Margaret Atwood Drei drollige Dramen

Illustriert von Dušan Petričić

Aus dem Englischen von Ebi Naumann

DÖRLEMANN

INHALT

Rüpel Ramsay und die randalierenden Radieschen7

Bedauernswerter Bob und Düstere Dorinda25

Die wandernde Wanda und Witwe Wischwaschs Wunderwäscherei41

Rüpel Ramsay und die randalierenden Radieschen

Für Madelaine und für R. und E. Cook, die fast alles essen.

M.A.

Für meine neugierige Enkelin Lara

D.P.

Rüpel Ramsay residierte in einer ramponierten, recht-winkligen, rundum runtergekommenen Ruine mit einer Remise auf dem rückwärtigen Dach, einem Rübenkeller und einer rotierenden Drehtür. Rechts der Rui-ne ragten die Reste eines Ringwalls aus dem runtergetretenen Rasen.

In Ramsays Räumen residierten in der Regel auch Ron, Rollo und Ruby, Ramsays rachsüchtige und raubeinige Rest-familie. Relativ rundlich, aber robust, rasteten sie regelmäßig aus. Oder sie hingen in Ruhesesseln rum, schütteten riesi-ge Mengen Rum in sich rein und röhrten rund um die Uhr Rock’n’Roll-Raritäten.

Während Ron in aller Ruhe Rennresultate runterratterte, schaffte Rollo Rosenkohl, Radicchio und Rote Bete für Reis-gerichte ran sowie Rosinen, Runkelrüben und Rippchen (vom Rhinozeros). Sie rollten Reptilien aus (mit Ramsays Rollholz), raspelten Rhabarber, rädelten Ravioli und grillten Rentier-rückensteaks auf einem riesigen Rost. Der Reis war restlos angebrannt, die Rippchen rußig, die Ravioli ranzig und das Rhinozeros noch reichlich roh. Die Reptilien rissen aus, der Rhabarber wurde runzlig, und die Rentierrückensteaks ro-chen nach Resteverwertung.

Freitags regte Ramsay, der rothaarige Raufbold, sich regel-mäßig auf.

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»Dieser Rattenfraß ist ruchlos«, rebellierte er. »Der Reis ra-benschwarz, die Rosinen rausgepickt und die Rentierrücken-steaks richtig verrottet. Reineweg zum Reihern!«

»Ramsay, du roher, repulsiver rothaariger Rabauke! Rüder Rüpel! Reiß dich zusammen!«, raunzten Ron, Rollo und Ruby, Ramsays raubeinige Restfamilie. »Reg dich ab, du Rowdy!«

»Regt euch selber ab!«, raunzte Ramsay.

Die drei rauflustigen Raubeine richteten sich auf, rollten die Ärmel hoch, rannten wie rasend hinter Ramsay her und schleuderten ihm Radkappen, Schraubenschlüssel, rumlie-gendes Räderwerk und Röhrenradios in den Rücken. Aber Ramsay, der routinierte Renner, rannte raketenmäßig raus erst hoch zur Remise, dann runter in den Rübenkeller, die rotierende Drehtür rein und raus, bis seine robuste, aber rund-liche Restfamilie röchelnd nach einer Ruhepause rief.

Diese Riesenrandale registrierten zahlreiche Rammler, reinliche Waschbärrüden, rastlose Rebhühner, Rohrsänger, Rotkehlchen und rotzfreche Raben. Rumfeixend reihten sie sich auf dem rechtsgelegenen Ringwall auf, fanden das rasante Rennen reizvoll und krächzten mit ihren Reibeisenstimmen: »Rah! Rah! Rah!«

Ramsays einziger Freund war Ralf, die Ratte mit dem roten Riecher ein ruheloser Rumtreiber. Während Ramsay

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auf einem ramponierten Rucksack rastete und sich seine rot-geränderten Risse rieb, rumorte Ralf in den Rückständen des rabenschwarzen Reisgerichts, der runzligen Rhabarberreste sowie der ranzigen Ravioli und rief mit rollendem ›R‹: »Rum-liegender Ramsch ist für Ratten geradezu berückend. Wir re-generieren, wo Rentierreste verrotten.«

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