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Prof. Dr. Frank Daumann ist Inhaber des Lehrstuhls für Sportökonomie und Gesundheitsökonomie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

Sebastian Faulstich (MBA, MA) ist externer Doktorand am Lehrstuhl für Sportökonomie und Gesundheitsökonomie der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Er berät Sport-, Kultur- und Freizeiteinrichtungen in strategischen Fragen des Personalmanagements, der Unternehmensführung, des Marketings sowie des Qualitäts- und Facility-Managements.

Frank Daumann, Sebastian Faulstich

Personalmanagement
im Profifußball

Spieler, Trainer und Mitarbeiter
richtig entwickeln, binden und entlohnen

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Umschlagabbildung und Abbildung Kapiteleinstieg: © Dmytro Aksonov © iStockptoto

1. Auflage 2020

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Vorwort

Sport als Mittel der Gesunderhaltung und besonders Profisport als Massenevent in seiner in Europa populärsten Form, dem Profifußball, begeistert und elektrisiert seit längerer Zeit die Massen. Wöchentlich, ja beinahe täglich fallen in Stadien weltweit Tore, es werden Siege gefeiert und Personalentscheidungen getroffen. Vor jedem Spiel muss der Trainer in Zusammenarbeit mit seinem Team bestehend aus Athletik-, Spezial- und Torwarttrainern sowie Videoanalysten und medizinischen Mitarbeitern versuchen, die bestmögliche Mannschaft auszuwählen, wozu ein System aus Analysen, Planungen, Beurteilungen und Entwicklung notwendig ist – allesamt Elemente, die sich auch im Personalmanagement wiederfinden.

Doch nicht nur auf dem Platz, sondern auch im Hintergrund werden täglich Personalentscheidungen getroffen, da sich die Profifußballorganisationen (PFO) in einer sehr komplexen Umwelt bewegen. Rückblickend werden meist Zeiten und Erfolge beschworen, für die hauptsächlich der Trainer als Scout, Übungsleiter und Teamchef in Personalunion verantwortlich war und neben ihm ein Manager bzw. Vereinspräsident alle anderen Geschicke des Vereins lenkte. Inzwischen sind die PFOs zu global agierenden Konzernen mit Tochterunternehmen auf anderen Kontinenten geworden und beschäftigen mehrere hundert Mitarbeiter (Manchester City bspw. ca. 1000 Personen, davon 500 in Manchester und 500 weitere weltweit). Im gleichen Zuge sind die Anforderungen an die beteiligten Personen durch die komplexeren Unternehmensstrukturen, Vermarktungsmöglichen – vor allem im digitalen Bereich –, die weltweiten Netzwerke zur Spielerbeschaffung und den Zwang zum Führen interkultureller Gruppen gestiegen, weswegen viele Spezialisten in einzelnen Teilbereichen notwendig werden.

Die speziellen Herausforderungen im Profifußball führen weiter über die Prophylaxe und das Management von Verletzungen, da die Spieler zur direkten Leistungserstellung notwendig sind. Gleichzeitig machen sie als immaterielle Vermögenswerte einen Großteil der Aktiva der PFOs aus und haben dadurch einen großen Einfluss auf die Vermögens- und Ertragslage einer PFO.

Auch die mediale Aufmerksamkeit für den Fußball stellt die Beteiligten vor große Herausforderungen, da gerade in Zeiten des Selfies und der sozialen Medien kaum ein Spieler oder Trainer unbemerkt einkaufen oder ein Restaurant besuchen kann und sich die Personen jederzeit der Gefahr ausgesetzt sehen, in unvorteilhaften Situationen fotografiert und weltweit veröffentlicht zu werden. Paradoxerweise scheint sich die Öffentlichkeit trotz der heute verfügbaren Menge an Spielerdaten bzw. an spielbezogenen Werten mehr für die Privatsphäre der Spieler zu interessieren als in früheren Zeiten, in denen das Livetracking aller Spielerdaten noch nicht existierte. Dabei scheint sogar die Analyse von Siegen und Niederlagen medial an Bedeutung zu verlieren und hinter die Berichte über das Privatleben der Spieler und Trainer zu rutschen. Neben Privatstories avancieren Geschichten über Spielergehälter und Trainerentlassungen zum täglichen Inhalt vieler Sportnachrichten. So müssen „Spieler“ heute anders definiert werden als noch vor zehn, zwanzig oder fünfzig Jahren.

Hinter der medialen Bezeichnung „Spieler“ verbirgt sich heute ein Team aus Managern, PR-Fachleuten, eigenen Trainern und Beratern für verschiedene Lebensbereiche, die am Erfolg des tatsächlichen Spielers beteiligt sein möchten und daher versuchen, den Erfolg des Spielers medial aufzuwerten (um im nächsten Schritt selbst am höheren Spielergehalt zu partizipieren). Dazu werden etwa Wechselgerüchte medial gestreut, um den Arbeitgeber unter Druck zu setzen, da die Fans den Weggang eines erfolgreichen Spielers nicht tolerieren und mit Schmähungen und verändertem Nachfrage- und Fanverhalten reagieren werden.

Gleichzeitig werden die Sportnachrichten von fortwährenden Trainer-diskussionen bestimmt und über tägliche Wasserstandsmeldungen die vermeintliche Rest-Amtszeit des Trainers kommuniziert, ohne die Folgen wirklich abzuschätzen. Man sollte vielmehr die Frage stellen, ob der Trainer mit einem Spiel Bewährungszeit frei in seinen Entscheidungen sein und eine Entscheidung mit langfristiger Wirkung treffen kann (bspw. Spielpraxis für einen zukünftigen Star) oder ob er den Weg des kleinsten Übels wählt, um hinterher medial nicht zu sehr kritisiert zu werden.

Weiter sollte die Frage gestellt werden, was dieser besondere Druck aus dem Menschen „Trainer“ macht; gerade wenn seine weitere berufliche Zukunft, die Tilgung des Kredits für ein gerade erworbenes Haus und das Wohlbefinden seiner Kinder in der Schule von einem einzigen Spiel abhängen, zu dessen Ergebnis er nichts weiter als die Spielerauf und -einstellung beitragen kann. Zumal die Spieler oftmals ihre eigenen Interessen verfolgen, indem sie bspw. in der Hoffnung auf die Auszahlung einer individuellen Torprämie selbst aus einem ungünstigen Winkel auf das gegnerische Tor schießen, obwohl ein besser platzierter Mitspieler, an den man hätte problemlos abspielen können, andernfalls eine nahezu hundertprozentige Torchance gehabt hätte.

Zwar war in der Saison 2019/2020 die Bewältigung der Covid-19 bedingten Verwerfungen das herausragende Thema im deutschen Profifußball, doch in der vorherigen Spielzeit haben Diskussionen um das Personal für erhebliches Aufsehen gesorgt. So wurde die Diskussion im administrativen Bereich von der Suche des FC Bayern für den zukünftigen Vorstandsvorsitzenden und dessen notwendige Qualifikation dominiert. Im Bereich der Trainer machten die PFOs mit beinahe 20 Trainerwechseln in der ersten und zweiten Bundesliga von sich reden – einige sogar mehrmals (Dynamo Dresden, FC Ingolstadt, KFC Uerdingen) –, während andere die gesamte sportliche Führung (Sportvorstand/-direktor und Trainer) austauschten (Schalke, 1. FC Nürnberg, FC St. Pauli, Hansa Rostock), was zum Trend zu werden scheint.

Aus diesen einleitend kurz umrissenen Problemgebieten wuchs die Idee, ein Lehrbuch zum Personalmanagement im Profifußball zu konzipieren und die Theorien und Erkenntnisse des Personalmanagements auf ihre Bedeutung und Nutzung im Profifußball hin zu untersuchen und mithilfe zahlreicher Handlungsempfehlungen allen Beteiligten, Interessierten und Berichtenden ein Werk zum strategischen Personalmanagement an die Hand zu geben.

Um ein derartiges Lehrbuch zu verfassen, bedarf es eines unterstützenden Umfeldes. Unser besonderer Dank gilt daher allen, die zum Gelingen des vorliegenden Werkes beigetragen haben. Insbesondere möchten wir unseren Familien danken.

Wir wünschen dem geneigten Leser viel Spaß bei der Lektüre.

Frank Daumann und Sebastian Faulstich

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Inhalt

Vorwort

Abkürzungsverzeichnis

1Was Sie vorab wissen sollten

2Personalmanagement:
Begriffe und grundlegende theoretische Ansätze

2.1Personalmanagement: Eine Definition

2.2Historische Entwicklung des Personalmanagements

2.3Theoretische Ansätze des Personalmanagements

2.3.1Personalökonomischer Ansatz

2.3.2Motivationstheoretische Ansätze

2.3.3Ressourcentheoretische Ansätze

2.3.4Der integrierte Personalmanagement-Ansatz

2.4Grundlagen des strategischen Personalmanagements

2.5Interkulturelle Belange des Personalmanagements

2.6Die organisatorische Einbindung des Personalmanagements im Unternehmen

image Handlungsempfehlungen

image Literaturhinweise

image Kontrollfragen

3Personalmanagement im Kontext eines professionellen Klubmanagements

3.1Der Weg zum professionellen Fußball-Klubmanagement

3.2Das strategische Personalmanagement im Sport

image Literaturhinweise

image Kontrollfragen

4Personalbedarfsplanung

4.1Personalbedarfsplanung: Eine Definition

4.2Fußballspezifische Besonderheiten der Personalbedarfsplanung

4.3Vorgehensweise der Personalbedarfsplanung

4.3.1Quantitative Dimension der Personalbedarfsplanung

4.3.2Instrumente der quantitativen Personalbedarfsplanung

4.3.3Ausgestaltung der quantitativen Personalbedarfsplanung im Profifußball

4.4Qualitative Personalbedarfsplanung

4.4.1Ziele der qualitativen Personalbedarfsplanung

4.4.2Instrumente der qualitativen Personalbedarfsplanung

4.4.3Ausgestaltung der qualitativen Personalbedarfsplanung im Profifußball

4.5Räumliche Personalbedarfsplanung

4.6Zeitliche Personalbedarfsplanung

4.7Finanzielle Personalbedarfsplanung

4.7.1Finanzielle Besonderheiten bei der Personalplanung des Profikaders

4.7.2Methoden der Spielerwertbestimmung

image Handlungsempfehlungen

image Literaturhinweise

image Kontrollfragen

5Personalbeschaffung

5.1Personalbeschaffung: Eine Definition

5.2Fußballspezifische Besonderheiten der Personalbeschaffung

5.3Teilbereiche der Personalbeschaffung

5.3.1Personalrekrutierung: Personalmarketing

5.3.2Personalleihe

5.3.3Personalauswahl

5.3.4Personaleinstellung

5.3.5Personaleingliederung

image Handlungsempfehlungen

image Literaturhinweise

image Kontrollfragen zur Personalbeschaffung

6Personalentlohnung

6.1Personalentlohnung: Eine Definition

6.2Kriterien und Funktion der Personalentlohnung

6.2.1Theoretische Grundlagen

6.2.2Übertragung auf den Profifußball

6.3Kriterien der Entgeltdifferenzierung

6.3.1Anforderungsabhängige Differenzierung

6.3.2Leistungsabhängige Differenzierung

6.3.3Erfolgsabhängige Differenzierung

6.3.4Qualifikationsabhängige Differenzierung

6.3.5Statusabhängige Differenzierung

6.3.6Entgeltdifferenzierung innerhalb eines Sportteams

6.4Kombination der Entgeltformen

6.4.1Theoretische Grundlagen

6.4.2Übertragung auf den Profifußball

6.5Bestimmung der absoluten Höhe des Entgeltes

6.5.1Begriffsdefinitionen

6.5.2Lohnkosten im Profifußball

image Handlungsempfehlungen

image Literaturhinweise

image Kontrollfragen

7Personalbindung

7.1Ziele und Bedeutung der Personalbindung

7.2Funktionsweise der Personalbindung

7.3Übertragung auf den Fußball

7.3.1Gründe der Personalbindung im Profifußball

7.3.2Konkrete Maßnahmen der Personalbindung

7.3.3Lebensphasenorientiertes Personalmanagement

image Handlungsempfehlungen

image Literaturhinweise

image Kontrollfragen

8Personalentwicklung

8.1Personalentwicklung: Eine Definition

8.2Ziele der Personalentwicklung

8.3Funktionsweise der Personalentwicklung

8.4Übertragung auf den Fußball

image Handlungsempfehlungen

image Literaturhinweise

image Kontrollfragen

9Personalfreisetzung

9.1Personalfreisetzung: Eine Definition

9.2Übertragung auf den Fußball

9.2.1Trainer

9.2.2Spieler

image Handlungsempfehlungen

image Literaturhinweise

image Kontrollfragen

10Nachbetrachtung – Die Saison 2018/19

Literaturverzeichnis

Stichwortverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

ABM

Arbeitsbeschaffungsmaßnahme

Abs.

Absatz

AG

Aktiengesellschaft

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

CAS

Court of Arbitration for Sport

CEO

Chief Executive Officer

CFO

Chief Financial Officer

CL

Champions-League

c.p.

ceteris paribus

GG

Grundgesetz

GuV

Gewinn- und Verlustrechnung

DFB

Deutscher Fußball-Bund

DFL

Deutsche Fußballliga

DM

Deutsche Mark

EDV

Elektronische Datenverarbeitung

EG-Vertrag

Vertrag der europäischen Gemeinschaft

ENG

England

et. al.

und Weitere

EuGH

Europäischer Gerichtshof

e.V.

eingetragener Verein

FIFA

Fédération Internationale de Football Association

Ggf./ggf.

gegebenenfalls

GM

General Manager

HGB

Handelsgesetzbuch

i.A.a

in Anlehnung an

IAS

International Accounting Standards

IFRS

International Financial Reporting Standards

ITV

englischer Pay-TV-Anbieter

KI

künstliche Intelligenz

KGaA

Kommanditgesellschaft auf Aktien

m.E.

meines Erachtens

MLB

Major League Baseball

NBA

National Basketball Association

NFL

National Football League

NLZ

Nachwuchsleistungszentrum

PFO(s)

Professionelle Fußballorganisation(en)

pRAP

passiver Rechnungsabgrenzungsposten

UEFA

Union of European Football Associations

1Was Sie vorab wissen sollten

Das Ziel dieses Lehrbuchs ist es, einen fokussierten und systematischen Überblick über die wichtigsten Aspekte des Personalmanagements im professionellen Fußball zu geben. Im Fokus stehen dabei sowohl der administrative Teil des Personals als auch die Spieler und Trainer.

Das Buch ist wie folgt aufgebaut: Jedem Kapitel ist eine Skizze der Schwerpunkte vorangestellt. Anschließend werden zunächst die einschlägigen theoretischen Zusammenhänge erläutert und anschließend auf den Bereich des professionellen Fußballs übertragen, wo sie mit empirischen Ergebnissen aus dem Sport unterlegt werden. Um das erarbeitete Wissen zu vertiefen, sind jedem Kapitel (mit Ausnahme dieser Einleitung) Kontrollfragen und Literaturempfehlungen beigegeben. Praktische Handlungsempfehlungen schließen die Kapitel ab.

Das Buch ist hierzu in neun Kapitel gegliedert: Im Anschluss an dieses erste Kapitel werden im zweiten Kapitel der Begriff „Personalmanagement“ definiert und seine Bedeutung im Rahmen der Unternehmensstrategie herausgearbeitet. Dabei geht das Kapitel auf die historische Entwicklung des Personalmanagements und seine Wandlung zum strategischen Personalmanagement ein. Zudem werden hier die verschiedenen theoretischen Ansätze des Personalmanagements vorgestellt. Im dritten Kapitel wird der Weg zum professionellen Fußball-Klubmanagement aufgezeigt und die Rolle des Personalmanagements im Fußballklub verortet.

Die weiteren Kapitel behandeln die Schwerpunkte des Personalmanagement bezogen auf die einzelnen Instrumente in chronologischer Reihenfolge des Mitarbeitszyklus (Bedarfsplanung, Beschaffung, Einstellung, Entlohnung, Bindung, Entwicklung und Freisetzung).

Das Buch schließt mit einem Nachruf auf die Bundesliga-Saison 2018/19.

2Personalmanagement: Begriffe und grundlegende theoretische Ansätze

Was erwartet Sie in diesem Kapitel?

Nach dem Lesen dieses Kapitels sollten Sie Kenntnisse über folgende Schwerpunktbereiche haben:

»Was bedeutet Personalmanagement und welche Entwicklung ist erkennbar?

»Welche Problemfelder bestehen im Personalmanagement?

»Welche personalökonomischen Ansätze gibt es, was charakterisiert sie und wie werden sie beurteilt?

»Welche motivationstheoretischen Ansätze gibt es, was zeichnet sie aus und welche Kritik existiert daran?

»Was ist Motivation und welcher Zusammenhang besteht zwischen Motiv, Anreiz, Motivation und Handlung?

»Was sind intrinsische und extrinsische Arbeitsmotive?

»Welcher Zusammenhang besteht zwischen Arbeitsmotivation, Arbeitszufriedenheit und Leistung?

»Welche ressourcenorientierten Ansätze gibt es, was zeichnet sie aus und welche Kritik existiert daran?

»Durch welche übergeordneten Theorien ist die Notwendigkeit des Personalmanagements erklärbar?

»Inwiefern erfolgt eine Weiterentwicklung zum strategischen Personalmanagement?

2.1Personalmanagement: Eine Definition

Unter dem Terminus „Personalmanagement“ sollen hier alle mitarbeiterbezogenen Gestaltungs- und Verwaltungsaufgaben verstanden werden. Hierbei handelt es sich insbesondere um die wirtschaftliche Bereitstellung der personellen Ressourcen im Hinblick auf Zeit, Raum und Menge. Dies umschließt den effizienten Personaleinsatz entsprechend der jeweiligen Aufgaben und Kompetenzen sowie die Integration der Mitarbeiter in den Betriebsablauf, ihre Vergütung, Weiterentwicklung und gegebenfalls auch ihre Freisetzung (Wadsack 2004a, S. 115; Lindner-Lohmann, Lohmann & Schirmer 2016, S. 1; Schmeisser, Andresen & Kaiser 2018, S. 37 f.; Schmitt 2007, S. 3 i.A.a. Groening 2005, S. 40 f.).

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Abbildung 1: Aufgabenbereiche des Personalmanagement.
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Wadsack (2004a, S. 115), Keller (2008, S. 27), Lindner-Lohmann, Lohmann & Schirmer (2016, S. 1) und Schmeisser, Andresen & Kaiser (2018, S. 37 f.).

Wissen | Kompetenz

Der Begriff „Kompetenz“ wird sehr unterschiedlich definiert. Im Rahmen der klassischen Organisationstheorie werden Kompetenzen als legitimer Handlungsspielraum, der die Erfüllung von Aufgaben ermöglicht, verstanden (Ulrich 1969). Dieses Verständnis liegt auch juristischen Begrifflichkeiten zugrunde (z.B. Graßmann 2005). In der Arbeitswissenschaft hingegen wird neben dieser strukturellen Komponente auch die personelle miteinbezogen, indem das Dürfen um das Können erweitert wird (Ulich 1992). Aus der in der Psychologie zugrunde liegenden individualistischen Perspektive, die auch in der Personalwirtschaft sowie insbesondere der Personalentwicklung Eingang gefunden hat, werden Kompetenzen im Bereich der Eignungsdiagnostik als individuelle Fähigkeiten verstanden, arbeitsplatzbezogene Herausforderungen zu bewältigen (Becker & Rother, 1998; Graßmann, 2005).

2.2Historische Entwicklung des Personalmanagements

Taylors (1911) Theorie des scientific managements bildet allgemein den historischen Ausgangspunkt der wissenschaftlichen Beschäftigung mit personalpolitischen Fragestellungen. Kennzeichen dieses Ansatzes ist die Betrachtung der Mitarbeiter als Produktionsfaktoren wie etwa Kapital und Betriebsmittel. Ihre Tätigkeit solle möglichst optimal an die rechtlichen, technologischen, organisatorischen und marktlichen Rahmenbedingungen der Unternehmung angepasst werden; persönliche Eigenschaften der Beschäftigten wie Ziele, Wünsche, Emotionen und Ängste werden als weitere Rahmenbedingungen erfasst. Vorgeworfen wird diesem Ansatz u.a., dass der Mensch dadurch zum Mittel der Unternehmenszielerreichung degradiert werde (Holtbrügge 2017, S. 1, 9 ff.; Wolf 2013, S. 93 ff.). Folgerichtig beinhaltet ein auf diesem Ansatz basierendes Personalwesen (das sog. klassische Personalwesen) hauptsächlich die Lohn- und Gehaltsabrechnung, das Führen von Personalakten und die Einstellung neuer Mitarbeiter ohne spürbaren Einfluss auf die Unternehmensstrategie.

In den frühen 1980er-Jahren fand eine Neuorientierung statt: Mitarbeiter wurden fortan nicht mehr als Produktionsfaktoren angesehen. In das Personalmanagement wurden Erkenntnisse der Organisations- und Arbeitspsychologie (Gebert & v. Rosenstiel 2002; Schuler 2007; v. Rosenstiel & Nerdinger 2011; Ulich 2011), der Organisations- und Arbeitssoziologie (Mikl-Horke 2007; Abraham & Büschges 2009) und der Philosophie (Steinmann & Löhr 1992; Holtbrügge 2001; Kaiser & Kozica 2012) integriert, wodurch die Bedürfnisse, Qualifikationen und Faktoren der individuellen Arbeitszufriedenheit mehr in den Fokus rückten (Holtbrügge 2017, S. 2 f.). Ebenso wurde versucht, die Arbeitsproduktivität und damit die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen mittels personalpolitischer Instrumente zu steigern.

2.3Theoretische Ansätze des Personalmanagements

Mittlerweile lassen sich im Personalmanagement verschiedene theoretische Ansatzpunkte identifizieren, die im Folgenden dargestellt werden sollen. Diese umfassen die Ausgestaltung von Motivations- und Anreizstrukturen für die Mitarbeiter zur Steigerung der Produktivität.

Die theoretischen Ansätze des Personalmanagements lassen sich unterschiedlich klassifizieren. So unterscheidet Stock-Homburg (2010) bspw. zwischen ökonomischen Ansätzen, zu denen die Transaktionskostentheorie, die Prinzipal-Agenten-Theorie und der ressourcenbasierte Ansatz gerechnet werden, und verhaltenswissenschaftlichen Ansätzen. Letzere umfassen wiederum austauschtheoretische und motivationstheoretische Ansätze. Hier soll zwischen personalökonomischen, motivationstheoretischen und ressourcentheoretischen Ansätzen unterschieden werden.

2.3.1Personalökonomischer Ansatz

Der personalökonomische Ansatz ist an das traditionelle Personalmanagement angelehnt und versucht, personalpolitische Entscheidungen vor dem Hintergrund des Markets sowie bestehender Normen, Gesetze und Institutionen ökonomisch zu bewerten (Holtbrügge 2017, S. 32 f. i.A.a. Backes-Gellner, Lazear & Wolff 2001; Wolff & Lazear 2001; Sadowski 2002; Grieger 2004).

Nach Sadowski (2002) – dem Begründer der Personalökonomie in Deutschland – steht die Analyse bilateraler Tauschverträge (Arbeitsleistung gegen Einkommen, Bildung, Karrierechancen, Beschäftigungssicherheit) im Zentrum des Ansatzes. Daran anknüpfend werden Personalkosten als die „[…] Kosten, die durch den Einsatz menschlicher Arbeitskraft im Unternehmen entstehen […]“, definiert (Schmeisser, Andresen & Kaiser 2018, S. 23). Der personalökonomische Ansatz lehnt sich dabei stark an die Neue Institutionenökonomie und dabei insbesondere an die Prinzipal-Agenten- und die Transaktionskostentheorie an.

Im Wesentlichen geht die Prinzipal-Agenten-Theorie von einer Informationsasymmetrie zwischen einem Auftraggeber (Prinzipal) und einem Auftragnehmer (Agent) aus. Beide Akteure versuchen ihren individuellen Nutzen – teilweise auch durch Opportunismus – zu maximieren. So kann der Agent beispielweise seinen Aufwand unbemerkt reduzieren, so dass sich sein Nutzen erhöht. Ziel der Forschung ist es daher, Anreizstrukturen zu entwickeln, die den Opportunismus möglichst weit einschränken (Schubert 2013, S. 268 i.A.a. Alchian & Demsetz 1972; Eisenhardt, 1988; 1989; Fama 1980; Fama & Jensen 1983; Jensen & Meckling 1976; Mason, Thibault & Misener 2006; Kern 2007, S. 5; Schwendowius 2002, S. 15; Picot 1991, S. 150; Erning 2000, S. 89).

Die Transaktionskostentheorie basiert auf der Erkenntnis, dass die Nutzung der Institution Markt Kosten etwa für die Anbahnung und den Vertragsabschluss der Transaktion – eben die Transaktionskosten – verursacht. Diese Kosten fallen z.B. umso höher aus, je spezifischer und seltener die Transaktion ist. Sie verringern sich bspw., wenn sich die Vertragspartner besser kennen. Auf dieser theoretischen Grundlage lassen sich dann make-or-buy-Entscheidungen treffen oder es lässt sich erklären, warum Unternehmen entstehen (Coase 1937; Erlei, Leschke & Sauerland 2007; Picot 1991, S. 148 f.; Williamson 1985, S. 20 ff.). Werden bspw. immer Spieler vom gleichen Berater oder des gleichen Ex-Vereins verpflichtet, könnte dies mit der Transaktionskostentheorie begründet werden.

Die rein ökonomische Betrachtung personalpolitischer Entscheidungen reduziert die Komplexität zur Erzeugung empirisch überprüfbarer Aussagen (Backes-Gellner 1993; Alewell & Martin 2006), ermöglicht einfache betriebswirtschaftliche Analysen (Wunderer 1992, S. 214) und darauf aufbauend Gestaltungsempfehlungen. Nachteilig wirkt sich bei diesem Ansatz das hohe Abstraktionsniveau aus, wodurch intrinsische Motive und die Einhaltung ethischer Normen kaum berücksichtigt (Steinmann & Hennemann 1993, S. 55 ff.; Scherm 1998; Kabst 2004) und die zentralen Begriffe wie Nutzen oder Transaktionskosten nur schwer operationalisiert und gemessen werden können (Ghoshal & Moran 1996).

Zudem wird als Nachteil angesehen, dass auf diesem Ansatz basierende Gestaltungsempfehlungen opportunistisches Verhalten der Mitarbeiter fördern, da die Führungskräfte ihren Mitarbeitern strikte, ökonomisch bewertbare Anweisungen geben, die anschließend kontrolliert werden müssen und gleichzeitig die Mitarbeiter zu opportunistischem Verhalten drängen (Holtbrügge 2017, S. 36 i.A.a. Ghoshal 2005, S. 85).

2.3.2Motivationstheoretische Ansätze

In motivationstheoretischen Ansätzen müssen der Begriff Motivation geklärt und die unterschiedlichen Formen derselben differenziert werden.

Motivation wird an dieser Stelle als Konstrukt betrachtet, das sich aus der Interaktion einer Person mit spezifischen Motiven und einer bestimmten Situation zusammensetzt. In dieser Situation aktivieren spezielle Anreize die Person und präformieren dadurch ihr Verhalten in Stärke, Richtung und zeitlicher Dauer. Damit kann das „Warum“ des menschlichen Verhaltens und Erlebens erklärt werden (Schmeisser, Andresen & Kaiser 2018, S. 177; Thomae, 1965).

Motivationstheoretische Ansätze beruhen auf der Annahme, dass menschliches Verhalten durch latente, zeitlich relativ unveränderliche Bedürfnisse bestimmt wird, die durch innere und äußere Anreize aktiviert werden können. Deswegen ist Motivation die Voraussetzung zielorientierten Handelns und stellt daher einen zentralen Ansatzpunkt für leistungssteigernde Beeinflussungsstrategien dar (Rheinberg 2002; Jost 2008; v. Rosenstiel 2009).

Damit wird die Frage aufgeworfen, auf welchen speziellen Motiven Motivation beruht, da diese als hypothetisches Konstrukt bzw. intervenierende Variable nicht direkt beobachtet werden kann. Nur mittels Analyse von Anreizen und den darauf erfolgten persönlichen Reaktionen können Rückschlüsse auf die individuelle Motivation (Verhaltensbereitschaften) sowie die zugrunde liegenden Motive (Bedürfnisse) gezogen werden (Holtbrügge 2017, S. 13 f.).

Motivation ist anreiz- und situationsgebunden, weswegen in verschiedenen Situationen mit unterschiedlichen Reaktionen zu rechnen ist, da Motive und Bedürfnisse teils genetisch veranlagt und teils erlernt sind. Demgegenüber wird angenommen, dass Werte als erwartbare Reaktion in jedem Fall durch die Sozialisation und die Interaktion mit der Umwelt erlernt wurden (Geppert & Halisch 2001; v. Rosenstiel 2009).

Grundsätzlich wird zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation unterschieden (Holtbrügge 2017, S. 14 i.A.a. Frey 1997; Schmeisser, Andresen & Kaiser 2018, S. 176 i.A.a. Herzberg 1966; Brief & Aldag 1977). Dabei wird die Reaktion auf alle von einer Unternehmung geschaffenen und von den Mitarbeitern wahrgenommenen externen, materiellen und immateriellen Belohnungen als extrinsische Motivation bezeichnet, die zur Befriedigung privater Bedürfnisse dienen. Dazu gehören bspw. Geldzahlungen, Aktien oder Aktienoptionen sowie Zusatzleistungen in Form von Dienstwagen oder Zuschüssen zu Versicherungen, aber auch nicht-monetäre Formen wie Lob und Anerkennung oder Status innerhalb einer Hierarchie (Jost & v. Bieberstein 2013, S. 161 f. i.A.a. Auriol & Renault 2008). Im Gegensatz dazu wird intrinsische Motivation als die Verinnerlichung bestimmter Leistungsstandards bezeichnet, nach denen sich Personen selbst für Erfolge belohnen und für Misserfolge bestrafen. Dabei wird zwischen der hedonischen Präferenz und der prosozialen Präferenz differenziert. Erstere ist allein auf den eigenen Nutzen gerichtet und besteht etwa in Form eines Gefühls der Zufriedenheit durch eine sinn- und verantwortungsvoll wahrgenommene Aufgabe. Hingegen ist die prosoziale Präferenz am Wohlbefinden anderer Menschen orientiert (Jost & v. Bieberstein 2013, S. 161 f. i.A.a. Auriol & Renault 2008).

Sind die extrinsischen Anreize stärker als die intrinsischen ausgebildet, kann es zu einem Verdrängungseffekt zwischen extrinsischer und intrinsischer Motivation kommen, da vormals intrinsisch ausgeübte Tätigkeiten von nun an ausbleiben (psychologische Ökonomie Jost & v. Bieberstein 2013, S. 161 f. i.A.a. Deci 1971). Die beobachteten Verdrängungseffekte sind bei erwarteten Belohnungen stärker als bei unerwarteten, insbesondere wenn die erwartete Belohnung nicht in vollem Umfang erfolgt. Auch ist der Verdrängungseffekt bei komplexen Aufgaben größer als bei Routinetätigkeiten, wodurch eine leistungs- bzw. erfolgsabhängige Entgeltgestaltung bei Führungskräften zum Absinken des (intrinsischen) Arbeitseinsatzes führen kann.

Im Wesentlichen lassen sich bei den motivationstheoretischen Ansätzen Inhaltstheorien und Prozesstheorien unterscheiden. Inhaltstheorien bieten Aussagen über die qualitative Ausprägung der Motivstruktur und beantworten die Frage: Was bewirkt Verhalten? Prozesstheorien hingegen haben das Zusammenwirken der Faktoren, die Motivation hervorrufen, zum Gegenstand und versuchen eine Antwort auf die Frage: Wie wird Verhalten bewirkt? zu geben (Holtbrügge 2017, S. 14).

2.3.2.1Inhaltstheorien

Hier sollen exemplarisch zwei wesentliche Inhaltstheorien, nämlich die Maslowsche Bedürfnispyramide und die Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg, kurz erläutert werden.

2.3.2.1.1Bedürfnispyramide nach Maslow

Der bekannteste inhaltstheoretische Ansatz dürfte die Bedürfnispyramide von Maslow (1943) sein. Maslow unterschied ursprünglich fünf verschiedene Bedürfnisse, die hierarchisch geordnet sind:

[1] Physiologische Bedürfnisse (Bedürfnisse, deren Erfüllung notwendig ist, um das Leben zu erhalten: Nahrung, Schlaf etc.)

[2] Sicherheitsbedürfnisse (Hierzu zählen körperliche und seelische Sicherheit, materielle Grundsicherung, Arbeit, Wohnung usw.)

[3] Soziale Bedürfnisse (Diese resultieren aus dem Anschlussmotiv und umfassen das Zugehörigkeitsgefühl, Kommunikation, sozialen Austausch, Gemeinschaft usw.)

[4] Individualbedürfnisse (Hierzu gehören Vertrauen, Wertschätzung, Selbstbestätigung, Erfolg, Freiheit und Unabhängigkeit.)

[5] Selbstverwirklichung (Dies umfasst den Wunsch nach Entfaltung von Talenten, Potentialen und Kreativität.)

Hierbei handelt es sich um eine hierarchische Ordnung, so dass bspw. die Bedürfnisse der dritten Ebene nicht handlungsleitend sind, solange die Bedürfnisse der ersten und zweiten Ebene nicht befriedigt wurden.

Im Rahmen des Personalmanagements sollten daher die mitarbeiterindividuellen Bedürfnisse erfasst werden, um diese anschließend durch gezielte Anreize zu stimulieren. Alle aktuell als nicht relevant empfundenen Bedürfnisse weisen keine Verhaltenswirkung auf. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, die Arbeitnehmer in ihrer Gesamtheit als Menschen inklusive ihrer privaten Situation wahrzunehmen und zu verstehen. Wer bspw. mit dem Rad zur Arbeit kommt, kann demzufolge nicht mit einem Tankgutschein motiviert werden, und Eltern können nicht mit einem zusätzlichen freien Vormittag unter der Woche zur Wochenendarbeitszeit motiviert werden.

In der Literatur wird Maslows Ansatz aufgrund

»der verwendeten Begriffe,

»der nicht trennscharfen Abgrenzung der einzelnen Bedürfnisklassen sowie

»der geringen interkulturellen Übertragbarkeit aufgrund der Orientierung am bürgerlich-humanistischen Menschenbild der amerikanischen Mittelschicht unter Ausblendung situativer Faktoren der Arbeitsmotivation wie z.B. Alter, Karrierephase, Geschlecht, Qualifikation oder Arbeitsmarktlage kritisiert (Holtbrügge 2017, S. 16, 91 i.A.a. Staehle 1999, S. 170 f.; Weinert 2004, S. 191 ff.; Berthel & Becker 2010, S. 52; Adler & Gundersen 2008, S. 186).

2.3.2.1.2Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg

Die Kernaussage der Zwei-Faktoren-Theorie nach Herzberg (1966) besteht darin, dass Arbeitszufriedenheit und -unzufriedenheit nicht die Extrempunkte eines Kontinuums, sondern zwei voneinander unabhängige Dimensionen sind, da gute und schlechte Arbeitserlebnisse nur selten durch dieselben Faktoren bestimmt werden (Holtbrügge 2017, S. 17; Schmeisser, Andresen & Kaiser 2018, S. 180).

Demnach können Anreize in Motivatoren, also Faktoren, mit denen Arbeitszufriedenheit erreicht werden kann, und Hygienefaktoren, also Faktoren, die lediglich Arbeitsunzufriedenheit verhindern können, jedoch keine Zufriedenheit stiften, unterschieden werden. Laut Holtbrügge (2017, S. 17) trugen Herzbergs Erkenntnisse maßgeblich zur Humanisierung der Arbeit bei, da klar wurde, dass Arbeitsentgelte keinen nachhaltigen Motivationsfaktor darstellen.

Die Kritik an Herzbergs Theorie basiert auf der Methodenabhängigkeit der Ergebnisse und der Annahme, dass jeder Mensch den gleichen Motiven folgen würde (Holtbrügge 2017, S. 18).

Warner & Dixon (2010) wenden die Zwei-Faktoren-Theorie im Bereich des Sports an und kommen zum Ergebnis, dass die Arbeitszufriedenheit des Trainers einen großen Einfluss auf das sportliche Ergebnis hat und dass Faktoren existieren, die die Zufriedenheit der Trainer verbessern, verschlechtern oder neutral halten können. Demnach stellen gute Spieler-Trainer-Beziehungen sowie Beachtung und ein gewisser sozialer Status zufrieden. Ein hoher Einfluss auf die Sportpolitik des Colleges, ein hohes Gehalt, das Privileg der Rekrutierung von Spielern sowie die Art der Führung durch einen Vorgesetzten und eine positive persönliche Life-Balance schaffen eine neutrale Stimmung, jedoch keine Zufriedenheit. Werden die gleichen Faktoren als negativ interpretiert (bspw. wenig Einfluss, geringes Gehalt) stiften sie Unzufriedenheit. Persönlicher Einfluss auf die eigene Zeitgestaltung und eigenes Agenda-Setting sowie Einfluss auf den langfristigen Teamaufbau und eine freundschaftliche Beziehung zu Kollegen können, sofern sie vorliegen, Zufriedenheit stiften und andernfalls zu Unzufriedenheit führen (Warner & Dixon, 2010).

2.3.2.2Prozesstheorien

Im Rahmen der Prozesstheorien sollen die Anreiz-Beitrags-Theorie von March und Simon (1958) mit etwaigen Weiterentwicklungen, die Valenz-Instrumentalitäts-Erwartungstheorie von Vroom (1964) und das Motivationsmodell von Porter und Lawler (1968) dargestellt werden.

2.3.2.2.1Anreiz-Beitrags-Theorie von March & Simon und deren Weiterentwicklung

Nach March und Simon (1958) wägen die Mitarbeiter ihren persönlichen Beitrag bzw. Input (Fähigkeiten, Erfahrungen und Arbeitsleistung), den sie einem Unternehmen zur Verfügung stellen, gegen die zu erwartenden Belohnungen ab und bestimmen auf Basis einer individuellen Kosten-Nutzen-Abwägung ihren Einsatz und ihren Verbleib im Unternehmen.

In Adams (1963) Gerechtigkeitstheorie (auch Equity-Theorie oder Theorie der Verteilungsgerechtigkeit – Schmeisser, Andresen & Kaiser 2018, S. 189 i.A.a. Skitka & Crosby 2003) wird diese ursprüngliche Anreiz-Beitrags-Theorie um das Konstrukt des sozialen Vergleichs mit einer anderen Person erweitert. Dabei vergleicht der Akteur stets relativ, d.h., das Ergebnis hängt von der gewählten Vergleichsperson ab, und subjektiv, also auch innerhalb unterschiedlicher Ausbildungsniveaus und Karrierewege. Kommt der Akteur in seiner subjektiven Bewertung zur Einschätzung einer fairen Behandlung, stellt sich ein Gefühl der Gerechtigkeit ein. Eine Bedingung dafür ist jedoch, dass die von der Unternehmung gewährten Anreize durch ein legitimes Verfahren etabliert wurden (prozessuale Gerechtigkeit, basierend auf einem fehlerfreien und konsistenten Anreizsystem) (Thibaut & Walker 1975; Colquitt 2001; Schmeisser, Andresen & Kaiser 2018, S. 188 i.A.a. Colquitt & Shaw 2005). Der Einbezug der Mitarbeiter in die Entwicklung des Verfahrens hat zudem eine positive Wirkung (Holtbrügge 2017, S. 19 i.A.a. Leventhal 1980).

Als gerecht wird es weiterhin empfunden, wenn sich jeder Mitarbeiter rechtzeitig, umfassend und an seine jeweiligen Bedürfnisse und Qualifikation angepasst informiert fühlt (informatorische Gerechtigkeit) und der Anreiz-Beitrags-Relation eine zwischenmenschliche Beziehung zugrunde liegt (interpersonale Gerechtigkeit). Informatorische und interpersonale Gerechtigkeit werden unter dem Begriff der interaktionalen Gerechtigkeit zusammengefasst (Schmeisser, Andresen & Kaiser 2018, S. 189).

Empfindet ein Akteur seine Behandlung als ungerecht, wird er versuchen, diesen Gefühlszustand entweder durch verhaltenswirksame Strategien (Reduzierung der Arbeitsleistung, geringere Bindung, Sabotage) oder durch kognitive Strategien (Wechsel der gewählten Vergleichsperson, Neubewertung der jeweiligen Anreize und Beiträge, innere Kündigung, Bedürfnisbefriedigung durch Freizeitaktivitäten) zu beseitigen (Holtbrügge 2017, S. 19). Emprische Studien bestätigen derartige Reaktionen auch bei Führungskräften (Tuschke 2013, S. 310 i.A.a. Barnard 1938, Henderson & Fredrickson 2001).

Mit Schmeisser, Andresen & Kaiser (2018, S. 189) lässt sich organisationale Gerechtigkeit als „die Wahrnehmungen eines Mitarbeiters hinsichtlich der allgemeinen Fairness in seiner Organisation“ begreifen. Dabei wird zwischen Verteilungs-, Prozess-, interpersoneller und informationaler Gerechtigkeit unterschieden. Hohe organisationale Gerechtigkeit beeinflusst demnach die Arbeitszufriedenheit und Arbeitsleistung, aber auch das Maß, in dem sich die Mitarbeiter mit den Zielen der Organisation identifizieren (Organisational Commitment) und das Verhalten der Mitarbeiter fernab der formalen Arbeitsrolle (Organizational Citizenship Behavior) positiv. Gleichzeitig begrenzt hohe organisationale Gerechtigkeit Fehlzeiten und Fluktuation und beugt Ressourcenvergeudung, Diebstahl, Sabotage und Gewalt unter den Mitarbeiter vor.

Dabei wirken sich sowohl eine Überbezahlungs- als auch eine Unterbezahlungs-Ungerechtigkeit negativ aus, da beide nicht zur Erhöhung der Beiträge der Mitarbeiter führen. Leistungsreduktionen infolge von Unterbezahlung haben jedoch schwerere Folgen für das Unternehmen. Der Equity-Theorie zufolge wirkt sich also ein faires Gehalt besser aus als ein hohes Gehalt (Schmeisser, Andresen & Kaiser 2018, S. 188 i.A.a. Judge et. al. 2010).

2.3.2.2.2Valenz-Instrumentalitäts-Erwartungstheorie

Laut Valenz-Instrumentalitäts-Erwartungstheorie (VIE) von Vroom (1964) verhalten sich Mitarbeiter rational und wählen die Verhaltensalternative aus, die ihren subjektiv wahrgenommenen Nutzen maximiert. Vrooms Theorie basiert auf der Annahme, dass der Weg zur Zielerreichung keinen Konsumnutzen spendet. Leistung wird also nur dann erbracht, wenn der Akteur damit ein erwünschtes Ziel erreichen kann.

In der VIE-Theorie werden zwei Arten von Handlungskonsequenzen unterschieden:

»Die Handlungsergebnisse (direkte Resultate des Handelns oder des Nicht-Handelns einer Person) und

»die Handlungsfolge (Auswirkungen eines Handlungsergebnisses auf andere Bereiche des Lebens).

Bspw. kann eine erfolgreiche Aktion zu einer Beförderung (Handlungsergebnis) und diese zu weniger Freizeit und zu einer höheren Bezahlung (Handlungsfolgen) führen.

Nach Vroom werden motivationale Entscheidungen der Akteure durch drei Faktoren beeinflusst:

»Die Instrumentalität des Handlungsergebnisses,

»die Valenz der Handlungsfolge und

»die zugehörige Erwartung der Person.

Die Instrumentalität bezeichnet den Zusammenhang zwischen dem Handlungsergebnis und den daraus resultierenden Handlungsfolgen, die vom Akteur wiederum als günstig oder als ungünstig empfunden werden können. Demzufolge kann ein Handlungsergebnis sowohl eine positive als auch eine negative Instrumentalität aufweisen. So führt eine Beförderung zu einem höheren Einkommen (positive Instrumentalität) und zu weniger Freizeit (negative Instrumentalität).

Mit Valenz bezeichnet Vroom den Nutzen, den ein ausgewählter Zustand für den betreffenden Akteur hat. Die Valenz des Handlungsergebnisses ist dabei die Summe der Produkte aus der jeweiligen Valenz der Handlungsfolgen und der zugehörigen Instrumentalitäten.

Im Beispiel der Beförderung kann das folgendes bedeuten: Ein dem Reisen zugetaner Akteur wird die Beförderung insofern als positiv empfinden, da er nun einen größeren finanziellen Spielraum für seine Reisen hat (positive Instrumentalität). Die damit einhergehende Einbuße an Freizeit hat, da sie weniger Zeit für das Reisen lässt, eine negative Instrumentalität. In Abhängigkeit davon, wie er die beiden Aspekte bewertet, ergibt sich ein entsprechender Wert für die Valenz der Beförderung.

Ob schließlich in eine entsprechende Richtung gehandelt wird, hängt weiterhin von der Erwartung, also dem Grad der subjektiv wahrgenommenen Eintrittswahrscheinlichkeit eines Ergebnisses, ab.

Nach Vroom wird die Entscheidung einer Person bezüglich einer Handlung durch das Zusammenwirken aus Erwartung und Wertigkeit des Handlungsergebnisses determiniert. D.h., dass ein sehr wünschenswertes Ziel dann nicht handlungsleitend wirkt, wenn der Akteur annimmt, dass das Ergebnis nicht erreicht werden kann.

2.3.2.2.3Motivationsmodell nach Porter & Lawler

Das Motivationsmodell von Porter & Lawler (1968) vereint Ansätze der verschiedenen Motivationstheorien und verknüpft diese zu einem Modell mit der zentralen Annahme, dass Zufriedenheit das Ergebnis von Leistung ist und dieser nicht vorausgehen muss.

Der Motivationsprozess beginnt demnach mit einer erbrachten Anstrengung, deren Intensität von der Wertigkeit der zu erwartenden Belohnung und der Eintrittswahrscheinlichkeit der Belohnung abhängt. Die erbrachte Anstrengung führt zu einer Leistung, die aufgrund persönlicher Merkmale nicht identisch mit der Anstrengung ist. Wurde die Leistung erbracht, erhält der ausführende die versprochene Belohnung, die sowohl im Sinne der Anreiz-Beitrags-Theorie als auch der Gerechtigkeitstheorie als angemessen empfunden werden muss, um Zufriedenheit zu stiften (Holtbrügge 2017 S. 23).

Leistung führt demnach nicht direkt zur Zufriedenheit, sondern die Zufriedenheit wird durch die Belohnung moderiert, der eine Anstrengung vorausgehen muss. Das Motivationsmodell von Porter & Lawler wurde durch zahlreiche empirische Studien gestützt (Holtbrügge 2017, S. 23 i.A.a. Weinert 2004 S. 210 f.).

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Abbildung 2: Motivationsmodell von Porter & Lawler.
Quelle: Eigene Darstellung.

2.3.2.3Würdigung

Die Befriedigung aktivierter Motive eines Beschäftigten schafft Arbeitszufriedenheit. Das Ausmaß dieser Zufriedenheit hängt von der Bedeutung der Motive ab (Schmeisser, Andresen & Kaiser 2018, S. 182 i.A.a. Rosenstiel 2009). Zudem wird die Arbeitszufriedenheit durch die betriebliche Situation und Persönlichkeitsstruktur des Individuums beeinflusst (Schmeisser, Andresen & Kaiser 2018, S. 182 i.A.a. Judge et. al. 2001).

Wird Arbeitszufriedenheit erzielt, resultiert diese möglicherweise in einer höheren Arbeitsleistung. Gleichwohl ist die Wirkungsrichtung nicht eindeutig geklärt (Schmeisser, Andresen & Kaiser 2018, S. 182 i.A.a. Schneider et. al. 2003; Nerdinger 2011), was auch am Gegensatz zwischen der Gerechtigkeitstheorie und dem Modell von Porter & Lawler deutlich wird.

Auch wäre es möglich, dass sich Zufriedenheit und Leistung gegenseitig beeinflussen oder der Zusammenhang indirekt über eine Drittvariable gesteuert wird (bspw. subjektives Wohlergehen als individuell-kognitive und affektive Reaktion auf das gesamte eigene Leben und spezifische Situationen) (Schmeisser, Andresen & Kaiser 2018, S. 182 f. i.A.a. Fischer & Fischer 2005; Bowling 2007; Cropanzano & Wright 2001; Wright, Cropanzano & Bonett 2007; Diener & Lucas 1999). So führen Schmeisser, Andresen & Kaiser (2018, S. 183) abschließend aus: „Das subjektive Wohlergehen der Arbeitnehmer stellt einen Schlüssel zur Erhöhung der Leistung dar. Auch ist eine positive Korrelation zwischen der Arbeitszufriedenheit und dem subjektiven Wohlergehen empirisch vielfach nachgewiesen.“

Grundlegende Kritik erfahren alle Motivationstheorien in der Literatur dafür, dass die Mitarbeiter als rein auf Anreize reagierende Wesen dargestellt werden, die die Sinnhaftigkeit ihrer Tätigkeit nicht hinterfragen. Stattdessen sollte der Förderung der Leistungsbereitschaft weniger und der Befähigung zur Leistung durch Personalentwicklungsmaßnahmen mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden (Holtbrügge 2017, S. 25 i.A.a. Sprenger 1998). Für weitere grundlegende Kritik an den Motivationstheorien wird auf Holtbrügge (2017) verwiesen.

2.3.3Ressourcentheoretische Ansätze

Grundlage der ressourcentheoretischen Ansätze ist die auf Becker (1962; 1964) und Oi (1962) zurückgehende Humankapital-Theorie, die den Investitionscharakter von Bildung und Ausbildung thematisiert. So legen Arbeitnehmer die entsprechende Basis durch ihre schulische, berufliche und akademische Ausbildung, die durch betriebsspezifische Qualifikationen erweitert wird (Golla 2002, S. 57). Dabei kann zwischen allgemeinem und spezifischem Humankapital unterschieden werden; während ersteres sich auf allgemeine Fähigkeiten und Fertigkeiten bezieht (bei einem Buchhalter wären das etwa die grundsätzlichen Kenntnisse des Buchens), ist das spezifische Humankapital eher situationsabhängig zu verorten (beim Buchhalter wäre das bspw. die Kenntnis, wie in einem bestimmten Unternehmen der Umsatz abgegrenzt wird). Übertragen auf den Fußball ist allgemeines Humankapital bspw. die Kompetenz des Spielers, den Ball aus unterschiedlichen Positionen anzunehmen, und spezifisches Humankapital etwa die Fähigkeit, in einer bestimmten Mannschaft die voraussichtlichen Spielzüge seiner Mannschaftskollegen zu antizipieren.

Erweiterungen des ursprünglichen Humankapitalansatzes fanden bspw. in Form der Einführung von kulturellem und Sozialkapital statt. Letzteres wird als eine auf Gruppenzugehörigkeit beruhende Ressource definiert (Bourdieu 1983, S. 190 f.).

Der Unternehmer steht in diesem Zusammenhang vor einem Trade-off zwischen der Produktivitätssteigerung durch Investitionen in das (unternehmens)-spezifische Humankapital und einer möglichen Abhängigkeit von genau den Mitarbeitern, in die investiert wird (Golla 2002, S. 63 i.A.a. Williamson 1985, S. 52 ff.).