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Luise Hakasi

Poesiealbumverse





BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

Die entschwundene Welt der Poesiealben...

Längst out – oder doch nicht? Wer kennt sie nicht, die romantischen Poesiealben von früher, die man im Freundeskreis und in der Schule herumreichte, damit jeder sich verewigen, sein Sprüchlein eintragen und ein Bildchen daneben kleben konnte. Heute würden wir es in der Jugendsprache wohl eher als Freundschaftsbuch bezeichnen. Meist quadratisch, etwa 15 x 15 cm groß, mit weißen Seiten, einem hübschen Einband aus Samt, Leder oder einem anderen angenehmen Material, mit einem kleinen Schlüsselchen verschließbar, hochwertiges dickes Papier, teils mit Pergaminzwischenblättern, gefüllt bis möglichst zur allerletzten Seite mit Reimen, Versen und Weisheiten, meist Zwei- oder Vierzeilern in Schönschrift mit Tinte, oft dekoriert mit Bildern oder Ornamenten. Laut Statistiken ist „Edel sei der Mensch, hilfreich und gut“ von Goethe der am häufigsten eingetragene Vers.

 

Der Brauch des Poesiealbums entstand etwa Ende des 16. Jahrhunderts, wo Freundesnamen, Wappen und Wahlsprüche in dieses „Stammbuch“ eingetragen wurden. Sinnsprüche, Widmungen und Zeichnungen kamen im 18. Jahrhundert hinzu; die Blütezeit lag im 19. Jahrhundert; seinerzeit meist Erwachsene.

 

Um 1950 bei Kindern als Freundschafts- oder Vertrauensbeweis gesehen, trug man sich in die Alben ein, sammelte so Andenken an Mitschüler, Freunde, Lehrer, Verehrer, Bekannte und Verwandte. Glanzbildchen und Glitzerbilder, auch Scherenschnitte waren beliebt; neuerdings eher Sticker. Pädagogisch könnte man diese Alben durchaus als wertvoll ansehen, da Schönschrift geübt, Sauberkeit und Ordnung bewiesen werden konnte. Heutzutage sind die Alben eher vorgefertigt in ihrer Gestaltung, gehalten im Scrapbook-Stil. Es werden nunmehr oft Fotos verwendet. Aber auch hier wären lieblos hingeschmierte Zeilen fehl am Platze, denn immer noch gilt: Die Bitte um einen Eintrag ins Poesiealbum ist ein Zeichen besonderen Vertrauens, wofür man sich entsprechende Zeit nehmen sollte.

 

Ich möchte hier an die ursprünglichen Poesiealben erinnern und ihre Sprüchlein, oft erfurchtsvoll, dankbar, teilweise religiös, Nostalgie zum Blättern, Lesen, Nachdenken und Träumen. Dann werden Erlebnisse zu Erinnerungen, eine entschwundene Welt entspringt dem heimlichen gehüteten kostbaren Schatz, denn die Einträge der verewigten Personen haben viele Jahre überdauert.