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Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

1.

Eine sanfte Dünung bewegte sich unter einem handigen Nordwestwind, der die „Isabella VIII.“ über Backbordbug liegend, unaufhaltsam ihrem Ziel entgegenschob – der Schlangen-Insel.

Es war der einundzwanzigste April 1581. Die Sonne, ein großer, flammender Ball, stand im Zenit.

An Bord der „Isabella“ herrschte immer noch Hochstimmung. In ihren Laderäumen ruhten Perlen, Gold- und Silberbarren, die Hasard in einem waghalsigen Manöver den Spaniern abgenommen hatte.

Ben Brighton, Sam Roscill und der Seewolf, hatten sich von einem spanischen Preßkommando auf das spanische Flaggschiff „Flor de Espana“ anheuern lassen und es nach einem listenreichen Manöver „übernommen“. Noch weitere Silbergaleonen waren ihnen in die Hände gefallen. Jetzt ruhte die Beute im Laderaum der „Isabella“ und der andere Teil befand sich an Bord des Zweimasters der Roten Korsarin.

Hasard stand neben Ben Brighton auf dem Achterkastell. Der Seewolf suchte die See mit dem Spektiv ab.

Fremde Schiffe waren nicht zu sehen. Nur ganz hinten, am Horizont, tauchten die blutroten Segel des Zweimasters auf, den Siri-Tong, die Rote Korsarin, befehligte.

Das Schiff mit der roten Lateinertakelung holte rasch auf. Es war klein, aber schnell und wendig.

„Uns bleibt noch eine knappe Stunde Zeit“, sagte Ben Brighton besorgt. „Bis dahin müssen wir die Passage durchsegelt haben.“

„Wir schaffen es noch“, versicherte der Seewolf. „Und die Rote Korsarin schafft es selbst in ein paar Stunden noch.“

Pete Ballie, der Rudergänger, drehte gerade die Sanduhr um, die jede halbe Stunde anzeigte.

Die Schlangeninsel war bereits in Sicht. Himmelhoch ragten die mächtigen schroffen Felsen aus dem Meer auf. Unmöglich für jedes Schiff, an diese teuflischen Klippen heranzusegeln, und noch unmöglicher war es, die schmale Passage zu durchsegeln, wenn man das Geheimnis der Inseln nicht kannte.

Die Seewölfe kannten es, die Rote Korsarin auch, sie kannte es schon länger, und doch war es jedesmal ein unheimliches und beängstigendes Erlebnis die Passage zu durchfahren.

Außer dem Seewolf selbst traute sich niemand das zu, selbst der ausgezeichnete Rudergänger Pete Ballie nicht.

Das Hindurchsegeln wurde immer zu einem Todesritt über messerscharfe Klippen, vorbei an scharfkantigen Felsen, überhängendem Gestein und reißendem Wasser. Fast immer riskierten sie das Schiff dabei.

Der handige Wind blies die schlanke Galeone schnell weiter. Ihr Bug hob und senkte sich, tauchte schäumend in die See, stieg dann wieder hoch, legte sich leicht nach Backbord über und wiederholte den Rhythmus beständig.

Es war eine Lust, zu leben, fand der Seewolf, noch dazu in diesem Teil der Welt, nahe den Caicos-Inseln, wo das Sargassomeer in die Karibische See überging, wo es die langen einsamen Strände mit den hohen Palmen gab, das blaugrüne Wasser, den tiefblauen Himmel und die strahlende Sonne.

Und dazu gab es dieses herrliche Schiff, die „Isabella VIII.“, den Rahsegler mit den schlanken, überhohen Masten, in den sich jeder von der Crew regelrecht vernarrt hatte.

Ein letztes Mal suchte der Seewolf das Wasser bis zum Horizont ab. Wäre ein anderes Schiff in der Nähe gewesen, dann hätten sie es nicht riskiert, die Insel anzulaufen, damit das Geheimnis gewahrt blieb.

Bedächtig schob er das Spektiv zusammen und reichte es Ben. Da traf ihn Pete Ballies fragender Blick.

Hasard lächelte dem Rudergänger zu. Er wußte den Blick des kleinen stämmigen Mannes zu deuten.

„Willst du es nicht versuchen, Pete?“ fragte der Seewolf.

„Lieber nicht“, wehrte Pete Ballie ab. „Wenn du am Ruder stehst, dann weiß jeder, daß wir heil hindurchsegeln. Du hast die besseren Nerven und außerdem mehr Geschick. Wenn ich dort persönlich hindurchsegele, dann springen die Kerle vorsichtshalber von Bord, weil sie vermuten, daß es Kleinholz gibt. Und dann sind wir das schöne Schiff los. Äh – wir sind schon ziemlich nahe dran“, meinte Pete lahm.

Hasard sah nach dem Stand der Segel. Alles stimmte. Ben Brighton, Ferris Tucker und Edwin Carberry, der Profos, waren immer darauf bedacht, daß die Stellung der Segel stimmte, daß der Wind geschickt ausgenutzt wurde, und daß man seine Arbeit so selbstverständlich verrichtete, damit niemand unnötige Befehle geben mußte.

Jetzt begann wieder der Nervenkitzel, als der Seewolf selbst das Ruder übernahm. Ein paar Männer versammelten sich auf dem Vorschiff, die anderen gingen an die Brassen und Schoten, um die Segel nach Durchfahren der Passage so schnell wie möglich aufgeien zu können.

Ferris Tucker lauerte auf der Back, um auf Hasards Zeichen den Anker zu werfen.

Nur noch ein paar hundert Yards bis zu der Passage. Der Wasserschwall, der in die dahinterliegende Bucht drängte, schob das Schiff mit ungeheurer Kraft voraus. Die Segel waren prall mit Wind gefüllt. Im stehenden Gut, den Wanten und Pardunen sang es leise.

Wenn der Seewolf jetzt auch nur noch um Handbreiten vom Kurs geriet, waren sie geliefert. Der reißende Wasserschwall, der handige Wind und die Wucht des schnell segelnden Schiffes würden ausreichen, um die Galeone total zu zerfetzen.

Immer mehr drängte das Wasser, immer stärker wurde der Flutstrom, der machtvoll durch die gefährlichen Klippen schoß.

Rechts und links rasten die Felswände näher, wahnsinnig schnell, als wollten sie das Schiff zermalmen.

Fast berührten sie die Bordwände.

Der Seewolf knüppelte die Galeone mit eiserner Hand hindurch und hielt das immer wieder leicht ausbrechende Schiff fest, bis es dem leisesten Druck des Ruders gehorchte.

Der Bug raste auf einen mitten im Wasser stehenden Felsen zu. Das war eine der gefährlichsten Stellen, die Hasards ganze Aufmerksamkeit und sein ganzes Können erforderte.

Wieder schlossen ein paar von ihnen die Augen, in der Annahme, gleich würde das berstende Krachen erfolgen. Blacky öffnete die Augen wieder und staunte wie die anderen auch.

Hasard war in einem eleganten Bogen um den schroffen Felsen herumgesegelt, haarscharf zwar nur, aber er hatte es wieder einmal geschafft. Einem wilden Ungeheuer gleich raste die „Isabella“ weiter in die Bucht.

Die Seewölfe kannten ihre Arbeit. Niemand konnte sich auch nur eine kleine Atempause gönnen, alles mußte blitzschnell gehen.

Die Segel wurden aufgegeit, Ferris Tucker ließ den Anker fallen. Zehn, zwanzig, dreißig Faden, schließlich vierzig. Sehr viel länger war die Ankertrosse auch nicht.

„Anker hält!“ brüllte der Schiffszimmermann nach achtern.

Die Fahrt nahm rapide ab, doch die Wucht, die Bewegungsenergie, die die „Isabella“ hatte, ließ sie in einem langen Bogen um das Ankertau schoien, bis sie schließlich zur Ruhe kam.

Pete Ballie atmete erleichtert auf.

„Das hätte ich nie geschafft“, gab er ehrlich zu. „Meine Nerven flattern jedesmal, wenn wir hier durchfahren.“

„Du mußt deine Nerven aufgeien“, sagte der Seewolf lachend. „Oder backbrassen, dann flattern sie nicht mehr!“

Vor ihnen lag auf Backbord der weiße Strand mit den Palmen, dem Dickicht und den dahinter ansteigenden Lavafelsen, unter denen sich der Schlangentempel verbarg, jener geheimnisvolle Tempel, über den sie immer noch nicht viel wußten, nur so viel, daß der Stamm der Araukaner-Indianer ihn vermutlich hier angelegt hatte.

Als an Deck alles klariert war, segelte die Rote Korsarin durch die Passage.

Die Seewölfe sahen die schlanke, schwarzhaarige Frau am Ruder stehen. Die blutroten Segel des Zweimasters waren ebenso prall vom Wind gefüllt. Das Schiff sauste haarscharf an den tückischen Klippen vorbei, tanzte wild über die sehr flache Barriere aus gewachsenem Fels, und glitt mit schäumender Bugwelle in die Bucht.

Hasard staunte über das seemännische Können Siri-Tongs. Allerdings hatte der Zweimaster wesentlich geringeren Tiefgang als die Galeone und war schmaler und nicht so lang wie die „Isabella“. Dennoch brachte sie jedemal ein haarsträubendes Kunststück fertig.

Auf dem Zweimaster fiel der Anker, das Schiff wurde langsamer und fuhr ebenfalls in einem Bogen auf die „Isabella“ zu.

„Ha“, sagte Stenmark, der blonde Schwede, zu Blacky, der am Schanzkleid lehnte und dem Manöver zusah. „Das Weib regt mich verdammt auf. Immer hat sie ihre verdammte rote Bluse zwei Knöpfe geöffnet. Weit und breit keine Weiber, nur sie …“

„Die hat doch nur Augen für Hasard, Mann. Oder hast du das noch nicht bemerkt? Ich schon, denn immer wenn sie sich unbeobachtet glaubt, schießt sie ihre feurigen Blikke auf den Seewolf ab. Aber du hast recht, die möchte ich …“

„Dir möchte ich auch gleich was“, grollte hinter ihm die Stimme des Profos auf. „Nämlich dir die Haut in Streifen von deinem verdammten Affenarsch abziehen. Und nun glotz nicht immer so, du lausiger Bock.“

Blacky drehte sich ärgerlich herum und musterte Carberrys zernarbtes Gesicht und sein gewaltiges Rammkinn, das jetzt angriffslustig vorgeschoben war.

„Man wird doch wohl noch glotzen dürfen, was, wie!“ äffte er den Profos nach. „Du würdest deine Augen ja am liebsten auf langen Stielen tragen, wenn die Kleine vorbeigeht!“

Ihr Geflachse wurde unterbrochen, als der Seewolf mit Ben Brighton in der Kuhl erschien, wo jetzt der größte Teil der Seewölfe versammelt war.

„Hört zu“, sagte Hasard zu den Männern, deren Unterhaltungen und Anzüglichkeiten augenblicklich verstummten. „Wir laden nachher die Beute ab, und zwar werden wir sie in dem Schlangentempel lagern, da ist sie am sichersten. Wir müssen also der Roten Korsarin unser Geheimnis mitteilen. Soviel ich weiß, hat sie von dem Tempel keine Ahnung. Was meint ihr dazu?“

Von der Besatzung hatten bis vor kurzem nicht viele gewußt, daß es den Schlangentempel gab. Der Profos hatte eisern geschwiegen und die Männer, die eingeweiht waren, ebenfalls. Erst nach und nach hatten sie es erfahren.

Carberry zuckte mit den Schultern, Ferris Tucker wiegte seinen rothaarigen Schädel hin und her, bei Ben Brighton blieb unklar, was seine vage Handbewegung ausdrücken sollte.

„Sie selbst ist bestimmt ehrlich“, sagte Dan O’Flynn. „Aber ihren verlausten Kerlen traue ich nicht über den Weg. Was meinst du, Shane?“ wandte er sich an den ehemaligen Waffenschmied von Arwenack.

Big Old Shanes imposante Gestalt mit dem eisengrauen Bart und dem haarigen Wald auf der Brust lehnte am Schanzkleid.

Wenn er sprach, tat er es bedächtig und überlegt.

„Wir sollten sie in das Geheimnis einweihen“, sagte er. „Sie hat das Geheimnis der Barriere offenbart, wir offenbaren unseres. Vorerst sieht es so aus, als würden wir auf lange Sicht miteinander arbeiten, und ich finde, da sollte es keine großen Geheimnisse geben.“

Das war Shanes Meinung. Die anderen überlegten nicht lange. Shane, der große Shane, hatte recht. Geheimniskrämerei würde nur zu bald zu offenem Mißtrauen führen, zu Streit und Hader.

„Gut“, entschied der Seewolf, „dann beginnen wir mit dem Umladen. Laßt die Boote zu Wasser!“

Während Smoky und Dan die Laderäume öffneten, ließen drei andere die Boote zu Wasser. Es würde eine lange und harte Arbeit werden, die ganze Beute an Land zu bringen und sie in dem Schlangentempel zu deponieren.

Etwas später erschien Siri-Tong an Bord. Einer der wüsten Kerle begleitete sie. Es war der Boston-Mann, den sie alle schon kannten, ein Engländer aus Boston, ein großer, hagerer Bursche, der im linken Ohr einen schweren goldenen Ohrring trug. An seiner rechten Hand fehlte der Daumen. Der Boston-Mann war schweigsam, er sprach kaum ein Wort. Unter seinem roten Kopftuch sah ein hartgeschnittenes, sonnenverbranntes Gesicht hervor. Wenn man bei einem der wilden Kerle von Ehrlichkeit reden konnte, dann bei ihm.

Die Rote Korsarin sprang leichtfüßig an Deck. Auf ihren Degen hatte sie diesmal verzichtet. Statt dessen trug sie ein Entermesser im Bund ihrer verwaschenen blauen Schifferhose. Ihre rote Bluse war am Hals zwei Knöpfe geöffnet und gab den Ansatz ihrer festen Brüste frei.

Schlagartig änderte sich die Stimmung. In der Nähe der mandeläugigen schwarzen Schönheit schien die Luft zu knistern. Blacky kriegte schon wieder Stielaugen, Stenmarks Blick ruhte hingebungsvoll auf der roten Bluse und Sam Roscill hatte anscheinend Schluckbeschwerden, denn ständig räusperte er sich die Kehle frei.

Siri-Tong war das Pulverfaß und die Seewölfe die glimmenden Lunten. Ihre gegenseitige Nähe konnte leicht zu einer Explosion führen, so jedenfalls hatte es einmal Old Shane ausgedrückt.

Sie lächelte spöttisch, als sie die Blicke sah. Diese Seewölfe verhielten sich ja noch einigermaßen diszipliniert. Wenn sie dagegen an die Kerle aus ihrer Crew dachte …

„Was zum Teufel, habt ihr verdammten Burschen denn plötzlich alle in der Kuhl zu suchen?“ schrie Ed Carberry. „Habe ich euch nicht gesagt, daß wir mit dem Ausladen beginnen, was, wie! An die Arbeit, ihr lüsternen Kakerlaken, oder ich werde euch die …“

„Bitte nicht“, fiel Hasard ein, „wir haben eine Lady an Bord.“

„… die – die Ei – Eierköpfe zusammenschlagen“, stotterte der Profos, der seinen Lieblingsspruch gerade noch bremsen konnte.

Die Männer flitzten auseinander. Carberry scheuchte sie an die Arbeit, so schnell es ging.

„Los, ’rauf mit dem Zeug!“ brüllte er lauter, als es nötig gewesen wäre. „In die Boote damit und ab zum Strand.“

Siri-Tongs Augen suchten Hasards Blick, versuchten ihn festzuhalten, doch der Seewolf blieb kühl und distanziert, er gab sich höflich und reserviert.

„Was gibt es?“ fragte er.

Ihre Mundwinkel zuckten, der leicht verschleierte Blick wurde klar. Sie ging sofort auf Distanz.

„Haben Sie sich schon überlegt, wo wir die Beute lagern werden?“ fragte sie.

„Im Schlangentempel“, erwiderte Hasard.

„Im – wo bitte?“

„Im Schlangentempel“, wiederholte Hasard lächelnd. „Wissen Sie nicht, daß es hier einen Tempel gibt, der so gut versteckt ist, daß wir ihn nur durch Zufall gefunden haben?“

Ihre Überraschung war echt. Erstaunt hob sie die Brauen.

„Davon haben Sie mir nichts gesagt“, bemerkte sie kühl.

„Bisher hatte ich auch keinen Grund dazu. Aber jetzt sollen Sie es erfahren, Madame!“

Ihre Augen blitzten zornig. Ihre kleinen weißen Zähne nagten an der Unterlippe.

„Hören Sie mit dieser ‚Madame‘ auf, ich kann es nicht mehr hören.“

Der Boston-Mann stand unbeteiligt dabei. In seinem kühn geschnittenen Gesicht zuckte kein Muskel. Nur einmal streifte der Blick seiner dunklen Augen hastig den Seewolf.

Hasard erklärte ihr die Lage des unterirdischen Tempels und berichtete von den Kavernen und Irrgängen, die sie entdeckt hatten. Als er endete, war sie total überrascht.

„Davon wußte ich wirklich nichts. Aber es scheint ein ideales Versteck zu sein. Ich schlage vor, wir lagern die Beute dort gemeinsam.“

„Genau das wollte ich auch vorschlagen“, entgegnete Hasard. „In den Kavernen steigt und fällt das Wasser im selben Rhythmus wie in der Bucht. Niemand kann dort eindringen, der Schatz ist absolut sicher gelagert und der Tempel selbst ist so angelegt, daß er auch bei hoher Flut nicht voll-läuft.“

„Ich hatte noch ein anderes Versteck“, sagte sie nachdenklich. „Es liegt auf der südlichen Seite, eine natürliche Höhle in den Klippen. Aber der Weg dorthin ist beschwerlich und lang. Daher halte ich Ihr Versteck für besser!“

„Ich auch“, meinte Hasard.

„Seien Sie nur nicht so überheblich“, fauchte sie. Es war erstaunlich, wie schnell sie sich über etwas ärgern konnte, und wie schnell sie wieder zur sanftmütigen Katze wurde.

„Schließlich haben Sie den Tempel nur durch Zufall entdeckt.“

„Aber immerhin entdeckt.“

Sie stieß zischend die Luft aus. Ihre Brüste unter der roten Bluse hoben und senkten sich vor Ärger, daß Hasard immer das letzte Wort behielt.

Aus diesem sonnenverbrannten, verwegenen Kerl wurde sie ohnehin nicht ganz schlau. Eine starke Faszination ging von diesem Seewolf aus, der sie sich nicht entziehen konnte. Doch er blieb immer kühl und distanziert. Lag es nur daran, daß er verheiratet war? Sie hatte es erfahren, auch daß Hasard Vater von Zwillingen war, die er nur kurze Zeit gesehen hatte.

Sie warf ihm einen langen, nachdenklichen Blick zu. In ihren schwarzen Mandelaugen lag wieder das verhaltene Feuer. Noch einmal versuchte sie, seinen Blick festzuhalten, doch Hasard wich ihr aus und blickte zum Strand hinüber.

„Wir stapeln die Beute zuerst am Strand“, sagte er, „und dann bringen wir sie in die Felsen hoch. Bis wir alles versteckt haben, wird der ganze morgige Tag vergehen. Es ist verdammt viel.“

„Ja, es ist verdammt viel“, gab sie lächelnd zu. „Ohne Sie und Ihre Männer hätte ich nicht ein Zehntel der Beute erwischt. Und ohne Sie wäre dieser Hurensohn Caligu immer noch am Leben“, fügte sie leiser hinzu. „Sie haben viel für mich getan, Hasard.“

Sie trat einen Schritt näher an den Seewolf heran. Hasard sah, wie sie schneller atmete, wie sich ihr Blick in seinen Augen festbrannte. Die Kleine war wirklich das Pulverfaß, dachte er. Und es würde eine verdammt heiße Explosion werden.

Abrupt wandte er sich um. Er sah das mißtrauisch verzogene Gesicht des alten O’Flynn, der mißbilligend herüberstarrte und der Roten Korsarin einen wütenden Blick zuwarf. Er sah aber auch die anderen Gesichter seiner Leute.