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Nr. 89

– Im Auftrag der Menschheit Band 88 –

 

Kampf um die Psi-Bastion

 

Er jagt eine Mörderbande – und löst das Rätsel des Weltensterbens

 

von H. G. Ewers

 

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Auf Terra, den Welten des Solaren Imperiums und den Stützpunkten der United Stars Organisation schreibt man Ende Februar des Jahres 2842, das voller Gefahren und Überraschungen ist.

Seit dem Verschwinden Lordadmiral Atlans, der bei einem Alleingang entführt wurde und dessen Spur trotz fieberhafter Suche noch nicht entdeckt werden konnte, sind für viele Mitarbeiter der USO und ähnlicher Organisationen des Solaren Imperiums schwere Wochen angebrochen.

Nicht genug damit, dass die Agenten und Spezialisten die Galaxis nach dem verschwundenen Lordadmiral durchforschen – sie haben noch eine zweite Aufgabe zu erfüllen: Sie sollen eine Gefahr bannen, die allen Welten der Milchstraße droht.

Die Gefahr geht aus von dem so genannten »Suddenly-Effekt«, einem Phänomen, das die plötzliche Ablagerung riesiger planetarischer Trümmermassen auf anderen Himmelskörpern bewirkt.

Was die Unbekannten, die den Suddenly-Effekt verursachen, dabei für einen Zweck verfolgen, wird den Verantwortlichen der USO in zunehmendem Maße klar. Mit der Verfolgung einer neun Jahre alten Spur kommt Licht in das mysteriöse Dunkel, und es entbrennt der KAMPF UM DIE PSI-BASTION ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Baggo Arnvill – Der ehemalige Privatdetektiv jagt die Mörder seiner Frau.

Tregiro – Arnvills siebenjähriger Sohn.

S'Vangor-Bradd – Kommandant der ANVOY.

Atlan und Nuramy von Potrinet – Gefangene an Bord der ANVOY.

Leonid Nurejew – Offizieller Stellvertreter Lordadmirals Atlans.

Ronald Tekener – Geheimer Stellvertreter des Lordadmirals.

1.

 

Zufrieden betrachtete Baggo Arnvill die Flut goldgelber Körner, die die Erntemaschine in den Transportschweber spie. Der Kolyma-Weizen war in diesem Jahr besonders gut gediehen, und wahrscheinlich würde er für den Preis, den ihm das neu errichtete Industriekombinat dafür zahlte, endlich den größeren Fusionsgenerator für seinen Hof kaufen können.

Am jenseitigen Ende des Feldes hielt er die Erntemaschine an und schaltete die Automatik aus. Er ließ seinen Blick über das Schachbrett der Felder schweifen, über die Bewässerungskanäle und über die Weiden, auf denen die Dickfellrinder grasten. Am nördlichen Horizont ragten die plump wirkenden Bauten des Produktionskombinats empor. Daneben stand das grazil wirkende Stahlskelett der im Bau befindlichen Montagehalle für Fluggleiter.

Als Baggo vor neun Jahren mit Amjana nach Fee III gekommen war, hatte es noch keine Fabriken gegeben. Alle Maschinen und Geräte mussten für horrende Summen per Raumfracht von industrialisierten Planeten bezogen werden. Dazu brauchte man noch Glück, denn nicht immer waren die Händler bereit, die landwirtschaftlichen Produkte der Kolonisten in Zahlung zu nehmen.

Erst mit dem Aufbau des Produktionskombinats änderte sich die trostlose Lage allmählich. Maschinen und andere Gebrauchsgegenstände wurden zwar nicht billiger, sondern eher teurer produziert als auf hochindustrialisierten Welten, aber die Transportkosten entfielen, die bislang den größten Preisanteil innegehabt hatten. Kostete beispielsweise ein normaler Personengleiter ab Werk rund 16.000 Solar, so betrugen die Raumtransportkosten durchschnittlich 200 Millionen Solar, was den Erwerb eines solchen Fahrzeugs so gut wie unmöglich machte.

Die Kolonisten von Fee III hatten sich dadurch geholfen, dass sie Fahrzeuge und Maschinen aus dritter oder vierter Hand erwarben. Solche Industrieerzeugnisse hatten meist einen langen Weg hinter sich, der sie in Etappen von den Zivilisationszentren der Galaxis immer weiter hinaus in die weniger zivilisierten Bereiche geführt hatte. Dadurch waren Transportweg und auch Transportkosten der ganz letzten Etappe erheblich vermindert. Doch was dann auf Fee III ankam, waren annähernd schrottreife Fahrzeuge und Maschinen, die ständig Ausfälle hatten und in mühseliger Handarbeit repariert werden mussten.

Im Laufe der Jahre waren dadurch auf Fee III Handwerksbetriebe entstanden, deren Angehörige sich immer mehr auf bestimmte Gebiete spezialisierten. Die Entdeckung einer großen Erzlagerstätte in der Nähe der Siedlungszone hatte dann dazu geführt, dass die Besitzer der Werkstätten beschlossen, sich zusammenzutun und gemeinsam ein Industriekombinat zu errichten. Mit Hilfe aller übrigen Kolonisten war ihnen das auch gelungen. Nun arbeitete der erste Teil des geplanten Werkes mit einigem Gewinn. Die Beschäftigten aber betrieben keine Landwirtschaft mehr, waren also keine Selbstversorger. Sie mussten alles, was sie zum täglichen Leben brauchten, von den Farmern kaufen. Dadurch erhielten die Farmer Bargeld, und damit konnten sie wiederum Industrieerzeugnisse erwerben.

Natürlich war es nicht möglich gewesen, die Wirtschaft von Fee III länger auf dem terranischen Solar basieren zu lassen. Dazu war der Bestand an Solar zu gering, denn es gab ja nur wenig Export. Folglich gründete man die Staatsbank von Fee III und druckte eigenes Geld, den Fee-Solar.

Doch nicht nur Fee III hatte sich verändert, auch mit Baggo Arnvill war eine tiefgreifende Veränderung vorgegangen. Aus dem ehemaligen arroganten und verweichlichten Lebemann war ein hart arbeitender, robuster Kolonist geworden. Die Fettpolster an Baggos Körper waren verschwunden. Er wog deswegen aber nicht weniger, denn er hatte viel Muskeln angesetzt.

Arnvill stieg von seiner Erntemaschine und kletterte in den Transportschweber, der bis zum Rand mit Weizen gefüllt war. Mehr durfte er nicht laden, denn das Antigravaggregat arbeitete nur noch mit vierzig Prozent seiner Nennleistung. Da es außerdem in einer halben Stunde Mittagszeit war, konnte er den Weizen auch gleich zur Farm bringen und zu Mittag essen.

Baggo koppelte den Schweber los und wendete. Während er das Fahrzeug dicht über der Wasseroberfläche des nächsten Kanals in Richtung Farm steuerte, dachte er an Amjana und seinen siebenjährigen Sohn Tregiro.

Amjana, die Tochter seines alten Freundes Rojankowsky, war ihm in den neun Jahren ihres Lebens auf Fee III eine gute Frau gewesen. Er schätzte sich glücklich, sie gefunden zu haben. Vor sieben Jahren hatte sie ihm einen Sohn geboren, Tregiro, und er hatte sich gut entwickelt. Tregiro besuchte seit einem Jahr die Zentralschule der nächsten fünf Gemeinden und wurde, wie die übrigen Schüler auch, jeden Morgen von einem Sammelgleiter von zu Hause abgeholt und gegen Mittag zurückgebracht.

Unwillkürlich schob Baggo den Beschleunigungshebel weiter vor. Das altersschwache Triebwerk röhrte und stotterte, und der Gleiter schüttelte sich. Rasch zog Baggo den Beschleunigungshebel wieder ein Stück zurück, bis das Triebwerk halbwegs ruhig arbeitete. Er würde sich in den nächsten Tagen den Umwandler ansehen müssen. Vielleicht konnte er ihn provisorisch reparieren, so dass er noch ein Jahr durchhielt. Außer dem Fusionsgenerator für seine Farm konnte er sich in diesem Jahr nichts mehr leisten.

Als er den Schweber auf dem steingepflasterten Hof vor dem Speicher absetzte, steckte er zwei Finger in den Mund und pfiff. Dann stieg er aus und ging mit schweren, wiegenden Schritten auf das kleine Wohnhaus zu.

Er wunderte sich, dass ihm Tregiro nicht wie sonst entgegenkam. Deshalb warf er einen Blick auf den Chronographen, den er bei seiner Ankunft auf Fee III getragen hatte und der ihm noch immer gute Dienste leistete.

Eigentlich musste sein Sohn schon aus der Schule zurück sein. Aber vielleicht hatte der Sammelgleiter eine Panne.

Als er die Diele betrat, wunderte Baggo sich über die Unordnung, die hier herrschte. Es war nicht Amjanas Art, ihren Pelzanorak auf den Boden zu werfen, anstatt ihn auf den Haken an der Wand zu hängen.

Er öffnete die Tür zum Wohnraum – immer noch nur verwundert, aber nicht beunruhigt.

Im nächsten Moment erstarrte er.

Das Zimmer war verwüstet, die Felle von den Bänken gerissen, die Bilder auf den Boden geworfen, der Schrank ausgeräumt und der Inhalt über den Fußboden verstreut.

Baggo Arnvill eilte ein paar Schritte in Richtung Küche – und da sah er sie.

Amjana lag verrenkt hinter dem Steintisch und starrte mit gebrochenen Augen an die Decke. Sie war voller Blut, und die Wunde in ihrer linken Brust bewies, dass sie mit einem Vibratormesser getötet worden war.

Baggo kniete neben ihr nieder, dann brach der Schmerz mit aller Gewalt über ihn herein. Er warf sich auf Amjana, fuhr schluchzend mit den Händen über ihr Gesicht und ihr Haar und stammelte zwischendurch Worte ohne jeden Sinn.

Es dauerte eine Weile, bis er wieder zu halbwegs klarem Denken fähig war. Vor allem aber der Gedanke an seinen Sohn brachte ihn zur Vernunft. Er glaubte nicht mehr an eine Panne des Sammelgleiters, sondern nahm an, dass Tregiro entweder ebenfalls tot oder verschleppt worden war.

Das Blut aus Amjanas Wunde war zu einer gelatinösen Masse erstarrt, so dass sie vor fünf bis acht Minuten gestorben sein musste. Zu dieser Zeit war Tregiro sicher schon zu Hause gewesen.

Baggo durchsuchte die übrigen drei Räume des Hauses sowie den Keller. Tregiro war nicht da. Blieb noch eine kleine Hoffnung, dass der Sammelgleiter heute tatsächlich eine Panne hatte und erst später eintraf.

Er eilte ins Wohnzimmer zurück. Alles in ihm krampfte sich bei Amjanas Anblick zusammen. Baggos Augen wurden dunkel vor Schmerz und ohnmächtigem Zorn. Dennoch sah er diesmal das Stück einer Folie, die aus Amjanas verkrampfter rechter Hand ragte. So behutsam wie möglich bog er die Finger auseinander und nahm die Folie an sich.

Die Nachricht war mit einem CO2-Laserstift geschrieben und lautete: »Der Graue vergisst nie etwas – oder glaubtest du, auf Fee III sicher vor ihm zu sein, Arnvill? Er hat dich gestraft, doch du bist ihm noch etwas schuldig. Wenn du deinen Sohn lebend wiedersehen willst, musst du sofort zur Hamay-Schlucht kommen.«

Baggo starrte die Schrift an, dann knüllte er die Folie zusammen und warf sie auf den Boden. Er stürzte zu seinem Waffenschrank, nahm den Intervallnadler heraus, den er dort seit neun Jahren unbenutzt verwahrte, und überprüfte die Ladung des Energiemagazins. In seine Augen trat ein wölfisches Funkeln. Er knirschte mit den Zähnen.

»Ich werde dich finden und töten, wo immer du dich auch verkriechen magst!«, flüsterte er.

Aber auf dem Weg nach draußen besann er sich anders.

Die Mörder Amjanas hatten Tregiro in ihrer Gewalt. Wenn sie sich bedroht fühlten, brachten sie womöglich den Jungen um.

Er musste die Ausführung seiner Rache verschieben, aber er schwor sich, dass er sie bei der ersten günstigen Gelegenheit durchführen würde.

Baggo Arnvill legte die Waffe in den Schrank zurück und ging wie ein Schlafwandler zu seinem Transportschweber, dessen Laderaum noch immer mit dem Weizen gefüllt war. Der Siedler achtete gar nicht darauf, sondern setzte sich hinter die Steuerung und startete.

Seine Gedanken waren ein wirres Gemisch von Erinnerungen an die schönen und auch schweren Zeiten, die Amjana und er gemeinsam genossen und durchgestanden hatten, von Selbstvorwürfen, weil er nicht mehr mit dem »Grauen« gerechnet hatte und von stummen Wüten gegen die Mörder seiner Frau.

Die Hamay-Schlucht lag hundertzwanzig Kilometer südlich des Dorfes Colchana, zu dem Baggos Anwesen gehörte. Sie hatte ihren Namen nach dem privaten Scout erhalten, der Fee III entdeckt und mit seinem Raumschiff in der Schlucht notgelandet war. Hagar Hamay war dabei verletzt worden, doch er hatte überlebt. Nach sieben Monaten war es ihm gelungen, den Hyperkom seines Schiffes zu reparieren und weitere acht Monate später einen terranischen Explorer zu erreichen, der sich auf dem Rückflug von der Kleinen Magellanschen Wolke zum Solsystem befand. Die Explorerbesatzung hatte Hamay gerettet, und der Weltraumscout hatte seine Rechte an Fee III später an eine Gruppe von Männern und Frauen verkauft, die einen entlegenen Planeten zum Besiedeln suchten.

Aber daran dachte Baggo Arnvill nicht, als er in gerader Linie zur Hamay-Schlucht fuhr. In der Ferne tauchte ein anderer Transportgleiter auf. Der Fahrer suchte offenbar ein Gespräch mit Baggo, denn der Telekommelder summte anhaltend.

Als Baggo die Schlucht erreichte, konnte er keine Spur der Mörder sehen. Allerdings war die Schlucht fünf Kilometer lang, und es gab in ihren Wänden zahlreiche große Höhlen, in denen sich Menschen verbergen konnten.

Baggo fuhr langsamer und sah sich aufmerksam um. Es gelang ihm, seine Rachegefühle zugunsten kalter Überlegung zu unterdrücken. Er wusste, dass der kleinste Fehler von ihm das Leben seines Sohnes kosten konnte, und Tregiro war nach Amjanas Tod alles, was ihm noch lebenswert erschien. Er durfte nicht sterben.

Er hatte ungefähr drei Kilometer in der Hamay-Schlucht zurückgelegt, als links von ihm ein Mann aus einer Höhle ins Freie trat. Der Mann trug einen Raumanzug und hatte den kugelförmigen Klarsichthelm wegen der dünnen Planetenatmosphäre geschlossen.

Baggo steuerte auf den Mann zu und musste dabei den Impuls unterdrücken, ihn mit voller Beschleunigung über den Haufen zu fahren. Dicht vor ihm hielt er an. Seine Hände verkrampften sich um die Kante des Steuerpultes.

Der Mann hielt einen Impulsstrahler schussbereit in der Hand. Er beobachtete Arnvill sehr aufmerksam, und das unstete Flackern in seinen Augen bewies, dass er Angst hatte.

»Wo ist mein Sohn?«, stieß Baggo rau hervor.

Der andere hörte ihn über das Mikrophonsystem seines Helmes und antwortete über das Lautsprechersystem:

»Es geht ihm gut, und ihm wird solange nichts geschehen, wie du vernünftig bleibst, Arnvill. Steig aus!«

Baggo gehorchte.

»Warum habt ihr meine Frau ermordet?«, fragte er. »Amjana hatte niemandem etwas getan und war keine Gefahr für euch.«

»Der ›Graue‹ hatte es befohlen«, antwortete der Mann. Er winkte mit dem Impulsstrahler. »Du gehst voraus!«

»Wohin?«, erkundigte sich Baggo.

»Du wirst schon sehen, wohin«, erklärte der Mann. »Vorwärts!«

Es blieb Baggo Arnvill auch diesmal nichts weiter übrig, als zu gehorchen. Er ging vor dem Verbrecher her und sah nach etwa fünfhundert Metern die Space-Jet, die in der größten Höhle der Hamay-Schlucht stand. Ihre Bodenschleuse war offen.

»Dort hinein!«, befahl der Verbrecher.

In der Bodenschleuse tauchte ein weiterer Mann auf. Auch er trug einen Raumanzug und hielt einen Impulsstrahler auf Arnvill gerichtet.

»Keine Unbesonnenheiten, Arnvill!«, warnte er. »Wir schießen bei der geringsten verdächtigen Bewegung.«

Baggo ging nicht darauf ein, sondern fragte noch einmal nach seinem Sohn.

»Er ist an Bord und gut untergebracht«, lautete die Antwort. »Du wirst ihn zu sehen bekommen, wenn der ›Graue‹ es erlaubt.«

Er ging rückwärts vor Baggo her und führte ihn in die Steuerkanzel des Diskusschiffes. Der Verbrecher, der draußen gewartet hatte, folgte ihm. Er hatte unterdessen den Impulsstrahler gegen einen Paralysator ausgetauscht.

In der Steuerkanzel saßen weitere zwei Männer. Sie musterten Arnvill schweigend, sagten aber nichts. Baggo sah, dass sie als Pilot und Navigator fungierten.

»Setz dich in den Reservesessel!«, befahl der Mann, der Baggo in der Schleuse erwartet hatte.

Kaum saß Arnvill, da drückte der Verbrecher auf den Auslöser für die Anschnallgurte. Die Gurte schnellten aus den Schlitzen in den Seitenteilen des Sessels und legten sich fest um Arnvill. Damit war er allerdings nicht gefesselt, denn er brauchte nur auf das Sammelschloss vor seinem Leib zu drücken, und die Gurte würden sich öffnen.

Er fragte sich noch, wie die Verbrecher sich während des Starts gegen Aktivitäten von seiner Seite aus schützen wollten, da wurde ihm etwas metallisch Kaltes in den Nacken gedrückt. Das charakteristische Zischen einer Injektionspistole ertönte. Kurz darauf merkte Baggo, wie etwas eiskalt durch seine Adern rann. Gleichzeitig kam eine leichte Übelkeit auf, die jedoch bald wieder abklang.

Baggo Arnvill kannte die Symptome.

Die Verbrecher hatten ihm Statosil injiziert, ein Mittel, das einen Menschen innerhalb weniger Sekunden lähmte. Die Wirkung war ähnlich der eines Paralysatorschusses, nur beruhte sie auf einer chemischen Substanz, die zu der Zeit, als Baggo auf der USO-Akademie gewesen war, zum Repertoire der meisten galaktischen Verbrechersyndikate gehört hatte.

Aus diesem Grund waren alle Absolventen der USO-Akademie dagegen immunisiert worden. Das musste sich inzwischen in Verbrecherkreisen herumgesprochen haben, und mit großer Wahrscheinlichkeit setzte niemand mehr Statosil gegen einen USO-Spezialisten ein.

Folglich wusste der »Graue« immer noch nicht, dass Baggo Arnvill ein Spezialist der USO war, sonst hätte er die Verwendung einer anderen Droge angeordnet.

Baggo bemühte sich, die Symptome einer totalen Lähmung des Bewegungssystems vorzutäuschen. Dazu gehörte, dass er die Augen nicht bewegte. Er blickte starr geradeaus, auch als einer der Verbrecher ihm etwas seitlich des Kopfes hinhielt und ihn aufforderte, sich »das Bild« anzusehen.

»Alles in Ordnung«, erklärte der Verbrecher schließlich seinen Komplizen. »Er wird uns keine Schwierigkeiten machen. Wir können starten, Bilba.« Der Pilot hieß also Bilba.

Kurz darauf sprangen die Triebwerke an. Die Space-Jet hob ab und bewegte sich im Horizontalflug aus der Höhle hinaus. Draußen, über dem felsigen Boden der Hamay-Schlucht, schaltete der Pilot die Impulstriebwerke höher. Mit ohrenbetäubendem Dröhnen stieg die Space-Jet steil in die dünne Luft von Fee III ...

 

*

 

Baggo Arnvill wartete auf seine Gelegenheit.

Sie kam, als die Space-Jet in den Linearraum eintrat und der Pilot den vorprogrammierten Autopiloten einschaltete.

Einer der Verbrecher stellte sich vor Arnvill, stütze sich mit den Händen auf die Armlehnen des Kontursessels und grinste den Kolonisten an.

»Ich weiß, dass Sie mich trotz der Lähmung sehen und hören können, Arnvill«, erklärte er. »Wir werden zwei Tage unterwegs sein, und alle sechs Stunden wird die Injektion wiederholt. Sie brauchen sich also keinen Hoffnungen hinzugeben, uns etwa überwältigen zu können. Wir haben gut vorgesorgt.«

Baggo blickte weiter starr geradeaus. In seinem Gesicht zuckte kein Muskel. Doch allmählich fiel es ihm schwer, völlige Bewegungslosigkeit vorzutäuschen. Vor allem musste er sich darauf konzentrieren, nicht mit den Lidern zu zucken.

»Wir haben Befehl«, fuhr der Verbrecher fort, »dich nach Formar, dem einzigen Planeten des Xo-Xa-Systems zu bringen. Dort werden wir warten, bis der ›Graue‹ erscheint. Was er von dir will, wird er dir selber sagen, Arnvill. Ich kann dir nur raten, alles zu tun, was er von dir verlangt.«

Baggo fand, dass er lange genug gewartet hatte. Der Verbrecher stand so vor ihm, dass er mühelos dessen Impulsstrahler erreichen konnte, wenn er die Hand ausstreckte. Es wäre ihm zwar lieber gewesen, wenn er an einen Paralysator herangekommen wäre, doch der andere Gürtelhalfter für die Lähmwaffe war leer.

Als der Verbrecher die Armmuskeln anspannte, um sich von den Seitenlehnen des Kontursessels abzustoßen, handelte Arnvill.

Mit einer Hand zog er den Impulsstrahler aus der Gürtelhalfter des Mannes, mit der anderen schlug er auf das Sammelschloss der Anschnallgurte.

Bevor der Verbrecher reagieren konnte, war er bereits tot.

Baggo stieß seinen Körper von sich und ließ sich aus dem Kontursessel fallen. Sein zweiter Schuss traf den Mann, der ihn in der Schlucht erwartet hatte. Er hielt schon seinen Impulsstrahler in der Hand, kam aber nicht mehr zum Schuss.

Der Pilot und der Navigator verzichteten auf Gegenwehr; sie hoben die Hände. Ihre Gesichter waren kalkweiß.