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Inhalt

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1.

Die Kunde von dem fürchterlichen Schiff, das die Themse hinauf segelte, in Richtung London, hatte sich in Windeseile herumgesprochen.

Reiter waren nach London geprescht, um dort zu erzählen, was sie bei Gravesend mit eigenen Augen gesehen hatten.

Eine spanische Galeone, mit der englischen Flagge am Mast, hatte drei angreifende Segelschiffe und eine Barke vernichtet, sie in Grund und Boden geschossen, die Besatzungen zum Teil im Kampf von Mann zu Mann umgebracht und die Leichen über Bord geworfen. Und auf dem Achterdeck stand ein schwarzhaariger Teufel, der dieses Höllenschiff kommandierte.

Die Reiter brauchten bei ihren Schilderungen nicht zu übertreiben. Was sie berichteten, trieb den Zuhörern das kalte Grauen in die Gesichter.

Und jetzt näherte sich die wilde Galeone London, segelte tollkühn und stolz die Themse hinauf, der Hauptstadt entgegen!

Daher herrschte an diesem 26. März 1580 verständlicher Aufruhr, der sich allmählich zur Panik steigerte, je näher sich das fremde Schiff auf die Stadt zuschob.

Immer mehr Reiter preschten bis an die Stadttore. Die Pferde, die sie geritten hatten, schwitzten und zitterten. Die Männer hatten angstverzerrte Gesichter. Einer der Reiter verlangte den Tower-Hauptmann Bromley zu sprechen.

Als Bromley endlich erschien, konnte der Mann kaum reden, so erregt war er.

Bromley sah die Anzeichen, daß etwas passiert war, überdeutlich. Überall an den Ufern standen sie. Menschen, ganze Scharen, die aufgeregt durcheinander schnatterten, angstvoll zur Flußbiegung hinuntersahen und sich wild gestikulierend unterhielten.

„Sir!“ stieß der Reiter hervor. „Eine Galeone segelt die Themse herauf, eine spanische Galeone, Sir. Ich habe genügend Männer, die bezeugen können, wie dieses Schiff drei englische Segler vernichtet hat. Sie haben die Galeone angegriffen und sind in einem mörderischen Kampf besiegt worden. Das Schiff ist außergewöhnlich stark armiert. Jeden, der sich ihm in den Weg stellt, schießt es erbarmungslos zusammen.“

Bromley begann vor Aufregung zu fiebern. Hart schluckend, starrte der Hauptmann auf seine Stiefelspitzen.

„Wo war das?“ fragte er beunruhigt.

„Bei Gravesend, Sir. Da ging es los. Jetzt segelt die Galeone mit dem Flutstrom nach London. Nicht mehr lange, und sie wird hier eintreffen.“

Ein paar andere Reiter erschienen und berichteten überstürzt das gleiche, die schrecklichen Kämpfe, die Versenkung der Schiffe und von dem Kampf an Bord.

„Verdammt, dann muß ganz schnell etwas geschehen. Und Sie sind sicher, daß es ein Spanier ist?“

„Ja, ein Spanier. Allerdings führt das Schiff die englische Flagge am achteren Mast.“

„Das hat nichts zu bedeuten.“ Bromley winkte ab. „Im Gegenteil: Wohl jeder Spanier, der hier heraufsegelt, würde die englische Flagge führen, um die Leute zu verwirren.“

Bromley wurde ganz käsig im Gesicht. Seiner Ansicht nach konnte es kein Engländer sein, denn der würde nicht drei der eigenen Schiffe rücksichtslos versenken.

Also ein Spanier, vielleicht sogar ein Spanier, der mit den Iren kooperierte und sich im Schutz der englischen Flagge London näherte, um die Stadt zu überfallen. Und wenn das Schiff so stark armiert war, dann ...

Bromley mochte diesen Gedanken nicht zu Ende spinnen. Er mußte handeln, und zwar schnell. Der Spanier sollte einen Empfang erhalten, an den er noch lange denken würde.

Er ließ die Männer stehen, ohne ein weiteres Wort zu sagen. Und schon ein paar Minuten später versetzte er die ganze Stadt in Alarmbereitschaft.

Eine unglaubliche Hektik begann.

Ein Spanier in London! Das war nicht zu fassen. Die wildesten Gerüchte begannen zu kursieren, und jeder heizte sie noch ein wenig nach seinem eigenen Geschmack auf.

Eine halbe Stunde später war die Stadt nicht wiederzuerkennen. Bromley hatte für den nötigen Aufruhr gesorgt.

Die Tower-Besatzung war als erste gerüstet, am Kai wurden in hektischer Eile die Kanonen geladen, ausgerichtet und von grimmig blickenden Männern besetzt. Auf den Wehrtürmen und Gängen des Tower bezogen Bogenschützen Stellung. Gabelstützen für die schweren Arkebusen wurden herbeigeschleppt. Die Schützen luden ihre Hakenbüchsen und gingen ebenfalls in Stellung.

Unterdessen wurde die Bürgerwehr mobilisiert. Gleichzeitig lösten sich vom Ufer kleine Kriegsfahrzeuge und segelten zur Strommitte. Sie kämpften sich mühsam voran, der Flutstrom war kaum auszusegeln.

Die Stadt zog in den Krieg. So jedenfalls sah es aus, bis an die Zähne bewaffnet, als galt es, gegen ganz Spanien zu kämpfen.

Dann hörten die entsetzten Einwohner nur noch gebrüllte Befehle. Soldaten der Stadtgarde rannten aufgescheucht durcheinander, von Befehlen bald hierhin, bald dorthin gelenkt. In dem ausbrechenden Chaos wußte keiner mehr so richtig, wer die Befehle gab, wem er zu gehorchen hatte und was er tun sollte, sobald der Spanier hier aufkreuzte.

Sofort feuern, war die allgemeine Devise, mit allem was die Gewehre und Kanonen hergaben. Die Bogenschützen sollten das Schiff mit einem Hagel aus Pfeilen eindecken, Brandpfeile sollten in die Segel geschossen werden. Die Kriegsfahrzeuge sollten angreifen.

Nein, hier brach der Spanier nicht durch. Das war völlig aussichtslos. Und wenn er noch so wild um sich schoß.

Erst allmählich wurde es wieder ruhiger. Noch war der Spanier nicht in Sicht, noch konnte man planen, ändern und Kampfpositionen so besetzen, daß er nicht die geringste Chance hatte, die Stadt zu überfallen.

Die Kriegsfahrzeuge verschwanden langsam um die Flußbiegung. Und da ging es erst richtig los.

Bei Woolwich kreuzten andere Boote auf. Eine Mordsarbeit begann.

Über der Themse wurde eine Kettensperre ausgelegt. In mühevoller Arbeit schleppten Botte die schweren Kettenglieder zum anderen Ufer hinüber. Acht Boote waren es, die in knochenbrechender Arbeit die Kettensperre zogen. Auf den Schiffen fluchten und schwitzten die Männer, brüllten Offiziere die Befehle, gelangte man nur unendlich langsam vorwärts.

Und alles lauerte auf den Feind. Immer wieder flogen die Blicke zur Flußbiegung hinunter, ob die Masten des verdammten Spaniers nicht bald auftauchten und die ersten Breitseiten aufdröhnten, wenn die Kriegsschiffe heran waren.

Die Kette war immer noch nicht am anderen Ufer. Verzweifelt mühten sie sich mit dem schweren Ding ab. Immer wieder brach eins der Boote aus dem Kurs und das Manöver mußte wiederholt werden.

In London grassierte die Angst. Sie steigerte sich zur Panik, zur Hysterie, Männer und Frauen halfen verzweifelt mit, Kugeln und Pulver heranzuschleppen. Inzwischen waren auch die Befestigungsanlagen östlich der Stadt besetzt, die jetzt einem aufgescheuchten Ameisenhaufen glich.

Diejenigen, die nichts zu tun hatten, halfen mit, die schwere Kettensperre mit Tauen weiter heranzuziehen, um die wie verrückt pullenden Männer in den Booten zu unterstützen, denn von dieser Sperre hing viel ab. Hier mußte sich der verdammte Spanier fangen. Dann war er ihnen hilflos ausgeliefert. Sie würden ihn in Grund und Boden schießen, diesen verfluchten Don, sein Schiff würde brennend untergehen, niemand würde den Untergang überleben.

Endlich war es soweit. Die Kettensperre gelangte über die halbe Meile Distanz endlich ans Ufer. Gegenüber von Woolwich halfen jetzt kräftige Fäuste mit, die Kette zu verankern.

Wieder preschten Reiter den Fluß hoch. Sie schrien sich die Kehlen heiser, brüllten ihre Worte in angsterfüllte, verzerrte Gesichter.

„Die Spanier kommen! Die Spanier kommen!“

Die ersten Menschen verloren die Nerven. Die überall postierten Soldaten packten ihre Waffen fester.

Auf den Wehrgängen und Befestigungsanlagen waren sie bereit, die Bogen zu spannen. Und unter ihnen, am Kai, glommen die ersten Lunten in unruhigen und schweißnassen Händen.

Noch gut eine Meile war der Spanier jetzt entfernt, wie die Reiter berichteten. Er segelte mit der Flut und dem Wind. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis er hier eintraf.

Hälse reckten sich, ausnahmslos alle starrten zur Flußbiegung.

Und jeder von ihnen bildete sich ein, zwischen Büschen und Bäumen deutlich die Mastspitzen des Spaniers erkennen zu können, der mit feuerbereiten Kanonen heransegelte, um London ins Verderben zu stürzen.

2.

Auf dem Achterkastell, direkt an der Schmuckbalustrade der „Isabella V.“, stand breitbeinig der Seewolf. Sein sonnengebräuntes Gesicht war ernst und verschlossen, der Blick seiner eisblauen Augen nach vorn gerichtet.

Philip Hasard Killigrew wurde von Sorgen geplagt, düstere Vorahnungen drängten sich in sein Gehirn und nisteten sich dort ein. Er hatte der Crew eingeschärft, auf der Hut zu sein, denn was sie hier, auf dem letzten Abschnitt ihrer langen Reise aus der Karibik erlebt hatten, setzte allem die Krone auf.

Hier ging es fast noch wilder zu als in den südlichen Gefilden, wo sie sich mit den Spaniern herumgeschlagen hatten. Kurz vor dem Ziel waren sie überfallen worden, in Gravesend, als drei englische Segler die Galeone überfielen, sie entern wollten und sich anstelle des riesigen Schatzes nur blutige Köpfe holten.

Das Schlimme daran war, daß die Zuschauer, die dem erbitterten Kampf vom Ufer aus beigewohnt hatten, sie für Spanier und die drei verdammten Flußpiraten für englische Schiffe hielten, die den Spanier angreifen wollten und dafür vernichtet worden waren.

Ein Irrtum! Ein Irrtum, der verhängnisvolle Folgen haben konnte. Und das alles hatte dieser Themsepirat Noah Buckle eingefädelt, wie Hasard glaubte. Buckle, der hinterhältige Gastwirt und Mörder, der jetzt in der Vorpiek schmorte.

Die Reiter, die am Themseufer entlanggeprescht waren und jetzt London alarmierten, bereiteten dem Seewolf Sorgen. Was würden sie berichten? Natürlich, daß ein spanisches Schiff drei englische Segler zusammengeschossen hätte. Wie würde man in London reagieren?

Er zuckte mit den Schultern und sah zu den Segeln hoch. Die Fock- und Besansegel waren gebläht, der Wind, der seine schwarzen Haare flattern ließ, blies aus Nordost. Die Flut schob mit.

„Noch eine gute Meile bis Woolwich“, hörte er neben sich Ben Brightons Stimme. „Wirst du auch von düsteren Ahnungen geplagt?“

Hasard lächelte nicht. Er nickte flüchtig.

„Ja, obwohl man auf Ahnungen nicht viel geben soll.“

„Es gibt wohl keinen aus der Crew, dem es nicht ähnlich geht. In der Luft liegt Beklemmung, und die Männer spüren es. Es ist die Ungewißheit, die vor uns liegt.“

„Die Ungewißheit – ja“, wiederholte der Seewclf. „Ich denke schon seit Tagen darüber nach. Es erscheint mir, als wäre dies die letzte Reise der ‚Isabella‘, etwas Endgültiges, ein Abschied, wenn du so willst!“

Brighton konnte dazu nur düster nicken. Hier und heute würde die große Entscheidung fallen, die Wende im Leben jedes einzelnen der Seewolf-Crew. Sie hatten darüber schon ausgiebig gesprochen.

Die „Isabella“ segelte weiter, ihrem ungewissen Schicksal entgegen.

In Sheerness waren die Kameraden auf der Schaluppe zurückgeblieben. Carberry, der Profos, der das Kommando hatte, Big Old Shane, Batuti, der Gambianeger, von Hutten, Gary Andrews, Jeff Bowie, Blacky, der alte O’Flynn und Jean Ribault, der Franzose.

Seit sie die Themse hinauf segelten, hatte der Seewolf keine ruhige Minute mehr gehabt. Begegnete ihm einer aus der Crew, dann spürte er, daß derjenige genauso dachte. Die Fröhlichkeit und die Unbeschwertheit waren dahin.

Selbst auf Donegal Daniel O’Flynn, das Bürschchen, schlug sich diese Stimmung nieder. Und auch Arwenack war nicht davon ausgenommen. Lustlos hockte der Affe im Großmars. Er fror und fletschte ständig die Zähne.

Hasard sah, wie er zu Dan hinüberturnte. O’Flynn stand im Hauptmars auf Ausguck. Auf den Ausguck hatte der Seewolf noch nie verzichtet, selbst hier auf der Themse nicht. Überall lauerten Gefahren, manche sichtbar, andere versteckt.

Am Kolderstock stand Pete Ballie. Auch sein Gesicht war ernst und verschlossen, in seinem Kopf kreisten die Gedanken. Insgeheim fragte er sich das gleiche, was auch die anderen pausenlos beschäftigte. Was würde sie in London erwarten? Wie ging es weiter? Was kam danach, wenn sie die Schätze abgeliefert hatten? Ging jeder seiner Wege, wurden sie eingesperrt, auseinandergerissen? Hundert Fragen, auf die er keine Antwort fand.

Ferris Tucker, der rothaarige Schiffszimmermann, stand in der Kuhl zusammen mit Morgan und Smoky. Sie unterhielten sich leise.

Ab und zu wehten Wortfetzen zu Hasard und Ben Brighton herüber.

Und dann peitschte plötzlich Dans Stimme über Deck. Die Worte kamen so plötzlich, daß die Männer unwillkürlich zusammenzuckten.

„Segler voraus!“ brüllte das Bürschchen. „Direkt hinter der Flußbiegung. Etwa acht oder neun!“

Die „Isabella“ lief weiter in Strommitte.

Hasard winkte Dan zu, daß er verstanden hatte. Noch sorgte er sich nicht wegen der Segler, denn was sollte hier, so dicht bei Woolwich, schon passieren?

„Kleine Kriegsschiffe!“ brüllte Dan herunter. „Genau neun. Sie segeln in Strommitte.“

„Abfallen nach Steuerbord!“ rief der Seewolf dem Rudergänger zu. Gehorsam lief die Galeone leicht nach Steuerbord ab.

„Jetzt geht die Scheiße los“, sagte Ben. „Was befiehlst du?“

Hasard blickte starr voraus. Noch sah er die Segler nicht.

„Wir bleiben auf diesem Kurs!“

„Keine Gefechtsbereitschaft?“

„Nein! Wir wollen sie nicht provozieren, sonst halten sie uns tatsächlich für einen Spanier, der London erobern will.“

„Sie werden uns so oder so für einen Spanier halten. Diese Narren vermuten doch hinter allem irgendeinen Trick.“

„Wir segeln auf diesem Kurs weiter!“

„Aye, aye.“

In der Kuhl und auf dem Vordeck standen die Männer. In ihren Gesichtern stand bange Erwartung. Tucker hatte sich auf seine riesige Axt gelehnt. Der Wind strich durch seine roten Haare. Er sah wie eine Statue aus, wie ein riesiger Klotz, den jemand einfach an Deck gestellt hat. Er rührte sich überhaupt nicht.

Hier verlief die Themse in einem leichten Bogen. Die „Isabella“ hatte ihn noch nicht richtig ausgefahren, als die Segler in Sicht gerieten.

Neun waren es, wie Dan ganz richtig gezählt hatte. Kleine Kriegsfahrzeuge, armiert, mit uniformierten Besatzungen, die nur darauf brannten, gleich eine Heldentat zu begehen.

Sie liefen der Galeone in den Kurs, die leicht nach Steuerbord abgefallen war. Die Kriegsfahrzeuge hatten etwas nach Backbord gedreht, drei andere segelten noch in der Strommitte, ohne richtig von der Stelle zu gelangen.

Hasard sah das und preßte die Lippen zusammen, bis sie nur noch einen schmalen Strich bildeten. Auf seiner Stirn stand eine steile Falte des Zorns, und die Männer die ihn kannten, wußten genau, daß der Seewolf kurz vor einer fürchterlichen Explosion stand.

Ballie sah Hasard fragend an. Er lehnte sich an den Kolderstock und wollte etwas Druck geben, um den Seglern auszuweichen.

Hasard musterte ihn nur kurz, ein Blick aus Augen, die so kalt waren wie bläuliches Polareis.

„Wir liegen auf Kollisionskurs“, sagte Pete Ballie schluckend. „Wenn die Kerle nicht den Weg frei ...“

„Du bleibst auf dem jetzigen Kurs, Pete!“

Die Segler rückten näher. Sie stemmten sich gegen die Flut, kreuzten mitunter zur Flußmitte und fielen wieder ab.

Überall an Deck standen bewaffnete Seesoldaten. Ihre Hakenbüchsen waren schußbereit.

Auf dem ersten Schiff, das kühn heransegelte, erkannte Hasard einen Mann in Kürbishosen und einem kostbaren Wams. Er hob die Hand und deutete auf den stolzen Spanier, der stur seinen Kurs hielt.

Für den Offizier Ihrer Königlichen Majestät war es ein schrecklicher und schöner Anblick zugleich. Die stolze Galeone, die da heranbrauste, die geblähten Segel, die verwegen aussehenden Kerle an Deck, der schwarzhaarige große Mann auf dem Achterkastell, der wie gemeißelt wirkte. Der Offizier konnte sich an dem Anblick nicht sattsehen. Er traute sich einfach nicht, das Kommando zum Feuern zu geben. Was tat es schon, wenn ein paar Schüsse dieses herrliche stolze Schiff trafen, das immer mächtiger und größer wurde, je näher es heransegelte. Er fühlte sich diesem Gegner hoffnungslos unterlegen. Geradezu jämmerlich kam er sich auf seinem kleinen Segler vor. Und dann war da noch die englische Flagge, die der Wind schnurgerade ausrichtete, die nur an den Enden leicht flatterte. Ihrer Majestät Flagge!

Hasard sah, wie die Segler immer näher heranstaffelten. Ein paar segelten genau auf die „Isabella“ zu! Ihre Absicht, anzugreifen, war unverkennbar geworden.

An Deck schien alles wie erstarrt. Tucker rührte sich immer noch nicht. Die anderen hatten ihr Schwätzchen unterbrochen. Stumm sahen sie den Schiffen entgegen.

Gleich würde die „Isabella“ mitten in diesen Pulk wildgewordener Kerle hineinsegeln. Und dann gab es Kleinholz.

Ein paar kleinere Kanonen waren auf den Kriegsfahrzeugen feuerbereit. Die Rohre richteten sich auf die Galeone. Daneben standen die Kanoniere mit glimmenden Lunten. Sie warteten nur noch auf den Feuerbefehl ihrer Vorgesetzten.

Da platzte dem Seewolf endgültig der Kragen. Das Bangen auf beiden Seiten war schlagartig beendet, als seine Stimme erscholl. So laut hatte sie noch niemand von der Crew vernommen. Hinter dieser donnernden Löwenstimme konnte sich sogar noch der Profos verstecken, und der konnte brüllen wie kein anderer.

„Gebt den Kurs frei!“ peitschte seine Stimme über die Themse. „Dies ist ein Schiff Ihrer Königlichen Majestät. Wer es wagt, anzugreifen, wird in Grund und Boden geschossen! Habt ihr das verstanden, ihr verdammten Holzköpfe! Dieses Schiff ist eine Prise für die Königin von England!“

Hasard brauchte die Worte nicht zu wiederholen. Auf den Seglern schlugen sie so hart und laut ein wie Siebzehnpfünder.

Und die „Isabella“ dachte nicht daran, aus dem Kurs zu laufen. Mit schäumender Bugwelle lief sie weiter, einem Satan gleich, der keine Rücksicht kennt.

Da geschah etwas, worüber die Crew nur noch fassungslos staunte.

Der erste drehte hart ab, lief aus dem Kurs und so hart auf Land zu, als wollte er mit aller Gewalt stranden. Ein zweiter folgte. Ein dritter, nicht mehr weit vom Bug der Galeone entfernt, riß in letzter Sekunde das Ruder hart herum. Sie spritzten vor der heranbrausenden „Isabella“ so schnell auseinander, wie es ihnen möglich war.

„Gebt den Kurs frei!“ brüllte der Seewolf noch einmal. Die Zornesader an seiner Stirn war geschwollen. Alle sahen, daß er sich nur noch äußerst mühsam beherrschte.