image

Volker Kronenberg

Lenno Götze

Chronik –
Senat der Wirtschaft

Volker Kronenberg

Lenno Götze

Chronik – Senat der Wirtschaft

Eine politikwissenschaftliche Betrachtung mit zusätzlicher Innenansicht des Senats

Tectum Verlag

Volker Kronenberg mit Lenno Götze

Chronik – Senat der Wirtschaft. Eine politikwissenschaftliche Betrachtung mit zusätzlicher Innenansicht des Senats

© Tectum – ein Verlag in der Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2019

ePub: 978-3-8288-7295-0

(Dieser Titel ist zugleich als gedrucktes Werk unter der ISBN 978-3-8288-4347-9 im Tectum Verlag erschienen.)

Umschlagabbildung: © Senat der Wirtschaft

Alle Rechte vorbehalten

Informationen zum Verlagsprogramm finden Sie unter

www.tectum-verlag.de

Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Angaben
sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Bibliographic information published by the Deutsche Nationalbibliothek
The Deutsche Nationalbibliothek lists this publication in the Deutsche
Nationalbibliografie; detailed bibliographic data are available online
at http://dnb.ddb.de.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort der Herausgeber

Geleitwort des Vorstands Senat der Wirtschaft und Stiftung Senat der Wirtschaft

Grußwort des Präsidenten Senat der Wirtschaft

I. Der Senat der Wirtschaft aus wissenschaftlicher Sicht

Volker Kronenberg unter Mitwirkung von Lenno Götze

1. Geschichte und Entwicklung des Senats der Wirtschaft

1.1 Aus der Krise geboren: Gründung, Ziele und Vision des Senats der Wirtschaft

1.2 Im Dienst der „res publica“: Die Gemeinwohlorientierung des Senats der Wirtschaft

1.3 Instrumente zur Zielerreichung des Senats der Wirtschaft

2. Globale Herausforderungen erfordern globales Handeln. Die Einbettung des Senats der Wirtschaft in die europäische und globale Ebene

3. Gesamtgesellschaftlich wichtige Themen – die Ökonomie und Ökologie

4. Die Versöhnung von Markt und Nachhaltigkeit – Ökosoziale Marktwirtschaft als nationales und globales Ordnungsprinzip des Senats der Wirtschaft

5. Nachhaltigkeit in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft

II. Der Senat der Wirtschaft in der Innenansicht

Christoph Brüssel

1. Historie des Senats: Wirtschaft für Menschen, der Nachhaltigkeit verpflichtet

1.1 Das Wirken des Senats der Wirtschaft und die Mitglieder

1.2 Mitgliederentwicklung

1.3 Forschung und qualitatives Wachstum

III. Anhang: Die politischen Impulse des Senats der Wirtschaft anhand einiger Beispiele aus Publikationen

1. Die Klima Initiative des Senats der Wirtschaft – Joker für eine Zukunft

2. Die ausführliche Studie des Senats der Wirtschaft im Umfeld der Finanzkrise und deren Folgen

3. Der Marshallplan mit Afrika

4. Europa fit machen für die Zukunft

5. … vom Patienten aus denken! – Überlegungen zur Gesundheitspolitik der Jahre 2013 und 2017 und darüber hinaus

IV. 10 Jahre Senat der Wirtschaft in Bildern

Vorwort der Herausgeber

image

Prof. Dr. Volker Kronenberg,
Dekan Philosophische Fakultät,
Institut für politische Wissenschaft und Soziologie,
Rheinische Friedrich-Wilhelm-Universität Bonn

image

Lenno Götze M. A.,
Wissenschaftlicher Mitarbeiter,
Institut für politische Wissenschaft und Soziologie,
Rheinische Friedrich-Wilhelm-Universität Bonn

Politische Wissenschaft als dezidiert praktische Wissenschaft für die „res publica“ verstanden, mithin der besten Tradition Bonner Demokratiewissenschaft seit Ende der 1950er Jahre verpflichtet, nimmt sowohl gegenwärtige Herausforderungen, Probleme, Themen und Diskurse von Politik, Gesellschaft und Kultur in den Blick, wie ebenfalls die (zeit-)historischen Grundlagen und Entwicklungsverläufe, die einer entsprechenden Ortsbestimmung der Gegenwart vorangehen bzw. zugrunde liegen. Politische Wissenschaft als praktische Wissenschaft, als zugleich moderne wie bewusst historisch fundierte Integrationswissenschaft verstanden, die Politik im Wechselspiel mit Soziologie, Philosophie, Jurisprudenz und Psychologie begreift, ist dabei stets an den Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Teilsystemen der „res publica“ interessiert.

Was allzu akademisch, womöglich theoretisch abstrakt klingt, wird doch überaus anschaulich und erweist sich als erfreulich fruchtbar, wenn Begriffe wie Gemeinwohl oder Nachhaltigkeit in den Blick genommen und mit dem Tätigkeitsprofil eines Akteurs wie jenem des Senats der Wirtschaft verbunden werden.

Es sind Schlüsselbegriffe des gegenwärtigen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Diskurses wie jener der Nachhaltigkeit beziehungsweise jener der Gemeinwohlorientierung, dessen ideengeschichtliche Wurzeln mithin in der griechischen wie römischen Antike zu finden sind und die – seit seiner Gründung im Jahre 2009 – im Mittelpunkt des Selbstverständnisses, ja des Gründungszwecks des Senats der Wirtschaft Deutschland stehen, die in ihrer Breite wie Tiefe angemessen nur in ihrer Interdisziplinarität beziehungsweise in den teils komplexen Zusammenhängen von politischem, wirtschaftlichem und gesellschaftlichem Handeln verstanden und damit auch sinnvoll – politisch verantwortlich – mit Inhalt gefüllt werden können. Was kennzeichnet nachhaltige Politik, nachhaltiges Wirtschaften im zweiten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts – zumal im Bewusstsein dessen, dass Nachhaltigkeit keineswegs alleine Fragen nationaler Politik und Wirtschaft darstellen, sondern aufgrund ihres transnationalen Charakters sowohl nationale wie internationale Zusammenhänge in den Blick zu nehmen haben?

Die Herausforderung, diese Begriffe nicht nur abstrakt, sondern in ihren ganz konkreten wie facettenreichen Ausprägungen als wichtige Gegenstände politikwissenschaftlicher Betrachtung ausleuchten zu wollen, gelingt innerhalb der seit einigen Jahren erfolgreich praktizierten Kooperation zwischen dem Senat der Wirtschaft, der Stiftung des Senats der Wirtschaft und der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn umso besser. Im Rahmen von Kooperationsveranstaltungen und -projekten werden im Austausch mit Praktikern in Wirtschaft wie in Politik Thematiken in Bezug auf gegenwärtige Schlüsselbegriffe diskutiert, erarbeitet, weiterentwickelt und daraus – im besten Sinne einer praktischen Politikwissenschaft – Erkenntnisgewinn gezogen. Aus Anlass des 10-jährigen Bestehens des Senats der Wirtschaft wird auf den nachfolgenden Seiten dieser Chronik deren Geschichte und Entwicklung sowie die integrativ-wissenschaftliche Betrachtung der benannten politischen, wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Schlüsselbegriffe erfolgen.

Ein besonderer Dank gilt an dieser Stelle meinen Mitarbeitern und Hilfskräften – unter besonderer Hervorhebung von Christopher Prinz –, die uns bei der Arbeit und Entstehung dieser Chronik unterstützt haben. Darüber hinaus bedanken wir uns sehr herzlich bei Dr. Alexander Grieswald, der seinerseits eine Dissertation über die Arbeit des Senats der Wirtschaft unter dem Gesichtspunkt der strategischen Organisationsentwicklung geschrieben und das Kapitel 1.3 dieser Chronik federführend verfasst sowie zur Entstehung der Kapitel 1.1 und 1.2 beigetragen hat.

 

10 Jahre Senat der Wirtschaft –
gemeinsam mit „Wirtschaft für Menschen“

image

Rosi Gollmann,
Gründerin und Ehrenvorsitzende der ANDHERI HILFE und
Mitbegründerin der ROSI-GOLLMANN-ANDHERI-STIFTUNG

Eine nur kurze Zeitspanne in unserer schnelllebigen Zeit.

So drängt sich die Frage auf: Zehn Jahre Senat der Wirtschaft – ein Grund zum Feiern?

Dieses Jubiläumsbuch gibt die zweifellos richtige Antwort:

Nicht die Jahre zählen, sondern die Aktivitäten in diesem Zeitraum als ein bewusstes Mitarbeiten an einer lebenswerten Welt.

Da geht es um unternehmerische Verantwortung der mehr als sechshundert Mitglieder, aber nicht zuerst mit dem Ziel der Gewinnmaximierung im Unternehmen: Im Vordergrund steht die Verantwortung der Wirtschaft für das Gemeinwohl. Darum wird dem Leitsatz des Senats „Wirtschaft für Menschen“ durch werteorientierte Unternehmensführung und Unterstützung von gemeinwohlorientierter Politik gezielt Rechnung getragen.

Ich selbst darf seit neun Jahren als Ehrensenatorin dabei sein. Und ich bin es – der ökosozialen Ausrichtung des Senats wegen – mit Freude und Stolz. Mit meiner mehr als fünfzigjährigen Erfahrung in der Entwicklungszusammenarbeit – als Gründerin der ANDHERI HILFE und der ROSI-GOLLMANN-ANDHERI-STIFTUNG – habe ich versucht, die Botschaft der sozialen Verpflichtung weiterzugeben. Bei Fachveranstaltungen konnte ich von manchen ANDHERI-Projekten berichten und bei geselligen Zusammenkünften des Senats kam es immer wieder zu guten Gesprächen mit Menschen, die sich der großen Verantwortung der Wirtschaft für das Gemeinwohl bewusst sind. Die wichtige Erkenntnis, die ich im Kontakt mit den Betroffenen in Bangladesch und Indien gewonnen habe, gebe ich gern weiter:

Der Mensch kann nicht entwickelt werden, er kann sich nur selbst entwickeln!

So heißt Entwicklung nicht für die Ärmsten, sondern mit ihnen eine tragfähige Zukunft aufbauen, ihre Randsituation tatkräftig angehen. Und gemeinsames Tun ist auch da gefordert, wo man ihnen Rechte und Würde vorenthält.

Das fängt in unseren ANDHERI HILFE-Projekten da an, wo es um Kinder und Jugendliche geht: Fern von Kinderarbeit und Straßenkinderdasein erfahren sie Chancen der Bildung und wachsen in Kinderparlamenten zu bewussten Demokraten einer tragfähigen Generation heran.

Frauen, die als letztes Glied in ihrer Gesellschaft gelten, erkennen ihre Fähigkeiten, ihre Rechte. Sie schließen sich in Selbsthilfegruppen zusammen. Unter eigenem Einsatz erreichen sie durch Mikrokredite für Einkommen schaffende Maßnahmen ihre Eigenständigkeit bis hin zur Mitarbeit in politischen Gremien.

Männer setzen angebotene Beratung und Anleitung um, vor allem im landwirtschaftlichen Bereich: ertragreich und gleichzeitig ökologisch zum Schutz ihrer vom Klimawandel bedrohten Umwelt.

Auch für die schwächste Bevölkerungsgruppe, die Behinderten – bei ANDHERI HILFE stehen dafür besonders die 1,4 Millionen geheilte Blinde –, wird durch Licht bringende Operationen eine neue helle Welt eröffnet, in der sie sich in Folge selbst miteinbringen.

Diese erfolgreiche Arbeit der ANDHERI HILFE ist nur möglich durch die Spendenbereitschaft von Privatpersonen, Gruppen und Unternehmen. Unter der Zielsetzung „Wirtschaft für Menschen“ hat sich der Senat der Wirtschaft in den zehn Jahren seines Bestehens immer wieder mit gezielten Spendenaktionen für verschiedene dieser ANDHERI-Projekte eingesetzt, für eine Hilfe zur Selbsthilfe. Und diese erfolgreiche Zusammenarbeit ist auch für die Zukunft geplant: miteinander und ganz praktisch.

In ganz besonderer Weise wartet nun für den Senat eine große Aufgabe auf ihre Umsetzung: Es geht um den Marshallplan mit Afrika, gemeinsam konzipiert vom Senat mit dem Club of Rome. Er gilt aktuell als dominierende Zielsetzung des Bundesministeriums für Entwicklung und Zusammenarbeit (BMZ). Es geht darum, dem wirtschaftlich besonders benachteiligten Kontinent Afrika eine nachhaltige Chance zu geben. Gemeinsam mit den Menschen in ärmeren Regionen soll eine selbstbestimmte Zukunft mit stabilen Perspektiven aufgebaut werden. Es geht hier, wie bei den geförderten Projekten der ANDHERI HILFE, um das Miteinander in der gemeinsamen Hilfe zur Selbsthilfe. Das entspricht gleichzeitig den guten Traditionen einer sozialen Orientierung der Wirtschaft, die nach den Vorbildern der Subsidiarität handeln: Europäische Wirtschaft und Menschen der armen Länder schaffen gemeinsam eine Wohlstandsperspektive durch eigenverantwortliches Wirtschaften. Ein hoffnungsvoller Ansatz.

Zehn Jahre Senat der Wirtschaft! Und das gemeinsam mit Wirtschaft für Menschen.

Im Rückblick sind die Erfolge als Antwort auf die weltweiten Herausforderungen unserer Zeit nicht zu übersehen.

Fürwahr ein Grund zum Feiern!

Gleichzeitig aber auch ein Anlass zur Planung intensiver Weiterarbeit für eine lebenswerte Welt für alle!

 

Haltung zu Europa einnehmen

image

Jean-Claude Juncker,
Präsident der Europäischen Kommission

Wo auch immer ich als Kommissionspräsident in der Welt unterwegs bin, ob in Afrika oder Asien: Überall bewundert man uns Europäer für dieses Europa, das wir geschaffen haben. Für ein Europa, dessen größter Schatz seine Vielfalt ist; für ein Europa, das den größten Binnenmarkt der Erde mit der am zweithäufigsten genutzten Währung geschaffen hat. Nur wenn ich wieder in Europa lande, höre ich leider meistens, was in Europa nicht klappt. Erst wenn man sich ein paar Schritte entfernt, wird wieder sichtbar, dass die Europäische Union wohl die beste Idee des 20. Jahrhunderts war: Aus einem Kontinent, auf dem jahrhundertelang Krieg geführt wurde, aus zertrümmerten Seelen und Städten wurde dank der außergewöhnlichen visionären Kraft der Nachkriegsgeneration ein Kontinent des Friedens, der Toleranz und der freien Entfaltung.

Allein deshalb gilt es, die europäische Idee auch im 21. Jahrhundert lebendig zu halten – und trotz der Spannungen von innen und außen felsenfest zu Europa zu stehen. Besonders weil Europa der kleinste Kontinent in der Welt ist und sein Gewicht weiter abnehmen wird: Lebten im Jahr 1900 noch rund ein Viertel der Weltbevölkerung in Europa, werden wir Europäer 2060 nur noch weniger als vier Prozent ausmachen. Unser Anteil an der globalen Wirtschaft wird sich von 23 Prozent auf die 15-Prozent-Marke zubewegen. In 20 Jahren wird kein einziges europäisches Land mehr am Tisch der G7 Platz nehmen, auch Deutschland nicht. Alle, die uns also erklären wollen, wir sollten uns wieder in unsere Einzelteile zerlegen und als Nationalstaaten unsere Probleme lösen, irren gewaltig. Desinformation, Migration, Sicherheit und Klimawandel sind Herausforderungen, die selten an Grenzen Halt machen.

Wir müssen uns als Europäer daher vielmehr enger aufeinander zubewegen, uns besser kennenlernen, uns gegenseitig stützen. Vor allem brauchen wir Stimmen wie den Senat der Wirtschaft, die Stellung zu Europa beziehen. Stimmen, die auch in Krisenzeiten nicht davor zurückschrecken, eine klare pro-europäische Haltung einzunehmen und für eine werteorientierte soziale Marktwirtschaft einzustehen. Stimmen, die erst einen Schritt zurückgehen und auf das große Ganze schauen, bevor sie sich äußern. Diese Haltung ist es, die die europapolitischen Impulse des Senats der Wirtschaft so wertvoll für die Europa-Debatte in Deutschland machen.

Als Ehrensenator gratuliere ich dem Senat herzlich zum zehnjährigen Bestehen. Mögen diese zehn Jahre nur der Anfang sein. Bleiben Sie Europa so treu wie bisher.

 

Guten Morgen, Europa!

image

Prof. Dr. Jürgen Rüttgers,
Bundesminister a. D. und
Ministerpräsident a. D.

Sonntagmittags treffen sich überall in großen europäischen Städten Menschen mit blauen Fahnen, auf denen zwölf gelbe Sterne das Vereinte Europa symbolisieren. „Pulse of Europe“ heißt die Bürgerbewegung, die unbekannt und plötzlich für Frieden und Freiheit demonstrieren wollte. „Fridays for Future“ heißt die Schülerbewegung, die ihren Protest gegen eine Politik auf den Straßen zeigen wollen, die zu wenig tut, um den Klimawandel zu stoppen. In einem kleinen Ort in Burgund namens Taizé treffen sich tausende Jugendliche aus aller Welt, um miteinander zu beten und zu meditieren. Auch der Senat der Wirtschaft engagiert sich in diesen Tagen für „Mehr Demokratie in Europa“.

30 Jahre ist es her, dass überall in Mittel- und Osteuropa Menschen friedlich mit Kerzen in den Händen gegen die Teilung Europas und die korrupten kommunistischen Systeme demonstrierten und die Menschen- und Bürgerrechte einforderten. Wir alle glaubten und hofften, dass durch diese „Große Europäische Freiheitsrevolution von 1989/1990“ eine bessere Welt entstehen würde. Doch plötzlich kam der Krieg zurück nach Europa. Die Kämpfe um Macht und Einfluss hatten wieder begonnen. Rechtspopulisten, Rechtsradikale und Faschisten wollen die Europäische Union zerstören. Der Brexit soll der erste Schritt sein. In Frankreich und Deutschland fordern überall Politiker auf ihren Plakaten die Rückkehr zum Nationalismus und den Austritt aus dem Vereinten Europa. In vielen europäischen Ländern sind sie auf dem Vormarsch. Sie behaupten, sie seien die Vertreter des wahren Volkes. Oft finanziert durch Milliardäre, die, wie der amerikanische Präsident, gegen Multilateralismus sind und in einer gespaltenen Welt leichter mit Verschwörungstheorien, Fake News und Social Bots ihre Geschäfte machen wollen.

In unseren Schulen hören unsere Kinder, dass Demokratie Volksherrschaft bedeutet. Der amerikanische Präsident Abraham Lincoln hat es im Jahr 1863 formuliert. Demokratie ist „Government of the people, by the people and for the people“. Die westlichen Demokratien wissen aus Erfahrung, dass es nicht reicht, eine Mehrheit im Parlament zu haben. Die Illiberalen und die Populisten behaupten, sie seien die „Vertreter des wahren Volkes“. Die formale Einhaltung demokratischer Verfahren kann sogar zur Abschaffung der Demokratie und zur Errichtung einer Diktatur führen. Das kennen wir in Deutschland durch Hitlers Machtergreifung, die in einem formal korrekten Verfahren 1933 erfolgte. Eine Demokratie erfordert einen funktionierenden Rechtsstaat. Deshalb muss auch die EU demokratisch sein. Illiberale Systeme können nicht Mitglied der EU sein, ihre Mitgliedstaaten müssen rechtsstaatlich sein; sie haben auch kein Anrecht auf Zuschüsse für Forschung und Wissenschaft sowie Investitionen in eine bessere Infrastruktur. Die Menschen- und Bürgerrechte müssen gewährleistet sein. Eine funktionierende Verfassungsgerichtsbarkeit im Europäischen Gerichtshof und den Mitgliedstaaten muss sicherstellen, dass Machtmissbrauch bestraft und die Bürgerfreiheiten geschützt werden. Aber neben dem Rechtsstaat, der Gewaltenteilung und den Bürgerrechten braucht jede Demokratie die Vermittlung der politischen Inhalte durch Politik, Staat und Institutionen, weil sie auf Werten beruht, die ihr vorgelagert sind. Notwendig ist auch die Partizipation der Bürger am politischen Diskurs und den politischen Entscheidungen. Jedes staatliche Handeln ist nur legitim, wenn die Bürger beteiligt sind. Partizipation ist selbstverantwortliche Teilhabe am demokratischen Leben von Staat, Institutionen und Gesellschaft. Partizipation heißt nicht, Partei zu sein und ist nicht dasselbe wie profitieren. Teilhabe meint aber nicht, nur dabei zu sein, auf „die da oben“ zu schimpfen, Mitbürger zu beleidigen und ohne Anstand zu diskutieren. Wer partizipiert, versteht sich als Teil eines Ganzen. Teilhabe nutzt nicht nur den eigenen Interessen, sondern auch dem Gemeinwohl. Jeder Bürger hat ein Recht, dass seine Meinung auch im demokratischen Willensbildungsprozess gehört und beachtet wird. Er muss sich dieses Recht nicht erkämpfen. Der demokratische Staat, die Institutionen und die Gesellschaft haben die Pflicht, das Zusammenleben in der Demokratie so zu organisieren, dass diese Teilhabe möglich ist. Wir alle haben als Bürger die Möglichkeit, diese zu nutzen.

Das heißt konkret: Jede Revolution führt zu Folgekonflikten. Das gilt auch für die „Große Europäische Freiheitsrevolution von 1989/1990“, die zur Wiedervereinigung Deutschlands und Europas führte. Wir haben es seitdem nicht geschafft, Europa demokratischer zu machen. Deshalb ist die Europawahl am 26. Mai 2019 so wichtig. Wenn wir mehr Demokratie in Europa wollen, dann brauchen wir eine hohe Wahlbeteiligung, um Populisten, Radikale und Faschisten kleinzuhalten. Wir brauchen auch in Europa ein stabiles Parlament und eine stabile Regierung, die das europäische Volk schützen.

Nur gemeinsam können wir noch die Außengrenzen der Europäischen Union sichern, den Terrorismus bekämpfen, den Klimawandel stoppen, Wohlstand und Bildungschancen für alle in Europa gewährleisten und die europäische Souveränität gegen die anderen Großmächte auf der Welt verteidigen. Nur so können wir auch die europäischen Nationen erhalten. Nation, Staat und Europa sind im 21. Jahrhundert nur noch als Demokratie denkbar. Nicht der Nationalstaat, also die Identität von Staat und Nation, ist das Modell der Zukunft, sondern die Demokratie in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft.1 In Europa und seinen Mitgliedstaaten sichert das Vereinte Europa das Überleben der Nationen. Die westliche, liberale Demokratie für die ganze Welt tauglich zu machen, die europäische Einigung zu vollenden und die Nationen als Gemeinschaft derjenigen, die zusammen leben wollen, in einer entgrenzten Welt zu erhalten, ist die größte politische Aufgabe des 21. Jahrhunderts. Nur so lässt sich unser „European Way of Life“ erhalten und verteidigen.2

Geleitwort des Vorstands Senat der Wirtschaft und
Stiftung Senat der Wirtschaft

image

Dieter Härthe,
Vorstandsvorsitzender Senat der Wirtschaft

image

Dr. Christoph Brüssel,
Vorstand Senat der Wirtschaft

 

Marktwirtschaft und ökologisch soziale Verantwortung sind kein Gegensatz

Verantwortung und ein auf lange Sicht zielendes Wirtschaften sind für die meisten erfolgreichen Akteure in Unternehmen die wirklich wichtigen Werte. Die Rolle der so denkenden und arbeitenden Unternehmerinnen und Unternehmer bei der Gestaltung unserer Gesellschaft und der Unterstützung politischer Instanzen ist eine wichtige Säule der ökologischen und sozialen Marktwirtschaft.

In einer solch erfolgreich funktionierenden Systematik sehen wir, als Vorstand des Senats, nicht nur ein Wirtschaftsmodell: Es kann das Gesellschaftssystem sein, hinter dessen Vorbild wir uns alle gerne versammeln.

So war es von Gründung an die gemeinsame Zielsetzung des Senats der Wirtschaft e. V. und später auch der Stiftung Senat der Wirtschaft, durch einen interdisziplinären Ansatz mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Praktikerinnen und Praktikern aus der Wirtschaft die Lösungsfähigkeit einer ökologisch und sozial motivierten Marktwirtschaft in Anbetracht der Herausforderung unserer Zeit zu erarbeiten. Es geht darum, mit durchdachten Impulsen die Politik zu unterstützen, bewusst, ohne öffentlichkeitswirksame Forderungen zu stellen, stets im konkreten und ehrlichen Sinne, nicht ideologisch und immer plural denkend.

Dabei ist es eine wesentliche Voraussetzung, dass der Senat der Wirtschaft gemeinwohlorientiert agiert und zuverlässig keine Einzelinteressen vertritt, entsprechend dem Leitgedanken von John F. Kennedy:

„Fragt nicht, was euer Land für euch tun kann, fragt vielmehr, was ihr für euer Land tun könnt!“3

Reinhard Marx, heute Kardinal und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, schreibt 2008 in seinem Buch „Das Kapital“, der Kapitalismus stehe in diesen Tagen „erkennbar unter Rechtfertigungsdruck, vielleicht so sehr wie in den vergangenen 100 Jahren nicht mehr.“ Wirtschaft und Gesellschaft sollten „nicht nur effizient, sondern auch gerecht“ sein.4

Marx unterstreicht das Erfordernis individueller Leistung, befürwortet jedoch auch klare Regeln durch den Staat, damit eine Marktwirtschaft gerecht funktionieren kann.

Als er dies formulierte, gab es wegen der damals aktuellen Finanzkrise Anlass, überzogenes Gewinnstreben und mangelnde Verantwortung in Teilen der Wirtschaft zu beklagen. Es könnte sein, dass seitdem viele in der Wirtschaft und in der Politik eine neue Perspektive bezogen haben. Jedenfalls kann beobachtet werden, dass ein achtsameres Bewusstsein im ökonomischen Kontext erkennbar wurde.

Auch aus der Perspektive vieler Erfolgsmenschen der Wirtschaft begründen Ökonomie, Ökologie und soziale Verantwortung keinen Gegensatz.

Verantwortung für die Gesellschaft ist für viele Unternehmerinnen und Unternehmer ein Kernpunkt ihrer Aufgabenstellung.

Für den Vorstand bedeutet zeitgemäßes Handeln, die Stärken der Persönlichkeiten aktiv zum Gemeinwohl zu nutzen. Ziel ist es, die Erkenntnisse der Forschung zur Ökosozialen Marktwirtschaft und die praktischen Erfahrungen erfolgreicher Akteure der Wirtschaft mit Politikerinnen und Politikern sowie und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ebenso wie mit aktiven Wirtschaftsentscheidenden zu teilen.

Nachhaltigkeit ist ein erstrebenswertes Ziel

Nachhaltigkeit, nachhaltige Unternehmensführung und nachhaltige Produktion stehen im Mittelpunkt einer zukunftsgewandten Ausrichtung weiter Teile der modernen ökologisch und sozialen Marktwirtschaft. So zählen diese Themen auch zur Kernkompetenz des Senats der Wirtschaft.

Käufer, Klienten und Auftraggeber achten immer stärker auf die Bedingungen bei der Fertigung ihrer Wunschprodukte oder Dienstleistungen. Alleine persönliche Willensentscheidungen schaffen solche Aufmerksamkeit nicht. Längst fordern Unternehmensdirektiven oder gar institutionelle Regularien bis hin zur Europäischen CSR-Richtlinie eine strukturierte Berichterstattung über die Nachhaltigkeit wirtschaftlicher Prozesse.

Nicht ohne Grund ist der Begriff in unserer aktuellen Zeit so häufig genutzt. Die Herausforderungen im Umweltschutz und ebenso die Gestaltung einer globalen Gesellschaft sind zunehmend anspruchsvoll.

Die eskalierende Entwicklung des Klimas, das enorme Bevölkerungswachstum mit der Herausforderung der überlebenswichtigen Ernährung und notwendigen Verteilung eines Mindestwohlstands sind vorausgesetzt. Hinzu kommen die Erkenntnisse über disruptive Veränderungen durch die technologischen Entwicklungen unserer heutigen Wirtschaft und Gesellschaft.5

Wesentliche Veränderungen ergeben sich durch die grenzenlose Informationsmöglichkeit der globalen Gesellschaft. So entwickelt sich auch die Forderung nach erhöhter Transparenz über Vorgänge und Möglichkeiten. Das wiederum lässt ein erhöhtes Maß an Verantwortung als Folge unausweichlich werden.

Der Senat der Wirtschaft und seine Stiftung sehen diese Gesamtkonstellation als maßgebliche Auslöser einer Partizipationsverantwortung und auch Pflicht der Wirtschaft zu der Gestaltung einer verantwortbaren Zukunft der globalen Gesellschaft.

So ist die intensive strategische Ausrichtung, aber auch die stärkere Notwendigkeit zu nachhaltigem Handeln in der Wirtschaft eine logische Konsequenz.

Ohne die selbstregulierende Beteiligung der privaten Akteure, besonders aus der Marktwirtschaft, an der Lösung der sich zwingend stellenden Herausforderungen werden die staatlichen Instanzen immer stärker und sehr bald genötigt sein, massive Regularien zu erlassen.

Lösungsverantwortung lässt eine ökologische und soziale Marktwirtschaft selbstbestimmt bleiben

Es ist zu erwarten, dass die dramatischen Klimaveränderungen und parallel die weiter stark wachsende Weltbevölkerung zu ernsten Konfliktpotentialen führen. Folgen sind massenhafte Umwelt- und Armutsmigration und weiter eskalierende Verteilungs- und Akzeptanzkonflikte in weiten Teilen der wohlhabenden Gesellschaften.

Solche Szenarien werden politische Regulierung erzwingen, die gerade aus Sicht der Marktwirtschaft ein selbstbestimmtes Entscheiden der privaten Akteure übermäßig einschränken müsste. Folglich muss es gerade im Interesse der Entscheiderinnen und Entscheider der Wirtschaft sein, nach vorausschauend ökologisch und sozialen Lösungskriterien zu handeln.

Demnach ist es nicht alleine sprachlich modischen Gedanken zu schulden, wenn der Begriff Nachhaltigkeit beinahe inflationär genutzt wird. Es gebietet die Notwendigkeit, viele lösungsorientierte Gedanken und daraus resultierende Forderungen und Regeln über nachhaltiges Handeln in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik zu implementieren.

Auch das ist ein Stück der Verwirklichung des Gedankens der Verantwortung für die Gesellschaft. Dieser folgt einer guten und wichtigen Tradition der „ehrbaren Kaufleute“.

Vor diesem Hintergrund widmen sich der Senat der Wirtschaft e. V. und die Stiftung Senat der Wirtschaft, gemeinsam mit den Expertinnen und Experten aus der Mitgliedschaft, intensiv der Mitwirkung an Lösungsansätzen für die Herausforderungen unserer Zeit. Wir sehen uns dabei als eine Wertegemeinschaft, die auch ein persönliches Miteinander und den Austausch wertiger und wertvoller Gedanken untereinander nicht zu kurz kommen lässt.

Von Beginn der Gründung im Jahr 2009 an haben wir stets das Ziel verfolgt, die Prophezeiung einer bedeutungsvollen Institution von Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Wissenschaft, die an der Gestaltung der Gesellschaft partizipieren, mit Leben zu erfüllen. Dem Ziel bleiben wir treu.

Der Vorstand des Senats der Wirtschaft und der Stiftung Senat der Wirtschaft sieht sich in der Verantwortung, die Erfüllung der 2009 erstmals entwickelten Strategie zur Unterstützung der Politik in ehrlichem und ausschließlichem Gemeinwohlsinne weiter voranzubringen und qualitativ mit steigender Substanz zu stärken.

Der Senat der Wirtschaft soll eine bedeutungsvolle Instanz der Gesellschaft als Partner von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik sein: als eine Wertegemeinschaft aus Persönlichkeiten, die sich ihrer Verantwortung für die Gesellschaft bewusst sind und so an Lösungsansätzen mitwirken.

Grußwort des Präsidenten Senat der Wirtschaft

image

Prof. Dr. Dr. Dr. h. c. F. J. Radermacher

Der Senat der Wirtschaft feiert in diesem Jahr 2019 seinen 10. Geburtstag. In den letzten Jahren hat sich der Senat zu einer wichtigen Stimme im gesellschaftlichen Bereich in Deutschland und Europa entwickelt. Mit seinen Führungskräften, Mitgliedern, Gremien, Strukturen, insbesondere seiner Stiftung, und mit seinen Partnern wurden in vielen Themenbereichen Zeichen gesetzt.

Ein großes Thema ist für den Senat die Ausgestaltung des ökonomischen Systems und die Zielsetzung einer nachhaltigen Entwicklung, Letzteres auf nationaler, europäischer und weltweiter Ebene. Die Überlegungen basieren auf langjährigen wissenschaftlichen Arbeiten vieler beteiligter Akteure zum Thema. Orientierungspunkt ist eine ökologisch-soziale Marktwirtschaft. Darunter versteht man eine Marktwirtschaft, die in der Lage ist, ökologische und soziale Anliegen der Gesellschaft über „Leitplanken“ und Regelsysteme geeignet durchzusetzen. Die wettbewerbsgetriebenen ökonomischen Prozesse finden dann in der Form statt, dass die von der Gesellschaft gewünschten „Leitplanken“ in Bezug auf soziale Balance wie auch in Bezug auf Umwelt und Klimaschutz beachtet werden.

Der Senat hat sich in den letzten 10 Jahren verschiedenen großen gesellschaftlichen Themen auf Basis eigener Schwerpunktsetzung gewidmet. Dies gilt insbesondere für Beiträge zur Ausgestaltung des Weltfinanzsystems (nach der großen Finanzkrise in 2009) und zur Erweiterung des magischen Vierecks im deutschen Stabilitätsgesetz in Richtung eines Sechsecks, das die soziale Balance der Gesellschaft (auf Basis des Gini-Koeffizienten) und die Umwelt- und Klimaeffekte (auf Basis des ökologischen Fußabdrucks) thematisiert.

In 2016 wurde eine große Studie für einen Marshallplan mit Afrika in Zusammenarbeit mit dem Club of Rome und dem Forschungsinstitut für anwendungsorientierte Wissensverarbeitung (FAW/n) in Ulm abgeschlossen und Minister Müller vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) überreicht. Das Thema ist heute Gegenstand der deutschen und europäischen Politik und wird auch während der deutschen EU-Präsidentschaft in 2020 eine Rolle spielen.

Schon lange verfolgt der Senat das Thema massiver Aufforstungsaktivitäten als eine Option im Klimabereich. Mehrere weitere Beiträge betrafen und betreffen den politischen Umgang mit den schwierigen Themen Energie und Klima. In diesem Kontext ist der Senat wesentlicher Partner des BMZ in der Allianz für Entwicklung und Klima, die 2018 ins Leben gerufen wurde. Viele Mitglieder des Senats sind in dieser Allianz aktiv.

Aktuell ist der Senat auch in wichtigen, weitergehenden Überlegungen zur Lösung der weltweiten Umwelt- und Klimaprobleme aktiv. Hier geht es darum, den gefährlichen Irrweg einer ausschließlichen Fixierung auf Elektromobilität und erneuerbaren Strom zu überwinden. Der Senat ist vor diesem Hintergrund aktiv in Richtung weltweiter Ansätze, basierend auf dem Potential synthetischer Kraftstoffe (Power to X/Methanolökonomie), dies auch im Kontext von Desertec 2.0. Ein zentrales, weiteres Element ist das Recycling von Kohlenstoff. In diesem Kontext bekommen Böden als Kohlenstoffsenke eine wichtige Rolle. Über die Stiftung des Senats laufen aktuell Arbeiten bezüglich einer zukunftsverträglichen Land-, Tier- und Waldwirtschaft unter Einschluss von Humusbildung und der Nutzung von Bio- und Holzkohle.

Im gesellschaftlichen Bereich untersucht der Senat der Wirtschaft die Rolle der Kultur für den Zusammenhalt von Gesellschaften. Einen großen Schwerpunkt bildet das Gesundheitssystem, dies auch aus europäischer Perspektive. Schließlich wird die Frage untersucht, inwieweit die Ökosoziale Marktwirtschaft auch ein tragfähiges Gesellschaftssystem mit Zukunftspotential bereitstellt.

Ein wesentlicher Schwerpunkt in den letzten Jahren ist schließlich Europa, dessen Zukunft dem Senat sehr am Herzen liegt. Das Thema gewinnt angesichts der weltweiten Bedrohungen für Europa sehr an Bedeutung. Wir hoffen nach wie vor auf eine EU-nahe Variante des Brexits und auf einen Aufbruch in Europa. Hierzu wurde unter Beteilung vieler Senatsmitglieder, insbesondere unserer Ehrenmitglieder Sigmar Gabriel, Benita Ferrero-Waldner, Jürgen Rüttgers und Günter Verheugen eine große Studie „Europa fit machen für die Zukunft“ erstellt und mittlerweile im Vorfeld der Europawahl der Öffentlichkeit präsentiert.

Es ist für mich als Präsident des Senats außerordentlich erfreulich zu sehen, was im Senat im Zusammenwirken der Verantwortungsträger im Präsidium, Vorstand, Aufsichtsrat, der Stiftung und in Wechselwirkung mit unseren Mitgliedern, in unseren Kommissionen und im Dialog mit anderen erreicht wurde. Mir ist es an dieser Stelle ein großes Anliegen, allen Beteiligten für ihre wichtigen Beiträge und die eingebrachte Energie zum Wohle unserer Gesellschaft zu danken. Ich verbinde das mit der Hoffnung auf eine kraftvolle Weiterentwicklung des Senats in den nächsten Jahren im Kontext eines anstehenden „Generationswechsels“ im Führungsbereich.

Allen Lesern wünsche ich viel Freude mit dem vorliegenden Festband.

image

image

image

image

1 Jürgen Rüttgers, Mehr Demokratie in Europa – Die Wahrheit über Europas Zukunft, Marburg 2016, S. 93 ff.

2 Jürgen Rüttgers, Guten Morgen, Europa!, mit einem Geleitwort von Sigmar Gabriel und einem Vorwort von Franz Josef Radermacher, Hrsg. Senat der Wirtschaft, Tectum Verlag, Baden-Baden 2019, S. 98.

3 Antrittsrede, 20. Januar 1961, John F. Kennedy Presidential Library & Museum: Antrittsrede des Präsidenten John Fitzgerald Kennedy.

4 Reinhard Marx: Das Kapital: Ein Plädoyer für den Menschen, Pattloch 2008.

5 Eigenzitate aus Stefan Brüggemann/Christoph Brüssel/Dieter Härthe: Nachhaltigkeit in der Unternehmenspraxis, Springer Gabler 2018.

I. Der Senat der Wirtschaft aus wissenschaftlicher Sicht

Volker Kronenberg unter Mitwirkung von Lenno Götze

1. Geschichte und Entwicklung des Senats der Wirtschaft

1.1 Aus der Krise geboren: Gründung, Ziele und Vision des
Senats der Wirtschaft