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Nr. 81

 

Korsaren der Galaxis

 

Eine Space-Jet wird gekapert – Atlan als Gefangener der Blue

 

von H. G. Francis

 

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Auf Terra, den Welten des Solaren Imperiums und den Stützpunkten der United Stars Organisation schreibt man Ende Januar des Jahres 2842.

Dieses 29. Jahrhundert ist eine Zeit, in der die solare Menschheit oder die Menschheit von den Welten der ersten Siedlungswelle wieder nach den Sternen greift und sich weiter im All ausbreitet. Es ist eine Zeit der großen Erfolge und großen Leistungen – es ist aber auch eine Zeit voller Gefahren und Überraschungen.

Nach der Niederschlagung der »Revolte des Chanbruders«, bei der Lordadmiral Atlan massiv erpresst wurde und ernstlich um das Leben seiner Spezialisten Ronald Tekener und Sinclair M. Kennon fürchten musste, herrscht für kurze Zeit Ruhe im All.

Doch schon wenig später kommt es innerhalb der USO, der »galaktischen Feuerwehr«, erneut zu hektischer Aktivität. Lordadmiral Atlan, der sich zu einem Alleingang entschloss, um eine alte Freundin wiederzusehen, wird entführt.

Und während die USO-Spezialisten, die ihren Chef suchen, das Chaos der sterbenden Welten erleben, gerät Atlan in die Gewalt von KORSAREN DER GALAXIS ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Atlan – Der Lordadmiral wandert von einer Gefangenschaft in die andere.

Nuramy von Potrinet – Atlans Entführerin.

Jodmunc – Kommandant eines Korsarenschiffes.

Tetsarc-Mauc – Jodmuncs Stellvertreter.

Lapp »Cicero« Kreiden – Ein ehemaliger Sergeant der USO.

Pock – Ein Marnier.

1.

 

Der Marnier schüttelte kichernd den Kopf und kauerte sich mit untergeschlagenen Beinen in seine Schlafnische. Er schlang seine dürren Arme um seinen Oberkörper und streckte seine Stielaugen aus, so dass er den ganzen Raum übersehen konnte, ohne den Kopf wenden zu müssen. Das Licht der Glasfelsen ließ seine Haut violett erscheinen. Er wirkte abstoßend und hässlich.

Erneut lachte er meckernd auf.

»Du siehst aus wie ein altes, vergammeltes Huhn«, sagte Afka Kon, der Haweiner.

»Danke«, entgegnete Pock. »Deine Ansichten stören mich nicht. Mich beunruhigt vielmehr, dass ihr euch von eurem Plan etwas versprecht.«

Er lächelte mit geschlossenen Lippen. Dabei schienen seine Mundwinkel bis zu den hahnenkammartigen Ohren hinaufzurutschen. Gleichzeitig senkte sich die Spitze seiner langen Nase noch tiefer herab, so dass sie deutlich über das Kinn hinausragte und wie ein Rüssel aussah. Niemand widersprach Afka Kon. Der Marnier bot tatsächlich kein besonders attraktives Bild.

Kon glitt aus seiner Nische hervor und näherte sich dem Dürren, der wie ein gerupftes Vogelwesen aussah. Dicht unter ihm blieb er stehen und blickte zu ihm auf. In seinem Gesicht zuckte es, und die zu Fäusten geballten Hände verrieten, wie erregt er war.

»Willst du hier bis an das Ende deiner Tage bleiben, ohne etwas zu unternehmen?«, fragte er.

»Keineswegs, Fettsack«, entgegnete Pock. Er entblößte seine Zähne und grinste höhnisch auf seinen Gesprächspartner herab. »Du kannst dich darauf verlassen, dass auch ich diesen gastlichen Ort sehr bald verlassen werde. Aber ich werde ein wenig raffinierter vorgehen als du.«

»Da bin ich aber gespannt.«

Die anderen Gefangenen wurden aufmerksam. Sie erhoben sich vom Boden und rutschten aus ihren Nischen. Langsam traten sie an die beiden Männer heran.

»Wie wäre es, du Geier, wenn du uns ein wenig von deinem Planeten erzähltest?«

»Ich bin doch kein Narr, Kreiden«, antwortete der Marnier. »Glaubst du, dass ich dem Verräter unter uns einen Tipp geben will?«

Seine Worte riefen höchste Erregung hervor. Plötzlich sprachen alle durcheinander.

Afka Kon beschimpfte Pock mit wüsten Worten. Mehrere Männer forderten den Umweltangepassten auf, noch etwas deutlicher zu werden. Nur Lapp »Cicero« Kreiden blieb still. Er musterte Pock.

Schließlich hob der Dürre beide Arme und gebot Ruhe, doch es dauerte lange, bis wirklich alle still waren.

»Wir sind eine gemischte Gesellschaft«, sagte Pock und legte die Arme wieder fest um seine Schultern. Er schien ständig zu frieren, obwohl es in diesem Raum für die anderen Männer fast schon zu warm war. Einige der Männer hatten ihre Blusen und Hemden abgelegt. »Wir haben längst gemerkt, dass wir einige Dummköpfe unter uns haben. Ich möchte niemanden ansehen, damit keine falschen Schlüsse aus meinen Worten gezogen werden.«

Er fuhr seine Stielaugen aus und starrte Afka Kon überdeutlich an. Die Gefangenen lachten schallend. Der Haweiner aber schnellte sich wütend zu Pock hoch. Er wollte ihn aus seiner Nische hervorreißen, aber der Dürre streckte überraschend das linke Bein vor. Kon prallte dagegen. Er schrie auf und stürzte auf den Boden zurück. Betroffen blickte er auf seine Brust. Die messerscharfen Krallen Pocks hatten blutige Spuren zurückgelassen.

»Jeder verhält sich so, wie es seiner Intelligenz entspricht«, stellte der Marnier gelassen fest und fuhr dann fort, als sei nichts geschehen. »Und dann haben wir Männer unter uns wie Cicero. Er ist immer für reizvolle Ideen gut. Vor diesem Burschen sollte man sich vorsehen.«

»Findest du?«, entgegnete Lapp »Cicero« Kreiden mit heller Kinderstimme. Sie passte überhaupt nicht zu ihm, denn er war ein Mann, der bullig wirkte, obwohl er fast zwei Meter groß war. Auch er hatte sich halb entblößt. Sein offenes Hemd ließ eine dicht behaarte Brust erkennen, auf der an einer silbernen Kette ein seltsam geformter Zahn hing. Diese Trophäe hatte annähernd die Form eines »S«. Kreiden fuhr sich verlegen durch seine schwarzen Locken, als er die Blicke der anderen Gefangenen auf sich gerichtet fühlte. Er schob den S-förmigen Zahn zwischen die wulstigen Lippen und kaute darauf herum.

»Was soll das, Pock? Worauf willst du hinaus?«

Der Dürre kicherte erneut.

»Ich wollte damit sagen, dass es ein Fehler ist, alle an der Diskussion über einen Fluchtplan zu beteiligen. Die Narren sollten den Mund halten. Nur die anderen sollten reden.«

Kreiden lachte lautlos.

»Und du meinst, irgendeiner würde wirklich zugeben, dass er zu den Dummköpfen gehört, und den Mund halten?«

Der Marnier wollte etwas antworten, doch die Türschotte öffneten sich. Die Gefangenen drehten sich herum. Ein Blue trat ein. Er hielt eine entsicherte Energiestrahlwaffe in der siebenfingrigen Hand. An seinem Gürtel hing ein positronischer Translator.

»Kreiden soll kommen«, sagte er mit kaum hörbarer Stimme. Seine Worte wurden von dem Gerät ins Interkosmo übersetzt.

Afka Kon tat, als habe er die Worte nicht gehört.

»Du kannst jedenfalls mehr als wir alle zusammen, Geierschnabel«, rief er.

Pock nickte.

»Das ist sicher. Darüber brauchen wir gar nicht erst zu reden. Zumindest kann ich mir selbst in die Nasenspitze beißen, und das macht mir keiner von euch Geisteszwergen nach.«

Der Blue ging auf Kreiden zu und stieß ihn mit der Faust an.

»Ich komme ja schon«, murmelte Cicero. Er folgte dem Wärter bis zu den Türschotten. Dort drehte er sich zu dem Marnier um und sagte: »Drück mir die Daumen, du Intellektueller!«

Pock grinste.

»Du kannst dich darauf verlassen, Freund.«

Waffensergeant Lapp Cicero Kreiden hörte die Schotte hinter sich zugleiten. Auf dem Gang warteten noch zwei weitere Blues. Sie ließen ihn an sich vorbeigehen und folgten ihm dann mit schleifenden Schritten. Das Wesen, das ihn geholt hatte, marschierte drei Meter vor ihm mit ausholenden Bewegungen, die Kraft und Energie ahnen ließen.

Kreiden blickte zu den hinteren Augen des Blues auf. Er wusste genau, dass er nicht entkommen konnte. Nicht einen einzigen Augenblick lang war er unbeobachtet. Der Offizier hatte den Befehl bekommen, ihn vor den »Neutralen« zu bringen, und er würde diese Order auch ausführen – ganz gleich wie. Notfalls würde er ihn töten und danach seine Leiche präsentieren. Cicero hatte bereits seine Erfahrungen machen müssen. Die Besatzung dieser subplanetaren Festung konnte sich keine Fehler leisten. Sie handelte nüchtern und gefühllos, allein nach den Richtlinien der Zweckmäßigkeit.

Der Sergeant lächelte düster.

Die grausam konsequente Haltung der Blues sollte ihn nicht daran hindern, doch eines Tages aus dieser Hölle zu entfliehen. Ihm blieb keine andere Alternative – es sei denn, er hätte die Flucht in den Wahnsinn als solche empfunden. Bis jetzt hatte er drei Verhöre hinter sich. Sie waren relativ milde gewesen für die Maßstäbe dieses Volkes. In den Augen des Terraners war eine Steigerung der Qualen, die er dabei erduldet hatte, kaum noch denkbar. Aber Cicero wusste, dass Blues auch noch weitergehen konnten. Ihre Methoden, Wissen aus Gefangenen herauszuholen, waren berüchtigt. Während seiner aktiven Dienstzeit hatte er Gelegenheit gehabt, einige Studien zu sehen, die von »Befragungen« gemacht worden waren. Danach war sein Verlangen gar nicht mehr so groß gewesen, in die Eastside der Galaxis vorzustoßen.

Und dennoch hatte er sich eines Tages dazu verlocken lassen. Die Gerüchte von den märchenhaften Reichtümern, die hier zu erbeuten waren, hatten ihn vergessen lassen, was er gesehen hatte. So hatte er sich einem Dutzend Prospektoren angeschlossen, in der Hoffnung, in diesem Teil der Galaxis sein Glück zu machen.

Sie besaßen noch jetzt die unvollständige Sternenkarte eines Prospektors, der behauptete, riesige Mengen von Howalgonium entdeckt zu haben. Die Blues hatten diese Unterlagen bisher noch nicht gefunden.

Waren sie jetzt darauf gestoßen?

Kreiden hatte ein flaues Gefühl in den Knien. Er wusste nicht genau, was man mit ihm vorhatte.

Mit dem Einverständnis der Blues hatte er in den letzten zwei Wochen terranischer Zeit versucht, aus mehreren zertrümmerten Hyperfunkgeräten ein einziges, funktionsfähiges zusammenzubauen. Er war bei seinen Bemühungen jedoch nicht besonders erfolgreich gewesen. Im Gegenteil, es war zu einem äußerst unangenehmen Zwischenfall gekommen.

Der Neutrale hatte nicht nur ein einsatzfähiges Hyperfunkgerät gefordert, sondern auch noch verlangt, dass dieses eine möglichst hohe Reichweite haben sollte. Dabei hatte keiner der Blues-Korsaren wirklich ein fundiertes Wissen über technische Einrichtungen dieser Art.

Kreiden stand vor einem kaum lösbaren Problem. Wenn er sich dennoch an die Aufgabe herangewagt hatte, so nur deshalb, weil er hoffte, mit dem Sender Hilfe herbeirufen zu können. Doch bis jetzt war er gescheitert, weil die Blues selbst nicht genau wussten, was sie eigentlich wollten.

Ein Hypersender wurde grundlegend durch zwei Größen charakterisiert: die Distanz, über die er ein Signal mit brauchbarer Intensität abstrahlen konnte, und die Vielfalt der Aufgaben, für die er sich einsetzen ließ.

Die Reichweite war von der Leistung abhängig, die dem Sender zugeführt werden konnte. Und hier lag bereits der erste schwache Punkt, denn das Energiepotenzial dieses Piratennestes (Kreiden erlaubte sich diese abfällige Bezeichnung) war denkbar gering. Ein Hyperfunksender strahlte auch in seiner primitivsten Ausführung ein Feld ab, das sich kugelförmig ausbreitete, und dessen Intensität mit dem Quadrat der zurückgelegten Entfernung abnahm. Die Blues wollten aber keinen Sender, der nur diese Aufgabe erfüllen konnte. Sie verlangten von ihm auch einen Richtstrahlsender. Und das war durchaus nicht dasselbe. Die Sendeleistung sollte über einen eng begrenzten Raumwinkel abgestrahlt werden. Dabei ließ sich eine wesentlich höhere Reichweite erzielen. Natürlich war beim Richtstrahlsender die Reichweite nicht nur von der zugeführten Leistung – an der es bereits haperte –, sondern auch von der Schärfe der Bündelung des Richtstrahles abhängig. Als Faustregel konnte angenommen werden, dass sich bei dem Richtstrahlprinzip die Reichweite des Hypersenders um das Zwanzig- bis Hundertfache erhöhen ließ.

Davon hatten die Blues bereits gehört, die den »Neutralen« berieten. Sie forderten natürlich eine hundertfache Leistung. Kreiden wäre froh gewesen, wenn er überhaupt eine Sendeleistung erzielt hätte.

Für den Fall, dass er es schaffte, rechnete er mit einer Reichweite, wie sie von kleineren Handelsraumschiffen erzielt werden konnte – also einer Normalweite von etwa zwei Lichtjahren und einer Richtstrahlweite von siebzig bis achtzig Lichtjahren.

Die Chancen, mit einem solchen Sender jemanden zu erreichen, der ihnen helfen konnte, waren denkbar gering. Kreiden schätzte sie auf etwa ein Prozent. Dennoch wollte er sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen. Mehr als einmal hatte der Zufall in seinem Leben eine glückliche Rolle gespielt. Vielleicht war es auch diesmal so.

Der Blue blieb stehen und befahl ihm, einen Raum zu betreten, der am Ende des Ganges lag. Kreiden gehorchte und hob die Arme. Gelangweilt ließ er die Kontrollen über sich ergehen. Er trug keine Waffen bei sich und besaß nichts, was dem »Neutralen« hätte gefährlich werden können.

Der Torso-Blue dachte natürlich an ganz andere Dinge als er. Während er hoffte, einen Notruf abstrahlen zu können, wollte der »Neutrale« die Probleme der Korsaren-Kolonie verringern. Ihm waren die Beutezüge der Molkex-Schiffe bis jetzt viel zu mager. Er wollte die Einsätze effektiver machen. Ihn interessierte die Möglichkeit, mit dem Hyperfunksender Nachrichten zu übermitteln, nur herzlich wenig. Er wollte ein »Ohr« haben, das die Galaxis abhorchte. Hypersender wurden benutzt, um wissenschaftliche, technische und militärische Daten zuverlässig und überlichtschnell von Raumschiffcomputer zu Raumschiffcomputer zu übertragen. Aus diesem Grunde verlangte er eine möglichst große Bandbreite, denn je umfangreicher die Daten waren, die pro Zeiteinheit weitergegeben werden sollten, desto größer musste die Bandbreite sein. Wollte der »Neutrale« also wirklich erfolgreich in den Hyperfunkverkehr einsteigen, dann musste er ein recht hochqualifiziertes Gerät haben.

Das aber konnte Kreiden ihm nicht bieten.

Schon der erste Versuch hatte ihm den eindeutigen Beweis dafür erbracht. Er hatte es tatsächlich geschafft, aus den Trümmern ein einziges Gerät zu basteln, das halbwegs funktionsfähig war. Doch beim ersten Einsatz war der Energiebedarf so hoch gewesen, dass es innerhalb der Korsarenfestung zu einer kleinen Katastrophe gekommen war.

Hatte ihn der »Neutrale« deshalb gerufen?

Lapp ging weiter, als sich dicke Schotte vor ihm zur Seite schoben. Er versuchte auch jetzt, seine Gefühle unter Kontrolle zu halten, aber das fiel ihm schwerer als sonst.

Langsam näherte er sich dem Blue, der als eine Art salomonischer Richter fungierte.

Krantic war nur noch ein Wrack. Nach einem schweren Unfall war von ihm nur der Kopf, der Rumpf, der Hals und die beiden Arme übriggeblieben. Dieser Torso ragte aus einem Überlebenssystem heraus, das ausschließlich nach praktischen Gesichtspunkten konstruiert worden war. Auf ästhetische Belange hatte man keine Rücksicht genommen. Sie waren für Blues ohnehin von untergeordneter Bedeutung. So konnte Kreiden die Schläuche sehen, die blutgefüllt aus dem Torso heraus- und in die künstlichen Nieren und in die Ersatzleber hineinführten.

Links neben dem Neutralen saßen drei Offiziere von »oben«, rechts hatten drei von »unten« Platz genommen. Alle starrten den Terraner an. Lapp konnte nur ahnen, was sie dachten. In einem vorgezeichneten Kreis auf dem Fußboden blieb er stehen.

»Anklage ist gegen dich erhoben worden«, eröffnete der Torso die Verhandlung. »Deine Experimente, die du in geheimer Absprache mit einigen Offizieren unternommen hast, haben oben schwere Schäden angerichtet.«

Alter Halunke, dachte Kreiden. Du weißt genau, dass nur du allein mir den Auftrag gegeben hast. Niemand sonst ist dafür verantwortlich.

Er bemühte sich um ein ernstes Gesicht, doch es fiel ihm nicht leicht, ein Lächeln zu unterdrücken. Sekunden später legte sich seine heitere Stimmung.

»Gegen dich ist die Todesstrafe beantragt worden«, fuhr der Neutrale fort. Er beherrschte Interkosmo und konnte sogar auf einen Translator verzichten. Allerdings machte es ihm sichtlich Mühe, in dem für den Terraner wahrnehmbaren Schallbereich zu sprechen. Ab und zu stieg seine Stimme an, wurde schrill und fast unverständlich. »Beide Parteien befürworten diese Maßnahme. Mit anderen Worten, sowohl die Oberen als auch die Unteren wollen, dass du stirbst. Man möchte es so schnell wie möglich hinter sich bringen.«

»Moment mal«, entgegnete Kreiden. Er ballte die Fäuste und blickte sich erregt um. Seine Stimme wurde noch heller als sonst.

»Dem Neutralen ist sehr wohl bewusst, dass diese Versuche unternommen worden sind, um damit das vielleicht größte Problem dieser Festung zu lösen. Er weiß auch, wer der Auftraggeber ist, und wer die Verantwortung für meine Arbeit trägt.«

Kreiden hätte sich den Atem sparen können. Seine Worte erzielten keinerlei Wirkung. Krantic tat, als habe er sie nicht vernommen.

»Die Oberen haben sich damit einverstanden erklärt, dass der Angeklagte schmerzlos getötet wird.«

»Der Respekt gebietet mir, vorsichtig zu formulieren«, sagte der Terraner ärgerlich. »Sonst würde ich behaupten, dass du spinnst, Alter.«

Der Neutrale hob den Kopf. Die beiden vorderen Augen blickten ihn starr an.

»Dem Gericht ist unverständlich, wovon der Angeklagte spricht«, entgegnete er. »Es ist bemüht, ihm klar zu machen, dass er sterben wird, schnell und ohne Qualen.«

»Das kann ja heiter werden«, rief Cicero. »Seid ihr denn alle taub? Ich würde mich auch noch ganz gern zu diesem Fall äußern.«

»Der Energieausfall führte oben zu dem Tod von drei Männern«, erklärte der Torso. Er strich sich mit den Fingerspitzen vorsichtig über den Kopf. Dem Terraner fiel auf, dass der Neutrale fast kein Fell mehr hatte. Der bläuliche Flaum, der normalerweise den ganzen Körper der Blues bedeckte, fehlte bei ihm fast völlig. Dennoch hatte seine Haut eine deutlich blaue Färbung. »Dem Angeklagten sei eröffnet, dass der Frieden in diesem Stützpunkt nur erhalten bleiben kann, wenn das Energiegleichgewicht zwischen oben und unten nicht gestört wird. Der Terraner hat jedoch ein Ungleichgewicht geschaffen und damit eine Situation hervorgerufen, die sehr leicht zu einem Kampf zwischen den beiden Parteien hätte führen können.«

»Teufel auch. Das war Pech«, meinte Lapp Cicero Kreiden. »Ich nehme an, jetzt kommt das Friedensangebot – oder?«

Seine Blicke glitten von einem Blue zum anderen. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass die Korsaren wirklich seinen Kopf wollten.

Als er Krantic ansah, begriff er plötzlich. Der Neutrale hatte ihm den Auftrag erteilt, ohne mit den anderen Blues darüber zu sprechen. Der Zwischenfall hatte auch ihn überrascht. Nun steckte er selbst in einer Zwickmühle und suchte nach einem Ausweg.

»Der Angeklagte kann den Schaden verringern, den er angerichtet hat«, fuhr der Torso fort. »Wir haben schon einige Male mit ihm über Silberhaar gesprochen, jenen Mann, der zu den mächtigsten des Solaren Imperiums gehört.«

»Mit diesem Mann kann ich nicht dienen«, erwiderte Kreiden sofort. »Ich bin schon lange kein aktives Mitglied der USO mehr.«