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Nr. 2883

 

Der Mechanische Orden

 

Bei den Wuutuloxo – auf der Suche nach dem Geheimnis der Gyanli

 

Leo Lukas

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt

 

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

Prolog: Eine Art Odyssee

1. Die gemordete Sonne

2. Das Sternreisende Kloster

3. Im Gästezimmer

4. Fragwürdige Geschenke

5. Erfreuliche und schockierende Neuigkeiten

6. In der Sonne

7. Der Lockvogel

8. Heldentod

9. Optionen

10. Der schlafende Feind

11. Die altbewährten Tricks

Epilog: »Gen Tiu!«

Leserkontaktseite

Glossar

Risszeichnung Express-Transportkapsel der RAS TSCHUBAI

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Im Januar 1519 Neuer Galaktischer Zeitrechnung (NGZ) veränderte sich die Situation in der heimatlichen Milchstraße grundlegend: Die Herrschaft des Atopischen Tribunals, das aus der Zukunft agiert, wurde abgeschüttelt. Gleichzeitig endete der Kriegszug der Tiuphoren, die aus der Vergangenheit aufgetaucht waren. Als eine Folge dieser Ereignisse werden die Milchstraße und die umliegenden Sterneninseln künftig frei sein, was den Einfluss von Superintelligenzen und anderen kosmischen Mächten angeht.

Der Mausbiber Gucky ist mit dem Raumschiff RAS TSCHUBAI auf der Spur der Tiuphoren, die der »Ruf zur Sammlung« in deren Heimat Orpleyd zurückbeordert hatte – und mit ihnen Perry Rhodan.

Tatsächlich ist Perry Rhodan zusammen mit der Larin Pey-Ceyan der Gewalt der Tiuphoren entkommen. Behilflich dabei war ihnen der Leiter des TLD und Gestaltwandler Attilar Leccore. Gemeinsam sind die drei nun auf dem Weg zur Ursprungswelt der Tiuphoren. Hilfe hierbei bietet DER MECHANISCHE ORDEN ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Perry Rhodan – Der Terraner findet eigenwillige Verbündete.

Pey-Ceyan – Die Larin entdeckt Ungeahntes an sich selbst.

Duxaluk und Jurukao – Die Zweitmechaniker schätzen es nicht, wenn man sie korrigiert.

Attilar Leccore – Der Koda Aratier betätigt sich lustvoll als Pilot.

Xirtaaluk – Der Ordensoberste verfolgt einen riskanten Plan.

Stimmen

 

»Ich sorge mich um die Balance.«

»Sorgen Sie sich nicht immer, Tellavely?«

»Es stünde Ihnen an, meine Sorge zu teilen, Nunadai.«

»Welchen Grund zur Sorge spüren Sie, Tellavely?«

»Wenig Grund, nur den Schatten eines Risses, Pushaitis.«

»Soll ich eingreifen, Tellavely?«

»Greifen Sie noch nicht ein, Pushaitis. Ich möchte meiner Sorge noch nachgehen.«

 

 

Prolog

Eine Art Odyssee

 

Aufnahme aktivieren! – Eins-zwei, eins-zwei. Ja, das scheint zu klappen.

Allmählich kriegen wir die tiuphorische Technik in den Griff. Sprache und Schrift haben wir schließlich schon einigermaßen gemeistert.

Persönliches Logbuch von Perry Rhodan in Orpleyd, erster Eintrag.

Wir schreiben den 27. August 1522 NGZ; zumindest theoretisch. Einige Indizien deuten darauf hin, dass die Zeit in dieser Sterneninsel nicht immer synchron zu jener in der heimischen Milchstraße abläuft.

Aber um Spekulationen darüber anzustellen, ist es zu früh. Wir wissen viel zu wenig über die »vereiste Galaxis«.

Ich befinde mich, zusammen mit Attilar Leccore und Pey-Ceyan, an Bord der Raumjacht, die wir dem Sterngewerk CIPPACOTNAL entwendet haben. Das Schiff, quasi ein Nurflügler, hat die Form einer schlanken Mondsichel und misst von Spitze zu Spitze zweihundertzwanzig Meter.

Die Höhe des Körpers beträgt fünfzig Meter. An der dicksten Stelle, am Bug, ist der Raumer, den ich auf den Namen ODYSSEUS getauft habe, vierzig Meter breit. Dort sitzt auch das Cockpit, eine Halbkugel von zwanzig Metern Durchmesser.

Derzeit halte ich mich in der Kabine auf, die ich bezogen und an meine Bedürfnisse angepasst habe, so gut es eben ging. Dies ist ein Schiff der Tiuphoren, welche bekanntlich zwar humanoid sind, jedoch ein kühles bis kaltes, enges, asymmetrisch gestaltetes, nachgerade chaotisches Ambiente bevorzugen.

Zugänge gibt es nicht nur in Form von Schotten in den Wänden. Auch Einstiege an der Decke der Räume sind vorhanden und Falltüren im Boden.

Seit ich im Catiuphat eine »Ur-Kunde« aus der tiuphorischen Frühzeit miterlebt habe, vermute ich, dass diese für mein Empfinden hässliche, fast schon beklemmende Innenarchitektur auf eine Art traumatischer, kollektiver Erinnerung zurückgeht. Sie ähnelt nämlich stark den Höhlensystemen der Müllhalden auf dem Heimatplaneten Tiu, nachdem ihn die Gyanli verwüstet hatten.

Ich habe die Heizung aufgedreht bis zum Anschlag. Richtig warm wird mir hier drinnen trotzdem nicht.

Egal. Schwerer wiegt, dass die ODYSSEUS beschädigt und ihr Transitionstriebwerk ausgefallen ist.

Duxaluk, der Wuutuloxo, der sich als »Zweitmechaniker« bezeichnet, hat allerdings ein gekapertes Beiboot der Gyanli so modifiziert, dass es die per Traktorstrahl angekoppelte Tiuphorenjacht tragen und schleppen kann.

Eigentlich hatte das Triebwerk des Beiboots nicht die Kapazität, um die doch im Vergleich recht große ODYSSEUS im Linearflug mit sich zu ziehen. Mittels seines Rückentornisters, den er »Handhabe« nennt, hat Duxaluk jedoch für zusätzliche Leistung gesorgt.

Wie er das bewerkstelligt hat, weiß ich nicht. Ebenso wie, was er sonst noch an technischen Finessen in diesem Rucksack verborgen hält. Er hütet seine Geheimnisse.

Jedenfalls trennt uns nur mehr eine letzte kurze Linearraumetappe von unserem Ziel, dem Safaanusystem.

 

*

 

Wir hatten keine große Strecke zu überwinden.

Die Entfernung vom Ausgangspunkt unserer Reise, dem Sonnensystem der bemitleidenswerten Baconbal, bis in diese Region der Galaxis Orpleyd beträgt bloß 282 Lichtjahre. Ein Klacks für viele Schiffe, die ich in meinem langen Leben hatte kommandieren dürfen.

Dennoch dauerte der Flug einige Stunden. Schließlich musste der Linearantrieb des Gyanlibeiboots die ODYSSEUS im Huckepack transportieren.

Außerdem gab es mehrere Orientierungsaustritte. Auch, um etwaige Beobachter über unseren Kurs zu täuschen.

Duxaluk, der das Beiboot steuert, hat mir Verbesserungen in Aussicht gestellt. Der Mechanische Orden der Wuutuloxo, dem er angehört, könne im Safaanusystem die ODYSSEUS reparieren und technisch ein wenig aufrüsten.

Meine Begleiter und ich haben beschlossen, diese Chance zu ergreifen. Denn der Nurflügler ist, pardon wegen des Wortspiels, flügellahm.

Ich will zur Urheimat der Tiuphoren vorstoßen, ins Lichfahnesystem. Daher ist ein Um- und Ausbau des Schiffes, über das wir zurzeit verfügen, dringend nötig.

Und wenn ich etwas gelernt habe in all den Jahrtausenden, dann das: Falls dir jemand, der dir einigermaßen vertrauenswürdig erscheint, technologische Hilfe offeriert – greif zu!

 

*

 

Attilar Leccore hat meine Entscheidung, wohin ich mich nach der erfolgreichen Flucht aus dem Sterngewerk wenden will, kritisch hinterfragt. Mit fast denselben Worten, die er schon zuvor, an einem anderen Scheideweg, verwendet hatte.

»Sollte nicht die Heimkehr in die Milchstraße Priorität haben vor dem Geschehen in einer 131 Millionen Lichtjahre entfernten Sterneninsel?«

Ich habe ihm entgegnet, ebenfalls meine Argumente wiederholend, dass ich die Gelegenheit nutzen wolle, die Tiuphoren besser zu verstehen. Anhand ihrer Historie. »Es wäre nicht das erste Mal, dass aus einem weit entfernten Phänomen eine Gefahr für die Milchstraße erwächst.«

Leccore war nicht schwer zu überzeugen gewesen. Im Gegenteil hatte ich das Gefühl, dass er meinen Entschluss begrüßte; wenngleich aus anderen, persönlichen Gründen.

Überhaupt, Leccore ... Aber dazu später.

 

*

 

Während des Flugs hielt sich Duxaluk sehr zurück.

Nach wenigen Gesprächen bat er sogar um Funkstille – »sicherheitshalber«. Ach, wie ich diese Vokabel hasse!

Auf mich machte der Wuutuloxo zuletzt zunehmend einen deprimierten Eindruck. Warum? Keine Ahnung.

Aber wer weiß, er ist schließlich kein Mensch. Vielleicht habe ich ihn einfach nur falsch verstanden.

So oder so, meine Anfrage, ob ich ihn an Bord des Beibootes der Gyanli besuchen könne, hat Duxaluk strikt abgelehnt. Es sei schwierig genug, den »unwuchtigen« Schiffsverbund in Richtung der Zielkoordinaten zu manövrieren. Nichts und niemand dürfe ihn und seine Handhabe dabei stören, basta.

Daraufhin habe ich mich in meine Kabine zurückgezogen. Nachgedacht, ein paar potenzielle künftige Strategien skizziert, kurz geruht. Viel Schlaf brauche ich ja nicht, dank meines Zellaktivators.

Allerdings bin ich, wieder aufgewacht, hungrig. Mein Magen knurrt. Durst habe ich auch.

Natürlich habe ich, während ich in den tieferen Tori des Catiuphats als Tiuphore unter lange toten Tiuphoren wandelte, mich wie sie ernährt. Getrunken, gegessen, die Stoffwechselendprodukte entsorgt.

Gleichwohl scheue ich davor zurück, mich der Lebensmittelvorräte des geklauten Schiffes zu bedienen. Notgedrungen mussten wir in den letzten Tagen darauf zurückgreifen.

Ich habe nichts zu befürchten. Mein Aktivator neutralisiert die allermeisten Giftstoffe, aber ...

Lieber bleibe ich noch ein Weilchen hungrig. Die tiuphorische Kost schmeckt mir einfach nicht. Wie mir auch, trotz der verblüffenden Erfahrungen im Catiuphat, die martialische Grundeinstellung dieses Volkes zutiefst zuwider ist.

Ich werde jetzt ins Cockpit gehen, in die Kommando-Hemisphäre der ODYSSEUS. Den finalen Anflug möchte ich auf keinen Fall versäumen.

Um ein uraltes Zitat zu bemühen: »Schauen wir mal, dann sehen wir schon.«

Ha, ha, ha. – Eintrag beenden und speichern.

1.

Die gemordete Sonne

 

Pey-Ceyan betrat die Zentrale des Vehikels, auf das sie und ihre Begleiter aktuell angewiesen waren.

Sie mochte das Schiff nicht. Es war schnittig, zugegeben, von der äußerlichen Gestalt her. Im Inneren jedoch herrschten bedrückende Zustände.

Die Bordschwerkraft zum Beispiel war merklich niedriger eingestellt als auf larischen Raumern. Pflichtbewusst, wie sie war, ertüchtigte Pey-Ceyan deswegen bei jeder Gelegenheit ihren Körper. Alles, was ihr an handlichen Gegenständen unterkam, stemmte sie hoch; mindestens zehnmal, um dem drohenden Muskelschwund vorzubeugen.

In der Zentrale, die Rhodan sinngemäß »Hahnengrube« nannte, hockte bereits Attilar Leccore. »Sei gegrüßt, Lebenslichte«, sagte er leichthin.

»Gleichfalls.«

Der terranische Spitzenagent hatte wieder die Gestalt des tiuphorischen Orakel-Pagen Paqar Taxmapu angenommen. Pey-Ceyan brannte die Frage auf der Zunge, warum.

Sollte Leccore nicht eher glücklich sein, die feindliche Identität endgültig abstreifen zu können?

Andererseits war die zentrale Halbkugel der Raumjacht auf Tiuphoren zugeschnitten. Eine entsprechend geschulte Person konnte sie ganz allein fliegen. Darauf war das Schiff ausgelegt.

Der Pilotensitz, an dem links und rechts Steuerknüppel angebracht waren, diente auch als Fluchtfahrzeug, also als Miniatur-Beiboot. Dabei handelte es sich wohl um eine Weiterentwicklung der bekannten Kriegskapseln. Offenkundig hatte der Kontakt mit der SHEZZERKUD die Technologie der aus der Vergangenheit gekommenen Tiuphoren schnell und nachhaltig beeinflusst. Außerdem emittierte der Sitz beständig einen kühlenden Luftstrom, eine frische Brise, die Tiuphoren als angenehm empfanden.

Insofern verkniff Pey-Ceyan es sich, Leccore auf sein äußerliches Erscheinungsbild anzusprechen. Stattdessen fragte sie: »Gibt es Neuigkeiten?«

»Soeben hat Duxaluk die vorläufig letzte Etappe eingeleitet. – Möchtest du dich setzen?«

»Muss nicht sein.«

Leccore hatte ihre Antwort nicht abgewartet, sondern bereits einen Schalter betätigt. Geräuschlos wurden zu beiden Seiten des Pilotenplatzes Pneumosessel ausgefahren.

»Danke.« Sie blieb lieber stehen.

Nicht zum ersten Mal fragte sich Pey-Ceyan, ob sie sich mit dem Oberspion des terranischen Geheimdienstes jemals wirklich anfreunden würde. Ihre angeborene Begabung, Wesen fast jeder Provenienz für sich einzunehmen, prallte an Leccore ab. Auch seine Gefühle vermochte sie nicht zu erfassen.

Oder wollte sie das vielleicht unbewusst gar nicht? Aus Scheu davor, worauf sie stoßen könnte?

Ein Koda Aratier, der sich als Terraner versteht und Gestalt wie auch Erinnerungen eines Tiuphoren angenommen hat ...

Innerlich schauderte sie. Pey-Ceyan ließ sich jedoch nichts anmerken.

Der vordere Teil der Kanzel war verglast und nach außen gewölbt. Dieses »Auge« durchmaß sieben Meter. Es gewährte freie Sicht, die bei Bedarf durch Holos und andere Einblendungen ergänzt werden konnte.

Momentan zeigte es nur mattes Pastellgrün und eine schematische, grob vereinfachte Darstellung der Flugroute. Auf einer gestrichelten, leicht gekrümmten Linie bewegte sich ein glutrot pulsierender Punkt gemächlich dahin. Er markierte die Position der ODYSSEUS in Relation zum Zielgebiet. Sehr weit schien es nicht mehr bis dorthin.

»Wie lange noch?«, fragte Pey-Ceyan.

»Ein paar Minuten, falls alles glattgeht«, gab Leccore zurück. »Schätze ich.«

Ein leises Zischen in ihrem Rücken veranlasste Pey-Ceyan, sich umzudrehen. Durch das Zugangsschott, das sich mit diesem Geräusch geöffnet hatte, kam federnden Schrittes Perry Rhodan. Sie begrüßte ihn mit einem Kopfnicken.

»Hallo zusammen«, sagte er. »Sind wir bald da?«

 

*

 

»Hoffentlich«, sagte die Larin halblaut.

Rhodan nahm im Sessel links von Attilar Leccore Platz. Er spürte eine gewisse Animosität zwischen seinen zwei Mitstreitern. »Hat sich Duxaluk inzwischen wieder gemeldet?«

Leccore verneinte. »Dabei hätte man längst eine abhörsichere Verbindung zwischen den beiden Schiffen installieren können.«

»Unser Freund will sich nicht in die Karten schauen lassen.«

»Und schon gar nicht in seinen Rucksack«, ergänzte Pey-Ceyan.

»Tja, jeder trägt sein Bündel ...«

Die Plattitüde zu kommentieren, fand niemand der Mühe wert. Schweigend betrachteten sie den wandernden Punkt vor ihnen. Langsam näherte er sich dem Ende der Linie.

Dann verschwand schlagartig die Projektion, und die Sicht klärte sich. Der Wiedereintritt in den Normalraum erfolgte sanft und ohne unangenehme Begleiterscheinungen, wie sie bei Transitionen auftraten.

Die Linearetappe war beendet. Sie hatten das Safaanusystem erreicht.

 

*

 

Eingebettet in die Schwärze des Weltalls, vor dem Hintergrund unbekannter Sternbilder, bot sich ihnen ein erschütternder Anblick.

Eine einzige Trümmerlandschaft. Verheert, war der Begriff, der Attilar Leccore als erster durch den Kopf schoss.

Anstelle der Sonne befand sich ein etwa sechs Kilometer durchmessendes Schwarzes Loch. Das bedeutete – sofern den Anzeigen zu trauen war –, dass der ursprüngliche Stern etwa so groß gewesen sein musste wie Sol.

Wie die Sonne, die Terra erhellte und wärmte. Attilars Heimat.

Obwohl er nicht mehr so sicher war, dass er jemals eine Heimat gehabt hatte ... Er schob den Gedanken beiseite und konzentrierte sich stattdessen auf die in rascher Folge eintreffenden Ergebnisse der Ortung.

»Der Stern muss früher Planeten gehabt haben«, sagte er. »Zehn, zwölf, vielleicht vierzehn?«

»Zuzüglich etlicher Monde«, sagte Rhodan mit belegter Stimme. »Alle diese Himmelskörper sind gesprengt, vernichtet, zerstört worden.«

»Wodurch?«, fragte Pey-Ceyan. »Oder von wem? Wer macht so etwas?«

»Mangels anderer hierorts notorischer Bösewichter würde ich mal meinen, dass das die Gyanli angerichtet haben«, sagte Perry Rhodan. Er räusperte sich. »Unter uns. Selbstverständlich gilt die Unschuldsvermutung. Oh, da kommen ja gerade noch mehr verstörende Fakten herein.«

Leccore sah und las es selbst. Die gewaltige Trümmerlandschaft kreiste um das Schwarze Loch.

Viele Hundert oder Tausend Fragmente, die von Kollisionen aus der ursprünglichen Bahn geworfen worden waren, stürzten darauf zu. Unaufhaltsam wurden sie von der Gravitationssenke angezogen, ihrem endgültigen Verderben entgegen.

Noch alarmierender aber war, was die Analyseprogramme des Bordrechners auswarfen: Das System in seiner Zusammensetzung widersprach sämtlichen zu erwartenden Zeitparametern.

»Damit ist es fix«, sagte Leccore. »Keine normale stellare Biografie könnte erklären, wie dieser Stern auf natürlichem Weg zu einem Schwarzen Loch geworden sein könnte.«

»Schlussfolgerung?«, fragte Pey-Ceyan heiser. »Heißt das, jemand hat diese Sonne ermordet?«

»So würde ich es nicht ausdrücken, aber: Ja. Möglich. Sogar sehr wahrscheinlich.«

 

*

 

Die drei Personen in der Kommando-Hemisphäre der ODYSSEUS sahen einander an.

Reflexhaft streckte Pey-Ceyan ihre psionischen Fühler aus. Aber sie erlas nichts, nicht das Mindeste von den Gedanken ihrer mentalstabilisierten Gefährten.

»Duxaluk sollte mehr wissen«, ergriff Perry Rhodan als Erster das Wort. »Schließlich hat er uns an diesen Ort geführt. Funk ihn an, Attilar!«

»Trotz seiner Anordnung ...«

»Pfeif darauf! Entweder sind wir in Feindesland herausgekommen, dann hat er uns in eine Falle gelockt. Oder dies ist ein relativ friedlicher Bereich, in dem uns niemand auflauert. So oder so kann ein Rafferspruch keinen Schaden anrichten, und es besteht kein Grund für die Wahrung der lächerlichen Kommunikationssperre.«

Pey-Ceyan musste vor sich selbst zugeben, dass es ihr gefiel, wenn Rhodan so energisch wurde. Der Terraner redete nicht lang herum, sondern riss die Initiative an sich. Ein vergleichbares Charisma hatte sie zuletzt bei dem mittlerweile verstorbenen Avestry-Pasik, dem Anführer des larischen Widerstands gegen die Atopenherrschaft, bewundert.

Dessen Pläne sind freilich nur sehr bedingt aufgegangen ...

Inzwischen hatte Leccore die Funkverbindung aktiviert. »Duxaluk! Hörst du mich?«

»Ich wollte euch soeben ansprechen.« Das aufgeklappte Holofenster zeigte den Wuutuloxo.

Duxaluk zitterte. Vor Aufregung? Ärgerte er sich über den Regelbruch? Oder nahm ihn der Anblick des zerstörten Sonnensystems noch mehr mit als das Trio in der ODYSSEUS?

Seine Umrisse verschwammen, als bewegte sich der Zweitmechaniker zu schnell für die Optiken des Beiboots. Was für Pey-Ceyan schwer vorstellbar war, angesichts der Leistungsfähigkeit der gyanen Technologie und der Schwerfälligkeit des Wuutuloxo.

Aber gut, wir befinden uns auf sehr fremdem Terrain, erinnerte sie sich.

Inwieweit die Anomalien dieser Region auf die Verhaltensweise ihrer Bewohner einwirkten, entzog sich schlicht ihrer Kenntnis. Vielleicht erlag sie ja auch nur einer optischen Täuschung, die von Kompatibilitätsproblemen zwischen den Funksystemen verursacht wurde.

Die Kopfpartie des Wuutuloxo erinnerte an die schnabelartigen Schnauzen mancher Reptilien. Die tiefschwarzen Augen saßen seltsam weit vorne, eingebettet in einen Hornkranz.