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Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Nr. 1691

 

Das Schöpfungsprogramm

 

Ihr Ziel ist neues Leben – und sie kennen kein Pardon

 

von Arndt Ellmer

 

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Die seltsamen Mitbringsel der Terraner geben nach der Expedition an die Große Leere einige Rätsel auf: 20 spindelförmige Objekte wurden unter mysteriösen Umständen geborgen, dazu 20 Segmente. Perry Rhodan und seine Freunde nehmen aufgrund ihrer Erkenntnisse an, dass Spindeln und Segmente in einem direkten Bezug zu jener gigantischen Gefahr stehen, die vor zwei Millionen Jahren im Bereich der Großen Leere aktiv war und offensichtlich heute noch irgendwo im Hintergrund lauert – gefährlich auch für die Menschheitsgalaxis.

Mittlerweile entstanden bei den ersten Experimenten aus Spindel und Segment eigenständige Wesen: eines nach dem Vorbild der Haluter, sechs weitere nach terranischem Ebenbild. Diese Spindelwesen verfügen über bewundernswerte Intelligenz und unglaubliche Körperkräfte, sie scheinen zudem von ungebremster Neugierde erfüllt zu sein. Obwohl die Spindelwesen ihren Vorbildern absolut ähneln, fühlen sie sich sehr eigenständig, nicht als Terraner oder Haluter.

Und sie beginnen in immer stärkerem Maße, ihre eigenen Pläne zu entwickeln und durchzusetzen. Das zeigt sich bei den Aktionen arkonidischer Großmacht-Fanatiker, in deren Verlauf zwei Spindelwesen gefangen genommen werden, und das zeigt sich erst recht beim Sturmlauf der Spindelwesen in der Forschungsfestung Titan.

Zur weiteren Verwirklichung ihrer Ziele stehlen die Wesen alle noch greifbaren Spindeln und Segmente und starten DAS SCHÖPFUNGSPROGRAMM ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Icho Tolot – Der Haluter ist auf der Spur der Spindelwesen.

Pheranthen – Ein schweigsamer Arkonide.

Eins – Ein Pseudo-Haluter in Nöten.

Calac Zyitan – Wagemutiger Kommandant eines Blues-Handelsschiffes.

Atlan – Der unsterbliche Arkonide entwickelt schlechte Laune.

1.

 

»Achtung, die Zwischenwände materialisieren! Die üblichen Sicherheitsabstände zu den Projektionsbereichen sind einzuhalten. Vorsicht, die Programmstufen Delta und Epsilon bauen sich auf.«

Eine schrille Sirene erklang, dann gingen im hinteren Teil der grell erleuchteten Kaverne die Scheinwerfer aus. Dort, wo bis soeben noch ruhiges und gleichmäßiges Licht geherrscht hatte, zuckten Blitze nach oben und unten, exakt senkrecht und von den Syntrons bis auf den Millionstel Bruchteil einer Sekunde berechnet. Eine Wand aus Strahlen – ähnlich einer Wasserkaskade – bildete sich und dunkelte innerhalb von zwanzig Sekunden zu einer festen, makellosen Masse ab. Die beiden Männer an ihren Terminals starrten auf das graue Gebilde, das die Kaverne nun in zwei Hälften teilte.

Augenblicke später setzte sich der Prozess fort. Zwischenwände und erste Trennböden entstanden, dann formte sich mitten in dem noch freien Raum der runde Schacht eines Antigravs. Anhand der in die Röhre integrierten Öffnungen ließ sich exakt die Zahl der späteren Etagen und Einstiege bestimmen.

Roboterkolonnen kamen von links und rechts und nahmen unter den erhöht angebrachten Steuerterminals Aufstellung.

Pheranthen schien plötzlich wie aus tiefem Schlaf zu erwachen. Er zählte die Maschinen, als müsse er sich vergewissern, dass ihre Zahl sich nicht veränderte. Aus zusammengekniffenen Augen musterte er ihre Greifklauen und Tentakelarme. »Das schaffen wir nie!«

Bengtsen starrte seinen Nebenmann erstaunt an.

»Du sprichst!«, rief er aus. »Bei allen Göttern Arkons und der befreundeten Welten. Du sprichst tatsächlich!«

»Warum fragst du?«

»Weil du in all den Stunden seit Beginn der Arbeiten noch nie den Mund aufgemacht hast. Verzeih mir, wenn ich persönlich werde. Aber ich glaubte bisher immer, dass es sich bei dir um einen Stummen handelt.«

»Sag bloß. Daran habe ich überhaupt nicht gedacht.«

»Egal. Du irrst, wenn du glaubst, dass wir nicht rechtzeitig fertig werden. Oder willst du etwa die Fähigkeiten des Kommandanten und der Planer in Frage stellen?«

Pheranthen bemerkte den lauernden Unterton in der Stimme des anderen sehr wohl, ging jedoch nicht darauf ein. Er deutete auf die vierzig Maschinen, die sich jetzt in Bewegung setzten und ihre vorbestimmten Positionen aufsuchten. Die Blendschutz-Sichtfilter erloschen, die erste Phase der Arbeiten in diesem Bereich der Kaverne war abgeschlossen. Alles Weitere war Handarbeit: Roboter-Handarbeit.

»Schau sie dir an!«, forderte der Stationsingenieur seinen Kollegen auf. »Sie sollen hier für fünfhundert Neuzugänge Platz schaffen; Unterkünfte und Freizeiträume. Formenergie-Projektoren haben wir zu wenig, um alles auf diese einfache Weise zu gestalten. Also müssen wir uns mit den Robotern behelfen. Und bis wann sollen die Räume fertig sein? Bis übermorgen! Ihre Ankunft wurde uns für das Ende der ersten Septemberwoche angekündigt. In diesem Zeitraum schaffen wir es nicht einmal, genügend Kammern mit Betten bereitzustellen. Bevor wir uns hier an den Terminals richtig heimisch fühlen, ist das Schiff schon da.«

Er sprach von der LAYSSIA. Ein verschlüsselter Funkspruch hatte ihr baldiges Eintreffen angekündigt.

»Konibwator hat uns weitere Roboter versprochen. Wir bekommen keine Probleme«, meinte Bengtsen.

»Es sind aber ältere Modelle. Ein Teil davon befindet sich noch in den Werkstätten und wird überholt. Keine der Maschinen ist in der Lage, mehr als vier Dinge gleichzeitig zu tun. Und das ist verdammt wenig.«

Es handelte sich um ein technisches Problem, nicht etwa um ein syntronisches. Die konstruktionsbedingten Mängel der Roboter rührten daher, dass sie aus arkonidischen Beständen stammten, die in der Zeit der Monos-Ära in den Jahren 1143 bis 1147 NGZ angelegt worden waren. Den Bau hochwertiger Roboter hatten die Cantaro und die Herren der Straßen den Völkern der Milchstraße damals weitestgehend untersagt. Die mangelhaften Maschinen waren bisher noch nie eingesetzt worden, und niemand wusste genau, wo sie Yart Fulgen ausfindig gemacht hatte.

Fest stand nur, dass sich die Männer und Frauen hier auf Mereidden damit herumärgern mussten.

»Ich denke, du siehst einfach zu schwarz. Immerhin ist es ein gutes Zeichen, dass du mal den Mund aufgemacht hast, Pheranthen. Oder meinst du, es ist angenehm, Tag und Nacht jemanden neben sich zu haben, der wie ein Grab schweigt? Gewiss nicht.«

Im Armband des Stationsingenieurs begann es hektisch zu piepsen. Statt einer Antwort erhob sich Pheranthen und wandte sich von seinem Terminal ab.

»Tut mir leid«, gab er über die Schulter zurück. »Ein paar unserer Leute kehren zurück. Du weißt ja, die Agentenoffensive gegen die FAMUG. Ich werde gebraucht.«

Bengtsen drehte die Hände hin und her zum Zeichen, dass er kein Verständnis für die Abberufung seines Kollegen aufbrachte.

»Langsam geht mir ein Licht auf. So hast du das gemeint, als du behauptet hast, wir würden es nicht schaffen. Du wusstest, dass das Signal irgendwann kommen musste. Ab sofort darf ich mich hier allein mit den Blechhaufen herumärgern.«

»Für Ablösung ist gesorgt«, beschwichtigte ihn Pheranthen. »Konibwator denkt an so was.«

Er warf Bengtsen einen letzten Blick zu und machte sich auf den Weg zum Zentralbereich der Station.

Die Rückkehr von Agenten stellte einen normalen Vorgang dar. Die Ankunft der LAYSSIA dagegen zählte zu den ungewöhnlichen Ereignissen. Das Schiff brachte Verstärkung und Nachschub für die Station.

Fünfhundert Männer und Frauen auf einen Streich. Nun gut, Yart Fulgen musste wissen, was er tat und anordnete. Einen Sinn hatte das Ganze auf alle Fälle, und es war nicht zu weit hergeholt, wenn Pheranthen das mit den Umtrieben der FAMUG in Zusammenhang brachte. Diese Organisation bereitete dem Antiterror-Kommando der GAFIF Kopfzerbrechen, denn es gab auch unter den Mitgliedern von Fulgens Kommando Anhänger der Monarchie und Sympathisanten der Separationsbewegung.

Zum Glück nicht auf Mereidden. Doch wer konnte schon sagen, wie es aussehen würde, wenn die LAYSSIA ihre Passagiere abgesetzt hatte.

Sosehr er auch für sich argumentierte und auf das von Yart Fulgen initiierte Auswahlverfahren schwor, es blieben Bedenken. Und Pheranthen wusste, dass er nicht der Einzige war, der sie mit sich herumtrug.

 

*

 

»Vorsicht! Nicht so schnell. Es geht ihm nicht gut.«

Die Worte drangen aus den Akustikfeldern über ihm an seine Ohren. Der Stationsingenieur hielt neben der Schleuse an und lauschte dem Internfunk.

Befehle wurden erteilt, auf der für solche Situationen reservierten Frequenz erwachte hektische Kommunikation. Auf einem kleinen Wandschirm verfolgte Pheranthen, wie sich das Personal um den Hangar verteilte, wie Medoroboter ihre Positionen verließen und mit hoher Geschwindigkeit durch die Korridore zu ihrem neuen Ziel schwebten.

Die Hektik übertrug sich nicht allein auf das Personal an den Schleusen und den Personentransmittern. Auch die Mannschaften in den einzelnen Abteilungen wurden davon erfasst. Im Alltag war die Rückkehr von ein paar Agenten nichts Außergewöhnliches. Wenn solche Hektik entstand, dann galt es als sicheres Zeichen dafür, dass etwas vorgefallen sein musste.

Eine kurze Rückfrage Pheranthens ergab, dass die Daten aus dem Schiff der Ankommenden vorlagen und ausgewertet wurden. Konibwator hatte alle erforderlichen Arbeiten eingeleitet.

Der Stationsingenieur wandte leicht den Kopf nach hinten. Zwei Medoroboter schwebten mit ausgefahrenen Tentakeln heran und machten hinter ihm Halt. Fast gleichzeitig glitten die beiden Schotte zur Seite und gaben den Blick auf den Hangar frei.

Drei Frauen tauchten im Gesichtsfeld des Stationsingenieurs auf. In ihrer Mitte führten sie einen Mann. Zwei Angehörige des Seuchenkommandos begleiteten die Gruppe. Als sie Pheranthen erblickten, blieben die Agenten stehen.

»Willkommen in Mereidden!«, begrüßte er sie. »Konibwator hat mich beauftragt, euch zu empfangen und dafür zu sorgen, dass man euch eure Unterkünfte zuweist. Durch die Umbauarbeiten im Innern der Station hat es ein paar Strukturänderungen gegeben, die das nötig machen. Stört euch nicht daran.«

»Natürlich nicht«, sagte die Frau. »Wir benötigen zunächst eine gesunde Portion Schlaf. Und unser Freund hier braucht dringend einen Arzt.«

Sie deutete auf den Mann neben sich. Er wirkte alt und verbraucht, doch der Eindruck täuschte. Pheranthen kniff die Augen zusammen. Beinahe hätte er den Agenten nicht erkannt.

»Herkral von Kostar!«, stieß er hervor. »Was ist geschehen?«

»Sie haben ihn irgendwo in der Peripherie von M 13 durch die Mangel gedreht. Leute von der FAMUG. Sie haben versucht, seinen Geist und seinen Körper zu zerstören. Ohne Erfolg. Über das, was sie wirklich wissen wollten, besaß er keinerlei Informationen. Es gelang uns, ihn rechtzeitig aus dem Schlamassel herauszuholen. Vom FAMUG-Stützpunkt ist nicht viel mehr als ein glutflüssiger Krater übrig geblieben.«

»Es ist alles vorbereitet«, bestätigte Pheranthen und deutete hinter sich.

Die beiden Medos setzten sich in Bewegung. Sie hüllten den Agenten in ein Feld und nahmen ihn den Frauen ab. Als Pheranthen Herkral von Kostar zum letzten Mal gesehen hatte, da war dieser noch ein Mann voller Energie und mit der Unbekümmertheit eines Vierzigjährigen gewesen.

Und jetzt? Zumindest vorläufig wirkte er wie ein körperliches und geistiges Wrack.

»Sie werden dafür bezahlen. Galax für Galax«, murmelte der Stationsingenieur und wunderte sich ein wenig über sich selbst. So viele Worte wie in den letzten Minuten hatte aus seinem Mund noch nie jemand gehört.

Pheranthen rief mehrere Kegelroboter und trug ihnen auf, die Frauen zu ihren Quartieren zu begleiten. Dann eilte er in Richtung Steuerzentrale davon, um Konibwator Bericht zu erstatten. Der Kommandant war ausnahmsweise seiner Meinung, was die Einschätzung der Methoden der FAMUG betraf. Konibwator lag jedoch etwas anderes am Herzen.

»Ein solcher Empfang lässt sich feierlicher gestalten«, hielt er Pheranthen vor. »Ich habe nichts von der Würde des Augenblicks empfunden.«

Er hatte alles am Bildschirm mitverfolgt.

»Ich auch nicht.«

Es waren die letzten Worte, die Pheranthen an diesem Tag sprach. Er nahm fast ein Dutzend weiterer Rückkehrer entgegen und begleitete sie persönlich zu ihren Quartieren. Was sie von dem wortlosen Begleiter hielten, interessierte ihn nicht. In regelmäßigen Abständen informierte er sich an Terminals verschiedener Abteilungen und Etagen über den Fortgang der Arbeiten in der Kaverne.

Sie würden es nicht schaffen. Es kam so, wie er es prophezeit hatte. Drei Mann arbeiteten inzwischen an den Terminals und dirigierten die Roboter. Die Syntrons koordinierten die Formenergieprojektoren, und die Abstände zwischen den Arbeitsphasen und den Alarmsignalen der nächsten Projektoreneinsätze hatten sich deutlich verkürzt.

Dennoch reichte es nicht. Sie benötigten nach dem jetzigen Stand mindestens dreieinhalb Tage, nicht eineinhalb. Mehr Zeit stand ihnen aber bis zum Eintreffen der LAYSSIA nicht zur Verfügung.

Konibwator meldete sich und teilte ihm mit, dass zwei der gemeldeten Agenten fehlten. Mit den beiden würden sie nie mehr rechnen können. Die FAMUG hatte sich ihrer auf bekannte Art und Weise entledigt. Herkral von Kostar gehörte zu den Glücklichen, die mit einem blauen Auge davongekommen waren. Er befand sich bereits auf dem Weg der Besserung. Mit den nach den Erfordernissen modernster Technologie ausgestatteten Apparaten der Station war es möglich, ihn geistig, psychisch und körperlich wieder voll herzustellen.

Das Beste würde wohl sein, ihm auch die Erinnerung an die Zeit der Qual zu nehmen, doch das war seine eigene Entscheidung, die man abzuwarten hatte.

Nach der Schlafpause rückte Pheranthen mit einem zusätzlichen Terminal in die Kaverne ein und half bei den Arbeiten. Er tat es bis kurz vor Ablauf der Frist, als bereits mit dem Eintreffen der LAYSSIA gerechnet werden musste. Dann verabschiedete er sich mit einem Kopfnicken von Bengtsen und den anderen Mitgliedern der Schicht und zog sich in die oberen Sektionen der Station zurück.

Er brauchte ein wenig Erholung, und die fand er so richtig intensiv nur an der Oberfläche. Seit dreißig Standardtagen hatte er sie nicht mehr genossen. Die Erwartung beflügelte seine Schritte.

 

*

 

Mereidden besaß knapp sechstausend Kilometer Durchmesser. Der Trabant umkreiste den fünften von sieben Planeten der roten Riesensonne Szastermat, rund 2000 Lichtjahre von M 13 in Richtung Milchstraße gelegen. Die Oberfläche Mereiddens wies eine kahle und zernarbte Struktur auf. Der Trabant besaß keine Atmosphäre, und er umlief den Planeten in einer stark elliptischen Bahn, die ihn mal weit weg von der Kugel mit ihrem Ringsystem brachte und ebenso wieder nahe heranführte.

Pheranthen trug seinen TRUV. Er verließ den Schacht zwischen den Felsen und schloss den mit einem riesigen Gesteinsbrocken verkleideten Eingang. Die geringe Schwerkraft hier oben ließ es zu, dass er sich mit weiten Sprüngen von dem Einstieg entfernte und über die Oberfläche des Trabanten driftete. Er verließ das Felsareal und erreichte die Steilkante, wo das Gesteinsmassiv an die Staubebene grenzte. Hier war der Ausblick besonders schön.

Ergriffen blieb er stehen. Das Perigäum stand unmittelbar bevor. Bei seiner größten Annäherung an den Ringplaneten betrug die Entfernung zwischen Mereidden und dem Gesteinsring nur ein paar tausend Kilometer, und wenn die rote Sonne günstig stand, dann erstrahlte er in feurigem Licht, das bis herab auf die Oberfläche des Trabanten reichte.

Eine solche Phase trat jetzt ein. Pheranthen blieb reglos an der Steilkante stehen und schaute hinüber zum Horizont. Der Ring hing mitten in der Leere über Mereidden, und dahinter befand sich die dunkle Kugel des Gasriesen. »Verschlinger« hatten sie den Planeten genannt, weil es immer wieder aussah, als wolle er Mereidden mit Hilfe des Ringes einfangen und sich einverleiben.