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Wir widmen dieses Buch

Herrn Prof. Dr. Günter Müller-Stewens,

Universität St. Gallen

Die erste Auflage erschien bei utb.

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek

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Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

ISBN 978-3-86764-708-3 (Print)

ISBN 978-3-7398-0100-1 (EPUB)

ISBN 978-3-7398-0101-8 (EPDF)

© UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz und München 2016

Umschlaggestaltung: Susanne Fuellhaas, Konstanz

UVK Verlagsgesellschaft mbH

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Vorwort

Geschäftsmodell ist wahrscheinlich einer der neuesten, in der unternehmerischen Praxis zurzeit am häufigsten verwendete und umstrittenste Begriff des Strategischen Managements. Bei Praktikern hört man öfter derartige Aussagen: Das Unternehmen hat ein gut laufendes Geschäftsmodell oder das Geschäftsmodell ist nicht zukunftsfähig und führt in die Insolvenz. Es fällt auf, dass der Praktiker selbst aber nicht sagen kann, was er unter einem Geschäftsmodell genau versteht. Eine ähnliche Analyse kann man von der wissenschaftlichen Literatur des Strategischen Managements konstatieren. Nachdem 2010 die Dissertation von Osterwalder zum Canvas-Modell bzw. Geschäftsmodell herausgekommen ist, versuchen sich Wissenschaftler daran, Geschäftsmodelle zu erklären, zu definieren und mit Inhalten des Strategischen Managements aufzufüllen. Daraus ergeben sich drei Zielsetzungen des Buches. Mit Hilfe der Geschäftsmodell-Innovation „Auto“ wird das intuitive Geschäftsmodell „Innovation“ mit einem Businessplan beschrieben und mit Hilfe des inkrementalen Strategieforschungsansatzes von Quinn erklärt. Zweitens wird das Geschäftsmodell als Axiom des Strategischen Managements definiert und mit Hilfe wissenschaftlicher Prämissen einem Falsifikationstest im Sinne des kritischen Rationalismus unterzogen. Das wertorientierte Geschäfts-Prozess-Modell „Auto“ wird dann am Beispiel der Massenproduktion des Modells T bei Ford/Taylor 1911–14 sowie bei Toyota mit dem Toyota-Produktions-System ab 1955 bis heute bzw. Lean-Management verifiziert.

Grundlagen des Geschäftsmodells

Stellen Sie sich folgende Aufgabenstellungen vor:

Das wertorientierte Geschäftsmodell wird, in Anlehnung an Müller-Stewens und Lechner, im Strategischen Management in Verbindung zum operativen Management folgende Fragen beantworten können:

Ein (intuitives) Geschäftsmodell ist die größte strategische Herausforderung für ein zu gründendes Unternehmen und/oder sich neu orientierendes (Konzern-)Unternehmen, um für seine Geschäftsfelder kundenorientierte Bedarfe und Gelegenheiten zu erkennen und betriebswirtschaftlich zu implementieren, und um sie schließlich wertorientiert/ gewinnorientiert beim „Kunden“ zu vermarkten. Benz entwickelte vor ca. 130 Jahren das erste Auto als intuitives Geschäftsmodell bzw. Innovation, in dem Benz statt der Pferde vor der Kutsche einen Motor anbrachte; Taylor und Ford entwickelten zwischen 1910 bis 1914 mit dem Modell T ein wertorientiertes Geschäftsmodell „Volksauto“ (Innovations-Prozess-Geschäftsmodell), da sie dadurch die Massenproduktion in der Automobilindustrie einführten, u.a. mittels Fließband, Scientific Management, Plankostenrechnung, und dadurch den Massenkonsum ermöglichten, da das Auto Modell T an mehr als 16.000.000 Konsumenten in den USA verkauft wurde.

Abb. 1: Magisches Dreieck von Gassmann (in Anlehnung der Geschäftsmodelle von Timmons und Gassmann u.a.)

Herrn Dr. Jürgen Schechler von der UVK-Verlagsgesellschaft danken wir für die erneut gute Zusammenarbeit.

Berlin/Nürnberg, im Juni 2016

Die Verfasser

Inhaltsübersicht

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1 Magisches Dreieck von Gassmann

Abb. 2 Die vier Felder des Business Model Canvas

Abb. 3 Bausteine des intuitiven Canvas-Geschäftsmodells

Abb. 4 Magisches Dreieck von Gassmann

Abb. 5 Geschäftsmodell in Anlehnung an Schallmo

Abb. 6 Geschäftsmodell in Anlehnung an Osterwalder und Pigneur

Abb. 7 Baustein CS im BMC

Abb. 8 Baustein VP im BMC

Abb. 9 Baustein CH im BMC

Abb. 10 Baustein CR im BMC

Abb. 11 Baustein RS im BMC

Abb. 12 Baustein KR im BMC

Abb. 13 Baustein KA im BMC

Abb. 14 Baustein KP im BMC

Abb. 15 Alle Bausteine zusammen mit CS im BMC

Abb. 16 Canvas-Modellbestandteile mit Definitionen

Abb. 17 Transformierte Gesamtdarstellung zum BMC

Abb. 18 Transformierte Gesamtdarstellung Geschäftsmodell Apple iTunes

Abb. 19 Empathie-Karte

Abb. 20 Blue-Ocean-Strategie und BMC

Abb. 21 Theorien zum Strategischen Management

Abb. 22 („Intuitives“) Geschäftsmodell „Canvas“

Abb. 23 Axiom: Vom Canvas-Modell/Startup zum intuitiven Geschäftsmodell Industriebetrieb

Abb. 24 Einsatz der leistungswirtschaftlichen Sphäre des Industriebetriebes

Abb. 25 Bewertung von Geschäftsmodellen: Zusammenhang zwischen Buchhaltung und dem sonstigen Rechnungswesen

Abb. 26 Bewertung von Geschäftsmodellen im Industriebetrieb: vom intuitiven zum wertorientierten Geschäftsmodell

Abb. 27 Bewertung von Geschäftsmodellen

Abb. 28 Überblick über die verschiedenen DCF-Ansätze

Abb. 29 Die Bewertungskonzeption des Economic Value Added

Abb. 30 Konversionen vom „Accounting Model“ zum „Economic Model“

Tabellenverzeichnis

Tab. 1 Investitions- und Finanzierungsplan

Tab. 2 Monatliche Umsatzerlöse des 1. Geschäftsjahres und der weiteren Geschäftsjahre

Tab. 3 Monatliche Kosten des 1. Geschäftsjahres und der weiteren Geschäftsjahre

Tab. 4 Ermittlung der Anlaufverluste im 1. Geschäftsjahr

Tab. 5 Ermittlung der jählichen Abschreibungskosten

Tab. 6 Monatliche Gewinn- und Verlustvorschau des 1. Geschäftsjahres und der weiteren Geschäftsjahre

Tab. 7 Monatliche Liquiditätsvorschau des 1. Geschäftsjahres und der weiteren Geschäftsjahre

Tab. 8 Kapitalbedarfsplanung des Reis-Burger-Restaurants

Tab. 9 Finanzierungsplan des Reis-Burger-Restaurants

Tab. 10 Umsatz- und Rentabilitätsvorschau des Reis-Burger-Restaurants

Tab. 11 Grundpfeiler und Bausteine in Anlehnung an Osterwalder

Tab. 12 Gestaltungsprozess in Anlehnung an Osterwalder und Pigneur

Tab. 13 Ermittlungsschema des NOPAT

Tab. 14 Ermittlungsschema des investierten Kapitals

1 Geschäftsmodell: Annäherung an einen praxisorientierten Begriff

Businesspläne bei Neugründungen von Unternehmen werden seit über 30 Jahren von Banken von jungen Unternehmern gefordert. Hintergrund und Intention der Banken war und ist, die Gründerunternehmen zu zwingen, Rechenschaft vor der Bank, aber auch vor sich selbst zu geben, ob ihr Geschäftsmodell, ihre Innovation, ihre Gründungsidee nachhaltig betriebswirtschaftlich tragbar ist und damit für die Banken risikoloser finanzierbar wird. Nach Magretta, J. (2002, p. 87) sind „Business models are stories that explain how enterprises work. A good business model answers Peter Drucker’s age old questitions: Who is the customer? And what does the customer value? It also answers the fundamental questions every manager must ask: How do we make money in this business? What is the underlying economic logic that explains how we can deliver value to customers at an appropriate cost?“1

Für Timmons ist ein erfolgreiches Geschäftsmodell nicht allein von der kreativen Ideenfindung oder „kreativen Zerstörung“ eines bisherigen Geschäftsmodells nach Schumpeter abhängig (z.B. klassische Buchhandlung durch Amazon), sondern das zu planende Geschäftsmodell wird vom Zusammenspiel dreier maßgeblicher Faktoren geprägt, und zwar von den Chancen (engl. „Opportunities“), den „Ressourcen“ und der Gruppe (engl. „Teams“) unter der Leitung eines Entrepreneurs sowie die Entwicklung des Businessplans. „Finding a good idea is the first step in the process of converting an entrepreneur´s creativity into an opportunity…“ 2, konstatiert Timmons.

Timmons versteht sein Modell als ein Prozess-Geschäftsmodell, dass die Verbindung alle Erfolgsfaktoren erfordert. Der Entrepreneur erkennt die Marktchancen und koordiniert das Zusammenspiel der Ressourcen, um die Chancen zu evaluieren. Letztlich ist es der Entrepreneur, der eine Gruppe/Unternehmen aufbaut, die Person, die sicherstellt, damit die Marktchancen durch die richtige Kombination der Ressourcen dauerhaft genutzt werden können.3

[1] Entrepreneur

Aufgabe des Entrepreneur (bzw. des Gründers) ist es, durch Kommunikation, Führung und Kreativität die Antriebskräfte des Geschäftsmodells aufeinander abzustimmen und ein in sich ausbalanciertes „Organisations-System“ zu erschaffen und zu erhalten. Diese „Kräfte“ bzw. Faktoren tragen damit zum Erfolg der Unternehmensgründung bei.

[2] Chancen

Es geht bei der Chancen oder „Opportunities“ um die Identifizierung von Marktchancen sowie um die Entwicklung von Geschäftsideen und deren Umsetzung. Die Marktchancen basieren auf der Marktnachfrage bzw. Kundenorientierung (market demand oder market pull), der Marktgröße, der Marktstruktur (market structure and size) sowie der Erzielung von Gewinnmargen.

[3] Ressourcen

Für die Ressourcen steht zunächst nur ausreichendes Kapital zur Verfügung. Die weiteren betriebswirtschaftlichen Elemente bzw. Faktoren sind die Mitarbeiter mit ihrem operativen und strategischen Know-how und dem Businessplan als Leitfaden.

[4] „Gruppe“

Die Gruppe wird im Timmons-Modell in einen Lead-Entrepreneur und das Management Team unterteilt. Dem Entrepreneur wird die Aufgabe zugewiesen, dass die Gruppe, die Ressourcen und die Chancen zu einem im Gleichgewicht befindlichen System formt.4 Durch die Anwendung von Kreativität bewältigt die Gruppe die Mehrdeutigkeit und die Unsicherheiten, die sich aus den Chancen ergeben. Gleichzeitig bietet die Gruppe/Organisation der Führungskraft das Geschäftsmodell an, um den Einsatz von Ressourcen zu koordinieren und in Beziehung zum Kapitalmarkt zu treten. Eine gute Gruppe ist eher geeignet bzw. erfolgreich, Ideen zu finden, diese für den Markt zu entwickeln und umzusetzen. Eine Gruppe ist effizienter, die evtl. nur aus einem Entrepreneur besteht, der nur von seiner Idee überzeugt ist, dem aber das richtige Verständnis für den Markt oder das kaufmännische Betreiben eines Unternehmens fehlt.5 Hier wird deshalb ein Business-Plan vom zukünftigen Unternehmer/Manager gefordert, um dieses Know-how zu überprüfen.

Zum Businessplan eines kreativen bzw. intuitiven Geschäftsmodells:

„Ein Businessplan ist ein schriftlich ausgearbeitetes Unternehmenskonzept, das von der Geschäftsidee bis zur Vertriebsstrategie alle grundlegenden Aspekte einer geplanten Existenzgründung beinhaltet.6 Für die Erstellung eines Businessplans ist es notwendig, sich die kundenorientierten Anforderungen herauszuarbeiten und die Anforderungen der Kapitalgeber an den Businessplan hervorzuheben. Es sind also zwei Adressaten im Businessplan zu berücksichtigen:

Zunächst wird der Businessplan den potenziellen Kapitalgebern vorgestellt. Aus dem Blickwinkel der Kapitalgeber muss die kreative Idee profitabel (wertorientiert) umgesetzt werden. Dafür benötigen die Kapitalgeber eine überzeugende Darstellung des Unternehmenskonzepts (Geschäftsmodells). Kapitalgeber können neben den Banken, Venture-Capital-Gesellschaften, große Industrieunternehmen oder private Investoren sein. Neben der Informationsbereitstellung für die Kapitalgeber (externe Adressaten), erfüllt der Businessplan jedoch auch interne Aufgaben für das Gründerteam. Einerseits dient der Businessplan im Rahmen der Gründungsvorbereitung als Orientierung und Kontrollinstrument, andererseits jedoch, nachdem die Gründung erfolgt ist, als Planungsleitfaden bzw. als „Drehbuch des Geschäftsmodells“ für die ersten Geschäftsjahre.7 Es gibt keine Standardform für Businesspläne. Trotzdem beinhaltet ein Businessplan (Prozesskette eines Entrepreneurship) mindestens folgende Aspekte:

Zu dem Modell von Timmons lässt sich der ergänzende Ansatz von Füglistaller, Müller und Volery (2008) gut hinzufügen (vgl. Füglistaller u.a.: „Entrepreneurship. Modelle – Umsetzung – Perspektiven“). Sie sehen auch den Unternehmer, die unternehmerischen Gelegenheiten (Opportunity), Ressourcen, Organisation und Umwelt als Schlüsselelemente eines Entrepreneurship und definieren ebenso Entrepreneurship als Prozess. Für sie bietet ihr Entrepreneurship-Ansatz die Möglichkeiten, neue unternehmerische Gelegenheiten zu identifizieren, zu evaluieren und betriebswirtschaftlich-profitabel zu nutzen. Unternehmerische Gelegenheiten bedeuten für sie „kaufmännisch klassisch “, dass neue Produkte und Dienstleistungen zu höheren Preisen als zu ihren Produktionskosten eingeführt und verkauft werden können.9

1.1 Zum intuitiven Canvas-Geschäftsprozessmodell als Denkmodell eines Business-Planes

Während der Businessplan internen und externen Planungszwecken dient, richtet sich das Canvas-Geschäftsmodell an den internen Planungs- und Gestaltungsprozess. Als Instrument der Planung greift das Geschäftsmodell den axiomatischen, innovativen Impuls der kreativen und intuitiven Geschäftsidee auf, konkretisiert diesen und trägt damit zur erfolgreichen Umsetzung der Idee bei.10 “A business model describes the rationale of how an organization creates, delivers, and captures value”.11 Ein Analysetool von Geschäftsmodellen stellt das intuitive Canvas-Geschäftsmodell (engl. “Business Model Canvas”) dar. Das intuitive Canvas-Geschäftsmodell gilt als eine Methode des strategischen Managements, die von Alexander Osterwalder, Yves Pigneur und 470 weiteren Personen aus 45 Ländern entwickelt wurde.

Die Funktion des CANVAS-Modells beschreibt die Planung, die Dokumentation und die weiteren Entwicklungsschritte bis zur Kontrolle bestehender Geschäftsmodelle oder, axiomatisch betrachtet, den archimedischen Ausgangspunkt der Generierung neuer Geschäftsmodelle.

Es dient dazu, Unternehmen dabei zu unterstützen, Ihre Aktivitäten besser zu verstehen, zu koordinieren, mögliche Synergien zwischen Geschäftsfeldern eines Geschäftsmodells herauszustellen und wertorientiert gestaltbar zu machen.12

WIE?

(Wertschöpfungsarchitektur)

WAS?

(Value Proposition)

WER?

(Kunden)

WARUM?

(Kosten / Erträge)

Abb. 2: Die vier Felder des Business Model Canvas13

Die vier Felder des Geschäftsmodells Canvas sind:

Die vier Bereiche/Felder des intuitiven Geschäftsmodells werden wertorientiert weiterentwickelt und bieten eine Visualisierung jedes Geschäftsmodells in den verschiedensten Branchen unter Berücksichtigung von neun Bausteinen an (vgl. Abb. 3).

Abb. 3: Bausteine des intuitiven Canvas-Geschäftsmodells15

(1) Customer Segments (CS) – Kundensegmente

Der erste Baustein der Canvas-Modells wird als Herzstück eines jeden Geschäftsmodells verstanden. Dieser Baustein steht für die Kundenorientierung verschiedener Kundensegmente einer jeden Organisation, die ein Unternehmen erreichen will. Die sogenannte Kundensegmentierung richtet sich nach Bedürfnissen, Verhaltensweisen und anderen Eigenschaften bzw. Merkmalen aus, die die Kunden haben. Die Kundensegmente können durch unterschiedliche Kanäle erreicht, über unterschiedliche Kundenbeziehungen zum Unternehmen gefördert oder nach verschiedenen Ausprägungen der Kaufkraft eingeteilt werden. Nach Osterwalder und Pigneur (2010) existieren verschiedene Arten von Kundensegmenten:

(2) Value Propositions (VP) – Wertangebote

Dieser Baustein kann als Fortführung und Konkretisierung der Bedürfnisse-Idee verstanden werden. Wertangebote beschreiben die Produkte oder Dienstleistungen und stellen einen spezifischen Nutzen für den Kunden dar. Mit Hilfe des Nutzenversprechens versucht das Unternehmen Kundenprobleme zu lösen oder Kundenbedürfnisse zu befriedigen. Jedes Wertangebot schließt einige der folgenden Elemente ein:

(3) Channels (CH) – Kanäle

Die Wertangebote werden dem Kunden durch Kommunikations-, Distributions- oder Vertriebs-Kanäle einfacher und schneller zugänglich gemacht, z.B. Online-Handel. Deswegen beschreibt dieser Baustein, über welche Kanäle ein Unternehmen mit den Kunden kommuniziert und auf welchen Vertriebswegen der Kunde am einfachsten erreicht werden kann. Es existieren fünf Kanaltypen: Verkaufsabteilung, Internetverkauf, eigene Filiale, Partnerfiliale und Großhändler. Diese Kanaltypen lassen sich zum einen als direkte oder indirekte Vertriebskanäle charakterisieren und zum anderen in eigene und Partnerkanäle (Outsourcing) untergliedern. Außerdem gibt es auch fünf Kanalphasen: Aufmerksamkeit, Bewertung, Kauf, Vermittlung und kognitive Dissonanzen, die nach dem Kauf des Produktes befriedigt werden müssen. Die Abstimmung der Kanäle auf die Phasen des Kundenkaufs ist die Herausforderung für ein Unternehmen, das die Kundenorientierung und -erfahrung mit dem Geschäftsmodell primär beachten will, um den Umsatz dadurch zu maximieren sowie die Profitabilität bzw. damit die Wertorientierung des Geschäftsmodells abzusichern.

(4) Customer Relationships (CR) – Kundenbeziehung

Dieser Baustein beschreibt die Beziehung, die ein Unternehmen zu einem Kunden bzw. zu Kundensegmenten entwickelt. Die Beziehungen des Unternehmens müssen mit jedem Kundensegment hergestellt und unterhalten werden. Die Kundenbeziehungen haben im Geschäftsmodell des Unternehmens erheblichen Einfluss auf die Kundenerfahrungen und umfassen die Kundenakquise, die Kundenpflege, die Kundenbindung und die Verkaufssteigerungsmöglichkeiten. Die Art der Beziehungen kann zum einen durch eine persönliche Betreuung zwischen dem Kunden und einem Kundenberater via Telefon, Point of Sale oder E-Mail erfolgen; zum anderen ermöglicht die Kundenbeziehung auch durch die Selbstbedienung oder der automatisierten Dienstleistungen (durch den Mix mehrerer Optionen im Rahmen der Selbstbedienung im automatisierten E-Business-Prozess) sowie beim Kauf von Produkten im Rahmen von Social Media-Tools. Weitere Kauf-Gemeinschaften und Kauf-Mitbeteiligungen (Co-Kreation) sind auch zwei Arten der Kundenbeziehung.18

(5) Revenue Streams (RS) – Einnahmequellen

Dieser Baustein steht für die Einkünfte (Einnahmen, Einzahlungsströme) des Unternehmens pro Kundensegment und resultiert aus erfolgreich den Kunden angebotenen Value Propositions. Dabei hilft es dem Unternehmen zu wissen, für welche Werte (Gebrauchs- und Zusatznutzen) am Produkt, Dienstleistung, Geschäftsmodell die Kunden wirklich zu zahlen bereit sind und wofür sie aktuell bezahlen. Mögliche Einnahmequellen können aus dem Verkauf von Wirtschaftsgütern, Benutzungsgebühren, Mitgliedsbeiträgen, Verleihgebühren, Vermietungen, Leasing, Lizenzgebühren, Maklergebühren und Gebühren für Werbung resultieren.19 Ohne einen Revenue-Stream (grundlegende Prämisse) ist ein wertorientiertes Geschäftsmodell nicht lauffähig.

(6) Key Resources (KR) – Schlüssel-Ressourcen

Schlüssel-Ressourcen sind notwendig, um die Nutzenversprechen des Unternehmens gegenüber seinen Kunden einzulösen und seine Kundenbeziehungen zu realisieren. Beispiele für Schlüssel-Ressourcen sind:

(7) Key Activities (KA) – Schlüssel-Aktivitäten

Dieser Baustein Schlüssel-Aktivitäten beschreibt die wichtigsten Aktivitäten eines Unternehmens, die zur Umsetzung eines Geschäftsmodells erforderlich sind. Die Aktivitäten umfassen das Schaffen eines Wertangebotes, das Erreichen von Märkten, den Aufbau von Kundenbeziehungen zur Generierung von Einnahmen. Betroffene Aktivitäten finden sich z.B. in den Bereichen:

(8) Key Partnerships (KP) – Key-Partnerschaften

Manche Aktivitäten oder Ressourcen werden von außerhalb der Organisation bezogen durch die Lieferanten. Aus diesem Grund steht dieser Baustein für das Netzwerk aus Zulieferern und strategischen Partnern, die erst das Geschäftsmodell ermöglichen. Es gibt unterschiedliche Typen und Motivationen für Partnerschaften.

Typen sind u.a.:

Motivationen für Partnerschaften können sein:

(9) Cost Structure (CS) – Kostenstruktur

Die wirtschaftlichen Bestandteile eines Geschäftsmodells resultieren aus einer bestimmten Kostenstruktur. Die Kostenstruktur beinhaltet alle Kosten, die bei der Umsetzung eines Geschäftsmodells entstehen. Bei dieser Struktur wird analytisch zwischen dem kostenorientierten und wertorientierten Geschäftsmodell unterschieden. Beim kostenorientierten Geschäftsmodell liegt der Fokus auf die Minimierung von Kosten, während man sich beim wertorientierten Geschäftsmodell auf die Wertschöpfung und die Ertragskomponenten konzentriert, um hochwertige Angebote an die Kunden zu offerieren, und um damit möglichst große Umsätze zu erzielen. Mischformen dieser beiden Modelle sind selbstverständlich möglich und häufig vorhanden.

Im Wesentlichen setzt sich die Kostenstruktur eines Geschäftsmodells aus Fixkosten und variablen Kosten zusammen. Eine Break-Even-Analyse gibt vorläufig Auskunft darüber, ab wann (ab welcher verkauften Menge bzw. Umsatz) das Unternehmen in die Gewinnzone kommt.23

1.2 Kundenorientierung als ein grundlegender Faktor eines Geschäftsmodells

Nach Bruhn liegt eine Kundenorientierung vor, wenn eine Unternehmung, z.B. die britische HSBC-Bank, mit Hilfe ihrer schweizerischen Tochtergesellschaft verstärkt dazu übergeht, ihr deklaratorisches klassisches Bankgeschäftsmodell mit „… ihre Aktivitäten an den spezifischen Bedürfnissen des einzelnen Kunden auszurichten.“24 Das „faktische“ Bankgeschäftsmodell der HSBC-Tochter in der Schweiz wird dann zum Modell der Steuerhinterziehung und zum Geldwäschemodell krimineller Kunden. Bruhn konkretisiert die Ausführungen und definiert die Kundenorientierung umfassend als: „…die grundsätzliche Ausrichtung der Unternehmensaktivitäten an den Kundenbedürfnissen, die bei der Planung und Erstellung der unternehmerischen Leistung Berücksichtigung finden, mit dem Ziel, langfristige stabile und ökonomisch vorteilhafte Kundenbeziehungen zu etablieren.“25 Als Ziele des Geschäftsmodells des Unternehmens lassen sich die Bedürfnisbefriedigung, vorteilhafte Kundenbindung und damit einhergehende ökonomische Erfolge konstatieren. Die genannte Etablierung von vorteilhaften Kundenbeziehungen bei Geschäftsmodellen lässt gleichzeitig eine Einordnung der Kundenorientierung in den Bereich des Beziehungsmarketings und somit des strategischen Managements zu.

Beziehungsmarketing und Kundenorientierung

Beziehungsmarketing verfolgt das Ziel, durch eine individuelle und bedürfnisgerechte Kundenorientierung eine hohe Kundenzufriedenheit und somit eine profitable Kundenbindung zu erreichen.26

Nachfolgend werden die Erfolgsgrößen und deren Wechselwirkung zur Erfolgskette beschrieben. Der ökonomische Erfolg kann durch den Kundenwert erklärt werden.27 Dieser kann beispielsweise mit Hilfe einer ABC-Analyse die relativen Wertgrößen (Umsätze, Kosten, Deckungsbeiträge, Stand des Zeitabschnittes des Produktes im Marktlebenszyklus) der einzelnen Kunden im Hinblick auf die Gesamtheit ermittelt werden. Auf Grundlage von vergangenen Kundenwerten kann auch auf die zukünftigen Werte geschlossen werden. So kann die wirtschaftliche Bedeutung der einzelnen Kunden aus der Perspektive des Anbieters ermittelt werden.28 Der ökonomische Erfolg kann demnach mit wertvollen Kunden generiert werden und einen Beitrag zum betriebswirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens beitragen. Die Kundenbindung von wertvollen Kunden ist von nicht profitablen Kunden zu trennen.

Die Kundenbindung kann an zwei wesentlichen Verhaltensweisen des Kunden festgestellt werden. Die erste Verhaltensweise ist das „faktische Verhalten“ des Kunden. Darunter fallen u.a. der Wiederkauf des Produkts, der Zusatzkauf (Cross-Buying), die Weiterempfehlung und die erhöhte Preisakzeptanz in der Gegenwart. Die zweite Verhaltensweise ist die „Verhaltensabsicht“. Hierunter fallen die ermittelten beabsichtigten Wiederkäufe, Zusatzkäufe, Weiterempfehlungen und die Toleranz von Preiserhöhungen in der Zukunft.