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CHRISTINA VON SCHWEDEN

DARIO FO

CHRISTINA VON SCHWEDEN

Eine Hosenrolle für die Königin

Roman

Aus dem Italienischen von Johanna Borek

Mit einem Nachwort von Ulf Birbaumer

PROLOG

Diese Geschichte handelt von einer „unmöglichen Königin“, einer gebildeten und rebellischen, einer beherzten und unberechenbaren Herrscherin, die so bewundert wie angefeindet wurde. Von einer in jeder Hinsicht außergewöhnlichen Frau, von der wir auf unsere eigene Art erzählen und der wir zu einer Stimme zwischen Dokumentation und Theater verhelfen wollten. Dazu haben wir die geschichtlichen Zeugnisse, die Gemälde studiert, die sie darstellen, und die zeitgenössischen Chroniken herangezogen. Und ein wenig haben wir sie auch erfunden, um ihrer Einzigartigkeit gerecht zu werden.

Christina von Schweden kam 1626 in Stockholm als Tochter von Prinzessin Maria Eleonora von Brandenburg und König Gustav II. Adolf zur Welt.

Es war ein krisengeschütteltes Jahrhundert, in das Christina da hineingeboren wurde, das von einem der schlimmsten Religionskriege aller Zeiten, dem Dreißigjährigen Krieg, erschüttert wurde, der den gesamten Kontinent verwüstete und unzählige Opfer forderte. Sämtliche Großmächte waren in ihn verstrickt, vom Spanien und Österreich der Habsburger bis zum Frankreich von Ludwig XIII., vom Russland der Romanow bis zu einem Italien, das zwar noch unter verschiedenen Fremdherrschern aufgeteilt war, jedoch die größten Kunstschätze Europas beherbergte und innerhalb seiner wechselnden Grenzen ein Spielball der Geschicke der übermächtigen römischen Kirche war. Im Laufe dieses Krieges formierten sich Staaten und Reiche in wechselnden Allianzen neu: Mit ihren besten Männern heizten sie den Konflikt an, und inmitten von Verwüstung und Tod fanden sie zu neuer Macht und neuem Reichtum. Christinas Zeitgenossen gewöhnten sich daran, diesen Krieg wie eine alltägliche Tatsache hinzunehmen, so wie die außerordentliche Kälte, die die Ernten vernichtete und das Meer zum Gefrieren brachte, so wie die Nahrungsmittelknappheit, die Hungersnöte, die Krankheiten.

Ausgerechnet in dieser Epoche erlebte – den bedeutendsten Historikern zufolge – Schweden sein „Goldenes Zeitalter“, und nur mit Mühe kann man nachvollziehen, wie ein Zeitalter, das dermaßen von Katastrophen und unerhörter Gewalt geprägt war, als ein „goldenes“ gelten kann.

Unter der Regentschaft von Gustav II. Adolf, Christinas Vater, wurden nicht weniger als drei Kriege gleichzeitig geführt: der Kalmarkrieg gegen Dänemark, der Ingermanländische Krieg gegen Russland sowie der aufwändigste, der Krieg gegen Polen, wo König Sigismund, aus demselben Geschlecht wie Gustav Adolf, auf dessen Entmachtung hinarbeitete. Jede der Konfliktparteien war davon überzeugt, im Namen Gottes zu handeln – doch im Namen welchen Gottes? Des Gottes der Lutheraner? Der Katholiken? Der Russisch-Orthodoxen, der Calvinisten, der Presbyterianer?

In Schweden hatte es heftige Auseinandersetzungen gegeben, ob man am katholischen Glauben festhalten oder sich den Lutheranern anschließen sollte, ein Ringen, aus dem das Luthertum schließlich siegreich hervorging.

Bei Christinas Geburt war Schweden zwar eine militärische Großmacht, wirtschaftlich und sozial hingegen recht rückschrittlich. Allerdings hatten die durch die Kriegsbeute vollen Kassen und die Tatkraft des Königs zu beachtlichen Fortschritten in kultureller Hinsicht geführt.

Alles in allem freilich war die Epoche Christinas eine Phase des Umbruchs, in der Widersprüche in Fragen der Religion, der Macht, der Politik, der Geschlechterfrage aufeinanderprallten, in die sie selbst verstrickt war und in denen sie sich als unerschrockene, heroische Protagonistin ihres Zeitalters erwies. Von Beginn ihres Lebens an …

„EIN JUNGE!“

Die Hofdamen, die der Geburt beiwohnten, brachen in Jubel aus. „Es ist ein Junge!“, rief eine. „Hoch lebe der König!“, echoten die übrigen Anwesenden.

Doch sie hatten sich getäuscht. Schon bald erwies sich das Neugeborene eindeutig als Mädchen, trotz seines kräftigen Körperbaus und einiger irreführender Indizien, als gesundes, munteres Mädchen mit dichtem Haar und etwas dunklerer Hautfarbe. Nachdem ihm die Hebamme einen Klaps aufs Hinterteil versetzt hatte, fing es, statt wie Neugeborene sonst zu weinen, angeblich laut zu lachen an. In der Tat eine angenehme Art, sich zu präsentieren, und dem König schien der Gedanke, dass ihm eine Frau auf den Thron folgen sollte, nicht im Geringsten unangenehm, ganz im Gegenteil. Im Übrigen war bereits vor der Geburt des Mädchens ein Gesetz erlassen worden, das auch eine weibliche Regentschaft zuließ. Ein halbes Jahrhundert zuvor war in England mit Elisabeth I. ein solcher Umstand eingetreten, und nach dem Eklat, den ihre Krönung in ganz Europa ausgelöst hatte, stellte sich im Lauf der Zeit heraus, dass es sich um einen wahren Glücksfall gehandelt hatte.

Christina hatte erstaunliche Energien. Der Vater war darüber so begeistert, dass er gleich ein kleines Pferd erstand, auf dem seine Tochter so bald wie möglich reiten sollte. Der Oberstallmeister gab ihm zu bedenken, dass das Mädchen noch viel zu klein war, doch der König ließ sich nicht beirren: „Dann nehme ich sie eben einstweilen huckepack. Das hat auch mein Vater mit mir gemacht.“

Und so geschah es. Jeden Morgen ging er mit der Kleinen auf den Schultern in den großen Schlosspark und nahm sie überallhin mit. Abends machte ihm die verärgerte Amme regelmäßig Vorwürfe: „So zieht man doch kein Mädchen auf! Den lieben langen Tag durch Sümpfe und Wälder, da verwildert die Kleine noch völlig und ist überhaupt nicht mehr zu bändigen!“ Der König lächelte vor Stolz und Freude.

GUSTAV II. ADOLF DER GROSSE ZIEHT IN DEN KRIEG

Im Frühjahr 1627, als Prinzessin Christina gerade einmal sechs Monate alt war, musste Gustav Adolf von ihr Abschied nehmen. Ein weiteres Mal überquerte er mit seiner Armee und einer mit Kanonen gut ausgestatteten Flotte die Ostsee. Nach dem Angriff auf Polen stand er der bedrohlichen litauischen Kavallerie gegenüber, die er mit voller Wucht über den Haufen rannte. Siegreich, doch geschwächt durch eine tiefe Wunde, musste er nach Stockholm zurückkehren, im sicheren Glauben, er würde sich schnell erholen. Doch die Unterbrechung dauerte länger als vorhergesehen, und erst nach einiger Zeit konnte er, vollständig genesen, seine Vorhaben fortführen.

Gustav Adolf, genannt der Große, wurde von seinem Volk sehr verehrt; es erwartete sich von ihm glanzvolle Taten. Also machte er sich gemeinsam mit der protestantischen Koalition, der er sich angeschlossen hatte, auf zur epochalen Konfrontation mit den Katholiken ganz Europas.

Der Dreißigjährige Krieg war an einem entscheidenden Punkt angelangt, und der König beschloss, zum endgültigen Schlag gegen das im Norden Polens und Deutschlands gelegene Pommern auszuholen. Seine Männer waren voller Tatkraft und fest entschlossen zu beweisen, dass dieses aus Schweden und Finnen zusammengesetzte Heer die mächtigste Streitkraft des Ostseeraums war.

Im Beisein der hohen Offiziere setzte der König den Tag fest, an dem die Schiffe mit der vollständigen Armee in See stechen sollten. Doch es gab Stimmen, die vor einem Unglück warnten: Die üblichen Schwarzseher hatten das Gerücht verbreitet, ein unvorhergesehener Komet sei über den Himmel gezogen und habe ein unheilvolles Licht ausgestrahlt. Und die schlimmen Vorhersagen schienen sich zu bewahrheiten.

Das königliche Schiff, die Wasa, zog auf dem Kanal an der Tribüne vorbei, von der aus Gustav Adolf und die hohen Offiziere die Besatzung vor der Abfahrt grüßen sollten. Der Admiral hatte den Truppen befohlen, in der Mitte des Decks Aufstellung zu nehmen und sich nicht von der Stelle zu rühren: „Alle stillgestanden, jeder bleibt auf seinem Posten wie angenagelt!“ Doch als die Militärkapelle zu Ehren des Königs den Kriegsmarsch anstimmte, brachen die begeisterten Soldaten in Beifall aus. Eine dichte Gruppe drängte sich an die rechte Breitseite, die sich genau gegenüber der königlichen Tribüne befand, und augenblicklich war ein gellender Schrei zu hören: „Zurück, jeder auf seinen Posten, verdammt nochmal!“ Doch es war zu spät. Das Schiff kenterte und drückte wie ein riesiger Deckel die ganze Brigade unter Wasser – das Schiff ging unter.

Doch schuld war nicht der Komet. Erst später stellte sich heraus, dass die Wasa ohne den vorschriftsmäßigen Ballast ausgelaufen war, der den Kiel belasten und so das Schiff im Gleichgewicht halten sollte.

Der Untergang der Wasa war eine Katastrophe. Von den Breitseiten quollen Männer und Wasserfluten an die Oberfläche. Ein Desaster!

Der König jedoch ließ sich von dem Debakel nicht beeindrucken. Er befahl, die Ertrunkenen zu bergen und angemessen zu bestatten.

Mit den modernsten Waffen ausgerüstet und vereint im neuen protestantischen Glauben landeten die Schweden im Sommer 1630 auf der pommerischen Insel Usedom. Die Kurfürsten, die sich auf die Seite Kaiser Ferdinands II. von Habsburg, des Anführers der Katholiken-Partei geschlagen hatten, zeigten Gustav Adolf die kalte Schulter, doch der Schwedenkönig schloss ein Bündnis mit Frankreich, das zwar katholisch war, sich jedoch den Protestanten anschloss, um dem Streben des Kaisers nach der Vormachtstellung in Europa Einhalt zu gebieten. Der Bündnispakt wurde 1631 geschlossen: Frankreichs regierender Minister, Kardinal Richelieu, erklärte sich bereit, Gustav Adolf mit den finanziellen Mitteln zum Unterhalt eines Heeres von dreißigtausend Fußsoldaten und sechstausend Kavalleristen zu unterstützen. Beide Vertragspartner verpflichteten sich, weder Friedensverträge ohne die Zustimmung des jeweils anderen zu unterzeichnen noch die Religionsfrage aufzuwerfen.

Gustav Adolf errang bedeutende Siege und nahm so wichtige feindliche Stellungen wie Mainz und München ein.

Zum großen Zusammenstoß kam es am 16. November 1632 bei Lützen in Sachsen – am 6. November nach dem damaligen, in Schweden und den anderen protestantischen Ländern gültigen julianischen Kalender.

In dieser blutigen Schlacht war der schwedische König dem Sieg nahe; die Kaiserlichen mussten sich zurückziehen. Doch da wurde Gustav Adolf unversehens von einem Flankenschuss der habsburgischen Kanonen getroffen, genau in dem Augenblick, als er die schwedische Königsflagge zum Himmel hob. Flagge samt Arm wirbelten durch die Luft.

Die sterblichen Überreste Gustav Adolfs wurden in ein Dorf in der Nähe des Schlachtfelds gebracht. Nachdem sein Leichnam gereinigt worden war, sammelten die Soldaten zum Zeichen der Hochachtung sein Blut in einem Gefäß, das sie in der Dorfkirche neben seiner Rüstung niederstellten. Anschließend wurde er in die nahe gelegene Stadt Weißenfels verbracht und sorgfältig einbalsamiert. Es heißt, selbst der Kaiser habe geweint. Richelieu meinte, Gustav Adolf sei mehr wert gewesen als beide Heere zusammen.

In einem Holzsarg wurde der König nach Schweden überführt und feierlich aufgebahrt, um dem Volk Gelegenheit zu geben, von ihm Abschied zu nehmen. Maria Eleonora weigerte sich, den Leichnam sofort bestatten zu lassen, und erklärte: „Er wird erst gemeinsam mit mir begraben, denn bald bin auch ich tot.“

Doch die Zeit verging, und man konnte nicht mehr zuwarten. Die Leiche musste beerdigt werden, und endlich, neunzehn Monate nach seinem Tod, wurde Gustav II. Adolf der Große in der königlichen Begräbniskirche beigesetzt.

Am Tag des Leichenbegängnisses war Christina außer sich vor Verzweiflung. Sie konnte es nicht fassen, dass ihr Vater so plötzlich dahingeschieden war. Gustav Adolf hatte sich mit rührender Zärtlichkeit um sie gekümmert. Von frühester Kindheit an trug er sie, gekleidet wie ein kleiner Oberst der schwedischen Kavallerie, mit sich auf dem Pferd. Er spielte mit ihr wie ein Bruder. Sie lachten miteinander und sangen Soldatenlieder, darunter auch einigermaßen unanständige. Aus Schmerz über seinen Verlust weinte die Kleine ganze Tage lang.

MIT SECHS JAHREN KÖNIGIN!

Durch diesen schrecklichen Tod war Christina Königin geworden. Mit sechs Jahren! Die Regierungsgeschäfte übernahm selbstverständlich ein Regentschaftskonzil, an dessen Spitze sich der Reichskanzler Axel Oxenstierna setzte.

Über die ersten Lebensjahre der Königstochter berichtet ein Dokument, das sie selbst geschrieben, möglicherweise auch diktiert hat:

Als ich zur Welt kam, war meine Mutter, die Königin, die neben den Tugenden ihres Geschlechts auch alle seine Schwächen hatte, untröstlich. Sie erwartete einen kleinen Jungen, und dann bekam sie mich, die ihr nicht würdig schien, eine Krone zu tragen. Es störte sie, dass ich gar so selbstsicher war, mich mit allen gut verstand und zu jedem Spiel aufgelegt war, insbesondere, wenn es mit waghalsigen Sprüngen und lautem Geschrei einherging. Sie konnte mich nicht leiden, und das kann man ihr nicht ganz übel nehmen, denn meine Haut blieb so dunkel wie die eines kleinen Mohren. Sie befreite sich von meiner Gegenwart, indem sie dem Rat meines Vaters folgte und mich der Obhut von Anna Svensson anvertraute, einer schönen Frau, die, wie ich lange Zeit später entdeckte, die Geliebte meines Vaters gewesen war und sich vor einigen Jahren mit einem hochrangigen Offizier verheiratet hatte, dem sie sofort zwei Kinder gebar. Mein Vater nannte sie Juno, überreich an Milch und Zärtlichkeit.

Inmitten von Hofdamen und Kammerzofen hatte die kleine Königin dennoch oft Gelegenheit, sich ohne Aufsicht überall frei zu bewegen.

„Wohin gehst du?“, fragten sie händeringend. „Was tust du? Da komm her!“ Doch Christina entschlüpfte ihnen wie ein flinkes kleines Tier.

Eines Tages gelangte sie in einen großen Saal, in dem gerade an den baufälligen Arkaden Stützpfeiler angebracht wurden. Es war Feiertag und weit und breit kein Tischler oder Zimmermann. Eine junge Kammerzofe folgte ihr bis zum Eingang, doch die Kleine, die gerne Verstecken spielte, verbarg sich hinter den Säulen. Sie war direkt aus der Sonne ins Dunkel gekommen, strauchelte und stieß dabei eine Palisade um, wodurch auch eine der Arkaden den Halt verlor und einstürzte. Keiner weiß wie, doch Christina konnte sich retten. Die Zofe hingegen, die auf sie aufpassen sollte, wurde vom herabfallenden Gemäuer getroffen und, übel zugerichtet, sofort ins „Spittel“ gebracht.

Ein andermal stieg die Kleine in Begleitung von zwei Gouvernanten eine Treppe hinab und schwenke dabei ein langes Seidenband, das fantastische Schnörkel in die Luft zeichnete, doch herrje, das Band verfing sich zwischen ihren Beinen, und anstatt weiterzuhüpfen, stürzte sie kopfüber die Treppe hinab und purzelte von Stufe zu Stufe, bis sie endlich auf dem Erdboden landete. Die Mädchen schlugen die Hände vors Gesicht, überzeugt, die Kleine habe sich alle Knochen gebrochen, aber da stand sie schon wieder auf den Beinen und jauchzte: „Mir ist überhaupt nichts passiert! Ich bin eine von den Akrobatinnen auf dem Jahrmarkt! Aus dem Weg, ich probiere es noch einmal!“

Die beiden Mädchen hoben sie auf, und Christina bestürmte sie aufs Neue: „So, sehr gut, und jetzt werft mich in die Luft und dann fangt mich wieder auf.“

Vor allem spielte sie mit Karl. Wer das war? Ein Cousin von Christina, ungefähr in ihrem Alter. Als sie klein waren, spielten sie Fangen, lachten und stritten sich wie alle Kinder dieser Welt. Kaum aufgewacht, lief schon die eine zum anderen, um gemeinsam zu frühstücken. Sie lernten auch zu zweit: lesen, schreiben, rechnen – doch sobald sie der Aufsicht der Kindermädchen entwischen konnten, verschwanden sie im Schlosspark und waren nicht mehr aufzutreiben.

Als sie größer wurden, kamen die gemeinsamen Spiele und Vergnügungen langsam zu einem Ende. Karl entdeckte, dass er rasend in die junge Königin verliebt war. Sie ließ Umarmungen und spielerische Zweikämpfe zu, bei denen beide schließlich ineinander verschlungen auf dem Boden landeten und dabei eine gegenseitige Anziehung empfanden, die sie ganz durcheinanderbrachte.

Christinas Vormunde waren sich darüber im Klaren, dass diese Nähe die mutmaßlichen künftigen Hoheiten in Gefahr brachte, und suchten sie strenger zu kontrollieren. Oft brach Christina in Tränen aus, wenn sie Karl nicht sehen durfte, doch die Reaktion des Jungen grenzte an Verzweiflung. Bis er eines Tages vor versammeltem Hof nicht mehr an sich halten konnte.

Hören wir den beiden zu:

„Schluss!“, rief Karl. „Ihr könnt mir nicht verbieten, mit Christina zusammen zu sein. Sie ist meine Cousine und zukünftige Frau, jeder weiß, dass wir verlobt sind. Aber das ist nicht alles, hört gut zu, denn was ich euch zu sagen habe, wird euch einen Schlag versetzen, dass ihr nicht mehr wisst, wie ihr heißt.“

Christina trat mit einem Satz dazwischen und schob den jungen Liebhaber so unsanft beiseite, dass er zu Boden stürzte.

„Nein, Karl, das ist unser Geheimnis, das kannst du nicht einfach irgendwelchen Leuten auf die Nase binden!“

„Majestät!“, platzten die Herren Regenten wie aus einem Mund heraus. „Wir sind nicht irgendwelche Leute, sondern die Verantwortlichen für jeden Eurer Schritte. Sollte es ein noch so dunkles Geheimnis geben, sind wir die Ersten, die es erfahren müssen.“

„Na gut“, seufzte Christina, „ihr sollt es erfahren. Helft meinem Freund auf die Beine, und dann setzt euch hin und hört mir genau zu, aber gebt mir euer Ehrenwort, dass ihr niemandem erzählt, was ich euch zu sagen habe. Wir haben uns in diesen vergangenen Jahren mit Feuereifer ins Spiel gestürzt, sind gelaufen, gesprungen, einander in die Arme gefallen, aber da wir nicht die geringste Ahnung hatten, was da vor sich ging, haben wir uns von unserem Überschwang mitreißen lassen. Gemeinsam lasen wir heimlich Bücher mit Liebesgeschichten vom Altertum bis zu unseren Tagen, aber keiner der Autoren brachte uns bei, wie wir uns verhalten sollten, vor allem, wenn wir uns ohne Kleider im Wald auf der Wiese umschlungen hielten oder im Wasser der warmen Quelle. Wir fanden so unbeschreiblichen Gefallen daran, dass wir das Spiel zu weit trieben – eine Torheit, die so groß war, dass man sie wohl Liebe nennen muss.“

„Schön und gut“, sagte einer der Herren, „aber kommt zum Schluss. Was ist dann passiert?“

„Aber gar nichts, nur, dass ich schwanger bin.“

„Nein!“, riefen die Herren und sprangen kreidebleich von ihren Stühlen auf.

„Aber ja doch. Ich bin im dritten Monat.“

Da trat Karl vor.