cover.jpg

 

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

img1.jpg

 

Nr. 2332

 

Die Psychial-Werber

 

Der Terraner mit der Maske – Alaska Saedelaere sucht erneut seine Bestimmung

 

Michael Marcus Thurner

 

img2.jpg

 

Seit im Jahr 1344 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – dies entspricht dem Jahr 4931 alter Zeitrechnung – die Terminale Kolonne TRAITOR nach den Welten der Milchstraße greift, hat sich das Leben für die Bewohner der Sterneninsel drastisch verändert.

Kolonnen-Forts kontrollieren die Sonnensysteme, während die gigantische Raumflotte der Chaosmächte ohne große Probleme jeglichen Widerstand ausschaltet. Nur das Solsystem mit Terra als wichtigster Welt wehrt sich – der Nukleus der Monochrom-Mutanten hilft den Terranern in ihrem verzweifelten Kampf.

Angekündigt wurde darüber hinaus eine wertvolle Hilfe; auf diese warten Perry Rhodan und seine Weggefährten seit einiger Zeit mit großer Spannung. Sie erscheint in den ersten Stunden des neuen Jahres 1345 NGZ in Form eines kleinen Raumschiffes.

Die wohlbekannten Besatzungsmitglieder erstatten Bericht – unter anderem über DIE PSYCHIAL-WERBER …

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Alaska Saedelaere – Der Mann mit der Maske erweist sich als Vertreter einer geheimnisvollen Macht.

Mondra Diamond – Die Vertraute Perry Rhodans wirft ein wachsames Auge auf einen vertrauten Fremden.

Perry Rhodan – Der Terranische Resident setzt seine Hoffnung in das Versprechen des Nukleus.

Xa-Va-Riin Qaar – Ein alter Artuche begegnet dem Mann mit der Maske und der Frau Samburi.

Gantenbein – Der Olthug feiert ein rauschendes Fest und schließt Freundschaft.

1.

30. Dezember 1344 NGZ

7.30 Uhr Terrania-Ortszeit

 

Systemalarm.

Mondra konnte nicht mit Bestimmtheit sagen, wie oft während der letzten Wochen die Sirenentöne durch die Gänge und Räume der Stahlorchidee geplärrt hatten. Jenes enervierende Gejaule, das an die akustische Schmerzgrenze ging, versetzte Perry Rhodan neben ihr in jenen Zustand, der ihn so bewundernswert machte.

Bewundernswert, aber nicht liebenswert.

Als hätte man auf einen Knopf gedrückt, brach er mitten im Satz ab, erhob sich ohne falsche Hektik von dem kleinen Tisch in der Cafeteria, wo er einen kleinen Frühstücksimbiss zu sich genommen hatte, und wurde zu dem Mann, der Entscheidungen über das Schicksal von Billionen Lebewesen zu treffen hatte.

Zum Sofortumschalter.

Seine Schultern waren nicht sonderlich breit; fast hager wirkte Perry in diesen Momenten. Die Last, die er sich tagtäglich auferlegte, war ihm nicht anzusehen.

Mondra brauchte mehr als nur einen Moment, um Ordnung in dem Chaos unzähliger Trivid-Schirme und -Felder zu erkennen, die der Unsterbliche in Sekundenschnelle um sich gruppierte.

Und inmitten all dieses Geschehens blieb er außerordentlich ruhig und beherrscht, wie immer. Manchmal, so wünschte sie sich, könnte er ruhig ein wenig mehr Emotionen zeigen. Dieser eiskalte Zustand wirkte mitunter … erschreckend.

Konzentriert filterte er aus einem Wust an Daten, die über Dutzende Informationskanäle auf ihn einströmten, das Essentielle heraus. Die Finger seiner Rechten tanzten über Sensorflächen, und gleichzeitig schenkte er ihr ein beinahe scheues und zugleich beruhigendes Lächeln – wie stellte er das bloß an?! –, wie um zu sagen, dass sie sich keine Sorgen machen sollte.

Und ob sie sich Sorgen machte, verdammt!

Außerhalb des sogenannten TERRANOVA-Schirms, der von dem gleichnamigem Schiffsverband aufrechterhalten wurde, lauerten 64 Raumer der Terminalen Kolonne auf eine Schwäche in der Abwehr der Terraner. Die Traitanks waren so groß, dass sich selbst die größten Einheiten der terranischen Heimatflotte daneben wie Fliegendreck ausnahmen.

Auch wenn Mondra längst gelernt hatte, dass nicht nur beim Militär die Größe allein kaum die Effizienz bestimmte, so schreckten sie doch die technischen Daten, die über die TRAITOR-Kampfschiffe bekannt waren: Nichts in der Milchstraße kam derzeit ihrer Feuerkraft nahe, geschweige denn der Defensivbewaffnung oder den Beschleunigungswerten. Zog man zudem in Betracht, dass die Besatzung der Traitanks eine von keinerlei Moralvorstellungen gebremste lebensverachtende Einstellung besaß, machte sie all das zu Gegnern, denen scheinbar nicht beizukommen war.

»Mehrere Beobachtungssonden an den Systemaußengrenzen melden das Eintreffen eines Richtfunksignals«, sagte Perry nach langen Sekunden mit deutlicher Erleichterung in der Stimme. »Daellian kümmert sich um die Auswertung.«

»Und wegen eines einfachen Funkspruchs gibt's einen Systemalarm, der den Residenten sogar um die wenigen Kalorien eines Frühstückscroissants bringt?« Mondra schüttelte den Kopf, erleichtert und verärgert zugleich.

»Der Absender scheint ganz genau zu wissen, wo sich die Strukturlücken im TERRANOVA-Schirm befinden«, antwortete Rhodan nachdenklich. »Seine Impulse trafen zielgenau jene Sonden, die wir dort platziert hatten. Entschuldige bitte – wie war das mit dem Croissant?«

Ein Piepton kündigte eine Dringlichkeitsschaltung aus der Waringer-Akademie an.

»Was gibt's, Daellian?«, fragte der Unsterbliche und legte gleich darauf ein schalldichtes Feld um sich, wie sie verärgert bemerkte.

Warum schloss er sie aus dem Gespräch mit dem führenden Wissenschaftler Terras aus?

Weil er sich – wie so oft – ein von niemandem beeinflusstes Bild machen will, beantwortete sie sich die Frage gleich selbst. Weil er niemanden mit seinen Problemen belasten will. Weil ihm die Rolle als der Terraner mittlerweile derart in Fleisch und Blut übergegangen ist, dass er in Momenten wie diesen nicht einmal auf die Idee kommt, jemand anderen in seine Entscheidungsfindung mit einzubeziehen.

Dies war einer der Gründe, warum sie in letzter Zeit verstärkt die Nähe zu Perry Rhodan suchte. Mit dem ihr eigenen Instinkt achtete sie darauf, dass der Mann, den sie einmal geliebt hatte, sich nicht vor der Welt zurückzog, um ihr aus Sorge jeden Kummer und alle schweren Entscheidungen abzunehmen.

Es fiel Mondra schwer, in Momenten wie diesen ihr stark ausgeprägtes Ego hintanzustellen und mit höchster Intensität auf Perry einzugehen – aber es hatte durchaus Sinn. Der Mann war immens wichtig. Seine persönliche Symbolkraft überstrahlte problemlos alle technischen Errungenschaften der Menschheit.

Das schallisolierende Feld erlosch. Perry hob den Alarm auf. Die plötzliche Stille tat fast weh. Auf mehreren Bildschirmen sah sie, dass die Frauen und Männer, die in der Stahlorchidee oder anderswo das Signal vernommen hatten, ihre Schritte verlangsamten und ihren momentanen Tätigkeiten wesentlich entspannter, erleichterter nachgingen.

»Und?«, fragte sie ungeduldig und nahm sich dann rasch wieder zurück. »Croissant?«

Der Unsterbliche nahm ihr das unberührte Backwerk aus der Hand und biss ein kleines Stück davon ab. »Danke«, sagte er, nachdem er sorgfältig – oder war es eher nachdenklich? – gekaut und geschluckt hatte.

»Malcolm hat mir lediglich eine vorläufige Analyse zukommen lassen«, sagte Perry schließlich, als vom Croissant kaum noch etwas übrig war. »Das Signal ist zwar in Klartext verfasst und gibt an, wem die Nachricht zugestellt werden soll; die angehängte Botschaft selbst ist entweder derart verschlüsselt, dass sich unsere Eierköpfe innerhalb der nächsten Tage die Barthaare aus Verzweiflung ausrupfen werden, oder sie ist in einer Sprache abgefasst, die uns noch niemals untergekommen ist. NATHAN, der ja nicht unbedingt der Allerdümmste ist, kann zumindest keine bekannte Datenstruktur erkennen.«

»Ja – und weiter?«

»Du willst sicher wissen, wer denn hier Post aus der Fremde bekommt?«, erkundigte er sich mit beinahe schalkhaftem Ausdruck. »Es wäre mir recht, wenn du die Nachricht persönlich überbrächtest. Sie ist nämlich an den Nukleus gerichtet …«

 

*

 

Mondra betrachtete kritisch ihre Fingernägel. Sie wirkten ein wenig ungepflegt. Kein Wunder – kaute sie doch bereits seit einigen Wochen wieder auf ihnen herum. Eigentlich hatte sie damit während ihrer Teenagerjahre aufgehört – aber schlechte Angewohnheiten kehrten von Zeit zu Zeit wieder.

Sie musste lächeln, während sie aus der Space-Jet stieg und auf die Nukleus-Sprecherin Fawn Suzuke zuging.

Wenn es ihr so erging, dann vielleicht Perry auch? Sie kannte eigentlich nur eine schlechte Angewohnheit Rhodans und die auch nur vom Hörensagen. Früher, so hatte Bull ihr einmal verraten, stand sogar in den Geschichtsbüchern noch zu lesen, dass Perry zur Zeit seiner Ausbildung bei der Space Force, wie fast jeder seiner Kameraden, geraucht hatte. Seit über zweitausend Jahren waren alle Hinweise darauf jedoch in den Neuauflagen historischer Standardwerke nicht mehr aufgetaucht. Ob dies nun als weiterer kleiner Beitrag zur Heroisierung des Unsterblichen zu werten war oder ob der Jugendschutz schlechte Angewohnheiten von Personen des öffentlichen Lebens zensierte, entzog sich sowohl Bulls als auch ihrer Kenntnis.

»Du bist fröhlich heute«, begrüßte sie Fawn Suzuke beim Eintreffen. »Das ist gut.«

»Ich musste an etwas Amüsantes denken.« Mondra nickte dem seltsamen Mädchen zu und blickte sich um. Sie atmete tief ein und genoss den Blick über die kleine Bucht.

Dieses Paradies hier war Urlaub für die Augen. Zwei schmale halbmondförmige Sandstreifen und das dunkle Vulkangestein der Isla Bartolomé im Galapagos-Archipel bildeten so gänzlich andere Eindrücke, als sie von der hochtechnisierten Umgebung Terrania Citys gewohnt war.

Im grellblauen Himmel hingen lediglich ein paar dünne Wolkenfetzen – und ein einziges Schiff der über der Insel stationierten Wachflotte, das im Vergleich zur Umgebung noch immer groß wirkte. Die wenigen technischen Einrichtungen der LFT beschränkten sich auf einen schmalen Streifen in Strandnähe. Eine Hälfte des Strandes wurde mittlerweile fast völlig von der neu entstandenen Schohaaken-Stadt dominiert, deren Bewohner sich mit Hingabe um den Nukleus kümmerten. Die restlichen Teile des Archipels hingegen waren menschenfrei geblieben und erzeugten eine seltsame Sehnsucht in Mondra.

»Was hast du uns zu sagen?«, fragte Fawn Suzuke. Ihre großen Augen wirkten müde.

»Wir haben eine Nachricht erhalten, die an dich … an den Nukleus gerichtet ist«, antwortete Mondra zögernd.

»Gib sie mir!«, verlangte das Mädchen. »Ich habe bereits darauf gewartet.«

Mondra schloss abwehrend die Finger um den kleinen Datenträger. »Nicht so schnell, meine Liebe! Du weißt also, von wem sie stammt?«

Fawn sah sie verwirrt an. Die Botin des Nukleus, die sich nur unter großen Mühen und lediglich dank der Unterstützung von Marc London auf der Erde hatte manifestieren können, reagierte so, wie Mondra es von ihr erwartet hatte. Teilweise schien es, als wäre sie nicht von dieser Welt. Als verstünde sie nicht, wenn einmal nicht alles so lief, wie sie es wünschte. Als existierte sie in einem fremden Raum-Zeit-Gefüge, in dem die Naturgesetze eine andere Wertung besaßen.

»Ich warte auf eine bestimmte Nachricht«, gab Fawn schließlich zu. »Ich bitte dich – gib sie mir!«

Die Bitte war keine. Vielmehr stellte sie eine Forderung dar; drängend und ungeduldig formuliert.

»Von wem stammt sie?«, bohrte Mondra nach. Sie wehrte sich mit Händen und Füßen gegen die Ausstrahlung des jungen Mädchens. Die Botin des Nukleus wollte sie beeinflussen.

Sie unterstellte Fawn keine böse Absicht. Vieles, was das junge Mädchen von sich gab und tat, passierte unbewusst. Der Nukleus war ungeübt im Umgang mit »normalen« – körpergebundenen und sterblichen – Wesen. Diese manchmal beinahe ans Infantile grenzende Naivität strahlte immer wieder auf sein Sprachrohr aus.

Fawns Schultern fielen resignierend nach vorne. »Mach es mir bitte nicht so schwer«, sagte sie leise und verzog dabei den Mund wie ein kleines Kind, dem man das Lieblingsspielzeug vorenthielt. »Ich kann dir diese Fragen wirklich erst beantworten, wenn ich die Botschaft kenne.«

Marc London, der in einigen Metern Abstand gewartet hatte, kam heran. »Siehst du nicht, dass du ihr wehtust?«, fuhr er Mondra an.

Es schien, als wollte er seine Arme beschützend um Fawn legen, überlegte es sich aber schließlich. Das im wahrsten Sinne des Wortes unmögliche Verhältnis zwischen dem jugendlichen Mutanten und dem eigentlich nur als manifestierte Geistesessenz vorhandenen Mädchen würde irgendwann einmal ganze Lehrbücher der Psychologie füllen, dessen war sich Mondra sicher.

Wenn die Krise überstanden war. Wenn es ein Danach gab …

Schließlich streckte Mondra die Hand aus und ließ den kugelförmigen Datenträger zwischen Fawns schmale und blasse Finger gleiten. Eine Berührung vermied sie tunlichst.

Die Reaktion des Nukleus auf ihre vorsichtige Konfrontation war enttäuschend vorhersehbar gewesen. Da war nichts von Stärke und Selbstbewusstsein zu spüren. Diese Zusammenballung mentaler Kraft wollte irgendwann zur Superintelligenz werden. Es stand zu erwarten, dass dieser Prozess noch sehr, sehr lange dauern würde …

Fawn bedankte sich mit einem kurzen Nicken und schloss die Augen, als lauschte sie in ihr Inneres. Den Datenträger in ihrer Hand, drehte sie sich um und marschierte davon. Dorthin, wo der funkensprühende Ball des Nukleus wartete. Marc London trottete ihr wie ein Schoßhündchen hinterher.

Das, so sagte sich Mondra verzweifelt, sind also die Kräfte, mit deren Unterstützung wir uns erhoffen, den Chaosarmeen widerstehen zu können. Was für eine Anmaßung!

 

*

 

Perry Rhodan landete eine knappe Stunde später auf der Isla Bartolomé. Er zwinkerte Mondra zu, als er seine Space-Jet verließ. »Dein Schützling hat Sehnsucht nach mir?«

Seine Fröhlichkeit war vorgeschoben, wie Mondra sofort bemerkte. Sie kannte Perry viel zu gut. Es musste ihn gehörige Überwindung gekostet haben, die Stahlorchidee in diesen Tagen der permanenten Krise zu verlassen, obwohl er selbstverständlich von NATHAN jederzeit und überall auf Terra erreicht und konsultiert werden konnte.

Trotzdem war es für ihn als Tatmenschen schwierig, sich körperlich von seinem »Arbeitsplatz« zu entfernen und damit scheinbar auch aus der Verantwortung zu stehlen. Dieses Denken, so vermutete Mondra, basierte noch auf seinen frühesten Erfahrungen, ein Relikt des alten zwanzigsten Jahrhunderts christlicher Zeitrechnung, das er in all den vergangenen Jahrtausenden nie abgelegt hatte.

»Was hat der Nukleus denn Sensationelles zu berichten, dass er auf meiner Anwesenheit besteht?«, fragte er.

»Wir wissen es noch nicht«, gab Mondra zur Antwort. »Als mir Fawn die Bitte überbrachte, dich hierher zu holen, hat mir Gucky lediglich bestätigen können, dass der Nukleus … hm … gewissermaßen aufgeregt ist.«

»Nun gut. Dann wollen wir uns anhören, was unsere Freunde zu sagen haben.«

Gemeinsam marschierten sie den Strand entlang, auf den wohlbehüteten Nukleus zu. Schohaaken standen oder hüpften mit der ihnen eigenen Aufgeregtheit umher. Ein einzelner Galapagos-Pinguin watschelte auf die Felsnase des Pinnacle Rock zu, heftig von mehreren Spechtfinken beschimpft.

Der Sand unter Mondras Beinen strahlte die Hitze eines langen Tages ab. Am Horizont stauten sich Wolken. Gegen Abend, so ahnte Mondra, würde ein gehöriges Donnerwetter über der Inselgruppe niedergehen, wenn NATHAN es nicht rechtzeitig ablenkte – woran im Grunde kein Zweifel bestand. Das Mondgehirn war bemüht, die Lage auf der Insel in jeder Hinsicht stabil zu halten.

Fawn Suzuke trat an sie beide heran. Das Mädchen wirkte gefestigter als noch vor kurzer Zeit.

»Es freut mich, dass du kommen konntest«, sagte es. »Ich habe gute Neuigkeiten für dich.«

»Na, dann schieß mal los.« Perry rieb sich die Narbe an seinem rechten Nasenflügel und beugte sich ein wenig vor, damit das um einen Kopf kleinere Mädchen nicht zu ihm aufsehen musste.

Er gibt sich so viel Mühe, ruhig und ausgeglichen zu wirken, dachte Mondra, aber jeder, der ihn so gut kennt wie ich, kann spüren, wie aufgeregt er ist. Wie baut er seinen Stress nur ab?

Für einen Moment flackerten Bilder durch ihr Bewusstsein, das Dirigieren eines gewaltigen Orchesters und die Bestrafung eines merkwürdig vogelähnlichen Geschöpfs, schnelle, hektische, falschfarbene Bilder. Sie schüttelte diese Visionen ab. Oft geschah es nicht, doch manchmal schnellten solche Stroboskop-Erinnerungen empor, gespeist aus dem Nachhall zweier fremder, gegensätzlicher Seelen, die vor vielen Jahren mit ihr verschmolzen waren.

Nein, dachte sie, Perry lenkt sich anders ab, er stiehlt sich weder aus der Verantwortung, noch straft er andere.

Beinahe zärtlich betrachtete sie sein markantes Gesicht, über dem sich glatt und straff die Haut spannte, als könne ihn nichts berühren, doch sie sah das leichte Vibrieren der Nasenflügel, das kaum merkliche Flattern der Lider, die etwas zu gespannt wirkende Mundlinie.

»Wir haben Hilfe angekündigt«, sagte Fawn. »In der Nachricht, die wir empfangen haben, wurde uns mitgeteilt, dass Boten der … Helfer auf der Erde eintreffen werden. Sie gehören einer extragalaktischen Macht an. Sie sollen euch im Abwehrkampf gegen TRAITOR unterstützen.« Das Mädchen schwieg, als sei damit alles gesagt.

»Das ist alles?«, fragte Perry und schüttelte den Kopf. »Wegen ein paar Allgemeinplätzen hast du mich herkommen lassen?«

»Ich verstehe nicht.« Fawn wirkte irritiert.

»Wer kommt? Kennen wir sie oder ihn? Welche Unterstützung können wir erwarten? Schlachtschiffe? High-Tech-Ausrüstung, die uns im Kampf einen Vorteil bringt? Waffentechnologien?«

»Ich möchte den Besuchern selbst nicht vorgreifen«, gab das Mädchen knapp zur Antwort. »Doch du wirst dich freuen, sie zu treffen, glaube ich. Sie werden am ersten Januar um sechs Uhr abends Ortszeit hier eintreffen. Die Koordinaten, an denen sie den Kristallschirm durchdringen, waren Bestandteil der Nachricht.« Fawn ließ eine zerknüllte Schreibfolie in Rhodans Hand gleiten. »Du sollst dafür Sorge tragen, dass die Strukturlücke einen Durchmesser von einem halben Kilometer hat. Nicht mehr und nicht weniger.«

Diesmal war Rhodan die Enttäuschung deutlich anzusehen.

Ein halber Kilometer … er hatte offensichtlich mehr erwartet. Einen Schlachtenkoloss oder eine ganze Flotte, die den Traitanks Paroli bieten würde.