Michael Hartschen · Jiri Scherer · Chris Brügger

Innovationsmanagement

Michael Hartschen

Jiri Scherer

Chris Brügger

Innovationsmanagement

Die 6 Phasen von der Idee zur Umsetzung

image

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Um ein flüssiges Lesen zu gewährleisten wird im Buch ausschließlich die männliche Form benutzt.

Lektorat: Friederike Mannsperger

Umschlaggestaltung: Martin Zech Design, Bremen, www.martinzech.de

Illustrationen: Denis «Denko» Klook, www.denko-cartoons.net

©2009 GABAL Verlag GmbH, Offenbach

Alle Rechte vorbehalten.Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.

©2015 GABAL Verlag GmbH, Offenbach

Das E-Book basiert auf dem Titel „Innovationsmanagement“ von Michael Hartschen, Jiri Scherer und Chriss Brügger, ©2009 GABAL Verlag GmbH, Offenbach.

ISBN Buchausgabe: 978-3-86936-015-7

ISBN epub: 978-3-95623-289-3

www.gabal-verlag.de

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Was ist eine Innovation?

Innovationsarten

Innovationsprozess

Symbole und Website

Phase 1: Initiierung

SWOT zur Situationsanalyse

Bestimmung von Suchfeldern

Phase 2: Ideengewinnung

Quellen und Methoden der Ideengewinnung

Kreativitätstechniken

Einbezug Dritter

Informationssysteme

Marktbeobachtung

Ideenfindungsworkshop

Ideenkarte

Phase 3: Ideenauswahl und -bewertung

Punktebewertung

Ideenbeschreibung

Bewertung Ideenbeschreibung

Phase 4: Grobkonzept

Innovationsarten

Innovationssteckbrief

Marktpotenzial

Lasten- und Pflichtenheft

Lösungsvarianten

Lösungsfindung

Lösungsauswahl

Technologiebeurteilung

Zusammenarbeitsformen

Strategie-Fit

Wirtschaftlichkeit

Bewertung Innovationssteckbrief

Phase 5: Umsetzungskonzept

Vorgehenskonzept

Businessplan

Lösungsdetaillierung

Markteinführungskonzept

Risikomanagement

Umsetzungsplan

Umsetzungsfreigabe

Phase 6: Realisierung, Markteinführung, Multiplikation

Betriebliche Realisierung

Markteinführung

Multiplikation

Fit for it

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Die Autoren

Einleitung

“If you’re not failing every now and again,
it’s a sign you’re not doing anything very innovative.”

WOODY ALLEN, MULTITALENT

Innovationen sind für die Mehrheit der Unternehmen entscheidende Wettbewerbsfaktoren. Trotzdem wird das Suchen, Bewerten und Umsetzen von Ideen oft unsystematisch angegangen. Das vorliegende Buch zeigt einen praxisorientierten Weg von der Idee bis zum umgesetzten Produkt auf. Es richtet sich an Praktiker mit wenig Zeit auf der Suche nach einem klar strukturierten Leitfaden zum Thema. Der Leser erhält Hinweise zur Umsetzung in der Praxis und wird aufgefordert, eigene Erfahrungen zu reflektieren.

Was ist eine Innovation?

Innovation heißt wörtlich „Neuerung“ oder „Erneuerung“. Das Wort ist von den lateinischen Begriffen novus „neu“ und innovatio „etwas neu Geschaffenes“ abgeleitet.

Man unterscheidet zwischen einer Invention (Erfindung) und einer Innovation. Eine Erfindung ist noch keine Innovation. Erst wenn eine Erfindung am Markt und unternehmerisch erfolgreich ist, wird von einer Innovation gesprochen. Abbildung 1 zeigt den Zusammenhang zwischen Idee, Umsetzung und Innovation im Innovationsprozess.

image

Abbildung 1: Von der Idee zur Innovation

Die Idee ist der Input und die Innovation – das umgesetzte neue Produkt – der Output des Innovationsprozesses.

Innovationsarten

Innovationen sind unterschiedlich einzuordnen. Es gibt radikale Innovationen, die eine ganze Branche auf den Kopf stellen, und kleinere Innovationen, die kaum bemerkt oder vom Markt nicht als solche erkannt werden. Innovationen sind nicht immer nur neue Produkte oder Dienstleistungen. Auch Prozessverbesserungen und neue Arbeits- oder Managementmodelle können Innovationen sein.

Innovationen werden nach Gegenstandsbereich oder nach Neuigkeitsgrad in Gruppen eingeteilt.

Einteilung nach Gegenstandsbereich

Dieses Buch fokussiert in erster Linie auf Produkt- und Dienstleistungsinnovationen und in zweiter Linie auf die Prozessinnovationen. Sozial- und Managementinnovationen werden nicht näher betrachtet.

image

Tabelle 1: Einteilung von Innovationen nach Gegenstandsbereich

Die Einteilung ist eher theoretisch, da die Trennlinie nicht immer genau gezogen werden kann. Ist der Onlinebuchhandel Amazon nun eine Dienstleistungsinnovation oder eine Prozessinnovation? Man muss wohl sagen: beides.

Einteilung nach Neuigkeitsgrad

Innovationen werden auch nach dem Neuigkeitsgrad unterschieden. Einerseits gibt es die Routine- oder Verbesserungsinnovationen: Etwas bereits Bestehendes wird angepasst oder verbessert. Es ist in seiner Art nicht grundsätzlich neu.

Andererseits gibt es die radikalen Innovationen, die im Grundsatz komplett neuartig sind.

image

Tabelle 2: Einteilung von Innovationen nach Neuigkeitsgrad

Betrachtet man die unterschiedlichen Innovationen etwas genauer, stellt man fest, dass es sich bei der großen Mehrheit um Verbesserungs- oder Routineinnovationen handelt. Kritische Stimmen behaupten sogar, dass rund 90 % aller Innovationen Verbesserungs- oder Routineinnovationen sind.

Teilen Sie die neuen Produkte, Dienstleistungen und Prozesse der letzten drei Jahre Ihres Unternehmens in drei Gruppen ein:

image

image

Innovationsprozess

Sucht man im Internet nach Innovationsprozessen, findet man eine Vielzahl von unterschiedlichen Vorgehensweisen. Es gibt Prozessmodelle mit vier und andere mit zehn Phasen. Einige sind ausschließlich auf technische Innovationen ausgerichtet und weitere fokussieren stärker auf den Dienstleistungsbereich.

Dieses Buch basiert auf einem einfachen Innovationsprozess in sechs Phasen, der sich für neue Produkte, Dienstleistungen und Prozesse eignet. Jede Phase beschreibt den inhaltlichen Ablauf, die angewendeten Methoden und das Endresultat.

image

Abbildung 2: Innovationsprozess in sechs Phasen

image

Phase 1: Initiierung

In der ersten Phase werden Innovationen angestoßen. Hier stellen sich folgende Fragen: Wo soll überhaupt nach Ideen gesucht werden? Was sind eigene Stärken und Schwächen? Welche Chancen und Risiken können im Markt ausgemacht werden? Das Resultat der ersten Phase sind definierte Suchfelder.

Phase 2: Ideengewinnung

Ideen können durch Mitarbeitende, Kunden oder Lieferanten an das Unternehmen herangetragen werden. Oder sie können in einem Ideenfindungsworkshop generiert werden. Ziel der zweiten Phase ist es, einen Ideenpool mit einer größeren Anzahl Ideen zusammenzutragen.

Phase 3: Ideenauswahl und -bewertung

Alle gesammelten Ideen werden anhand unterschiedlicher Kriterien bewertet und mit einer kurzen Ideenbeschreibung dokumentiert.

Phase 4: Grobkonzept

Die Ideenbeschreibungen werden weiter verfeinert, die Umsetzbarkeit wird geprüft und die Suche nach möglichen Partnern für die Umsetzung beginnt. Das Ergebnis dieser Phase sind Innovationssteckbriefe mit einem Umfang von 4 – 20 Seiten.

Phase 5: Umsetzungskonzept

In dieser Phase wird die Innovation im Detail beschrieben mit einem genauen Vorgehensplan für die Entwicklung, die Produktion und die Markteinführung. Falls erforderlich, werden erste Prototypen erstellt. Das Ergebnis ist ein detaillierter Businessplan mit einem Umfang von 40 – 100 Seiten.

Phase 6: Realisierung, Markteinführung, Multiplikation

Was im Businessplan beschrieben ist, kommt zur Umsetzung:Von der Schulung der Mitarbeitenden, dem Erstellen der Marketinghilfsmittel, den fortlaufenden Qualitätstests bis hin zu organisatorischen Veränderungen. Die Innovation wird aktiv nach innen und außen kommuniziert. Bestehende Märkte werden ausgebaut und neue Absatzkanäle werden geprüft. Alternative Einsatzgebiete werden gesucht und neue Innovationen können angestoßen werden.

Symbole und Website

Symbole zum Buch

Diese vier Symbole dienen im Buch als Wegweiser:

TIPP

image

Tipps aus der Praxis oder Vertiefungshinweise helfen bei der Umsetzung.

AUFGABE

image

Hier haben Sie Platz für Ihre Notizen.

BEISPIEL

image

Eine Methode wird an einem konkreten Beispiel vorgestellt.

DOWNLOAD

image

Auf der Website www.innovationsmanagement.eu finden Sie alle gekennzeichneten Vorlagen aus diesem Buch sowie alle Illustrationen und weiterführende Artikel und Links zum Thema Innovationsmanagement.

Phase 1: Initiierung

„Jeder Mensch ist von Gelegenheiten umgeben. Aber diese existieren erst, wenn er sie erkannt hat. Und er erkennt sie nur, wenn er nach ihnen sucht!“

EDWARD DE BONO,
KREATIVITÄTSFORSCHER UND AUTOR

Innovationen werden in Unternehmen unterschiedlich angestoßen: Einerseits werden sie durch die Wahrnehmung eines Problems oder einer Chance auf der Marktseite initiiert. Andererseits können interne Auslöser, die sich aus der Unternehmenstätigkeit ergeben, Innovationen anstoßen.

Unabhängig davon, ob der Innovationsprozess durch externe oder interne Auslöser initiiert wird, muss am Beginn eine systematisch durchgeführte Situationsanalyse stehen. Deren Ziel ist eine möglichst exakte Beschreibung und Beurteilung der Ausgangssituation.

SWOT zur Situationsanalyse

Es gibt eine große Anzahl von Methoden aus dem strategischen Management für die Situationsanalyse. Ein klassisches und einfaches Instrument ist die SWOT-Analyse. SWOT steht als Akronym für Strengths (Stärken), Weaknesses (Schwächen), Opportunities (Chancen) und Threats (Gefahren). Die SWOT-Analyse beschreibt also die Stärken und Schwächen des Unternehmens sowie die Chancen und Gefahren im und aus dem Umfeld.

image

Abbildung 3: Situationsanalyse

Unternehmensanalyse

Die Analyse des Unternehmens richtet den Blick nach innen: Welche Stärken haben wir? Mit welchen Schwächen müssen wir leben?

Stärken (Strengths):

Die Stärken des Unternehmens im Vergleich zu seinen Mitbewerbern sind herauszuarbeiten:

Worin liegen die Vorteile unseres Unternehmens gegenüber der Konkurrenz?

Welches sind unsere Kernkompetenzen?

Welche wichtigen Ressourcen hat nur unser Unternehmen?

Was sehen andere als Stärken unseres Unternehmens an?

Schwächen (Weaknesses):

Die Schwächen im Vergleich zu den Mitbewerbern werden aufgeführt:

Worin liegen die Nachteile?

Was tun wir weniger gut als andere Unternehmen?

Was kann verbessert werden?

Tipp

image

Mögliche Stärken und Schwächen eines Unternehmens können sein:

Zufriedenheit von Kunden, Mitarbeitenden, Aktionären

Finanzielle Resultate

Technologisches Know-how

Know-how des Managements

Qualität der Mitarbeitenden

Marketing

Einkauf

Umweltanalyse

Aus dem Umfeld eines Unternehmens können die Chancen und Gefahren abgeleitet werden. Die Umweltanalyse richtet den Blick nach außen, das heißt auf den Markt, in die Gesellschaft, in die Politik oder auf die Kultur. Hier entstehen die zukünftigen Chancen und Gefahren, die von einem Unternehmen genutzt oder bewältigt werden müssen.

Chancen (Opportunities):

Welche Chancen und positiven Gelegenheiten kommen auf unser Unternehmen von außen zu (Markt, Kunden, Gesetze, Politik, Technologien, Lifestyle der Zielgruppen …)?

Welche interessanten Trends können ausgemacht werden?

Gefahren (Threats):

Welche Bedrohungen können auf unser Unternehmen zukommen? Welche Hindernisse und Probleme deuten sich an?

Was macht der Wettbewerb?

Ändern sich die Marktanforderungen?

Welche Gefahr kann existenzbedrohend werden?

Tipp

image

Mögliche Chancen und Gefahren aus dem Umfeld können sein:

Ökonomische Rahmendaten

Politik

Gesellschaftliche Veränderungen

Beschaffungsmärkte

Absatzmärkte

Konkurrenz

Modetrends

Tabelle 3 zeigt ein Beispiel einer SWOT-Analyse für ein KMU (Kleine und mittlere Unternehmen) mit den Stärken und Schwächen des Unternehmens sowie den Chancen und Gefahren aus dem Umfeld.

image

Tabelle 3: SWOT eines KMU

Erstellen Sie eine SWOT-Analyse für Ihr Unternehmen.

image

image

image

Bestimmung von Suchfeldern

Um ein zielloses Zusammentragen und Bewerten von Ideen zu vermeiden, empfiehlt es sich, zuerst Suchfelder abzustecken. Grundsätzlich sollte der Schwerpunkt bei der Definition von Suchfeldern auf der Lösung von Kundenproblemen liegen. Die Suchfelder können sich auf die Probleme bestimmter Kunden oder Kundengruppen beschränken oder sie können sich auf bestimmte Problemstellungen konzentrieren, die für alle gleich wichtig sind. Um Suchfelder zu definieren, bieten sich grundsätzlich drei unterschiedliche Ansatzpunkte an:

1. Marktorientierte Betrachtung. Sie zielt auf die direkte Identifikation von Kundenbedürfnissen.

2. Betrachtung, die von den eigenen Kompetenzen ausgeht. Hier geht man der Frage nach, welche neuen bzw. noch nicht abgedeckten Kundenbedürfnisse ein Unternehmen mit seinen bestehenden Fähigkeiten und Kompetenzen abdecken könnte.

3. Kundennutzenorientierte Suchfeldbestimmung. Hier versetzt man sich in die Perspektive des Kunden, um den Wert des Produktes/der Dienstleistung für ihn zu optimieren.

image

Abbildung 4: Analyse von Suchfeldern

Die Bestimmung von Suchfeldern erleichtert nicht nur die Gewinnung von Ideen, sondern auch die Weiterverarbeitung der erzeugten Ideen.

Marktorientierte Suchfeldbestimmung

Die marktorientierte Identifikation von Suchfeldern ist oft der erste und einfachste Ansatz. Folgende Fragen stehen im Mittelpunkt:

Welche Bedürfnisse haben unsere Kunden aktuell oder ergeben sich in Zukunft?

Gibt es Entwicklungen, die neue Bedürfnisse wecken könnten?

Welche Probleme haben die Kunden bei der Nutzung unserer Produkte oder Dienstleistungen?

Welche Produkte bieten Mitbewerber an und wo könnten wir uns unterscheiden?

Kompetenzorientierte Suchfeldbestimmung

Ein wesentliches Merkmal der marktorientierten Betrachtung besteht darin, dass die Kunden, die man bedienen will, zumindest ansatzweise bekannt sind. Bei der kompetenzorientierten Betrachtung ist das nicht zwingend der Fall. Vielmehr steht hier die Frage im Vordergrund, welche Bedürfnisse in neuen Märkten – aufbauend auf bestehenden Fähigkeiten – befriedigt werden können. Hier zielt man in erster Linie auf „Nicht-Kunden“ und neue Zielgruppen. Diese Betrachtungsweise eröffnet in der Regel ein großes Spektrum an innovativen Ideen.

Zunächst müssen die Kernkompetenzen des Unternehmens oder der Abteilung definiert werden. Eine Kernkompetenz ist eine dauerhafte und transferierbare Ursache für den Wettbewerbsvorteil einer Organisation. Diese basiert auf Ressourcen, Fähigkeiten und deren Kultur. Die grundlegende Idee des Kernkompetenzansatzes ist, dass Erfolge nicht zuerst auf großartigen Produkten und Dienstleistungen beruhen, sondern auf einer einzigartigen Kombination von tief im Unternehmen verwurzelten Kompetenzen, welche die Entwicklung solcher Dienstleistungen erst ermöglichen.

image

Abbildung 5: Herausragende Produkte und Dienstleistungen entstehen aus Kernkompetenzen

Kernkompetenzen sind schwierig zu imitieren und leisten einen entscheidenden Beitrag zum Kundennutzen.

Kernkompetenzen weisen die folgenden fünf Eigenschaften auf:

1. Echter Wettbewerbsvorteil

2. Hohe Eintrittsbarrieren für Mitbewerber

3. Hoher Kundennutzen

4. Nachhaltigkeit

5. Transferierbarkeit auf andere Organisationseinheiten

An diesen Eigenschaften wird deutlich, dass Kernkompetenzen die Basis des bestehenden Unternehmens bilden und auch zum Aufbau weiterer Geschäftsfelder dienen.