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STEFAN SCHLIE | MARKUS GREBER

UPHILL
FLOW

E-MTB-FAHRTECHNIK

VON DEN BASICS BIS ZU DEN TRICKS DER PROFIS

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VORWORT

100 PROZENT MEHR SPASS

Die Abfahrt muss man sich verdienen – so lautet ein alter Ehrenkodex unter Mountainbike-Puristen, die sich dem Trend zu Liften und Shuttles verweigern. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen, der richtige Spaß kommt später. Zugegeben, es ist schon ein erhebendes Gefühl, sich den Anstieg komplett aus eigener Kraft erkämpft zu haben. Und auch der körperliche Work-out setzt Endorphine frei. Aber eins haben rein muskelbefeuerte MTB-Anstiege sicher nicht: Flow.

Mit dem E-MTB beginnt der Spaß von der ersten Sekunde an. Denn der Motor gibt uns das nötige Quäntchen Extrapower, das uns immer wieder ein Grinsen ins Gesicht zaubert. Steile Anstiege in den Alpen haben ihren Schrecken verloren, die Feierabendrunde passt noch in das kurze Zeitfenster zwischen Dienstschluss und Sonnenuntergang. Auch die soziale Komponente hat das E-MTB revolutioniert: Freund und Freundin, Eltern und Kinder, Alt und Jung gleichen die unterschiedlichen Kräfteverhältnisse mit dem E-MTB aus und haben plötzlich einen Riesenspaß, miteinander zu biken. Der Erlebnishorizont hat sich auch für diejenigen erweitert, die nicht mit der Kondition eines Marathonpiloten aufwarten können.

Aber es gibt noch einen weiteren Aspekt: Mit dem E-MTB können wir bergauf Trails fahren, die vorher schlichtweg keinen Sinn ergeben haben. Singletrails, enge Kurven, Stufen lassen sich mit einer Dynamik bewältigen, die wir früher nur in der Abfahrt erfahren konnten. »Uphill Flow« bringt unsere Faszination für den neuen Stil bergauf auf den Punkt.

Die Fähigkeiten, die man braucht, um diesen Flow bergauf so richtig auszukosten, überschneiden sich nur teilweise mit der klassischen Mountainbike-Fahrtechnik. Wer hätte gedacht, dass es sich bergauf leichter fährt, wenn man bremst? Oder, dass es wie beim Snowboard- oder Skateboardfahren eine Schokoladenseite gibt, die es herauszufinden gilt?

Mit diesem Buch möchten wir jeden ansprechen, der unsere Begeisterung für das E-MTB teilt. Wir bieten Neueinsteigern die richtigen Tipps für schnelle Lernfortschritte. Aber auch für Experten wird die ein oder andere Technik neu und spannend sein. Um die Kniffe und Tricks in Szene zu setzen, haben wir uns auf den Trails in La Palma und am Gardasee herumgetrieben, tagelang über einem roten Faden gebrütet und Bilder sortiert. So neu wie das E-MTB als Sportgerät ist auch die Fahrtechnik, die wir euch auf den folgenden Seiten näherbringen wollen. Wir hoffen, es ist uns gelungen. Viel Spaß mit diesem Buch und der dazugehörigen App.

Stefan Schlie und Markus Greber

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INHALT

1

BASICS/SETUP

1.1 /
FAHRWERK

GRUNDBEGRIFFE

SAG EINSTELLEN

DÄMPFUNG EINSTELLEN

1.2 /
COCKPIT EINSTELLEN

BREMSE

SCHALTUNG

UNTERSTÜTZUNGSSTUFEN UND VARIOSTÜTZE

1.3 /
SONSTIGE EINSTELLARBEITEN

SATTELPOSITION

REIFENDRUCK

AKKUHANDLING

2

GRUNDLAGEN FAHRTECHNIK

2.1 /
ERSTE SCHRITTE

BALANCEÜBUNGEN

GRUNDPOSITION & BREMSÜBUNGEN

SCHALTEN

2.2 /
ROTER FADEN

KONSTANTER KÖRPERSCHWERPUNKT

PEDALMANAGEMENT

BREMSMANAGEMENT

2.3 /
KURVENTHEORIE

KURVENTECHNIKEN BERGAB

REINLEGEN ODER DRÜCKEN

LINIENWAHL

3

ANFAHREN UND ABSTEIGEN AM BERG

3.1 /
ANFAHREN AM BERG

AUFSTIEGSHILFE

3.2 /
ABSTEIGEN AM BERG

BERGAUF

BERGAB

4

FAHRTECHNIK SCHOTTER

4.1 /
SCHOTTER BERGAUF

GRUNDPOSITION

LINIENWAHL

STEILE SCHOTTERRAMPE BERGAUF

SCHOTTERKURVE BERGAUF

4.2 /
SCHOTTER BERGAB

GRUNDPOSITION

SCHOTTERKURVE BERGAB

BREMSEN

5

FAHRTECHNIK TRAIL

5.1 /
TRAIL BERGAUF

WER BREMST, GEWINNT

STEILE TRAILRAMPEN/UPHILL-WHEELIE

AUFSTEHEN STATT AUSSITZEN

PEDALAUFSETZER VERMEIDEN

KLEINES HINDERNIS

GROSSES HINDERNIS

ZUFALLSKURVE

KONTROLLIERTE KURVE

5.2 /
TRAIL BERGAB

DOWNHILL-BASICS

STUFE BERGAB/PUSHTECHNIK

STUFE BERGAB/DROPTECHNIK

TRAILKURVE BERGAB

STATISCHE BACKSWITCH

STEILABFAHRT

6

EXPERTEN-MOVES

6.1 /
UPHILL-MOVES

UPHILL EXTREME

KURVE/FRONTSWITCH

KURVE/UPHILL-BACKSWITCH

KURVE/POWERCURVE

KURVE/JUMPSWITCH

MONSTERSTUFE

6.2 /
EXPERTEN-MOVES BERGAB

DAS SPIEL MIT DER SCHWERKRAFT

SPITZKEHRE/DYNAMISCHER BACKSWITCH

BUNNYHOP

SCHNELLE KURVE/CURVE BOOST

BOOST DROP

STRAND/SCHNEE/MATSCH

7

SCHIEBEN/TRAGEN/WENDEN

7.1 /
SCHIEBEN BERGAUF

SCHIEBEHILFE

7.2 /
TRAGEN BERGAUF

TRAGEN SEITLICH

SCHULTERN

7.3 /
SCHIEBEN BERGAB

BESSER SCHIEBEN

SCHIEBEN AUF DEM HINTERRAD

7.4 /
WENDEN AUF DEM TRAIL

TRAILWENDE

STYLEWENDE

8

BIKE-OPTIMIERUNG

DAS ARBEITSGERÄT

KLEIDERORDNUNG

9

ETIKETTE

TRAILRULES

GLOSSAR

DANKE

DIE AUTOREN

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1 /

BASICS/SETUP

BEVOR ES LOSGEHT, SOLLTE MAN DAS ARBEITSGERÄT RICHTIG EINSTELLEN. FAHRWERK, COCKPIT, SATTEL, REIFEN – VIELE KOMPONENTEN WOLLEN AUFEINANDER ABGESTIMMT SEIN. WENN MAN SICH DAFÜR ZEIT NIMMT UND VERSTEHT, WAS MAN TUT, HAT MAN SPÄTER MEHR SPASS AUF DEM TRAIL.

1.1 /

FAHRWERK

GRUNDBEGRIFFE

SAG EINSTELLEN

DÄMPFUNG EINSTELLEN

GRUNDBEGRIFFE DER FAHRWERKSTECHNIK

E-MTBS SIND ECHTE HIGHEND-GERÄTE. VOR ALLEM DIE EINSTELLMÖGLICHKEITEN DER FAHRWERKE SIND OFT SO VIELFÄLTIG WIE DIE EINES RALLYE-AUTOS. DOCH WAS DIE KLEINEN SCHRÄUBCHEN AN DÄMPFER UND GABEL WIRKLICH MACHEN, WISSEN DIE WENIGSTEN. EFFIZIENTER BERGAUF, KOMFORTABLER BERGAB – MIT DEM GRUNDWISSEN ÜBER FEDERUNG UND DÄMPFUNG UND DEN EINSTELLTIPPS AUF DEN FOLGENDEN SEITEN HOLT IHR DIE VOLLE LEISTUNG AUS DEM FAHRWERK.

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FEDERUNG

Physikalisch ist die Federung ein Energiespeicher. Stößt das Rad auf ein Hindernis, federn Gabel und Dämpfer ein. Das Federmedium (meist Luft- oder selten Stahlfeder) speichert den Stoß als potenzielle Energie. Beim Ausfedern gibt es die gespeicherte Energie in Form von Bewegungsenergie wieder ab. Die Federung trennt die Gesamtmasse (Bike und Fahrer) in die gefederte Masse (Fahrer, Rahmen, Anbauteile) und die ungefederte Masse (Laufräder, Gabeltauchrohre, Hinterbau). Die ungefederte Masse soll den Bodenunebenheiten exakt und schnell folgen, die gefederte Masse soll möglichst wenig Schläge abbekommen und den Schwerpunkt von Rad und Biker möglichst auf einer Linie halten – wie bei einem guten Skifahrer auf der Buckelpiste. Eine effiziente Federung bringt Fahrkomfort und verbessert die Traktion.

NEGATIVFEDERWEG (SAG)

Der SAG ist besonders wichtig für die Traktion. Unter SAG versteht man den Teil des Federwegs, um den die Federung schon beim Aufsitzen eintaucht. Ganz ohne SAG könnte die Federung bei plötzlichen Schlaglöchern nicht in das Bodenloch hineinfedern. Die Einstellung des SAGs erfolgt bei Luftfederungen ganz einfach über den Luftdruck (siehe nächste Seite).

DÄMPFUNG

Wie schon erwähnt, ist die Federung ein Energiespeicher. Einmal in Bewegung, schwingt sie fast unaufhörlich auf und ab – vergleichbar mit einem Flummi, den man auf den Boden wirft. Ein Flummi federt nur und hat kaum Dämpfungseigenschaften. Mit der Federung allein würde das Bike nach jedem Stoß etliche Male auf und ab schwingen, bis wieder Ruhe ins Fahrwerk kommt. Die Folgen fehlender Dämpfung kennt man auch von Autos mit defekten Stoßdämpfern: Das Fahrzeug schaukelt sich gefährlich auf, die Reifen verlieren Bodenkontakt. Jede Federung braucht also auch eine Dämpfung. Wirft man statt des Flummis einen Klumpen Knetmasse auf den Boden, dann bleibt der am Boden liegen. Das ist Dämpfung. Die Dämpfung hält die aufschwingende Federung im Zaum, sie bremst das schaukelnde Fahrwerk ab. Physikalisch würde man das so ausdrücken: Der Dämpfer wandelt die Bewegungsenergie der Federung in Wärme um. Nun trennt man die Dämpfung in zwei Phasen: Beim Einfedern spricht man von der Druckstufendämpfung, beim Ausfedern von der Zugstufendämpfung. Besonders wichtig für die Traktion ist Letztere: Die Zugstufe hält den Reifen nach einem Schlag am Boden.

NEGATIVFEDERWEG (SAG) EINSTELLEN

DER SAG SOLLTE ETWA 20 BIS 30 PROZENT VOM GESAMTEN FEDERWEG BETRAGEN. DIE MEISTEN GABELN UND DÄMPFER BESITZEN GUMMIRINGE, DAS ERLEICHTERT DAS FAHRWERKS-SETUP ENORM. MITHILFE DIESER GUMMIRINGE KANN MAN DEN NEGATIVFEDERWEG MILLIMETERGENAU EINSTELLEN.

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SAG CHECKEN

Zuerst die Dämpfung möglist weit aufdrehen und die Gummiringe an Gabel und Dämpfer ganz nach unten schieben, das gibt ein besseres Ergebnis. Steige dann ganz vorsichtig und ohne Schwung auf. Am besten lässt du dir von einer zweiten Person helfen oder lehnst dich an eine Mauer. Stelle dich in die zentrale Grundposition auf die Pedale, und zwar mit deinem kompletten Equipment. Wippe zwei- bis dreimal im Stehen und steige vorsichtig ab. Der Weg, den die Federelemente jetzt eingefedert sind, ist der SAG.

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GUMMIINDIKATOR

Die Position des Gummirings zeigt dir nun den aktuellen Negativfederweg an. Wer es ganz genau nimmt, kann auch nachmessen – aber immer in Relation zum maximal möglichen Federweg. Vorsicht: Manche Federelemente tauchen nicht bis zum Anschlag ein. Um den maximal möglichen Hub genau zu messen, hilft nur eins: Luft rauslassen und komplett einfedern.

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GABEL AUFPUMPEN

Das Ventil zum Aufpumpen der Gabel befindet sich meist oben am Standrohr. Mit der Dämpfer-Spezialpumpe kann man Luft nachpumpen oder entweichen lassen. Pumpe schrittweise nach, bis der SAG passt. Wiederhole dazu Schritt eins und zwei.

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DÄMPFER AUFPUMPEN

Genauso wird beim Dämpfer verfahren. Bis der Luftdruck passt, sind auch hier oft mehrere Wiederholungen nötig. Tipp: Lass dich nicht vom lauten Zischgeräusch beim Abschrauben der Pumpe verunsichern. Das ist nur die aufgestaute Luft im Schlauch.

SPEZIAL-SETUP FÜRS E-MTB

Uphill Flow und unglaubliche Steigfähigkeit – das E-MTB eröffnet völlig neue Möglichkeiten. Das sollte man auch beim Fahrwerks-Setup berücksichtigen. Stellt man – wie beim klassischen Bike – den SAG recht üppig ein, dann kommt man bei bei steilen Uphills schnell an seine Grenzen. Durch die Gewichtsverlagerung nach hinten und dynamische Prozesse (z. B. Anti-Squat) sackt der Hinterbau dann ein und das Vorderrad steigt früh nach oben. Wer also Wert auf Topbergauf-Performance legt, sollte den hinteren Dämpfer ruhig mit etwas mehr Luft fahren. Die Gabel verträgt in diesem Fall sogar etwas mehr SAG, dann spricht sie besser an. Ein Setup, das bergauf wie bergab gleichermaßen funktioniert, gibt es nicht. Deshalb macht es durchaus Sinn, die Dämpferpumpe auf der Tour mitzuführen und zwischendurch nachzujustieren. Andernfalls begnügt man sich mit dem Standard-Setup als Kompromiss.

DÄMPFUNG EINSTELLEN

DIE DÄMPFUNG BRINGT RUHE INS FAHRWERK, SIE SORGT FÜR KONTROLLE UND TRAKTION. DIE RICHTIGE DÄMPFUNGSEINSTELLUNG RICHTET SICH STARK NACH PERSÖNLICHEM GESCHMACK UND NATÜRLICH DEM GELÄNDE. EINE STANDARDEINSTELLUNG HIERFÜR GIBT ES NICHT. AM BESTEN, MAN TASTET SICH KLICK FÜR KLICK AN DER DÄMPFUNGSSCHRAUBE ANS PERSÖNLICHE WUNSCH-SETUP HERAN.

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VERSTEHEN, WAS PASSIERT