Work-Life-Balance

Inhalt

Fußnoten

Sicherung des Generationenvertrages der gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland

Die aktiv Versicherten sind solche pflichtversicherten Personen, die ihre Anwartschaften durch das Entrichten von Beiträgen erwerben beziehungsweise für welche Beiträge als entrichtet gelten (Beitragszahler), sowie Personen, die gegenwärtig Anrechnungszeiten zurücklegen. Dem stehen die passiv Versicherten gegenüber, die in der Vergangenheit einen Anspruch auf Leistungen erworben haben, aber noch keine Rente beziehen. Dazu zählen insbesondere die latent Versicherten, also die Personen, die weder am Stichtag noch sonst im Berichtsjahr der Statistik einen Beitrag oder eine Ausfallzeit aufweisen. Latent versichert sind überwiegend Personen, die tatsächlich keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung mehr entrichten, zum Beispiel Hausfrauen, Beamte und Selbstständige, die aber früher Beiträge entrichtet haben.“ (demografie-portal.de Altersrentner).

2.4.3.3 Entwicklung der atypischen Beschäftigung im Zeitablauf

Die Datengrundlage ist der Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes. Er bezieht sich auf die Gruppe der Kernerwerbstätigen von 15 bis 64 Jahren. Nicht berücksichtigt werden hier Personen in der Ausbildung und in verschiedenen Diensten (z.B. Freiwilligendienst, Grundwehrdienst).

2.4.3.4 Aktuelle Situation atypischer Beschäftigungen

„Kernerwerbstätige sind Personen im Alter von 15 bis 64 Jahren, die nicht in Bildung oder Ausbildung sind. Die Gruppe der Kernerwerbstätigen befindet sich in einem Le­bensabschnitt, in dem Erwerbsarbeit in deutlich stärkerem Maße als Schwerpunkt der Lebensgestaltung gesehen wird, als beispielsweise während der Ausbildung oder im Ruhestand. Sie gilt daher, vor allem im Rahmen der Berichterstattung zur atypischen Beschäftigung, als Bezugsgröße für die Berechnung von Quoten.“ (Statistisches Bundesamt 2020a: Kernerwerbstätige: www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Arbeitsmarkt/Glossar/kernerwerbstaetige.html. Abruf: 21.08.2020).

1 Work-Life-Balance: Was ist das?

Unser Leben hat sich in den letzten ca. zwanzig Jahren stark verändert. Die rasanten Entwicklungen der digitalen Informations- und Kommunikationstechnologien vereinfachen ein zeit- und ortsunabhängiges Arbeiten. Durch Laptop, Tablet, Smartphone und weiterer kleiner digitaler Geräte (engl. Wearables) können wir überall und zu jeder Tages- oder Nachtzeit erreichbar sein, digital kommunizieren sowie Daten und Informationen austauschen. Wir sind mobil und überwinden örtliche Entfernungen dank Internet und stark ausgebauter Verkehrsstrukturen oft mühelos und schnell. Wir sind flexibel und passen uns schnell an neue berufliche und private Anforderungen oder Aufgaben an.

Dennoch fällt es vielen Menschen zunehmend schwerer, ihre verschiedenen Lebensbereiche zeitlich und inhaltlich so wahrzunehmen und aufeinander abzustimmen, dass sie zufrieden sind. Stattdessen steigt beispielsweise die Anzahl an Erschöpfungszuständen und psychischen Erkrankungen in der Bevölkerung, die Anzahl der Familien und Kinder sinkt deutlich und viele fühlen sich dauerhaft überlastet.

Geschuldet ist diese Entwicklung dem Wandel der Arbeitswelt mit seinen neuen Herausforderungen und Anforderungen, aber auch der Veränderung von gesellschaftlichen Rollenbildern von Mann und Frau, der steigenden Berufstätigkeit von Frauen, der Zunahme von unsicheren Beschäftigungsverhältnissen und gesellschaftlichen Risiken sowie der insgesamt steigenden Dynamik und Komplexität unseres Lebens.

Unter dem Begriff Work-Life-Balance hat sich in den letzten ca. dreißig Jahren eine intensive wissenschaftliche und praxisorientierte Diskussion um die Vereinbarkeit zwischen dem Berufs- und dem Privatleben entwickelt mit dem Ziel, durch geeignete Konzepte und verschiedenen Maßnahmen eine höhere individuelle Vereinbarkeit zwischen den Lebensbereichen zu unterstützen und zu fördern.

1.1 Work-Life-Balance als interdisziplinäres Thema

Das Thema Work-Life-BalanceWork-Life-Balance erfährt seit den 1990er Jahren eine steigende Aufmerksamkeit in Theorie, Forschung und Praxis unterschiedlicher Disziplinen (vgl. Collatz/Gudat 2011, S. 3). Insbesondere beschäftigen sich die SoziologieSoziologie und die PsychologiePsychologie mit dem Thema und untersuchen u.a. die Zusammenhänge und Wechselwirkungen zwischen der Erwerbsarbeit und dem Privatleben. Hierbei interessieren auch die verschiedenen Rollen, die Menschen innerhalb des Erwerbs- und Privatlebens einnehmen sowie mögliche Rollenkonflikte von Personen innerhalb und zwischen den beiden Lebenswelten. (vgl. z.B. Barnett 1998, S. 125; Frone 2003, S. 143; Resch/Bamberg 2005, S. 172). Die Arbeits- und OrganisationspsychologieArbeits- und Organisationspsychologie beschäftigt sich mit den Herausforderungen der Arbeitswelt und ihren Auswirkungen auf die Erwerbstätigen, wobei auch die Vereinbarkeit der Erwerbstätigkeit mit dem Privatleben untersucht wird (vgl. Weinert 2004, S. 37). Die Gender-ForschungGender-Forschung interessiert insbesondere die Chancengleichheit bzw. bestehende Ungleichheiten zwischen verschiedenen Beschäftigtengruppen und den Belastungen, die sich daraus für die Arbeitswelt aber auch für andere Lebensbereiche ergeben (vgl. z.B. Kortendiek/Riegraf;/Sabisch 2019; Becker/Kortendiek 2010). Für die BetriebswirtschaftBetriebswirtschaft und insbesondere das Personalmanagement ist das Thema Work-Life-Balance besonders interessant, da die Unternehmen und Organisationen für eine erfolgreiche Unternehmenstätigkeit gut qualifizierte, leistungsfähige und engagierte Mitarbeiter benötigen, die zukünftig aufgrund des demografischen Wandels weniger werden, gleichzeitig jedoch neue Anforderungen an die Beschäftigungsverhältnisse und den Ausgleich zwischen verschiedenen Lebenswelten stellen. (vgl. Badura 2004; Kaiser/Ringlstetter 2010; Rost 2004; Schobert 2007, S. 19; Vedder 2008).

1.2 Auseinandersetzung mit dem Begriff “Work-Life-Balance”Begriff \“Work-Life-Balance\”

Wörtlich übersetzt bedeutet „Work-Life-Balance“ Arbeit – Leben – Gleichgewicht bzw. Ausgeglichenheit (vgl. Michalk/Nieder 2007, S. 21). Gemeint ist damit ein individuell ausgeglichenes Verhältnis zwischen der heutigen Erwerbsarbeit und dem Privatleben. Das Privatleben umfasst alle nichterwerbsorientierten Lebensbereiche, wie z.B. das Familienleben, die Partnerschaft und das Freizeitleben. So definiert auch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend „Work-Life-Balance“ als eine neue, intelligente Verzahnung von Arbeits- und Privatleben vor dem Hintergrund einer veränderten und sich dynamisch verändernden Arbeits- und Lebenswelt.“ (BMFSFJ 2005, S. 4). In einem ersten Verständnis scheint der Begriff „Work-Life-Balance“ sehr treffend eine aktuell weit verbreitete Problematik vieler Menschen zu beschreiben, nämlich die häufig fehlende zeitliche und inhaltliche Ausgeglichenheit zwischen den Anforderungen der Erwerbstätigkeit und den Anforderungen und Wünschen an das Privatleben. Bei einer differenzierteren Auseinandersetzung mit dem Begriff „Work-Life-Balance“ wird jedoch die Widersprüchlichkeit dieses Begriffes deutlich, der erklärungsbedürftig ist. So suggeriert die Gegenüberstellung von „Work“ (Erwerbsarbeit) und „Life“ (Privatleben) eine deutliche Abgrenzung beider Lebensbereiche voneinander, die in der heutigen facettenreichen (Arbeits-)Welt häufig gar nicht mehr gegeben ist und der Vielfältigkeit der Wechselwirkungen zwischen Arbeits- und Privatleben sowie auch der Vielfalt des Privatlebens nicht gerecht wird. Wichtig ist daher eine differenziertere Betrachtung der drei Bestandteile des Begriffs „Work-Life-Balance“, um anschließend auf die wesentlichen Kritikpunkte einzugehen und eine Definition des Begriffs „Work-Life-Balance“ für den weiteren Fortgang der Arbeit zu entwickeln.

1.2.1 Life – Lebenswelt – Privatleben

Der Begriff „Life“ kann als „LebensweltLebenswelt“ übersetzt werden und umfasst in einem weiten Sinn alles, was im Alltag erlebt, erfahren und erlitten wird und bildet damit die subjektive Realität bzw. den Wirklichkeitsbereich einer Person ab (vgl. Michalk/Nieder 2007, S. 20). In dieser weiten Fassung kann die Lebenswelt unterschieden werden in die Teilsysteme des Arbeitslebens und des PrivatlebensPrivatleben. Das Privatleben lässt sich wiederum unterteilen in die Subsysteme Familienleben, Partnerschaft, Freizeitleben und private (nicht erwerbstätigkeitsorientierte) Arbeitsbereiche (vgl. Abbildung 1). Zum FamilienlebenFamilienleben gehören alle Aktivitäten und Aufgaben zur Versorgung und Betreuung von Familienmitgliedern (Kinder, Eltern, Angehörige) und das Leben in der Familie bzw. die Zeit, die in und mit der Familie verbracht wird. PartnerschaftPartnerschaft umfasst die Zeit und alle Aktivitäten, die privaten partnerschaftlichen Beziehungen zwischen Individuen dienen. Die FreizeitFreizeit steht zur eigenen Verfügung und kann nach individuellen Bedürfnissen gestaltet werden. Hierzu zählen z.B. alle sportlichen, kulturellen oder sozialen Tätigkeiten und Aktivitäten, die der individuellen Bedürfnisbefriedigung, Regeneration und dem privaten Leben (ohne Haushaltsaufgaben und ohne Erwerbsarbeit) dienen. Private nicht erwerbstätigkeitsorientierte ArbeitsbereichePrivate nicht erwerbstätigkeitsorientierte Arbeitsbereiche umfassen alle Tätigkeiten, die zur Aufrechterhaltung des eigenen Haushalts notwendig sind (wie z.B. Einkaufen, Saubermachen, Reparaturen etc.) sowie weitere soziale, kulturelle oder individuell motivierte Arbeitsbereiche, die eine Person freiwillig übernimmt und als sinnstiftend erlebt (z.B. Übernahme von ehrenamtlichen Tätigkeiten in Vereinen oder sozialen Institutionen, eigene Bildungsaktivitäten, kulturelle Aktivitäten oder Engagement in der Region). Dabei muss die Lebenswelt einer konkreten Person nicht alle Teilsysteme umfassen und auch die Ausprägung und Bedeutung der einzelnen Teilsysteme ist individuell unterschiedlich. So ist für einen 25-Jährigen Single, der keine eigene Familie hat, sein Arbeits-, Privat- und Freizeitleben wahrscheinlich besonders wichtig. Demgegenüber konzentriert sich eine erwerbstätige Mutter neben ihrer Berufstätigkeit vermutlich stärker auf ihr Familien- und Freizeitleben.

In einem engen Sinn und auch in der Interpretation des Begriffs „Life“Begriff \„Life\“ im Konzept der „Work-Life-Balance“ wird die LebensweltLebenswelt als Gegenstück zur Arbeitswelt verstanden (vgl. Michalk/Nieder 2007, S. 20) und beschränkt sich auf alle Tätigkeiten, Erfahrungen und alles Erleben in der erwerbsarbeitsfreien Zeit. Diese Gegenüberstellung von Arbeit und Leben resultiert aus dem Ziel der Work-Life-BalanceWork-Life-BalanceZiel, einen individuell zufrieden stellenden Ausgleich zwischen diesen beiden übergeordneten Lebensbereichen zu erreichen, der zunächst diese Gegenüberstellung notwendig macht. Kritikwürdig daran ist, dass damit (vereinfachend) die Arbeit aus dem Leben ausgeschlossen wird und eine strikte Trennung zwischen der Arbeit und dem (Privat-)Leben angenommen wird (vgl. Frone 2003, S. 144; Resch/Bamberg 2005, S. 171; Ulich/Wülser 2005, S. 126).

Diese vereinfachte Gegenüberstellung wird der komplexen Realität jedoch nicht gerecht. Tatsächlich bilden das Arbeitsleben und das Privatleben Teilsysteme unserer menschlichen Lebenswelt, die sich wiederum in verschiedene Subsysteme unterteilen lassen, mit jeweils vielfältigen Ausprägungen und Interdependenzen, die aufeinander wirken und sich gegenseitig positiv und negativ beeinflussen können (vgl. Abbildung 1).

Diese differenziertere Unterscheidung der Lebenswelt des Menschen in verschiedene Teilsysteme spiegelt die Vielfältigkeit der menschlichen Lebenswelt sowie die unterschiedlichen Interdependenzen, die zwischen den beiden übergeordneten Lebenswelten Arbeitswelt und Privatleben und den verschiedenen Subsystemen bestehen.

Abbildung 1:

Individuelle Lebensweltenindividuelle Lebenswelten des Menschen mit Teilsystemen. Eigene Darstellung.

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass sich die individuellen Lebensbereiche in unserer heutigen Welt und Lebensweise häufig nicht mehr klar abgrenzen lassen. Beobachtbar ist eine steigende Entgrenzung zwischen dem Berufs- und PrivatlebenEntgrenzung zwischen dem Berufs- und Privatleben. So ermöglichen die modernen digitalen Informations- und Kommunikationstechnikendigitale Informations- und Kommunikationstechniken in Verbindung mit dem Internet eine ständige Erreichbarkeit und Kommunikation, was immer häufiger dazu führt, dass Arbeitnehmende rund um die Uhr und ortsunabhängig über Laptop, Tablet, Smartphone in Arbeitsbereitschaft stehen und beruflich ansprechbar bleiben, um kurzfristig wichtige berufliche Fragen klären oder Aufgaben bearbeiten zu können. So bleibt das „Arbeits-Smartphone“ oft auch am Abend und am Wochenende eingeschaltet, um für Kollegen und wichtige Fragen erreichbar zu sein oder auch außerhalb der normalen Arbeitszeiten noch berufliche E-Mails abzurufen und zu bearbeiten oder mit Kollegen berufliche Aufgaben zu besprechen. Durch diese ständige Erreichbarkeitständige Erreichbarkeit und berufliche Ansprechbarkeit, die häufig auch noch spät abends und am Wochenende aufrechterhalten wird, greift das Arbeitsleben immer stärker in die anderen Lebensbereiche ein, was einen Ausgleich der verschiedenen Lebensbereiche zusätzlich erschwert. Andererseits werden während der Arbeitszeit zunehmend auch kurzfristig wichtige private Angelegenheiten (z.B. Telefonanrufe, Behördengänge) erledigt. So werden die Grenzen zwischen den einzelnen Lebensbereichen zunehmend durchlässiger und lösen sich teilweise sogar auf. Hierfür hat sich mittlerweile der Begriff der EntgrenzungEntgrenzung zwischen Arbeitsleben und Privatleben etabliert.

Darüber hinaus entwickeln und verändern sich die individuellen Lebenswelten im persönlichen Zeitverlauf. Angefangen von der Sozialisierung eines Kindes in seinem familiären und sozialen Umfeld über die Schul- und Berufsausbildung, den Einstieg in das Berufsleben und Karrierefortschritte, die Entwicklung sozialer Bindungen durch Partnerschaften oder Heirat, die Gründung einer eigenen Familie, den Wiedereinstieg in den Beruf nach möglichen Erziehungszeiten, einer späteren Karriereorientierung in fortgeschrittenem Alter (z.B. ab 50 Jahren) bis hin zur Planung und Umsetzung des altersbedingten Berufsausstieges zum Renteneintrittsalter und das Privatleben im Ruhestand. Dabei sind auch die individuellen sozialen und kulturellen Besonderheiten und Vorlieben des Berufs- und Privatlebens zu berücksichtigen. In den verschiedenen LebensphasenLebensphasen verändern sich meist auch die Bedeutungen der verschiedenen Lebensbereiche. Daher bedarf es beim Konzept der Work-Life-Balance auch einer Berücksichtigung der verschiedenen Lebensphasen der Personen.

1.2.2 Work – Arbeit

Grundsätzlich kann „WorkWork“ übersetzt als Arbeit als zweckmäßige und zielgerichtete menschliche Tätigkeit verstanden werden, die der Existenzsicherung und der Befriedigung individueller Bedürfnisse dient. Im Kontext des Begriffs „Work-Life-Balance“ beschränkt sich das Begriffsverständnis von „Work“ nur auf die Erwerbsarbeit, die sich auf körperliche und geistige Tätigkeiten des Menschen gegen Entgelt bezieht (vgl. Rürup 1994, S. 35 f.). Dies begründet sich in der Gegenüberstellung von Arbeit und Privatleben, für die ein individuell zufrieden stellender Ausgleich gefunden werden soll.

Andere notwendige (z.B. Hausarbeit, Kinderbetreuung und -erziehung, Pflege betreuungsbedürftiger Familienangehöriger) oder individuell wünschenswerte Arbeitsbereiche (z.B. Bildungsarbeit, soziale und ehrenamtliche Arbeiten, Arbeiten in der Freizeit) bleiben in diesem engen Begriffsverständnis weitgehend unberücksichtigt (vgl. Eby et al. 2005, S. 126). Dies ist insofern kritikwürdig, als diese nicht erwerbsorientierten Arbeitsbereiche häufig mit verantwortlich sind für einen mangelnden Ausgleich zwischen Arbeit und Privatleben sowie auch für intra- sowie interpersonelle Rollenkonflikte in den verschiedenen Lebensbereichen (vgl. Michalk/Nieder 2007, S. 19). Der Umfang nicht erwerbsorientierter Arbeiten bestimmt sich durch die individuelle Ausprägung der verschiedenen Lebensbereiche einer Person. So müssen erwerbstätige Eltern zwingend auch die Betreuung und Erziehung ihrer Kinder sowie umfangreichere Arbeiten im Haushalt übernehmen. Personen mit pflegebedürftigen Angehörigen müssen sich um die Betreuung und Pflege dieser Familienmitglieder kümmern oder die Betreuung und Pflege durch andere Personen oder Organisationen organisieren. Neben diesen zwangsläufig mit bestimmten Lebensbereichen verbundenen Aufgaben und Arbeiten können Personen auch freiwillig nicht erwerbsorientierte Arbeiten im Privat- oder Freizeitleben übernehmen, wie z.B. soziale oder ehrenamtliche Aufgaben, die als sinnstiftend erlebt werden. Die Vielfalt der Arbeitsbereiche und Arbeitsbelastungen in den verschiedenen Lebensbereichen wird durch den Begriff „Work“ kaum deutlich und bleibt im Konzept der „Work-Life-Balance“ weitgehend unberücksichtigt. Hier wäre es wichtig, die nichterwerbsorientierten Arbeitsbereiche zumindest als Arbeitsbelastungen in den anderen Lebensbereichen mit aufzunehmen.

Die enge Begriffsfassung von Arbeit als Erwerbsarbeit ist zurückzuführen auf die zentrale Bedeutung, die der Erwerbsarbeit in unserer Gesellschaft zukommt und die sich nicht nur in der Sicherung der eigenen Existenz begründet, sondern darauf aufbauend und auch darüber hinaus für viele Menschen einen zentralen Wertmaßstab darstellt. So können sich die meisten Menschen ein Leben ohne Erwerbsarbeit nicht vorstellen. Allerdings führen die veränderten Ansprüche an die Erwerbstätigkeit sowie die steigende Freizeitorientierung teilweise zu dem Wunsch nach verringerten Wochenarbeitszeiten (vgl. BAuA 2020, S. 38 f.). Zusätzlich wünschen sich viele Menschen eine sinnstiftende Erwerbstätigkeit, mit der sie sich identifizieren können und die ihnen inhaltliche Gestaltungs- und Entwicklungsspielräume bietet (Balzer/Balzer 2019). Insofern sind die Anforderungen an die Erwerbsarbeit bei vielen Erwerbstätigen deutlich gestiegen. Andererseits haben sich die Arbeitsbedingungen für viele Menschen in den letzten ca. zwanzig Jahren drastisch verändert, wodurch es für immer mehr Arbeitnehmer schwieriger wird, ihre Erwerbsarbeit mit dem Privatleben ein Einklang zu bringen, auszugleichen und für beide Lebensbereiche genug Zeit zu haben. Hierzu gehören nicht nur veränderte Tätigkeiten und Inhalte (hin zu geistig anspruchsvolleren und wissensbezogenen Tätigkeiten), die häufig höherer Qualifikationen der Beschäftigten erfordern, sondern auch veränderte Rahmenbedingungen (z.B. Zunahme zeitlich befristeter Arbeitsverträge, steigende Beschäftigungsunsicherheit, höherer Leistungsdruck), neue oder veränderte Arbeitsstrukturen (z.B. Teamarbeit, Projektarbeit), der deutlich gestiegene Einsatz digitaler Arbeitsmittel (insb. digitale Informations- und Kommunikationstechnologien), weniger klar abgegrenzte Arbeitszeiten, ausgedehntere räumliche Arbeitsbezüge (national, zunehmend international und global), zunehmendes mobiles Arbeiten und Arbeit im Homeoffice aufgrund der Coronavirus-Pandemie, eine steigende Dynamik der Zusammenarbeit sowie veränderte bzw. auch erweiterte Rollen und Funktionen der Mitarbeitenden.

1.2.3 Balance – Ausgeglichenheit

Die Idee der „Work-Life-Balance“„Work-Life-BalanceIdee“ zielt auf einen Ausgleich zwischen den verschiedenen Lebensbereichen, wobei der Ausgleich zwischen dem erwerbsorientierten Arbeitsleben und den individuellen Lebensbereichen des Privatlebens im Vordergrund der Betrachtung steht.

BalanceBalance bedeutet Ausgeglichenheit zwischen den beiden Bereichen Arbeit (Work) und Privatleben (Life). Gemeint ist damit eine objektive aber auch subjektive zeitliche, örtliche und inhaltliche Ausgeglichenheit zwischen dem erwerbsorientierten Arbeitsleben und den Teilsystemen des Privatlebens, die eine individuell wünschenswerte ausreichende Berücksichtigung und Vereinbarkeit der verschiedenen Lebensbereiche ermöglicht. Dadurch kann die individuelle Zufriedenheit mit verschiedenen Lebensbereichen gesteigert werden, die eine dauerhafte psychische und physische Gesundheit fördert. „Eine Balance oder Vereinbarkeit beider Lebensbereiche (A.d.V.: des Arbeits- und Privatlebens) ist für das Individuum wichtig, um dauerhaft gesund und mit sich und der Umwelt im Einklang zu sein und einen Sinngehalt in seinem Leben erkennen zu können.“ (Michalk/Nieder 2007, S. 21).

Symbolisiert wird diese Ausgeglichenheit häufig mit einer Waage, auf der die beiden Lebensbereiche ausbalanciert werden (vgl. Michalk/Nieder 2007, S. 21). Dabei ist nicht zwingend von einer gleich verteilten Gewichtung beider Lebensbereiche (50%-50%-Gewichtung) auszugehen, sondern die Balance beider Lebensbereiche ist abhängig von den individuellen zeitlichen, örtlichen und inhaltlichen Prioritäten und wird von jeweils personenspezifischen Rahmenbedingungen des beruflichen und privaten Umfeldes bestimmt.

Bei der Betrachtung einer Balance zwischen Arbeit und Privatleben gehen viele Konzepte von der Annahme aus, dass die Abstimmung der verschiedenen Arbeits- und Lebensbereiche zu Konflikten zwischen beruflichen und außerberuflichen RollenKonflikte zwischen beruflichen und außerberuflichen Rollen führt. Häufig werden bei diesen RollenkonfliktenRollenkonflikte nur zwei Richtungen betrachtet: Entweder beeinträchtigt die Arbeit das Privatleben (work-to-family-conflictwork-to-family-conflict) oder das Privatleben stört das Berufsleben (family-to-work-conflictfamily-to-work-conflict) (vgl. Schobert, 2007, S. 20). Dieses bidirektionale Verständnis von Work-Life-Balance ist jedoch nur eine von sieben Beziehungen, die zwischen den verschiedenen Rollen des Arbeits- und Privatlebens bestehen können. In der Fachliteratur werden insgesamt sieben unterschiedliche Rollenbeziehungen zwischen Berufs- und PrivatlebenRollenbeziehungen zwischen Berufs- und Privatleben diskutiert, wobei einige Rollenbeziehungen wirkliche Rollenkonflikte darstellen, andere Rollenbeziehungen jedoch eine gegenseitige Stärkung bzw. Ergänzung der verschiedenen Rollen aufzeigen (vgl. Schobert 2007, S. 20):

Verschiedene Rollenbeziehungen zwischen Arbeits- und Privatleben

Work -

Family

ConflictWork -Family-Conflict

 

Die unterschiedlichen Rollen des Arbeits- und Privatlebens behindern und beeinträchtigen sich gegenseitig bei der Erreichung der jeweiligen mit den Rollen verbundenen Verpflichtungen. Die Rollenkonflikte können zeitlich, örtlich, verhaltensbezogen oder auch emotional belastend sein.

AccomodationAccomodation

 

Um eine bestimmte Rolle gut erfüllen zu können, wird eine andere Rolle weniger gut erfüllt. Die unterschiedliche Ausübung der jeweiligen Rollen kann sich im jeweiligen Verhalten zeigen oder auch auf der psychischen Ebene angepasst werden.

Work -

Family

EnrichmentWork -Family-Enrichment

 

Die Übernahme und Ausübung einer (z.B. beruflichen) Rolle wirkt sich positiv auf die Erfüllung einer anderen (z.B. privaten) Rolle aus.

Work -

Family

SpilloverWork -Family Spillover

 

Die Werte, Fähigkeiten, Verhaltensweisen und Gefühle, die mit einer Rolle verbunden sind bzw. in einer Rolle gelebt werden, werden auf eine andere Rolle übertragen und angewendet. Dies kann sich positiv (Work-Family Enrichment) oder auch negativ (Work-Family-Conflict) auswirken.

Work -

Family

BalanceWork -Family Balance

 

Engagement und Ausgeglichenheit zwischen und Zufriedenheit mit den verschiedenen beruflichen und privaten Rollen einer Person. Dies stärkt das Selbstwertgefühl und reduziert Belastungen der Rollenträger. Die Kompetenzen der jeweiligen Rollen helfen beim Ausgleich.

CompensationCompensation

 

Bestehende Unzufriedenheiten in und mit einer Rolle werden ausgeglichen durch besonderes Engagement in einer anderen Rolle.

SegmentationSegmentation

 

Verschiedene Rollen werden klar voneinander abgegrenzt, um die Belastungen einzelner Rollen und mögliche negative Auswirkungen auf andere Rollen zu vermeiden sowie die verschiedenen Rollen deutlich voneinander abzugrenzen.

Tabelle 1:

Verschiedene Rollenbeziehungen zwischen Arbeits- und Privatleben. Quelle: vgl. Schobert 2007, S. 20 f.; Greenhaus/Singh 2004, S. 689 ff. Eigene Darstellung.

Mitte des letzten Jahrhunderts ging die Forschung noch davon aus, dass das Arbeits- und das Privatleben zwei getrennte und voneinander unabhängige Lebensbereiche sind, die sich gegenseitig gar nicht beeinflussen (vgl. Parsons/Bales 1955). Heute herrscht Konsens darüber, dass die beiden Lebensbereiche Arbeit und Privatleben in vielfältige Weise aufeinander wirken und sich gegenseitig sowohl positiv als auch negativ beeinflussen können (vgl. Greenhaus/Singh 2004, S. 687 f.; Clark 2000, S. 349; BMFSFJ 2005a; Czurlok 2007; Collatz/Gudat 2011 S. 3 ff.; Kaiser/Ringlstetter 2010). Negative Beeinflussungen verschiedener Rollen können zu psychischer und physischer Überlastung und negativem Stress führen und in gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder gar im Burnout Syndrom deutlich werden. Demgegenüber kann eine positive gegenseitige Beeinflussung der verschiedenen Rollen in den jeweiligen Lebensbereichen die eigene Motivation, die Leistungsfähigkeit sowie das Selbstwertgefühl steigern und insgesamt eine höhere Lebensqualität bewirken (vgl. Schobert 2007, S. 21).

Die Betrachtung der Balance kann sowohl zeitlich, örtlich als auch inhaltlich erfolgen.

Balance in zeitlicher HinsichtBalancezeitlich: Die Ausgeglichenheit zwischen Erwerbsarbeit und Privatleben kann hinsichtlich des Zeitumfangs erfolgen, der für die Lebensbereiche erforderlich ist bzw. zur Verfügung steht. Hier können die individuellen Prioritäten sehr unterschiedlich sein. Einem 25-Jährigen Berufseinsteiger ohne eigene Familie ist vermutlich ein zeitintensives Berufsleben wichtiger, um sich beruflich zu bewähren, sich in seinem Berufsfeld zu etablieren und damit die eigenen Aufstiegs- und Karrierechancen zu verbessern, wohingegen das Privatleben nicht so viel Zeit in Anspruch nehmen muss. Demgegenüber müssen berufstätige Eltern viel stärker auch auf eine zeitliche Ausgeglichenheit und Abstimmung zwischen ihrem Berufsleben, Privat- und Familienleben achten, um die unterschiedlichen zeitlichen Anforderungen der verschiedenen Lebensbereiche aufeinander abstimmen zu können und somit ausreichend Zeit für ihre Familie zu haben. Dabei ist auch heute noch die zeitliche Abstimmung zwischen den Arbeitszeiten der Berufstätigkeit von Eltern und beispielsweise den Öffnungszeiten von Kindertagesstätten, Schule und Hort ein weit verbreiteter zeitlicher Konfliktbereich.

Die zeitliche Balance kann sich aber auch auf verschiedene Zeiträume beziehen: Kurzfristig z.B. auf einen Tag oder eine Woche; längerfristig auf die Gestaltung verschiedener Lebensphasen (z.B. Berufsausbildung, Eintritt in den Beruf, Familiengründung, Karriere, längere Auszeiten vom Beruf, Austritt aus dem Berufsleben), die jeweils unterschiedliche Prioritäten hinsichtlich der Ausgeglichenheit zwischen Arbeits- und Privatleben haben können.

Balance in örtlicher HinsichtBalanceörtlich: Die örtliche Ausgeglichenheit betrifft die Vereinbarkeit der Anforderungen und individuellen Wünsche zwischen dem Arbeitsort und Arbeitsplatz der Erwerbstätigkeit und den privaten Örtlichkeiten. Mögliche örtliche Konflikte entstehen beispielsweise durch die erforderliche Anwesenheit an einem bestimmten beruflichen Arbeitsplatz beim Arbeitgeber und der erforderlichen Betreuung z.B. kranker Kinder oder pflegebedürftiger Angehöriger an einem anderen Ort. Viele Menschen wünschen sich mittlerweile jedoch auch eine höhere Flexibilität bei der Wahl ihres Arbeitsortes und Arbeitsplatzes. Mögliche Gründe hierfür bestehen u.a. in der Vermeidung langer Arbeitswege zum Arbeitsplatz beim Arbeitgeber, in der besseren Vereinbarkeit beruflicher und privater Anforderungen sowie in dem individuellen Wunsch nach örtlicher Ungebundenheit auch während der Berufstätigkeit. So gewinnen Konzepte des mobilen Arbeitens zunehmend an Bedeutung und Verbreitung in der Praxis. Die seit dem Jahr 2020 die Welt beherrschende Coronavirus-Pandemie hat u.a. zu einer deutlichen Ausweitung der Arbeit im Homeoffice geführt, um Ansteckungen mit dem Coronavirus durch persönliche Kontaktbeschränkungen zu reduzieren. Standen vor der Coronavirus-Pandemie viele Arbeitgeber einer Arbeit im Homeoffice kritisch gegenüber, so haben die zahlreichen positiven Erfahrungen mit der Arbeit im Homeoffice im letzten Jahr dazu geführt, dass sich eine Mehrheit der Arbeitgeber auch zukünftig vorstellen kann, ihren Mitarbeitenden eine ausgedehntere Arbeit im Homeoffice anzubieten. Allerdings hat die Arbeit im Homeoffice während der Coronavirus-Pandemie auch gezeigt, dass vor allem diejenigen, die Kinder oder pflegebedürftige Personen im eigenen Haushalt betreuen müssen, teilweise stark mehrfach belastet und oft auch überlastet waren. So bedarf auch die Arbeit im Homeoffice (ebenso wie die mobile Arbeit) einer sorgfältigen Organisation der Festlegung bestimmter Arbeits- und Freizeiten.

Balance in inhaltlicher HinsichtBalanceinhaltlich: Die inhaltliche Ausgeglichenheit bezieht sich auf die inhaltlichen Ansprüche, die jeweils an die beiden Lebensbereiche gestellt werden. Diese müssen jedoch nicht gleichgewichtig sein, sondern können auch ganz unterschiedliche Ausprägungen haben. So reduziert eine Person den inhaltlichen Anspruch ihrer Erwerbstätigkeit lediglich auf den Zweck, ihren Lebensunterhalt zu verdienen, ohne große inhaltliche Ansprüche an die Arbeitsaufgaben zu stellen oder besondere karriereorientierte Erwartungen in ihrer Erwerbsarbeit zu haben. Demgegenüber stellt die gleiche Person sehr hohe inhaltliche Erwartungen an die Gestaltung ihres Privatlebens, beispielsweise hinsichtlich kultureller oder sozialer Aktivitäten. Bei anderen Personen kann eine inhaltliche Ausgeglichenheit genau entgegen gesetzte Schwerpunkte aufweisen oder auch ähnliche Schwerpunkte zwischen Berufsleben und Privatleben haben.

Wesentliche KritikBalanceKritikpunkte am Begriff und der Symbolik der Balance werden im Folgenden zusammengefasst:

  1. Problematisch ist die Gegenüberstellung und damit der gegenseitige Ausschluss der beiden Lebensbereiche (Erwerbs-)Arbeit und Privatleben. Damit wird unterstellt, dass die Erwerbsarbeit eher der zur Existenzsicherung notwendige Lebensbereich ist, dessen Belastungen durch das individuell sinnstiftende Privatleben ausgeglichen werden soll oder muss. Unberücksichtigt bleiben hierbei die individuellen Prioritäten, die ein erfülltes Leben im Sinne einer „Work-Life-Balance“ durchaus in der zeitlich, räumlich und inhaltlich dominierenden Verwirklichung einer beruflichen Karriere sehen können. Aber auch der umgekehrte Fall, dass die Erwerbsarbeit eine inhaltliche Bereicherung und ein Ausgleich für ein ansonsten stark dominierendes Familien- oder Privatleben darstellen kann, bleibt hier unbeachtet.

  2. Der Begriff der Balance suggeriert ein Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Lebensbereichen, das es für die individuelle Zufriedenheit gar nicht geben muss. So kann auch eine „ausgeprägte Schieflage“ der beiden Lebensbereiche das persönliche Optimum darstellen. Ausgeglichenheit sollte daher so interpretiert werden, dass es um Möglichkeiten geht, die individuell wünschenswerte Verteilung zwischen den verschiedenen Lebensbereichen zu erreichen.

  3. Mehrfache Balance ist notwendig: Bei der hier verfolgten differenzierteren Betrachtung der verschiedenen Lebensbereiche („Work“: erwerbs- und nicht-erwerbsorientierte Arbeitsbereiche) und „Life“ (verschiedene private Lebensbereiche je nach individueller Ausprägung) wird eine mehrfache Balance zwischen den individuell unterschiedlich ausgeprägten Lebensbereichen notwendig. Dies erhöht die Komplexität und Schwierigkeit der Ausgeglichenheit einer Person erheblich und stellt weitreichendere Anforderungen an die Möglichkeiten und Mechanismen zur Erreichung einer individuellen Ausgeglichenheit.

  4. Einen weiteren Kritikpunkt bildet die enge Begriffsfassung von Arbeit, die nur die Erwerbsarbeit berücksichtigt und weitere private und familiäre Arbeitsbereiche außer Acht lässt, die jedoch häufig verantwortlich sind für eine mangelnde Ausgeglichenheit oder auch unzureichende Vereinbarkeit der verschiedenen Lebensbereiche (vgl. Michalk/Nieder 2007, S. 21).

Die wesentlichen Kritikpunkte am Begriff der Work-Life-Balance werden in der folgenden Tabelle noch einmal zusammengefasst.

1.2.4 Definition des Begriffs Work-Life-Balance

In der Literatur finden sich verschiedene Definitionen des Begriffs Work-Life-BalanceBegriffs Work-Life-BalanceDefinition, die auch die Entwicklung des Konzeptes und verschiedene Herangehensweisen und Schwerpunkte verdeutlichen.

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend versteht unter dem Begriff der Work-Life-Balance folgendes:

„Work-Life-Balance bedeutet eine neue, intelligente Verzahnung von Arbeits- und Privatleben vor dem Hintergrund einer veränderten und sich dynamisch verändernden Arbeits- und Lebenswelt. Betriebliche Work-Life-Balance-Maßnahmen zielen darauf ab, erfolgreiche Berufsbiografien unter Rücksichtnahme auf private, soziale, kulturelle und gesundheitliche Erfordernisse zu ermöglichen“ (BMFSFJ 2005a, S. 4)

Schmoldt hebt in seiner Definition das Streben der Menschen nach einem sinnerfüllten Leben hervor:

„Wenn Menschen eine Balance zwischen dem Arbeitsleben und dem Leben außerhalb der Arbeitswelt anstreben, sei es in der Familie, in einer partnerschaftlichen Beziehung oder für politisches, soziales oder kulturelles Engagement, so geht es ihnen um ein sinnvolles Leben, das nicht alleine durch die Arbeit erfüllt wird.“ (Schmoldt 2004, S. 113).

Michalk und Nieder (2007) fassen den Begriff der Work-Life-Balance noch weiter und betrachten ihn ganzheitlich:

„Work-Life-Balance heißt: den Menschen ganzheitlich zu betrachten (als Rollen- und Funktionsträger) im beruflichen und privaten Bereich (der Lebens- und Arbeitswelt) und ihm dadurch die Möglichkeit zu geben, lebensphasenspezifisch und individuell für beide Bereiche die anfallenden Verpflichtungen und Interessen erfüllen zu können, um so dauerhaft gesund, leistungsfähig, motiviert und ausgeglichen zu sein.“ (Michalk/Nieder 2007, S. 22; Freier 2005, S. 21).

Trotz der Kritik am Begriff der Work-Life-Balance wird er aufgrund der Verbreitung in der Literatur auch hier beibehalten, allerdings inhaltlich weiter gefasst. Zugrunde liegt im weiteren folgende Definition von Work-Life-BalanceWork-Life-BalanceDefinition:

Eigene Definition der Work-Life-Balance:

Work-Life-Balance bedeutet, Menschen dabei zu unterstützen, ihre individuellen und lebensphasenspezifischen Interessen und Verpflichtungen aus unterschiedlichen Rollen und Funktionen in verschiedenen Lebensbereichen so erfüllen und ausleben zu können, dass sie dauerhaft leistungsfähig, leistungsbereit sowie physisch und psychisch gesund bleiben und sich wohl fühlen, um so insgesamt ein zufriedenes, sinnerfülltes und ausgeglichenes Leben zu erreichen. Dabei wird die individuelle lebensphasenabhängige Balance von vielfältigen Faktoren beeinflusst.

Abbildung 2:

Definition des Begriffs Work-Life-Balance

Die vielfältigen Einflussfaktoren auf die lebensphasenbezogene Vereinbarkeit der individuellen Lebenswelten visualisiert die Abbildung 3.

Abbildung 3:

Einflussfaktoren einer lebensphasenorientierten Work-Life-Balance

1.3 Neue Konzepte und Begrifflichkeiten zum Thema “Work-Life-Balance“

In den letzten Jahren wurden zum Thema Work-Life-Balance neue Konzepte und Begrifflichkeiten entwickelt. Zu denen am häufigsten diskutierten Konzepten gehören das Work-Life-Blending, die Work-Life-Integration und die Work-Life-Separation.