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Nr. 67

 

Krieg der Hexen

 

von Paul Wolf

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt

Mythor, der Sohn des Kometen, hat in der relativ kurzen Zeit, da er für die Sache der Lichtwelt kämpfte, bereits Großes vollbracht. Nun aber hat der junge Held Gorgan, die nördliche Hälfte der Welt, durch das Tor zum Anderswo verlassen.

Anderswo – das ist Vanga, die von den Frauen regierte Südhälfte der Lichtwelt, die lebend zu erreichen den wenigsten Reisenden vergönnt ist.

Mythor hat es jedenfalls mit Hilfe von Zahda, der Zaubermutter, geschafft. Er ist unversehrt nach Vanga gelangt, wo er schon von der ersten Stunde seines Hierseins an in gefährliche Geschehnisse verstrickt wird.

Gegenwärtig hält sich Mythor mit seinen Gefährten auf der Insel Gavanque auf, die sich schnell genug als heißer Boden herausstellt, da die meisten Hexen und Amazonen der Zaubermutter Zaem die Neuankömmlinge als Diener der Dunkelmächte ansehen, die es zu jagen gilt.

Doch der Sohn des Kometen und seine so verschiedenartigen Begleiter überstehen selbst die Schrecken der Katakomben von Acron und gelangen schließlich in einen paradiesischen Garten, in dem tiefster Friede zu herrschen scheint.

Aber dieser Zaubergarten birgt auch Gefahren, denn in ihm und um ihn herum tobt der KRIEG DER HEXEN ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Mythor – Der Sohn des Kometen zwischen den Fronten des Hexenkriegs.

Scida, Gerrek und Lankohr – Mythors Gefährten.

Vone – Eine Kampfhexe der Zaem.

Weskina – Eine von Vones Amazonen.

Isgrin – Gärtnerin in Ambes Zaubergarten.

Arre – Eine Wünschelgängerin.

1.

 

Die Hexe Gaidel war nicht mehr ...

Gaidel – die Hüterin der Katakomben von Acron; Trägerin des weißen Mantels und auf dem besten Wege, in die Farben des Regenbogens zu schlüpfen. Gaidel, einst die größte Hoffnung der Zaubermutter Zaem im Krieg der Hexen; mächtige Zauberin und ewige Forscherin, Schöpferin von abstrusen und furchteinflößenden Wesen wie dem vielköpfigen Orcht; seit acht Monden in einem bedrohlichen Albtraum gefangen, den sie auf ihre Umgebung abstrahlte und den die Traumtänzerinnen und die Traumwandler abzufangen versuchten.

Gaidel – ein tragisches Schicksal. Sie würde nie mehr in der Lage sein, einen Regenbogen zu erschaffen.

Denn Gaidel weilte nicht mehr unter den Lebenden.

Und damit schien der langwierige und aufreibende Krieg der Hexen beendet zu sein.

Vone hatte aus der Ferne die Geschehnisse beobachtet und Gaidels Niedergang und Ableben ohnmächtig mitansehen müssen. Sie hatte miterlebt, wie die Albträume für einige dramatische Momente frei geworden waren, bevor ein anderes Lebewesen sie in sich aufgenommen hatte – ein vierarmiges Geschöpf mit Namen Yacub hatte nun die Last von Gaidels Albträumen zu tragen. In die Katakomben kehrte die Ruhe nach dem Sturm ein. Das Chaos ebbte ab, die Panik legte sich. Zurück blieben Verwirrung und Zerstörung, und eine große Niedergeschlagenheit und Enttäuschung breiteten sich aus.

Vone war, neben Cele und Niez, die dritte Hexe, die im Grenzgebiet der Insel Gavanque im Auftrag ihrer Zaubermutter Zaem und an Gaidels Seite gegen deren Widersacherin Ambe kämpfte. Es war ein vergleichsweise unblutiger Krieg, der nicht mit dem Schwert, sondern mit dem Zauberstab, mit den Kräften der Magie, geführt wurde. Und es war ein einigermaßen ausgeglichenes Kräftemessen gewesen, in dem einmal Ambe und dann wieder Gaidel Vorteile für sich zu verzeichnen hatten. Nicht mehr lange, dann wäre der Krieg als unentschieden abgebrochen worden und Fronja, die Tochter des Kometen, hätte eine Entscheidung treffen müssen.

Egal, wie Fronjas Entscheidung ausgefallen wäre, sie war durch Gaidels tragischen Tod nicht mehr nötig.

Für Vone, die die Geschehnisse in den Katakomben von Acron aus der Sicherheit ihres Haines beobachtet hatte, war nicht ganz klar, wie es zu dieser eindeutigen Niederlage hatte kommen können. Ambes Werk war es gewiss nicht, denn diese Hexe war eine Botschafterin der Liebe und des Friedens und würde eine Gegnerin nicht töten.

Erst nach und nach wurden die Hintergründe für Vone durchschaubar. Ihre Mitstreiterin Niez ließ sie wissen, dass der vierarmige Yacubus eine dämonische Bestie war und letztlich Gaidel auf dem Gewissen hatte. Niez' Botschaft endete mit den Worten:

»Gaidel war als Köder für diese Bestie gedacht. Und es bestand der Plan, Gaidels Albträume auf Yacub zu übertragen und sie auf diese Weise zu heilen. Die Absicht war gut, doch Gaidel war zu schwach, um diese Belastung zu ertragen.«

»Und soll nun unser langjähriger Kampf umsonst gewesen sein?«, schickte Vone ihre verzweifelte Frage an ihre Hexenschwestern. Sie kannte die Antwort – und doch, eine kleine Hoffnung wollte sie sich bewahren. »Es besteht immer noch die Möglichkeit, dass unsere Zaubermutter eine Nachfolgerin für Gaidel bestimmt. Schließlich war Ambe auch nicht von Anfang die Auserwählte, sondern war bloß an Pryscas Stelle getreten. Zaem könnte eine von uns ...«

»Schlage dir solche Phantastereien aus dem Kopf, Schwester«, meldete sich Cele. »Unsere Zaubermutter selbst hat Gaidels Schicksal bestimmt. Zaem ist persönlich zu den Katakomben von Acron gekommen und hat Gaidel als Köder für die Bestie auserkoren. Einen deutlicheren Beweis, dass sie Gaidel längst abgeschrieben hatte und den Krieg der Hexen verloren gab, brauchen wir wohl nicht.«

»Zaem hat aufgegeben?«

Vone wollte es nicht glauben. Ihre Zaubermutter, die kämpferischste aller Zaubermütter, sollte die Waffen gestreckt haben?

»Das kann nicht wahr sein«, sagte Vone. »Ich muss Zaem anrufen, um von ihr selbst zu hören, was dahintersteckt.«

Niez und Cele unterstützten sie nach Kräften, aber Zaem blieb für ihre Rufe unerreichbar. Hoffnungslosigkeit und Enttäuschung übermannten Vone. Sie zog sich vor ihren Hexen zurück und kapselte sich ab. Ihre Amazone Weskina, die bei ihr vorsprach, wissen wollte, was außerhalb von Trittorhain passiert war, wies sie kommentarlos ab.

Aber Weskina, eine heißblütige Kämpferin, die es nicht verkraftete, die meiste Zeit in Trittorhain eingeschlossen zu sein, wollte sich nicht so ohne weiteres abweisen lassen. Sie kreuzte ihre beiden Klingen vor Vone, hielt die Schwertgriffe in unterdrücktem Zorn so fest, dass sie zitterte und das aneinanderklirrende Eisen ein singendes Geräusch von sich gab.

»Ich habe ein Recht darauf, zu erfahren, was draußen passiert«, rief die einäugige Amazone. »Meine Kriegerinnen und ich müssen erfahren, ob Gefahr droht, damit wir uns auf den Kampf vorbereiten können, was wird hier eigentlich gespielt?«

Vone gab keine Antwort, sie war ihrer Amazone keine Rechenschaft schuldig.

»Geh, bevor du meinen Unmut erregst und ich dein eines Auge blende«, sagte die Hexe.

Weskina bebte nun vor Wut, doch schickte sie sich an, Vones Befehl zu gehorchen. Da traf ihre Kampfhexe Gurba ein.

»Ich wollte nicht gestört werden«, sagte Vone streng.

»Es kostete mich Überwindung, dein Verbot zu missachten«, sagte Gurba. »Doch ich bringe schlimme Nachricht. Von allen Seiten dringen Ambes Liebesranken auf dein Land vor und verwandeln es in einen Garten des Friedens. Für jede Pflanze, die wir austilgen, wachsen zehn neue nach. Was sollen wir tun? Fliehen oder ...?«

»Wir harren einstweilen aus«, beschloss Vone. »Ich muss mich noch mit Niez und Cele beraten, und vielleicht ...«

... vielleicht erreichen wir doch noch unsere Zaubermutter und bekommen neue Befehle, vollendete sie in Gedanken. Laut fügte sie hinzu:

»Wir harren aus und tarnen uns, so gut es geht. Ambe darf Trittorhain nicht entdecken. Sie war in der Vergangenheit schon oftmals nahe daran, uns auszuheben, aber bislang ist es ihr noch nicht gelungen. Wir werden es auch jetzt verhindern.«

»Pah!«, rief Weskina abfällig aus. »Was ist das für ein Krieg, in dem man dem Kampf ausweicht? Ich kann es mit meiner Ehre nicht länger vereinbaren, mich dauernd zu verstecken.«

»Du bist mit deinen Kriegerinnen zu unserem Schutz da, Weskina, und für sonst nichts«, sagte Vone.

Weskina schüttelte verständnislos den Kopf. Gleich darauf straffte sie sich und blickte die Hexe mit ihrem einen Auge herausfordernd an.

»Dieser Pflicht bin ich immer nachgekommen«, sagte sie. »Und ich habe nur selten über die Stränge geschlagen oder Taten gesetzt, die über meine Aufgabe hinausgehen, obwohl es gegen meine Natur ist, tatenlos dem Treiben eines Feindes zuzusehen. Ich habe dich kaum je um etwas gebeten. Aber jetzt verlange ich, dass du mich und meine Kriegerinnen gegen Ambe ziehen lässt.«

»Das kann ich dir nicht gewähren, Weskina«, sagte Vone knapp.

»Bei meiner Seele«, rief Weskina und streckte das längere Schwert in die Höhe, »ich verspreche dir, dass wir Ambes Pflanzen mit Stumpf und Stiel vertilgen werden. Dann können deine Hexen wieder ihre magischen Muster über das Land weben und es für dich zurückerobern. Gib uns den Kampf, Vone!«

»Kein Kampf mehr.«

»Und deine Begründung?«

Vone sah ihre Amazone bedauernd an, Mitleid für die enttäuschte Kriegerin sprach aus ihrem Blick. Sie schwieg lange, bevor sie sagte:

»Der Krieg der Hexen ist beendet. Ambe hat ihn für sich entschieden.«

Mit einem heiseren Wutschrei wirbelte die einäugige Amazone herum und stürzte davon. Nachdem ihre Schritte verhallt waren, herrschte eine Weile niedergedrücktes Schweigen. Es war die Kampfhexe Gurba, die es schließlich brach.

»Wenn der Krieg für Zaem verloren ist, warum ergeben wir uns dann nicht Ambe?«, fragte sie. »Wozu überhaupt noch tarnen und verstecken?«

»Ich warte noch auf die Bestätigung unserer Zaubermutter«, erwiderte Vone. »Erst wenn sie es befiehlt, werde ich mich Ambe ausliefern, nicht eher. Und jetzt lass mich allein, Gurba.«

Nachdem die Kampfhexe ebenfalls gegangen war, rief Vone ihre Hexenschwestern Niez und Cele an, die wie sie im zehnten Rang standen und den gelben Mantel trugen, und gemeinsam versuchten sie, bei ihrer Zaubermutter Zaem Gehör zu finden.

Und Zaem erhörte sie.

 

*

 

»Tretet ein in meinen Garten des Friedens. Dies ist eine Welt der Liebe, in der das Schöne und Gute herrscht, wo kein Platz für mindere Gefühle ist und das Schlechte sich selbst vertilgt. Willkommen Freunde – in meiner Welt ist jeder jedermanns Freund.«

Diese Botschaft, mit sanfter, einschmeichelnder Frauenstimme gesprochen, wiederholte sich einige Male in stets leicht abgewandelter Form.

Mythors innerer Aufruhr legte sich allmählich, er begann sich leichter und ausgeglichener zu fühlen.

»Wer spricht hier?«, rief Scida und blickte sich misstrauisch um. Sie hatte die Hände überkreuzt auf die Griffe ihrer beiden Schwerter gelegt, aber sie ließ sie in den Scheiden.

»Es kann nur Ambe sein«, erklärte der Aase Lankohr mit tiefer, männlicher Stimme, die so gar nicht zu seiner Erscheinung passte.

Es war noch nicht lange her, dass sie aus den Katakomben von Acron gelangt waren – und sich in diesem Prachtgarten wiedergefunden hatten. Die plötzliche Umstellung war ihnen allen schwergefallen. Denn gerade noch hatten sie sich in dem steinernen Labyrinth befunden, waren herumgeirrt, der Verfolgung ausgesetzt gewesen und hatten die Auswirkungen von Gaidels Albtraum zu spüren bekommen. Und kaum im Freien angelangt, zeigte sich ihnen eine fremde, unbekannte Landschaft wie aus einem anderen Traum, und eine wohlklingende Frauenstimme hieß sie willkommen.

Mythor war unfähig, sich auf diesen abrupten Wechsel einzustellen, er war eine ganze Weile wie benommen. Zu stark stand er noch unter dem Eindruck der vorangegangenen Erlebnisse.

Durch das Blütenmeer hindurch sah er immer wieder den ausgemergelten Körper der Gaidel in der Totenhalle von Acron schweben und die seltsame Ansammlung von Gegenständen um sie kreisen und rotieren ... Umgeben von Traumtänzerinnen mit ihren seltsamen blicklosen Augen und den zuckenden und stöhnenden Traumwandlern, unter denen sich auch seine Freunde Gerrek, Scida und Lankohr befanden ... Und dann durchbrach das Bild ein vierarmiger Schatten, zerstörte die unwirkliche Ordnung und brachte das Chaos über die Katakomben ... Gaidels Albtraum wurde frei, entließ Mythors Freunde aus seinem Bann, und in dem allgemeinen Durcheinander gelang ihnen die Flucht ...

Der Blütenduft rief Mythor in die Wirklichkeit zurück. Doch, war dieser Garten des Friedens Wirklichkeit? Egal, es war die Gegenwart. Was in den Katakomben passiert war, gehörte der Vergangenheit an.

»... Hier ist Schatten nicht gefährliches Dunkel, sondern er labt und kühlt ...«

»Nein!«, sagte Mythor laut, um sich der Verführung der einschmeichelnden Stimme zu widersetzen. Er durfte sich nicht blenden lassen, musste seinen Geist wach halten, um sich der im Hintergrund drohenden Gefahr bewusst zu bleiben.

Es gelang ihm, und da hörte er wieder die andere Stimme, die einen harten Klang hatte und etwas so Ungeheuerliches sagte, dass Mythor es kaum fassen konnte. Diese Stimme, die nur einer überaus einflussreichen Hexe gehören konnte, fällte das Todesurteil über Fronja, die Tochter des Kometen.

Die Gefahr ist viel schrecklicher, als ich geahnt habe. Fronja ist nicht mehr zu helfen. Wir müssen sie töten, um unsere Welt zu retten.

So oder so ähnlich hatte die Unbekannte zu der Amazone Burra gesprochen. An den genauen Wortlaut entsann sich Mythor nicht mehr, aber es zählte auch nur die Aussage:

Fronja sollte getötet werden!

Für ihn war die Tochter des Kometen mehr als nur die Schutzherrin der Hexenwelt, nicht nur die erste Frau eines Amazonenvolks. Sie war die Frau seiner Träume, sein Leitbild seit über einem Jahr – seit er von dem Barbaren Nottr ihr Bildnis bekommen hatte, suchte er nach ihr, beherrschte sie sein Denken und Handeln. Und nun war er ihr so nahe wie nie zuvor und musste erfahren, dass ihr Leben von jenen bedroht wurde, deren Göttin sie war.

»Wir müssen zu Ambe!«, erklärte er seinen Gefährten. »Wir müssen schnellstens zu ihr, um von der Gefahr zu berichten, in der Fronja schwebt.«

»Dies hier ist Ambes Zaubergarten«, erklärte Lankohr und breitete seine Arme aus. »Ambe ist hier überall. Es kann gar nicht anders sein. Hörst du ihre Stimme?«

»... Lasst Frieden und Ruhe in eure Herzen einkehren. Glaubt mir, mit Liebe und Güte erreicht ihr mehr ...«

Die Stimme schien von überall zu kommen. Sie war wie das Wispern des Windes, schien durch das Rascheln der Blätter in den Bäumen gebildet zu werden, durch das Reiben der Rispen und Halme und dem Fächern der Farnwedel ...

»Wenn du Ambe bist, dann zeige dich!«, rief Mythor. »Ich habe mit dir zu reden. Fronjas Leben ist bedroht!«

Die Antwort blieb aus.

In seinem Ärger zog Mythor das Gläserne Schwert und hieb mit einem Streich eine Reihe von Blumenköpfen ab. Die Stängel ringelten sich ein, zogen sich in den Boden zurück. Die abgeschlagenen Blumen welkten rasend schnell, nährten mit ihrem Staub den Boden und ließen aus sich neue Blumen sprießen.

»Mythor!«, rügte Scida mit strenger Stimme. »Lass dich nicht gehen. Es wird sich alles fügen.«

»Nicht von alleine«, sagte Mythor. »Wir müssen handeln!«

»Sei kein Narr, Mythor!«, schalt ihn Scida. »Du solltest dein Ungestüm zügeln. Lass den Zauber von Ambes Garten auf dich wirken, er wird dich befrieden.«

»Genau das will ich verhindern«, erwiderte Mythor heftig. »Ich will meinen Geist wach halten und mich nicht einschläfern lassen.«

Aber mit der Zeit beruhigte sich Mythor.

Es mochte an den berauschenden Düften liegen, am besänftigenden Klang Ambes Stimme oder an der bunten Vielfalt und Schönheit der exotischen Gewächse, vielleicht aber auch am Zusammenwirken all dieser Eindrücke, dass sich der Aufruhr in seinem Innern legte.

Nicht dass er die selbstgestellte Aufgabe, Fronja zu helfen, vergaß. Es drängte ihn nur nicht mehr zur Eile. Er sah ein, dass man nichts überstürzen durfte. Die Gefahr, in der die Tochter des Kometen schwebte, erschien ihm auf einmal nicht mehr so unmittelbar.

»Wir müssen alles tun, um Fronja zu retten«, sagte Mythor. Aber er sagte es nicht mehr mit solchem Nachdruck wie wenige Augenblicke zuvor.

»Was ist eigentlich passiert?«, fragte Scida sinnend. »Wurden wir in Ambes Gebiet verschlagen? Oder befinden wir uns noch in der Umgebung der Katakomben von Acron? Und haben nur Ambes Zauberblumen das Ruinenfeld überwuchert? Weißt du Antwort auf diese Fragen, Lankohr?«

Der kleine Aase schnitt eine Grimasse.

»Es mag sein, dass wir durch Zauberei an einen weiter entfernten Ort verschlagen wurden. Das können wir von Ambe erfahren. Aber ganz sicher ist auch, dass Ambe ihren Einflussbereich vergrößert hat. Als Gaidel starb und ihre Albträume erloschen, da gewann Ambe offenbar die Oberhand. Sie wird diesen Vorteil dazu genützt haben, um weitere Gebiete ihrer Gegnerin zu erobern. Ich vermute, dass wir uns bereits im früheren Einflussbereich von Niez oder Vone befinden. Aber vor diesen Hexen sind wir vorerst sicher, denn jetzt herrscht hier Ambe.«

»Welche Folgen könnte Gaidels Tod haben?«, fragte Mythor.

»Vielleicht bedeutet er das Ende des Hexenkriegs«, antwortete Lankohr. »Aber das hängt von Zaem ab. Es kommt darauf an, was ihr besser in den Kram passt, Waffenstillstand oder Weiterführung des Kampfes.«

»Kampf!«, sagte Mythor mit Nachdruck. »Wir müssen kämpfen, um Fronja vor einem schlimmen Schicksal zu bewahren. Freunde, wehrt euch gegen die unnatürliche Glücksstimmung, die uns in diesem Zaubergarten aufgezwungen wird.«

»Friede mit euch«, flüsterte die sanfte Stimme von überall. »Empfängt die Sendungen der Liebe und werdet glücklich ...«

Mythor hätte sich am liebsten die Ohren zugehalten, aber die Stimme lähmte ihn.

»Gerrek!«, rief Scida den Beuteldrachen an. »Träumst du?«