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Nr. 45

 

Die Saboteure von Hemals

 

Tod unter fremder Sonne – eine paradiesische Welt wird zum Hexenkessel

 

von H. G. Ewers

 

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Auf Terra, den Welten des Solaren Imperiums und den Stützpunkten der USO schreibt man Mitte August des Jahres 2409 Standardzeit.

Die Condos Vasac, das galaxisweite Verbrechersyndikat, das der USO und dem Solaren Imperium für lange Zeit einen erbitterten Kampf lieferte, ist nicht mehr! Die Organisation wurde vor über einem halben Jahr endgültig zerschlagen, als Männer der USO »das letzte Versteck« ausfindig machten und Raumschiffe der USO, des Solaren Imperiums und der Maahks in das Zentralsystem der Grossarts eindrangen.

Aber das Ende der CV bedeutet keineswegs, dass in der Galaxis Ruhe herrscht und dass Lordadmiral Atlan und seine Mitarbeiter ihre Tätigkeit einstellen können.

Im Gegenteil – die USO, auch »galaktische Feuerwehr« genannt –, wird nach wie vor dringend benötigt. Und Ronald Tekener und Sinclair M. Kennon, der Mann mit der »Vollprothese«, befinden sich längst wieder im gefährlichen Einsatz.

Nach der Aushebung der »Schule der Attentäter« verfolgen die beiden – in Maske selbstverständlich! – weiterhin die Spur dessen, der für die Morde an prominenten Bürgern des Solaren Imperiums verantwortlich ist.

Die Beweggründe des Mörders liegen noch im dunkeln, doch die beiden USO-Spezialisten sind zuversichtlich, sie enträtseln zu können. Eines haben sie jedoch nicht in ihre Berechnung miteinbezogen: DIE SABOTEURE VON HEMALS ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Atlan – Der Lordadmiral wird des Mordes beschuldigt.

Kangos Raiz-Selase und Damarkus Seleyt – Die neuen Identitäten von Ronald Tekener und Sinclair M. Kennon.

Erone Crathos – Ein Prospektor wird ermordet.

Pillkim Haim – Ein Professor für Freizeitforschung.

Hita Brecnac – Leiter eines Sabotagekommandos.

Willst du, dass einer in der Gefahr nicht zittere, so trainiere ihn vor der Gefahr.

Aus den Briefen von Seneca an Lucilius

 

1.

 

Erone Crathos rieb sich zufrieden die Hände. Sein besonderer Sinn hatte ihn auch diesmal nicht getrogen. Die Bohrroboter waren auf ein Howalgoniumvorkommen gestoßen, wie er es in seinem langen Leben als Prospektor nur zweimal gefunden hatte.

Er desaktivierte die Maschinen über Fernsteuerung und zündete sich eine Zigarre an. Blinzelnd sah er durch den emporsteigenden Rauch in den klaren Himmel von Hemals, in dem die kleine rote Sonne Cystobors gleich einem Klecks Himbeergelee schwamm.

Ein Schwarm flamingoähnlicher Vögel zog über die einem Park ähnelnde Landschaft und ließ sich krächzend am Ufer des nahen Sees nieder. Die weidenden Ugrus, Tiere, die wie Kreuzungen von Wasserbüffeln und Giraffen aussahen, wandten nur kurz die Köpfe, dann fuhren sie fort, Grasbüschel auszureißen.

Eigentlich ist es gar kein Gras, überlegte Crathos, sondern eine zweikeimblättrige Pflanzenart, die in Symbiose mit mehreren Algenarten lebt. Dreimal jährlich wurden die Ebenen auf Hemals überflutet – und zwei Drittel der Landfläche waren Ebenen, wodurch sich das Gelände für Wochen in einen Sumpf verwandelte. Die »amphibische« Symbiose hatte eine Lebensgemeinschaft geschaffen, die solchen Bedingungen ideal angepasst war.

Der Prospektor lächelte geistesabwesend.

Er dachte daran, dass er in vier Wochen wieder echtes Gras unter den Füßen haben würde. In drei Wochen sollte ihn das Springer-Raumschiff, das er gechartert hatte, wieder abholen und zurück nach Plophos bringen. Dort konnte er bei der Nebenstelle des Solaren Besiedlungs- und Erschließungsbüros die Besitzrechte für das Land erwerben, unter dem er Howalgonium entdeckt hatte.

Erone Crathos schmunzelte bei dem Gedanken an das Gesicht, das Myrta, seine Enkelin, machen würde, wenn er ihr die Besitzurkunden zum Geburtstag schenkte. Er nahm sich vor, ihr zu raten, mit dem Verkauf noch ein Jahr zu warten. Dann konnte sie wahrscheinlich das Hundertfache von dem herausholen, was er für die Besitzrechte gezahlt hatte. Crathos brauchte das Geld nicht mehr. Mit 111 Jahren zählte man zwar noch längst nicht zum alten Eisen, aber er hatte genug Geld zur Seite gelegt, um für spätere Jahre gerüstet zu sein.

Er kaute genießerisch auf seiner Zigarre und schob sie von einem Mundwinkel in den anderen. Das Leben war schön – das, was hinter ihm lag und das, was noch vor ihm lag. Erone Crathos wusste, dass er kerngesund war, ein überschlanker und in jeder Hinsicht zäher Mann. Vielleicht würde er sich in einem Jahr oder in zwei Jahren zur Ruhe setzen, einen neuen Ehekontrakt eingehen und auf einem der zahlreichen Nontechno-Planeten einen Landsitz beziehen.

Hemals wäre nach seinem Geschmack gewesen, mit seinem milden, trockenen Klima und der Schwerkraft von nur 0,79 Gravos, aber in wenigen Jahren würden hier Millionen von Siedlern wohnen, würden Bergwerke und Industrieanlagen die Landschaft verschandeln und Flottenstützpunkte riesige verbotene Zonen schaffen.

Doch vorläufig war er noch allein auf Hemals, der einzige Mensch auf diesem wundervollen Planeten.

Erone ließ die ausgerauchte Zigarre fallen und drückte die Glut sorgfältig aus. Danach wandte er sich um und ging auf seine Behausung zu, einen so genannten Kompressions-Iglu. Das Iglu war vier Meter hoch und bestand aus einer doppelwandigen Kunststofffolie, die mit einem Druck von 50 atü aufgeblasen wurde. Da der verwendete Kunststoff zu den widerstandsfähigsten Plasten gehörte, hätte das Iglu den Anprall eines Shifts ausgehalten.

Der Prospektor begab sich in die kleine Küche und schaltete die Kaffeemaschine an. Dann ging er zum Funkraum. Ein Tastendruck ließ die Hyperkomantenne ausfahren. Erone betätigte die Einstellungstasten und drückte den Feststellknopf, als er den Trivideo-Großsender des Yptoma-Tau-Systems »eingefangen« hatte. Er hörte sich die Nachrichten an und verfolgte die Bildberichte. Danach holte er sich einen Becher Kaffee und setzte sich damit in den Sessel vor dem Hyperkom.

Trivideo Yptoma-Tau brachte Werbung, Reklame für alle nur denkbaren und auch für undenkbare Artikel. Ärgerlich stand Erone Crathos auf und suchte nach einem anderen Sender. Einmal bekam er das undeutliche Bild einer Wüstenlandschaft herein, aber der betreffende Sender war wohl zu weit entfernt, denn der Empfang war miserabel.

Crathos suchte weiter.

Plötzlich stutzte er.

Leise erscholl eine Impulsfolge aus den Lautsprechern des Hyperkoms, eine Impulsfolge, die den Prospektor an irgend etwas erinnerte. Er runzelte die Stirn, versuchte, die Sendung besser hereinzubekommen, hatte aber keinen Erfolg damit.

Der Empfang blieb schwach. Allmählich aber stellte sich Erones Gehör darauf ein, und in seinem Bewusstsein wurden die Signale verstärkt.

Einige Minuten später kam dem alten Prospektor eine Ahnung, worum es sich bei den Signalen handeln könnte. Erregt schaltete er das automatische Peilsystem ein. Wie gebannt starrte er auf die Informationsscheibe.

Er hörte nicht, wie sich die Schiebetür in seinem Rücken öffnete und schemenhaft eine unförmige Gestalt auftauchte.

Erone Crathos hörte auch nicht das Zischen, mit dem ein absolut tödliches Geschoss abgefeuert wurde. Er spürte nur den furchtbaren Schmerz, als das Geschoss durch Fleisch und Knochen schlug.

Crathos taumelte nach vorn, die Augen vor Entsetzen weit aufgerissen. Er fühlte, dass sich der Tod in seinem Körper ausbreitete. Kaleidoskopartig zogen Erinnerungsfetzen an sein bisheriges Leben vor seinem geistigen Auge vorüber. Der Schmerz wich einer lähmenden Taubheit.

Fünf Sekunden nach dem Einschlag des Geschosses war Erone Crathos tot.

Sein Mörder musterte die verkrümmt auf dem Boden liegende Gestalt, dann trat er in den Funkraum, stieg über die Leiche und schaltete den Hyperkom ab ...

 

*

 

Alkmua Threego öffnete die Augen, als der elektronische Gong ertönte und eine unmodulierte Automatenstimme das Ende des Linearmanövers ankündigte. Der Spezialist-Major aktivierte das Servogerät, das den Kontursessel aus einer bequemen Liege wieder in einen Sitz verwandelte.

Links und rechts von ihm wurden zwei weitere Männer in aufrechte Sitzhaltung befördert: Spezialist-Captain Laphoore Dunjew und Spezialist-Captain Mandam Gurm.

Mandam Gurm verzog sein kantiges schwarzes Gesicht zu einem vorsichtigen Lächeln, das die starken Reißzähne nur teilweise entblößte. Wer ihn trotz seines langen schmalen Schädels und des gelben Haares für einen Afroterraner hielt, der wurde spätestens beim Anblick der Reißzähne darüber belehrt, dass Gurm keiner war. Er stammte vom Planeten Xtyl, und die Xtyls waren nicht, wie die meisten humanoiden Arten der Menschheitsgalaxis, modifizierte Abkömmlinge der so genannten »Lemurischen Menschheit«.

»Ich hoffe, Sie haben gut geschlafen oder wenigstens gut geruht«, kam Major Threego anderen Bemerkungen zuvor. Er fuhr mit dem Kontursessel näher an das Hauptsteuerpult der Space-Jet heran und legte die Hände abwartend neben die Schaltungen.

»Danke, ich habe geschlafen, Sir«, erwiderte Mandam Gurm. Sein Interkosmo war einwandfrei, aber die Worte klangen bei einem Xtyl stets, als würden sie durch eine dünne Membran gesprochen.

»Ich konnte nicht schlafen«, erklärte Captain Dunjew. Seine Urgroßeltern waren Terraner gewesen und hatten sich als Siedler auf dem Planeten Trokku niedergelassen. Durch das Zusammenwirken mehrerer Spurenelemente im Biozyklus erhielten die Nachkommen bis auf wenige Ausnahmen weiße Haut und hellblaues Haar. Diese weiße Haut wurde auch durch starke UV-Bestrahlung nicht getönt, aber wer länger als drei Jahre nicht mit Trokku oder trokkuschen Nahrungsmitteln in Berührung kam, verlor allmählich die »Bräunungs-Immunität«. Dunjew war ebenso gebräunt wie Major Threego.

»Wahrscheinlich sind Sie aufgeregt, Laphoore«, meinte Threego. »Wenn Sie wollen, gebe ich Ihnen ein Entspannungsmittel. Übrigens wollen wir es während des Einsatzes so halten, dass wir – falls Sie einverstanden sind – uns mit Vornamen anreden. Sie wissen, dass ich Alkmua heiße.«

»Danke, Alkmua, ich habe keine Einwände«, sagte Captain Dunjew. »Aber auf ein Entspannungsmittel möchte ich doch lieber verzichten.«

Captain Gurm lächelte abermals.

»Ich bin ebenfalls einverstanden, Alkmua. Es ist mir sogar eine große Ehre, denn Sie stehen nicht nur dienstrangmäßig über uns, sondern sind außerdem noch Kosmomediziner.«

Alkmua Threego blickte durch das transparente Panzertroplon der Steuerkanzel in die Licht- und Schattenspiele des Zwischenraums, als er entgegnete:

»Vor dem Hintergrund der Ewigkeit unterscheiden wir uns nicht voneinander, Mandam. Da sind wir nur Ballungen unterschiedlicher Ladungen. Ich korrigiere mich: das Wort ›nur‹ war irreführend, denn in Wirklichkeit stellt eine solche Existenzform wahrscheinlich eines der größten Wunder des Kosmos dar.«

Zum zweiten Mal hallte der elektronische Gong durch die Steuerkanzel. Eine Automatenstimme sagte:

»Rücksturz in den Normalraum in dreißig Sekunden.«

Die drei USO-Spezialisten brachen ihre Unterhaltung ab und konzentrierten sich auf ihre Kontrollen. Als es bis zur Rückkehr in den Normalraum nur noch zehn Sekunden waren, leuchtete eine ovale Platte auf, und die Automatenstimme zählte die letzten Sekunden herunter.

Bei »null« hatte Threego das Gefühl, als verringere sich die künstliche Schwerkraft innerhalb der Space-Jet. Aber das war nur eine der Sinnestäuschungen, die beim Rücksturz aus dem Zwischenraum in den Normalraum zustande kommen konnten. Im nächsten Augenblick war sie auch schon vorüber.

Der Major beobachtete aufmerksam die Instrumente und nickte befriedigt, als ihm die Astrogationspositronik bestätigte, dass das Schiff mit einer vernachlässigbar geringen Abweichung im Zielgebiet angekommen war.

Erst danach widmete er seine Aufmerksamkeit der optischen Umweltbeobachtung. Wieder einmal erkannte er, dass das menschliche Auge für die Beobachtung kosmischer Gegebenheiten ein unzulängliches Werkzeug war. Vor dem das gesamte Blickfeld ausfüllenden Hintergrund grellen Lichts, das die ungewöhnlich dicht zusammengedrängten und durch Wasserstoff miteinander verbundenen Sterne des Milchstraßenkernes ausstrahlten, ließ sich weder die kleine rote Sonne Cystobors noch einer ihrer Planeten ausmachen.

Alkmua Threego verdunkelte die Kanzel und aktivierte die Panoramabildschirme. Ein perfektes System von Hypertastern, Elektronenteleskopen und positronischen »Aufbereitungsschaltungen« brachte die gewünschten Abbilder »menschengerecht« herein.

Deutlich war die Zwergsonne zu sehen, etwas weniger deutlich die sie umkreisenden sechs Planeten. Threego schaltete die Bilderfassung des zweiten Planeten auf Sondervergrößerung und musterte aufmerksam die strahlend blaue, von dünnen Wolkenfeldern angehauchte Kugel von Hemals.

»Blauer als die Erde«, murmelte Laphoore Dunjew beeindruckt.

»Die Atmosphäre ist rein und klar und wird nur von wenigen dünnen Wolkenfeldern verdeckt«, erläuterte Threego. »Deshalb kommt ihre Streuwirkung besonders gut zur Geltung.«

»Man kann sich nur schwer vorstellen, dass dreizehn Personen ermordet wurden, weil sie sich für eine Kolonisierung von Hemals einsetzten«, sagte Mandam Gurm.

»Genaugenommen setzten sie sich für eine Kolonisierung des gesamten Cystobors-Systems ein«, korrigierte Alkmua Threego. »Aber natürlich ist Hemals von ausschlaggebender Bedeutung, denn nur er kommt für eine intensive Besiedlung und industrielle Nutzung in Frage.«

»Und außerdem für den Massentourismus«, warf Laphoore Dunjew ein. »Der zuletzt ermordete Milliardär Hagbur Raiz-Selase hatte auf jedem der vier Kontinente große Hotelkomplexe bauen lassen wollen.«

»Nicht nur Hotels, auch Sanatorien«, ergänzte Threego. »Für die Heilung einer Menge von Krankheiten ist verringerte Schwerkraft eminent wichtig – und auf Hemals liefert die Natur, was anderwärts durch kostspielige technische Anlagen erzielt wird.«

Mandam Gurm drückte eine Taste und las die in einem Bildkubus erscheinenden Speicherwerte ab.

»Schwerkraft 0,79 Gravos, Rotationsdauer 23.45 Stunden, Tagestemperaturmittel 29,1 Grad Celsius, Verhältnis Land zu Wasser wie vierunddreißig zu sechsundsechzig, gute Sauerstoffatmosphäre, gleichmäßiges mildes Klima – das alles ist wie geschaffen für eine Erholungswelt.«

»Die bisher georteten Howalgoniumvorkommen prädestinieren Hemals aber auch zu einem Bergwerksplaneten«, meinte Threego.

»Und die galaktische Position bietet sich förmlich zur Errichtung von Flottenstützpunkten an«, ergänzte Dunjew. »Ein Paradies kann Hemals also leider nicht werden.«

»Das fürchte ich auch«, murmelte Major Threego, mehr zu sich selbst als zu seinen Gefährten sprechend. »Dreizehn Morde kommen mir jedenfalls nicht paradiesisch vor.«

Er überlegte, wer so sehr gegen eine Kolonisierung von Hemals sein konnte, dass er alle Personen ermorden ließ, die sich dafür einsetzten. Eingeborene Intelligenzen gab es jedenfalls auf keinem Planeten des Cystobors-Systems. Es kam also nur eine verbrecherische Organisation in Frage, die ihre eigenen geheimen Pläne mit Hemals hatte.

Seine Überlegungen wurden durch einen leisen Ausruf Gurms unterbrochen. Der Xtyl deutete auf einen Trivideokubus der Hyperortungsanlage.

»Kleines Raumschiff unbekannter Bauart entfernt sich schnell von Hemals«, meldete er. »Es muss von der uns abgewandten Seite des Planeten gestartet sein.«

Alkmua Threego blickte den wandernden grünen Reflexpunkt an. Er als Einsatzchef musste entscheiden, ob sie das gestartete Raumschiff verfolgten oder nicht.

»Wir verzichten auf eine Verfolgung«, sagte er und desaktivierte die Impulstriebwerke der Space-Jet. »Wahrscheinlich würden wir das andere Schiff ohnehin nicht einholen und wenn, könnten wir nicht das Feuer eröffnen, wenn es nicht freiwillig stoppte. Aber falls sich noch mehr Fremde auf Hemals aufhalten, würden sie durch unsere energiereichen Flugmanöver gewarnt.«

Mandam Gurm nickte.

»Das ist richtig, Alkmua. Sie wollen die Space-Jet im freien Fall an Hemals heranbringen?«

»Ja«, bestätigte der Major. »Allerdings müssen wir vor dem Planeten eine kurze negative Beschleunigungsphase einlegen, damit wir in einen Orbit einschwenken können. Da wir damit einen Abschuss riskieren, bitte ich Sie, zu entscheiden, ob wir nicht direkt landen sollten, anstatt eine Kreisbahn einzuschlagen.«

»Ich habe mich schon für den Orbit entschieden«, sagte Gurm. »Bei direkter Landung erhalten wir zu wenig Informationen über eventuelle Einrichtungen Unbefugter.«

»Ich bin der gleichen Meinung«, erklärte Laphoore Dunjew. »Ohne Risiko kein Erfolg.«

Alkmua Threego nickte ernst. Er hatte keine andere Entscheidung erwartet. Nachdenklich blickte er auf die Skala, die die schwindende Entfernung zu Hemals anzeigte.

»Fremdes Raumschiff im Zwischenraum untergetaucht«, meldete Mandam Gurm.

»Passiv-Ortung auf Hemals konzentrieren!«, befahl Threego. »Alle Daten durch Hauptpositronik filtern.«

 

*

 

Neun Stunden später hob die Space-Jet ihre Fallgeschwindigkeit durch ein kurzes Bremsmanöver so weit auf, dass sie von der Schwerkraft des zweiten Planeten in einen Orbit gezwungen wurde. Die Hauptpositronik speicherte alle eingehenden Ortungsdaten und suchte mathelogisch nach Anhaltspunkten für Anlagen, die Unbefugte auf Hemals errichtet hatten.

»Das Howalgonium in der Planetenkruste stört die Passiv-Ortung ganz erheblich, Alkmua«, sagte Gurm nach der vierten Umkreisung. »Ich bitte darum, Aktiv-Ortung einsetzen zu dürfen.«

Major Threego überlegte.

Zur Passiv-Ortung gehörten alle Messsysteme, deren Arbeit nicht auf Impulsaussendung und -reflexion basierte, sondern auf der rein passiven Erfassung von Primäraussendungen. Deshalb konnten Systeme der Passivortung sich nicht durch ihre Tätigkeit verraten. Systeme der Aktiv-Ortung, wie beispielsweise Hypertaster oder Holograph-Radar, verrieten sich durch ihre ausgesandten Impulse.

»Einverstanden, Mandam«, entschied Threego schließlich. Im Grunde genommen bleibt uns gar nichts anderes übrig, dachte er bei sich.

Als der Xtyl aber schon wenige Sekunden später ein positives Ergebnis meldete, war Threego doch überrascht.

»Geringe Ansammlungen von reinem Metall sowie Metallplastik«, erläuterte Gurm die Anzeigen des Massetasters. »Außerdem arbeitet dort unten ein Kompaktfeld-Fusionsgenerator.« Er gab die genauen Positionsdaten bekannt.

Major Threego ließ sich die Mengendaten geben.

»Das ist zu wenig, als dass es sich um die Einrichtung eines Raumhafens oder um ein Interstellar-Schiff handeln könnte«, meinte er grübelnd.

Mandam Gurm ließ die Hauptpositronik einige Berechnungen anstellen, dann blickte er zu seinem Vorgesetzten und sagte:

»Die angemessene Energiequelle ist mit großer Wahrscheinlichkeit ein Kompaktfeld-Generator vom Typ YOTA-B-5, wie ihn kleine Forschungsexpeditionen mitführen.«

»Und Prospektoren«, warf Captain Dunjew ein. »Jedenfalls so genannte Freie Prospektoren, die allein oder mit wenigen Hilfskräften arbeiten.«