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Die erste Auflage erschien bei utb.

ISBN 978-3-86764-688-8 (Print)

ISBN 978-3-73980-057-8 (E-PUB)

ISBN 978-3-73980-058-5 (E-PDF)

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Vorwort

Personalcontrolling ist eine gewachsene wissenschaftliche Disziplin der letzten 40 Jahre in der Betriebswirtschaftslehre. Dabei bezeichnet Personalcontrolling aus der Sicht der finanzwirtschaftlichen Personalwirtschaft und des Berliner Personaldenkansatzes die Gesamtheit von buchhalterischen, kostenrechnerischen und finanzwirtschaftlichen Verfahren und Methoden bei der Gewinnung, Erfassung, Aufbereitung, Analyse und Gestaltung von Daten, die zur Vorbereitung von Personalentscheidungen in allen Teilfunktionen des Personalmanagementprozesses (Suche, Auswahl, Einsatz, Bewertung, Entlohnung, Entlassung von Personal) dienen.

Das Personalcontrolling entwickelt sich kontinuierlich weiter; es begann seine Berechnung zunächst mit Kennzahlen auf der Grundlage der Lohn- und Gehaltsabrechnung, dient nun darüber hinaus auch beispielsweise der Personalkostenplanung und der Personalstatistik, um Tarifverhandlungen vorzubereiten. Zurzeit wird im Rahmen des Personalcontrollings der Versuch unternommen, eine wertorientierte Personalwirtschaft zu entwickeln.

Typische und relevante Kennzahlen des finanzwirtschaftlichen Personalansatzes sind die Arbeitsproduktivität, die Personalkosten und das rechnerisch bestimmte Humankapital. Dabei wird das Humankapital mit der Innovationsfähigkeit des Unternehmens in Verbindung gebracht – beispielsweise Umsätze, die durch neue Produkte in den letzten drei bis fünf Jahren entwickelt wurden. Damit ist das Humankapital in den Umsätzen bzw. Erträgen der GuV von innovativen Produkten enthalten. Personalkosten werden aus den Personalaufwendungen der Gewinn- und Verlustrechnung abgeleitet.

Wir danken Herrn Dr. Jürgen Schechler, der uns auch bei diesem Buch tatkräftig unterstützt hat.

Berlin und Nürnberg

Die Verfasser/in

Inhalt

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Abb. 1 Controlling-Regelkreis am Beispiel Fluktuationsquote

Abb. 2 Dimensionen des Personalcontrollings Quelle

Abb. 3 Personal-Kennzahlen-Übersicht Teil I

Abb. 4 Personal-Kennzahlen-Übersicht Teil II

Abb. 5 Kennzahlen-Systematik

Abb. 6 Beispiel von Ursache-Wirkungs-Beziehungen in der BSC

Abb. 7 Gliederung der Personalkosten

Abb. 8 Lohnformen

Abb. 9 Phasen der Personalkostenplanung

Abb. 10 Gliederung der Kostenrechnung

Abb. 11 Kostenträgerrechnung auf Vollkostenbasis

Abb. 12 Kostenträgerrechnung auf Teilkostenbasis

Abb. 13 Ermittlung relevanter Personalkostenquoten

Abb. 14 Einflusskriterien der Personalkostenplanung

Abb. 15 Phasen der Personalkostenplanung

Abb. 16 Mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung

Abb. 17 Kennzahlenhierarchie der Humankapitalperspektive

Abb. 18 Mitarbeiter-Cashflow-Ermittlung – Nettoerlöse der Mitarbeiter

Abb. 19 Mitarbeiter-Cashflow-Ermittlung – Mitarbeiterdeckungsbeitrag I.

Abb. 20 Mitarbeiter-Cashflow-Ermittlung – Mitarbeiterdeckungsbeitrag II.

Abb. 21 Mitarbeiter-Cashflow-Ermittlung – Mitarbeiterdeckungsbeitrag III

Abb. 22 Mitarbeiter-Cashflow-Ermittlung – Mitarbeiter-Cashflow

Abb. 23 Humankapitalwertberechnung mit Hilfe des MA-Cashflow

Abb. 24 Berechnung der durchschnittlich gewogenen Kapitalkosten

Abb. 25 Logik der finanzorientierten Personalwirtschaft

Abb. 26 Vier-Säulen-Modell des Entgeltmanagementsystems.

Abb. 27 Theoretische und praktische Vorgehensweisen zur Ableitung eines Entgeltmanagements

Abb. 28 (Internationales) Entgeltmanagement beschreiben, erklären und gestalten

Abb. 29 Anteil Personalkosten an operativen Kosten (2011)

Abb. 30 Personalkosten einzelner Fluggesellschaften je Mitarbeiterr

Abb. 31 Herleiten einer Streckenergebnisrechnung unter Berücksichtigung der Tariferhöhung

Abb. 32 Durchschnittliche EBIT-Marge der Top-7-EMEA-Airlines 2002–2011.

Abb. 33 Darstellung zum deutschen System der Altersversorgung Fokus: Gesetzliche Rentenversicherung

Abb. 34 Generationenvertrag, Karikatur Rudolf Schöpper

Abb. 35 Zum deutschen System der Altersversorgung. Fokus: Betriebliche Altersversorgung

Abb. 36 Darstellung zum deutschen System der Altersversorgung Fokus: Private Altersversorgung

Abb. 37 Durchführungswege zur betrieblichen Altersversorgung

Abb. 38 Deckungsmittel zur betrieblichen Altersversorgung im Jahr 2010

Abb. 39 Unmittelbare Versorgungszusagen

Abb. 40 Durchführungswege mittelbarer Versorgungszusagen

Abb. 41 Darstellung zum Durchführungsweg der Unterstützungskasse

Abb. 42 Rechtsbeziehungen bei einer Direktversicherung

Abb. 43 Rechtsbeziehungen bei einer Pensionskasse

Abb. 44 Rechtsbeziehungen bei einem Pensionsfonds

Abb. 45 Die Entwicklung des Vertragsbestandes an Pensionsfonds in Deutschland in den Jahren 2003 bis 2011

Abb. 46 „Wie oft haben Sie in Ihrem Arbeitsleben bis jetzt den Arbeitgeber gewechselt?

Abb. 47 Auszug der Internetseite des PSVaG

Tab. 1 Beispiel einer ausgefüllten HR-Scorecard-Dimension

Tab. 2 Beispiel Entgelt für geleistete Arbeit

Tab. 3 Beitragssätze für die Sozialversicherungen

Tab. 4 Mitarbeiter der Deutschen Lufthansa AG im Jahresdurchschnitt

Tab. 5 Personalaufwand der Deutschen Lufthansa AG in Mio. Euro

Tab. 6 Durchschnittliche Jahresvergütung der Auszubildenden

Tab. 7 Personal ohne Auszubildende

Tab. 8 Personalkosten aufgeteilt auf die Mitarbeiter

Tab. 9 Berechnung der Tariferhöhungen..

Tab. 10 Gehälter der Mitarbeitergruppen nach Tariferhöhung

Tab. 11 Personalaufwand nach Tariferhöhung

Tab. 12 Gehälter der Crew nach Tariferhöhung

Tab. 13 Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte mit betrieblicher Altersversorgung

Tab. 14 Gewährung einer betrieblichen Altersversorgung als Alternative zu einer Gehaltserhöhung

Tab. 15 Beitragsbemessungsgrenzen in der gesetzlichen Rentenversicherung

Tab. 16 Rechenschema zur Bestimmung des Mindestbetrags zur Entgeltumwandlung

Tab. 17 Deckungsmittel der betrieblichen Altersversorgung im Jahr 2010 / 2004

Tab. 18 Lohn- und Gehaltsabrechnung

Tab. 19 Auszug aus dem Leistungsplan des Arbeitnehmers

Tab. 20 § 235 Abs. 2 Satz 2 SGB VI – Stufenweise Anhebung der Regelaltersgrenze

Tab. 21 Anteil der sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft mit betrieblicher Altersversorgung im Dezember 2011 in ausgewählten Branchen

Tab. 22 Vor- und Nachteile des Durchführungswegs Direktzusage

Tab. 23 Vor- und Nachteile des Durchführungswegs Unterstützungskasse

Tab. 24 Vor- und Nachteile des Durchführungswegs der Direktversicherung

Tab. 25 Vor- und Nachteile des Durchführungswegs der Pensionskasse

Tab. 26 Vor- und Nachteile des Durchführungswegs des Pensionsfonds

Abkürzungsverzeichnis

AG Aktiengesellschaft
AGG Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
AktG Aktiengesetz
AVmG Altersvermögensgesetz
BaFin Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
bAV betriebliche Altersversorgung
BDA Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände
BDSG Bundesdatenschutzgesetz
BetrAVG Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (Betriebsrentengesetz)
BetrVG Betriebsverfassungsgesetz
BGB Bürgerliches Gesetzbuch
BMF Bundesministerium der Finanzen
BSC Balanced Scorecard
DGFP Deutsche Gesellschaft für Personalführung e. V.
EDV Elektronische Datenverarbeitung
EGHGB Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch
EStG Einkommenssteuergesetz
et al. und andere
EVA Economic Value Added 1
FTE Full-Time Equivalent
GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung
HEVA Human Economic Value Added
HR Human Resource
HTW Hochschule für Technik und Wirtschaft
IT Informationstechnik
KfW Kreditanstalt für Wiederaufbau
KonTraG Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich
KStG Körperschaftsteuergesetz
NOPAT Net Operating Profit After Taxes
PSVaG Pensions-Sicherungs-Verein auf Gegenseitigkeit
ROI Return on Investment
SE Europäische Gesellschaft, Europäische Aktiengesellschaft
SGB Sozialgesetzbuch
SV Sozialversicherung, sozialversicherungspflichtige
SvEV Sozialversicherungsentgeltverordnung
UK Unterstützungskasse
US United States
VAG Versicherungsaufsichtsgesetz
WACC Weighted Average Cost of Capital
ZVEI Zentralverband der Elektronischen Industrie

1 EVA ist eine geschützte Marke von Stern Stewart & Co.

1 Rechnungswesen als Grundlage des Controllings

Das erwartet Sie

Die Relevanz von Personalcontrolling für Unternehmen wird durch eine aktuelle Befragungsstudie2 mit 142 Personalverantwortlichen und Führungskräften aus verschiedenen Branchen von der Hochschule RheinMain aus dem Jahre 2012 deutlich. Diese Befragung von Unternehmen kommt zu dem Ergebnis, dass mehr als 80 Prozent der befragten Unternehmen künftig ihr Personalcontrolling ausbauen möchten.

Auf ein kompetentes Personalcontrolling kann kein Unternehmen verzichten3, das sowohl operativ (Tarifpolitik, Mindestlohn, Personalkostenplanung, → Sanierungsmanagement) als auch vermehrt strategisch ausgerichtet ist (also Personalentwicklung in Ausbildungsberufen und Managemententwicklungsbereich betreibt oder auf die Umsetzung von Innovationen vom Forschungs-und Entwicklungsbereich in den Produktions- und Marketingbereich zur Erhaltung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit angewiesen ist4).

Nur so können Erfolgspotenziale (→ Humankapital) erkannt und gesichert werden.5

1.1 Terminologische Grundlagen des Personalcontrollings

Ursprünglich stammt der Begriff aus dem Englischen: „to control“ bedeutet übersetzt so viel wie „lenken, steuern, beherrschen“ und „kontrollieren“.6 Im deutschen Sprachgebrauch wird Controlling oft mit Kontrolle verwechselt oder gleichgesetzt, was jedoch nur begrenzt zutrifft, da die Kontrolle nur eine Teilfunktion des Controllings und eines allgemeinen Managements ist.7

In der Literatur gibt es unterschiedliche Definitionen und Bedeutungsinhalte von Controlling, jedoch können hier einige Merkmale des Controllingbegriffs festgehalten werden:8

Es kann festgehalten werden, dass Personalcontrolling durch seine Funktionen zur Personalkostenübersicht und zur Leistungssteigerung im Unternehmen beiträgt.

Ansätze und Funktionen des Controllings findet man bereits Ende des 19. Jahrhunderts in US-amerikanischen Privatunternehmen10, um Abweichungen von den geplanten wirtschaftlichen Zielen zu ermitteln.11 Hintergrund dafür ist, dass der Aufgabenumfang und Koordinationsbedarf bei der Massenproduktion in den Industrieunternehmen angestiegen war und dass die Produktion stetig größer und komplexer geworden war. In Deutschland wurde der Controlling-Gedanke um 1930 eingeführt, im Zuge der Weltwirtschaftskrise und durch das Wachstum von immer größeren und unübersichtlicheren Unternehmen wie BASF und Bayer. Auch durch die Ansiedlung von US-amerikanischen Tochtergesellschaften wie der Opel AG von General Motors Ende der 1950er Jahre wurde die Controlling-Idee in Deutschland verbreitet.12 Dem amerikanischen Vorbild folgten zunächst die deutschen Großunternehmen und schufen eigene Controlling-Stellen. Später wurde dieses Konzept auch von den mittleren und kleinen Unternehmen übernommen.13 Anfang der 1980er Jahre entstanden spezialisierte Controlling-Ansätze beispielsweise für das Marketing aber auch für das Personalmanagement, die nicht mehr nur das Gesamtunternehmen betrachteten. Es kam zur Unterscheidung der Organisationsformen, wie z. B. Controlling in Projekt- oder → Profit-Center-Organisationen, des Weiteren zur Unterscheidung nach Unternehmenstypen, wie etwa Banken- oder Versicherungscontrolling. Sukzessive entwickelten sich auch Controlling-Konzepte je nach betrieblichem Funktionsbereich. Die Unternehmen begannen nach Marketing-, Personal-, Einkaufs- oder Forschungs- und Entwicklungs-Controlling zu differenzieren.14

1.2 Personalcontrolling

„Personalcontrolling ist die auf den Erfolg der Unternehmung ausgerichtete Planung, Kontrolle und Steuerung personalwirtschaftlicher Maßnahmen.“15

Dabei wird die gezielte ökonomische sowie strategische Orientierung in allen Teilbereichen des Personalmanagements verfolgt.16 Im Personalcontrolling werden bewusst Instrumente eingesetzt, um die Soll- und Ist-Abweichungen von personalwirtschaftlichen Sachverhalten messbar zu machen, z. B. in der → Plankostenrechnung. Die Ergebnisse der Abweichungsanalysen dienen zur weiteren Prozessplanung und zur Entwicklung von Organisations-, Rationalisierungs- und Automatisierungsmaßnahmen entlang der Wertschöpfungskette des Unternehmens.17

1.2.1 Entwicklung des Personalcontrollings in Deutschland

Nach Wunderer und Schlagenhaufer gibt es drei Aspekte, die zu der Entwicklung des Personalcontrollings in Deutschland beigetragen haben:

Die Einführung von Personalcontrolling wurde in Deutschland durch den Erlass von neuen Gesetzen gefördert. Hierzu gehören u. a. im Jahre 1998 das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG), → Basel II/III im Bankbereich sowie Solvency II im Versicherungsbereich. Dazu kann man exemplarisch zum → Risikomanagement im Personalbereich folgende Vorschriften aus dem Aktiengesetz anführen:19

§ 91 Abs. 2 AktG: Der Vorstand hat geeignete Maßnahmen zu treffen, insbesondere ein Überwachungssystem einzurichten, damit den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen früh erkannt werden.

§ 90 Abs. 1 Nr. 1 AktG: Der Vorstand hat dem Aufsichtsrat über die Personalplanung zu berichten.

Vor diesem Hintergrund liefert das Personalcontrolling einen wesentlichen Beitrag zur Erfüllung gesetzlicher Vorschriften. Besonders unter Beachtung des arbeitsrechtlichen Rahmens (Betriebsverfassungsgesetz) und aufgrund der Wirtschafts- und Finanzkrise in Europa gewinnen Personalrisiken eine immer größere Bedeutung für Unternehmen.20

Zusätzlich erfordern die strengen Regelungen von Basel II/III, die u. a. Kreditvergaben von Banken reglementieren, ein Personalcontrolling mit einem effizienten Risikomanagement, um potenziellen Insolvenzen im Firmenkreditgeschäft vorzubeugen.21

1.2.2 Ziele einer Personalwirtschaft und eines Personalcontrollings

Wie problematisch es zurzeit immer noch ist, Ziele einer → finanzorientierten Personalwirtschaft und eines → Personalcontrollings in einer Unternehmung normativ zu definieren, erfährt man bei der Diskussion zum Mindestlohn.

Der Mindestlohn ist der Lohn oder das Gehalt pro Stunde einer Dienstleistung oder eines Geschäftsmodells, entsprechend einer vom Gesetzgeber oder den Tarifpartnern festgesetzten Lohnuntergrenze, die kein Arbeitgeber in einem Land, in einer Region oder in einer bestimmten Branche unterschreiten darf.

Diesem Ansatz liegen der wirtschaftsethische Grundsatz und das sozialökonomische Ziel zugrunde, dass jeder Mensch von seiner Arbeitsleistung Leben sollte ohne Hartz IV in Anspruch zu nehmen.

Aber da fängt der Streit um Personalziele schon an, da nicht betriebswirtschaftlich, sondern volkswirtschaftlich neoklassisch in Zeitungen und öffentlichen Veranstaltungen im Sinne Keynes und Joan Robinson argumentiert wird. Gesetzliche Mindestlöhne gefährden Arbeitsplätze, warnt die Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), da der Mindestlohn nicht die Arbeitsproduktivität des Geringqualifizierten widerspiegele, und eine derartige soziale Wohltat einen schädlichen Eingriff in den Arbeitsmarkt darstelle, der Arbeitsplätze koste. Solange die Arbeitsproduktivität zu niedrig ist und der Mindestlohn zu hoch, wollen Unternehmer Mitarbeiter nicht einstellen. Aber zum Hungerlohn von beispielsweise 3,00 bis 5,00 Euro pro Stunde wollen weniger Menschen arbeiten.

Aber gibt es einen perfekten Arbeitsmarktwettbewerb?

Volkswirte und Personalökonomen werden wortkarg, wenn sie prognostizieren sollten, wie hoch die Arbeitsproduktivität in den einzelnen Branchen ist oder sein sollte und wie sehr sich der Mindestlohn nach den unterschiedlichen volkswirtschaftlichen Modellen auf den Arbeitsmarkt in den jeweiligen Branchen auswirken würde. Ob der Gesetzgeber oder die Arbeitgeber am längeren Hebel bei den Mindestlöhnen sitzen, ist die Frage? Es gibt keine belastbaren Daten, um pauschal sagen zu können, wie groß die Marktmacht der Unternehmen in Deutschland in den einzelnen Branchen ist? Gesetzliche Mindestlöhne wären nach Joachim Möller, Direktor des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, ein Experiment mit ungewissem Ausgang.

Interessant dabei ist, dass keiner betriebswirtschaftliche Ziele der Personalwirtschaft dabei beachtet, die der Betrieb sich selbst durch sein Rechnungswesen und sein Personalcontrolling setzt, und die aus dem Rechnungswesen und dem Personalmanagement22 des Unternehmens abzuleiten sind, wie Arbeitsproduktivität, Personalkosten, evtl. Mindestlöhne, Lohnuntergrenze oder Erträge aus dem Humankapital.

Aus der Sicht der finanzorientierten Personalwirtschaft setzen sich die Unternehmen folgende Personalziele: Die Arbeitsproduktivität steigern, die Personalkosten senken und die Leistungen des Humankapitals, sprich die Umsätze und Erträge pro Produkt und Dienstleistung, erhöhen.

Das funktionsorientierte Personalmanagement möchte für das Geschäftsmodell Unternehmung die passenden Mitarbeiter am richtigen Ort, zur richtigen Zeit, in der notwendigen Menge und zum kalkulierten Plankostenlohnsatz23 entsprechend der Plankostenträgerrechnung einstellen, bezahlen und binden, um einen wettbewerbsfähigen Preis für seine Produkte vom Kunden zu fordern und einen entsprechend Umsatz durch das Marketing zu kreieren, um so den Fortbestand des Unternehmens zu sichern.

Das verhaltens- und arbeitspsychologische Personalmanagement möchte die Mitarbeiter mittels monetärer Anreizsysteme im variablen Entgeltmanagement zur höheren Produktivität motivieren und an das Unternehmen binden.

Auf obige Personalziele könnte sich generell das Personalcontrolling konzentrieren.

Ähnliche Personalziele findet man rudimentär auch in der Literatur. Unpräzise findet man die Aussage, dass das oberste Ziel des Personalcontrollings die Erreichung der Unternehmensziele durch niedrige Personalkosten im Rahmen einer wirkungsvollen Gesamtplanung, Steuerung und Kontrolle sei.24 Dieses Personalkostenziel wird durch weitere Unterziele beschrieben, wie der Zusammensetzung der Personalkosten, Erhöhung der Arbeitsproduktivität und Leistungsmotivation oder auch Senkung der Personalfluktuation.25

Um diese Zielsetzungen zu realisieren, hat die DGFP fünf Aufgabenbereiche des Personalcontrollings definiert. Das Personalcontrolling soll:

Die oben genannten Aufgaben des Personalcontrollings lassen sich mit Hilfe eines Controlling-Regelkreises am Beispiel der → Fluktuationsrate32 wie folgt veranschaulichen. Die Zielsetzung ist dabei die Senkung der Mitarbeiterfluktuation, um die Personalkosten der Betriebsbereitschaft zu senken.

Abb. 1: Controlling-Regelkreis am Beispiel Fluktuationsquote

Quelle: entnommen aus: Wickel-Kirsch, S. / Janusch, M. / Knorr, E. (2008), S. 142.

Die Zielsetzung des beispielhaften Regelkreis-Modells ist die Senkung der Mitarbeiterfluktuation durch Anreizsysteme (siehe Abbildung 1). Der Personalcontroller führt dabei eine Abweichungsanalyse (Plan-Ist-Vergleich) durch, die ihm Aufschluss darüber gibt, welche Korrekturmaßnahmen (mehr monetäre und/oder immaterielle Anreize) zum Erreichen der gewünschten Zielsetzung durchgeführt werden müssen. Eine regelmäßige Messung des Ist-Standes ist erforderlich, um Abweichungen festzustellen und um permanent Nachjustierungen vornehmen zu können, zur Sicherstellung einer niedrigen Fluktuationsquote.33

1.2.3 Dimensionen des Personalcontrollings

Das Personalcontrolling befasst sich mit der „Optimierung des Verhältnisses von personalbezogenem Aufwand und Ertrag“.34

Es reagiert auf die personelle Situation im Unternehmen und gleichzeitig versucht das Personalcontrolling die Prozesse im Personalbereich produktiv zu gestalten (faktor- und prozessorientiertes Personalcontrolling). Eine weitere Ausprägung des Personalcontrollings ist die Berücksichtigung von quantitativen und qualitativen Faktoren, die sich auf das Personalmanagement und dessen Ziele auswirken. Des Weiteren hat das Personalcontrolling die strategischen Ziele des Unternehmens in sein Vorgehen zu integrieren und diese gleichzeitig im operativen Tagesgeschäft umzusetzen (strategisches und operatives Personalcontrolling).35

In Abbildung 2 lassen sich die verschiedenen Dimensionen und Aspekte des Personalcontrollings grafisch verdeutlichen.

Abb. 2: Dimensionen des Personalcontrollings

Quelle: entnommen aus: DGFP, Armutat, S. (2009), S. 22.

Strategisches und operatives Personalcontrolling

Strategisches Personalcontrolling muss ein essenzieller Bestandteil des strategischen Managements sein.

Die Ziele des Personalcontrollings werden von der Unternehmensstrategie abgeleitet und sind somit langfristig angelegt (z. B. Beschaffung und Ausbildung neuer Fach- und Führungskräfte auf der Grundlage einer betrieblichen Innovation).36

Das Personal kann ein Engpassfaktor im Unternehmen werden und muss deshalb bei jeder erfolgreichen Strategieumsetzung unbedingt berücksichtigt werden. Damit es zu keinem Engpass kommt, müssen ausreichend qualifizierte und motivierte Mitarbeiter zu einem Plangehalt gemäß einer → Kostenträgerrechnung oder → Deckungsbeitragsrechnung vorhanden sein. Dabei darf das geplante Investitionsvolumen für die Qualifizierungs- und Einstellungsmaßnahmen nicht überschritten werden. Ohne eine gut durchdachte strategische Planung und kontinuierliche Überprüfung und Anpassung durch ein Personalcontrolling kann die Strategieumsetzung scheitern.37

Es werden Teilziele durch vorab festgelegte Meilensteine erreicht. Gleichzeitig werden Analysen durchgeführt, um interne und externe technologische Trends frühzeitig zu erkennen und ggf. frühzeitig darauf zu reagieren.38 Handlungsbedarf wird beispielsweise durch externe Faktoren wie durch politische Entwicklungen zum Mindestlohn, technische Neuerungen, einen Wertewandel in der Gesellschaft oder bei der Stellung der Frau in der Unternehmenshierarchie, ausgelöst.39

Zum Einsatz kommen unterschiedliche Instrumente wie

Das Hauptaugenmerk beim strategischen Personalcontrolling wird auf → Effektivität gelegt,40 indem gefragt wird:

„Tun wir die richtigen Dinge?“41

Die Ziele des → operativen Personalcontrollings richten sich nach den Zielen des strategischen Personalcontrollings und sind im Gegensatz dazu kurzfristig ausgelegt.42 Die Aufgaben des operativen Personalcontrollings wiederholen sich und orientieren sich am „…handlungsbezogenen Tagesgeschäft“ 43. Die Arbeitsvorgänge werden auf ihre Effizienz hin überprüft,44 indem die Mitarbeiter sich fragen

„Tun wir die Dinge richtig?“45,

um einen ergebnisorientierten Personaleinsatz zu steuern.46

Weitere wesentliche Unterschiede bestehen darin, dass das operative Personalcontrolling sich eher auf quantitative Größen, wie Produktivität, Wirtschaftlichkeit, Ertrag/Leistung und Aufwand/Kosten stützt, während das strategische Personalcontrolling zunächst eher auf qualitative Größen abzielt, wie innovative Erfolgspotenziale, Stärken/Schwächen oder Chancen/Risiken.47 Wobei diese Trennung nicht konsequent beibehalten werden kann, da im strategischen Personalcontrolling auch quantitative Größen gefordert werden.48

Die Herausforderung an das operative Personalcontrolling liegt nicht im Umfang der Informationen, die zur Verfügung gestellt werden, sondern eher in der Selektion von aussagefähigen Kennzahlen, insbesondere bei der → Personalkostenplanung.49

Qualitatives und quantitatives Personalcontrolling

Die Grundlage für das → qualitative strategische Personalcontrolling bilden qualitative Daten, die durch Befragungen z. B. der Mitarbeiter über die Motivation und Zufriedenheit mit dem Arbeitsplatz und dem Entgeltmanagement oder auch über das Führungsverhalten des Vorgesetzten erhoben werden.50 Dabei wird der gewünschte Soll-Zustand bezüglich des Organisationsklimas oder der Führungssituation mit dem Ist-Zustand verglichen. Werden beispielsweise Defizite beim Führungsverhalten festgestellt, so bieten diese eine Basis für Korrekturmaßnahmen. Für die Erhebung der qualitativen Daten sind eine aufwendige Informationsinfrastruktur und vor allem die Akzeptanz des Managements erforderlich.51 Zu den qualitativen (strategischen) Instrumenten und Methoden gehören z.B. Personalportfolios, Personalbeurteilungen, → Assessment-Center, → Benchmarking oder → Mitarbeiterbefragungen.52

Beim quantitativen Personalcontrolling kommen direkt messbare Größen wie Anzahl, Geldbeträge oder Häufigkeiten von Incentives zur Anwendung.53 Die quantitativen Kenngrößen verfolgen die Absicht, Kostentransparenz, - optimierung und Rentabilität in der Personalwirtschaft zu schaffen sowie einen Beitrag zur Wertschöpfung im Unternehmen zu leisten. Einige Beispiele für Kennzahlen sind die Anzahl von Mitarbeitern oder → Personalkosten. Anhand von Kennzahlen lässt sich der wirtschaftliche Erfolg des Unternehmens messen und kontrollieren. Jedoch können aufgrund von quantitativen Kenngrößen keine verlässlichen Aussagen getroffen werden, da die Auslöser, die zu den Ergebnissen führen, oft nicht analytisch einbezogen werden. Zu den Auslösern gehören qualitative Größen wie → Innovation, Leistungsfähigkeit und -motivation der Mitarbeiter, Ausbildungsprogramme etc., die deshalb mit berücksichtigt werden müssen.54

Prozess- und faktororientiertes Personalcontrolling

Im Blickfeld des prozessorientierten Personalcontrollings liegen die Prozesse des Personalbereiches und deren Beitrag zur Wertschöpfung für das Unternehmen. Dabei konzentriert sich das prozessorientierte Personalcontrolling einerseits auf die Kundenorientierung im Personalbereich, indem man die notwendigen Informationen in dem Umfang und der Qualität zur Verfügung stellt, die von den Nachfragern (Mitarbeiter) gefordert werden. Zu den Nachfragern gehören die Führungsebene oder Mitglieder aus den anderen Organisationseinheiten des Unternehmens. Andererseits wird auf eine möglichst ökonomisch optimale Prozessgestaltung im Personalbereich abgezielt, um eine Akzeptanz bei der Unternehmensleitung und den Unternehmensbereichen zu erlangen.55

Das faktororientierte Personalcontrolling befasst sich mit dem Einsatzfaktor Personal, indem die Ergebnisse, wie Personalkosten, Personalstrukturdaten (wie Qualifikationen, Betriebszugehörigkeit usw.), Personaleinsatz (wie Mitarbeiterzahl, Arbeitszeiten, Schichten usw.) sowie Personalbewegungen (wie Fluktuation, Krankenstand, organisatorische und technische Verbesserungsvorschläge, Patentanmeldungen) analysiert werden. 56

1.3 Klassifikationsmöglichkeiten von Kennzahlen und Kennzahlensysteme

1.3.1 Kennzahlen

Es gibt keine betriebswirtschaftliche Theorie zur Kennzahlenbildung. → Kennzahlen sind das Resultat einer gelebten zweckmäßigen Unternehmenspraxis, die sich als erfolgreich erwiesen hat.

Kennzahlen sind überwiegend mathematisch einfach zu bilden, unter Einbezug eines sinnvollen betriebswirtschaftlichen Hintergrunds. Deshalb sind Kennzahlen einfach zu berechnen und haben sich zudem als ein aussagefähiges Analyseinstrument in der Betriebswirtschaft erwiesen. Sie geben eine zahlenmäßige Auskunft über komplizierte Umstände und Prozesse in Unternehmen oder in Unternehmensbereichen, damit sich die Verantwortlichen einen Überblick über bestimmte personalwirtschaftliche Tatbestände, Probleme und akute Missstände verschaffen können.

Durch Kennzahlen werden relevante Informationen gewonnen, auf deren Grundlage Entscheidungsträger besser handeln können. Der Aufbau einer Kennzahl hängt sehr von dem bestehenden Informationsbedarf z. B. eines Managers ab.57

Es wird zwischen absoluten und relativen Kennzahlen unterschieden.

Die absoluten Kennzahlen sind Mengen- sowie Kostenangaben zu Gehältern, Arbeitszeiten, Krankenständen, weiblichen Mitarbeitern, Auszubildenden usw., die als bestimmende Elemente einer Gesamtheit (Gesamtheit aller Lohn- und Gehaltszahlungen, Belegschaft) betrachtet werden. Zum Beispiel gehören Einzelzahlen, Summen, Differenzen oder Mittelwerte zu den absoluten Kennzahlen. In der Literatur ist man sich nicht einig, ob die absoluten Werte zu den Kennzahlen gehören. Jedoch kann man mit absoluten Zahlen relevante Aussagen beschreiben, indem man sie miteinander vergleicht (Benchmark). Die Eigenschaft, Vergleiche (Soll-Ist-Vergleiche, Zeitvergleiche, Betriebsvergleiche usw.) ziehen zu können, lässt ebenfalls eine Urteilsbildung zu, so wie das besonders bei den relativen Kennzahlen der Fall ist.

Wenn absolute Werte aus der Finanzwirtschaft, wie Umsatzerlöse, Preise, Deckungsbeiträge, Prozesskosten oder operativer → Cashflow analysiert werden, gewinnt man erste Erkenntnisse zur Entscheidungsfindung bei Prozessabläufen, Gehaltsfindungen, monetären Anreizsystemen, Ausgestaltung einer betrieblichen Altersversorgung, Altersteilzeitregelungen, Kurzarbeit usw.

Bei den relativen Kennzahlen