelkraft. Auch auf der Straße ist das MTB nicht deplatziert: Mit seiner enormen Übersetzungsbandbreite und dem geringen Gewicht nimmt das Bike jede Steigung locker. MTB-Bremsen haben einen neuen Sicherheitsstandard in der Fahrradtechnik vorgegeben – wichtig in der Stadt wie auf der Downhillpiste. Dass die Offroadmaschinen dabei auch noch besonders robust gebaut sind, ermöglicht nicht nur den harten Einsatz im Gelände, sondern dient auch der Langlebigkeit.

Die Vielseitigkeit des MTBs schlägt sich in der Vielzahl seiner Varianten nieder. Anfangs gab es nur das Mountainbike schlechthin: ungefederter Diamantrahmen, Knubbelreifen, bissige Bremsen, viele Gänge. Daraus ist heute eine ganze Familie geworden:

Es gibt MTBs zum Marathonfahren, zum Bergabfahren, zum Springen oder für Kurzstreckenrennen. Ebenso gibt es Bikes zum Tourenfahren, für Bikeparks und sogar solche, die als Alleskönner verkauft werden. Gut zehn verschiedene Einsatzbereiche lassen sich so umreißen.

Um den Bike-Spaß voll auskosten zu können, brauchen Sie hauptsächlich Wissen: Fully oder Hardtail, Fatbike oder Twentyniner? Dieses Buch schlägt eine Schneise durch den Dschungel der Bike-Begriffe und ermöglicht Ihnen die zielsichere Auswahl des richtigen Gefährts. Hinzu kommen grundlegende Erläuterungen zur MTB-Technik und essentieller Zusatz-Ausrüstung. Garniert wird dieses Paket mit einer professionellen Fahrtechnik-Hilfe, damit Sie auf Anhieb 100 Prozent Fahrspaß im Gelände haben.

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Gruppenerlebnis
Allein zu biken ist schön. Doch in der Gruppe entwickelt sich eine Dynamik, die jeden mitreißt. Und es entstehen Freundschaften, auf die man sich verlassen kann. Bei Rahmen- und Gabelbruch.

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Faszination Rennsport
Für viele ist der Wettbewerb der Zugang zum Mountainbiken, sei es als Zuschauer oder als Rennfahrer. Der Rennsport ist extrem fordernd, konditionell und technisch. Die Belohnung für Erfolge ist dafür umso schöner.

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Reize setzen
Das MTB bietet die Möglichkeit, seine Grenzen auszuloten, sich zu überwinden. Extrem-Wettbewerbe wie die „Rampage“ in Utah sind risikobereiten Top-Athleten vorbehalten. Doch der kleine Nervenkitzel lauert für Hobby-Freerider an der nächsten Treppenstufe – ohne Lebensgefahr.

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Die Natur erspüren
Das Mountainbike bringt Menschen an Orte, die sie sonst kaum erreichen würden. Die Reifen erweitern unser Sensorium: Wir spüren den Untergrund, stehen in direkter Verbindung mit der Natur. Spätestens bei der Verschnaufpause öffnen sich alle Sinne, um Eindrücke zu tanken.

DAS RICHTIGE BIKE

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Das richtige Bike

In den vergangenen Jahrzehnten hat sich Mountainbiken zu einem äußerst facettenreichen Sport entwickelt. Menschen unterschiedlichsten Alters fahren aus den unterschiedlichsten Gründen mit dem Mountainbike: um sich zu erholen, um sich mit anderen zu messen oder um Nervenkitzel zu erleben. Manche fahren lieber bergauf, andere lassen sich von der Bergbahn auf den Gipfel bringen. Manche lieben Wurzelpfade, andere fahren nur auf präparierten Pisten oder gar auf Asphalt. Um all diesen Bedürfnissen gerecht zu werden, hat sich um das „Ur-Mountainbike“ eine ganze Sippschaft entwickelt. Das Ur-Bike aus den 1980er-Jahren, ein völlig ungefedertes Bike mit 26-Zoll-Laufrädern, ist in den heutigen Bikes kaum wiederzuerkennen: Standen einst 18 Gänge für Hightech, sind heute 30 Standard. (Wobei ein Trend zum simplen 1x11 besteht.) Auch die einst prototypische Laufradgröße von 26 Zoll findet sich längst nicht mehr bei allen Bikes. Ein Großteil der auf Leichtlauf ausgelegten Bikes rollt auf 29 Zöllern. Nur wenige andere Funsportgeräte haben eine solch rasante Entwicklung in so kurzer Zeit durchlaufen. 1990 war eine gummigefederte Gabel kaum bezahlbar, heute stehen vollgefederte und sogar Elektro-Mountainbikes im Supermarkt.

Und da sind wir schon beim Knackpunkt: Oft versprechen bunte Aufkleber und verheißungsvolle Anglizismen mehr, als der Dumping-Preis halten kann. Da gilt dann Mutters Lehrsatz: Billig gekauft, ist doppelt gekauft. Aber auch ein hoher Anschaffungspreis ist – bei der enormen Vielfalt am Markt – kein Garant für genussvolles Biken. So können Sie für 5000 Euro eine elektrisch betriebene 25-Kilo-Wuchtbrumme im Motorrad-Look erstehen. Oder eben eine filigrane 10-Kilo-Bergmaschine. Mountainbiker sind ein buntes Volk. Ebenso vielfältig sind ihre Sportgeräte. Das Tolle daran ist: Für jeden ist genau das Richtige dabei. Denn der Fahrradmarkt hat sich mittlerweile enorm ausdifferenziert. Da heißt es: Ruhe bewahren und den Überblick behalten. Denn der Bike-Kauf ist auch eine Herzenssache und soll Spaß machen. Also, legen wir los!

Bike-Navigator

Mithilfe weniger, simpler Fragen schlagen Sie eine Bresche in den Dschungel aus Biker-Chinesisch und Marketing-Denglisch. Auch wenn der Fahrradmarkt anfangs unübersichtlich wirkt, ist es doch relativ leicht, das passende Gefährt zu finden. Die hier nur kurz erwähnten Bike-Kategorien werden ab S. 34 detailliert anhand vieler Beispiele vorgestellt.

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Hardtail oder Fully?

Zwei Anglizismen sind in der Bikersprache unausweichlich: Ein Mountainbike ohne gefedertes Hinterrad heißt Hardtail (übersetzt: starres Heck), ein vollgefedertes nennt man Fullsuspension-Bike (korrekt: „fully suspended bike“ kurz: „Fully“).

Die Entscheidung für die eine oder andere Bauart ist nicht allein eine Kostenfrage, sondern kann philosophische Züge annehmen.

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Hardtail

Ein Hauptvorteil des Hardtails liegt beim Preis: Es ist technisch simpler herzustellen – der Rahmen braucht schließlich weder Gelenke noch ein Federbein. Deshalb wiegt ein Hardtail auch stets weniger als ein sonst gleich ausgestattetes Fully. Zudem kann ein nicht vorhandener Dämpfer auch nicht kaputtgehen, wenn auch gesagt werden muss, dass solche Defekte bei Fullies selten sind. Zu bedenken ist die entfallende Wartung von Dämpfer und Kugellagern. Wer auf seinem Bike – beispielsweise als Pendler – häufig mit schwerem Rucksack unterwegs ist, wird sich vielleicht auch eher für ein Hardtail entscheiden. Denn das ist schließlich unempfindlich für Gewichtsschwankungen. Der Nachteil: Ein starres Hinterrad leitet Schläge ungefiltert an die Bandscheiben weiter und bleibt an jeder Felskante (auch beim Hochfahren!) hängen.

Fully

Das Fully lässt sich effizienter im Gelände bewegen. Messungen belegen, dass ein Fully mehr Energie in Vortrieb umwandelt, also schneller ist. Gründe sind eine bessere Traktion und eine geringere Ermüdung des Fahrers. Dadurch wird das höhere Gewicht locker kompensiert. Allerdings kostet ein vollgefedertes Bike – bei sonst gleicher Ausstattung – nahezu das Doppelte und wiegt mindestens ein Kilogramm mehr als ein gleich teures Hardtail. Zum Kaufpreis muss man als Vielfahrer gut 100 € für eine jährliche Inspektion der Heckfederung addieren. Die in Bikerkreisen (besonders unter eingefeischten Hardtail-Liebhabern) kursierende Mär, wonach man die richtige Fahrtechnik nur auf einem Hardtail erlernen würde, dürfen Sie getrost ignorieren. Schließlich wird auch das Autofahren in aktuellen, komfortablen Modellen geschult und nicht im Gogomobil.

Sonderfall Einsteiger

Liegt das Budget unter 1500 €, ist es sicherer, sich für ein Hardtail zu entscheiden. Nur wenige Hersteller bieten unterhalb dieser Preisschwelle Fullies an, die kompromisslos geländetauglich sind. Häufig sind schwergängige Federelemente verbaut, oder das Gewicht ist zu hoch. Dagegen gibt es bereits für 1000 € eine große Auswahl an Hardtails, die uneingeschränkten Fahrspaß vermitteln. Die Alternative für Sparsame ist der Gebrauchtkauf, wobei natürlich ein erfahrener Berater hilfreich ist.

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Wer mehr Geld für sein Bike ausgibt, darf natürlich auch eine höhere Leistung erwarten: geringeres Gewicht, mehr Traktion, höheren Komfort.

Während allerdings die Preise für Mountainbikes nahezu grenzenlos sind, gibt es auf der anderen Skala, der Leistung, ein Optimum. Das beste Preis-Leistungsverhältnis ist für jede Bike-Kategorie gesondert zu ermitteln. Jedoch ist der Kurvenverlauf problemlos übertragbar. Als Beispiel dient hier die Klasse der Hardtails. Für 3000 € erhält man ein sehr feines Sportgerät um die 10 Kilo. Bei manchem Hersteller kann man zu diesem Preis auch ein deutlich leichteres, rennfertiges Modell erhalten. Für etwa 4000 € darf man auch von teuren Herstellern ein sehr gutes und leichtes Race-Hardtail erwarten. Wer dann nochmal ein halbes oder gar ein ganzes Kilo am Bike abspecken will, muss dafür unverhältnismäßig tief in die Tasche greifen. Um schließlich die Spitze des technisch Möglichen zu besitzen, kann mal leicht das Doppelte ausgeben wie für ein Bike, das ein knappes Kilo mehr wiegt.

Wo kaufen?

Neben dem klassischen Kauf im Fahrradladen gibt es ein breites Angebot von Versandmarken. Was sind die Vor- und Nachteile dieser Kaufoptionen?

Einzelhändler

Abgesehen davon, dass es vielen Fahrradläden gelingt, ihre Ware wie Kultobjekte zu präsentieren und ein ansprechendes Flair zu erzeugen, hat ein Händler vor Ort auch ganz handfeste Vorteile: Hier kann man das Bike anfassen und ausgiebig Probe fahren. Oft gibt es Angebote für Testtage oder ganze Testwochenenden. Idealerweise stehen mehrere Marken zur Auswahl und lassen sich so auch vergleichen. Reparaturen werden meist kulant bearbeitet, Kleinigkeiten dabei nicht unbedingt berechnet. Und der Mechaniker gibt den einen oder anderen Tipp mit nach Hause. Viele Bike-Shops bilden auch das Epizentrum der lokalen Mountainbike-Kultur, und man findet hier schnell Anschluss zu Gleichgesinnten. Bedenken Sie all diese Vorteile sorgsam, bevor Sie zum Bike aus der Kiste greifen.

Versandhandel