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Jacob Ludwig Carl Grimm
& Wilhelm Carl Grimm

Kinder- und Hausmärchen

Jacob Ludwig Carl Grimm
& Wilhelm Carl Grimm

Kinder- und Hausmärchen

mit Bildern von Carl Offterdinger u.a.

T

Originalausgaben 1 bis 6 von 1812 bis 1850

Herausgeber: Jürgen Schulze

Überarbeitung, Umschlaggestaltung: Null Papier Verlag

8. Auflage, ISBN 978-3-95418-031-8

 

www.null-papier.de/grimm

 

 

Inhaltsübersicht

DIE BEKANNTESTEN MÄRCHEN IN ALPHABETISCHER ÜBERSICHT

ALLE MÄRCHEN IN ALPHABETISCHER ÜBERSICHT

DIE MÄRCHEN GEORDNET NACH REIHENFOLGE DER ERSTVERÖFFENTLICHUNG

BILDERVERZEICHNIS

BRÜDER GRIMM – LEBEN UND WERK

KINDER- UND HAUSMÄRCHEN – BEDEUTUNG UND ENTSTEHUNG

ÄLTERE UND ORIGINALE VORREDEN

Die bekanntesten Märchen in alphabetischer Übersicht

ASCHENPUTTEL

BRÜDERCHEN UND SCHWESTERCHEN

DAS MÄRCHEN VOM SCHLARAFFENLAND

DAS TAPFERE SCHNEIDERLEIN ODER SIEBEN AUF EINEN STREICH

DAUMESDICK

DAS ARME MÄDCHEN ODER DIE STERNTALER

DER FROSCHKÖNIG ODER DER EISERNE HEINRICH

DER GESTIEFELTE KATER

DER GEVATTER TOD

DER HASE UND DER IGEL

DER TEUFEL MIT DEN DREI GOLDENEN HAAREN

DER WOLF UND DIE SIEBEN JUNGEN GEIßLEIN

DIE BREMER STADTMUSIKANTEN

DIE GOLDENE GANS

DIE PRINZESSIN AUF DER ERBSE

DIE ZERTANZTEN SCHUHE

DORNRÖSCHEN

FRAU HOLLE

HANS IM GLÜCK

HÄNSEL UND GRETEL

KÖNIG DROSSELBART

MÄRCHEN VON EINEM, DER AUSZOG, DAS FÜRCHTEN ZU LERNEN

RAPUNZEL

ROTKÄPPCHEN

RUMPELSTILZCHEN

SCHNEEWEIßCHEN UND ROSENROT

SCHNEEWITTCHEN

TISCHCHEN-DECK-DICH, GOLDESEL UND KNÜPPEL AUS DEM SACK

VON DEM FISCHER UND SEINER FRAU

Alle Märchen in alphabetischer Übersicht

ALLERLEIRAUH

ARMUT UND DEMUT FÜHREN ZUM HIMMEL

ASCHENPUTTEL

BLAUBART

BRUDER LUSTIG

BRÜDERCHEN UND SCHWESTERCHEN

DAS ALTE MÜTTERCHEN

DAS ARME MÄDCHEN ODER DIE STERNTALER

DAS BIRNLI WILL NIT FALLEN

DAS BLAUE LICHT

DAS BÜRLE

DAS BÜRLE IM HIMMEL (ALEMANNISCH)

DAS BÄUERLEIN IM HIMMEL

DAS DIETMARSISCHE LÜGENMÄRCHEN

DAS EIGENSINNIGE KIND

DAS ESELEIN

DAS GOLDEI

DAS HAUSGESINDE (PADERBÖRN)

DAS HAUSGESINDE

DAS HIRTENBÜBLEIN

DAS JUNGGEGLÜHTE MÄNNLEIN

DAS LÄMMCHEN UND FISCHCHEN

DAS LUMPENGESINDEL

DAS MÄDCHEN OHNE HÄNDE

DAS MÄRCHEN VOM SCHLARAFFENLAND

DAS MEERHÄSCHEN

DAS MORDSCHLOSS

DAS RÄTSEL

DAS SINGENDE, SPRINGENDE LÖWENECKERCHEN

DAS TAPFERE SCHNEIDERLEIN ODER SIEBEN AUF EINEN STREICH

DAS TOTENHEMDCHEN

DAS UNGLÜCK

DAS WALDHAUS

DAS WASSER DES LEBENS

DAT ERDMÄNNEKEN (PADERBÖRN)

DAS ERDMÄNNCHEN

DAT MÄKEN VON BRAKEL (PADERBÖRN)

DAS MÄDCHEN VON BRAKEL

DÄUMLINGS WANDERSCHAFT

DAUMESDICK

DE BEIDEN KÜNIGESKINNER (PADERBÖRN)

DIE BEIDEN KÖNIGSKINDER

DE DREI SCHWATTEN PRINCESSINNEN (MÜNSTERLÄNDISCH)

DIE DREI SCHWARZEN PRINZESSINNEN

DE DREI VÜGELKENS (PLATTDEUTSCH)

DIE DREI VÖGELCHEN

DE GAUDEIF UN SIEN MEESTER (MÜNSTERISCH)

DER GAUDIEB UND SEIN MEISTER

DE SPIELHANSL (DEUTSCHBÖHMISCH)

DER SPIELHANSL

DE WILDE MANN (PLATTDEUTSCH)

DER WILDE MANN

DER ALTE GROßVATER UND DER ENKEL

DER ALTE HILDEBRAND (ÖSTERREICHISCH)

DER ALTE HILDEBRAND

DER ALTE SULTAN

DER ARME JUNGE IM GRAB

DER ARME MÜLLERBURSCH UND DAS KÄTZCHEN

DER ARME UND DER REICHE

DER BÄRENHÄUTER

DER BAUER UND DER TEUFEL

DER DRESCHFLEGEL VOM HIMMEL

DER EISENHANS

DER EISENOFEN

DER FAULE HEINZ

DER FAULE UND DER FLEIßIGE

DER FRIEDER UND DAS KATHERLIESCHEN

DER FROSCHKÖNIG ODER DER EISERNE HEINRICH

DER FROSCHPRINZ

DER FUCHS UND DAS PFERD

DER FUCHS UND DIE FRAU GEVATTERIN

DER FUCHS UND DIE GÄNSE

DER FUCHS UND DIE KATZE

DER GEIST IM GLAS

DER GELERNTE JÄGER

DER GESCHEITE HANS

DER GESTIEFELTE KATER

DER GESTOHLENE HELLER

DER GETREUE JOHANNES

DER GEVATTER TOD

DER GLÄSERNE SARG

DER GOLDENE SCHLÜSSEL

DER GRABHÜGEL

DER GUTE HANDEL

DER HAHNENBALKEN

DER HASE UND DER IGEL (PLATTDEUTSCH)

DER HASE UND DER IGEL

DER HEILIGE JOSEPH IM WALDE

DER HERR GEVATTER

DER HUND UND DER SPERLING

DER JUDE IM DORN

DER JUNGE RIESE

DER KLUGE KNECHT

DER KÖNIG VOM GOLDENEN BERG

DER KÖNIGSSOHN, DER SICH VOR NICHTS FÜRCHTET

DER KRAUTESEL

DER LIEBSTE ROLAND

DER LÖWE UND DER FROSCH

DER MEISTERDIEB

DER MOND

DER NAGEL

DER OKERLO

DER RANZEN, DAS HÜTLEIN UND DAS HÖRNLEIN

DER RÄUBER UND SEINE SÖHNE

DER RÄUBERBRÄUTIGAM

DER RIESE UND DER SCHNEIDER

DER SCHMIED UND DER TEUFEL

DER SCHNEIDER IM HIMMEL

DER SINGENDE KNOCHEN

DER SOLDAT UND DER SCHREINER

DER SPERLING UND SEINE VIER KINDER

DER STARKE HANS

DER SÜßE BREI

DER TEUFEL MIT DEN DREI GOLDENEN HAAREN

DER TEUFEL UND SEINE GROßMUTTER

DER TOD UND DER GÄNSEHIRT

DER TROMMLER

DER UNDANKBARE SOHN

DER VOGEL GREIF (ALEMANNISCH)

DER VOGEL GREIF

DER WOLF UND DER FUCHS

DER WOLF UND DER MENSCH

DER WOLF UND DIE SIEBEN JUNGEN GEIßLEIN

DER WUNDERLICHE SPIELMANN

DER ZAUNKÖNIG

DER ZAUNKÖNIG UND DER BÄR

DES HERRN UND DES TEUFELS GETIER

DES TEUFELS RUßIGER BRUDER

DIE ALTE BETTELFRAU

DIE ALTE IM WALD

DIE BEIDEN WANDERER

DIE BIENENKÖNIGIN

DIE BOTEN DES TODES

DIE BRAUTSCHAU

DIE BREMER STADTMUSIKANTEN

DIE BROSAMEN AUF DEM TISCH (SCHWEIZERDEUTSCH)

DIE BROSAMEN AUF DEM TISCH

DIE DREI BRÜDER

DIE DREI FAULEN

DIE DREI FEDERN

DIE DREI FELDSCHERER

DIE DREI GLÜCKSKINDER

DIE DREI GRÜNEN ZWEIGE

DIE DREI HANDWERKSBURSCHEN

DIE DREI MÄNNLEIN IM WALDE

DIE DREI SCHLANGENBLÄTTER

DIE DREI SCHWESTERN

DIE DREI SPINNERINNEN

DIE DREI SPRACHEN

DIE EULE

DIE FAULE SPINNERIN

DIE GÄNSEHIRTIN AM BRUNNEN

DIE GÄNSEMAGD

DIE GESCHENKE DES KLEINEN VOLKES

DIE GOLDENE GANS

DIE GOLDKINDER

DIE HAGERE LIESE

DIE HAND MIT DEM MESSER

DIE HASELRUTE

DIE HEILIGE FRAU KUMMERNIS

DIE HIMMLISCHE HOCHZEIT

DIE HOCHZEIT DER FRAU FÜCHSIN

DIE KINDER IN HUNGERSNOT

DIE KLARE SONNE BRINGT’S AN DEN TAG

DIE KLUGE BAUERNTOCHTER

DIE KLUGE ELSE

DIE KLUGE GRETEL

DIE KLUGEN LEUTE

DIE KORNÄHRE

DIE KRÄHEN

DIE KRISTALLKUGEL

DIE LANGE NASE

DIE LEBENSZEIT

DIE NELKE

DIE NIXE IM TEICH

DIE PRINZESSIN AUF DER ERBSE

DIE RABE

DIE ROSE (PADERBORN)

DIE ROSE

DIE RÜBE

DIE SCHLICKERLINGE

DIE SCHOLLE

DIE SCHÖNE KATRINELJE UND PIF PAF POLTRIE

DIE SCHWIEGERMUTTER

DIE SECHS DIENER

DIE SECHS SCHWÄNE

DIE SIEBEN RABEN

DIE SIEBEN SCHWABEN

DIE STIEFEL VON BÜFFELLEDER

DIE TREUEN TIERE

DIE UNGLEICHEN KINDER EVAS

DIE VIER KUNSTREICHEN BRÜDER

DIE WAHRE BRAUT

DIE WASSERNIXE

DIE WEIßE SCHLANGE

DIE WEIßE TAUBE

DIE WEIßE UND DIE SCHWARZE BRAUT

DIE WICHTELMÄNNER

DIE WUNDERLICHE GASTEREI

DIE ZERTANZTEN SCHUHE

DIE ZWEI BRÜDER

DIE ZWÖLF APOSTEL

DIE ZWÖLF BRÜDER

DIE ZWÖLF FAULEN KNECHTE

DIE ZWÖLF JÄGER

DOKTOR ALLWISSEND

DORNRÖSCHEN

EINÄUGLEIN, ZWEIÄUGLEIN UND DREIÄUGLEIN

FERENAND GETRÜ UN FERENAND UNGETRÜ (PLATTDEUTSCH)

FERDINAND GETREU UND FERDINAND UNGETREU

FITCHERS VOGEL

FRAU HOLLE

FRAU TRUDE

FUNDEVOGEL

GOTTES SPEISE

HANS DUMM

HANS HEIRATET

HANS IM GLÜCK

HANS MEIN IGEL

HÄNSEL UND GRETEL

HANSENS TRINE

HÄSICHEN-BRAUT (WENDISCH)

HÄSCHENBRAUT

HERR FIX UND FERTIG

HERR KORBES

HURLEBURLEBUTZ

JORINDE UND JORINGEL

JUNGFRAU MALEEN

KATZ UND MAUS IN GESELLSCHAFT

KNOIST UN SINE DRE SÜHNE (SAUERLÄNDISCH)

KNOIST UND SEINE DREI SÖHNE

KÖNIG DROSSELBART

LÄUSCHEN UND FLÖHCHEN

LIEB UND LEID TEILEN

MÄRCHEN VON DER UNKE

MÄRCHEN VON EINEM, DER AUSZOG, DAS FÜRCHTEN ZU LERNEN

MARIENKIND

MEISTER PFRIEM

MUTTERGOTTESGLÄSCHEN

OLL RINKRANK (NIEDERDEUTSCH)

ALT RINKRANK

PRINZ SCHWAN

PRINZESSIN MÄUSEHAUT

RAPUNZEL

RÄTSELMÄRCHEN

ROHRDOMMEL UND WIEDEKOPF

ROTKÄPPCHEN

RUMPELSTILZCHEN

SCHNEEWEIßCHEN UND ROSENROT

SECHSE KOMMEN DURCH DIE GANZE WELT

SIMELIBERG

SCHNEEWITTCHEN

SPINDEL, WEBERSCHIFFCHEN UND NADEL

STROHHALM, KOHLE UND BOHNE

TISCHCHEN-DECK-DICH, GOLDESEL UND KNÜPPEL AUS DEM SACK

UP REISEN GOHN (PADERBÖRN)

AUF REISEN GEHEN

VAN DEN MACHANDEL-BOOM (PLATTDEUTSCH)

VON DEM WACHOLDERBAUM

VOGEL PHÖNIX

VOM GOLDNEN VOGEL

VOM KLUGEN SCHNEIDERLEIN

VOM SCHREINER UND DRECHSLER

VON DEM MÄUSCHEN, VÖGELCHEN UND DER BRATWURST

VON DEM SCHNEIDER, DER BALD REICH WURDE

VON DEM SOMMER- UND WINTERGARTEN

VON DEM TODE DES HÜHNCHENS

VON DEN FISCHER UND SIINE FRU (NIEDERDEUTSCH)

VON DEM FISCHER UND SEINER FRAU

VON DER NACHTIGALL UND DER BLINDSCHLEICHE

VON DER SERVIETTE, DEM TORNISTER, DEM KANONENHÜTLEIN UND DEM HORN

VON JOHANNES-WASSERSPRUNG UND CASPAR-WASSERSPRUNG

WIE KINDER SCHLACHTENS MITEINANDER GESPIELT HABEN

Die Märchen geordnet nach Reihenfolge der Erstveröffentlichung

DER FROSCHKÖNIG ODER DER EISERNE HEINRICH

KATZ UND MAUS IN GESELLSCHAFT

MARIENKIND

MÄRCHEN VON EINEM, DER AUSZOG, DAS FÜRCHTEN ZU LERNEN

DER WOLF UND DIE SIEBEN JUNGEN GEIßLEIN

DER GETREUE JOHANNES

VON DER NACHTIGALL UND DER BLINDSCHLEICHE

DER GUTE HANDEL

DER WUNDERLICHE SPIELMANN

DIE HAND MIT DEM MESSER

DIE ZWÖLF BRÜDER

DAS LUMPENGESINDEL

BRÜDERCHEN UND SCHWESTERCHEN

RAPUNZEL

DIE DREI MÄNNLEIN IM WALDE

DIE DREI SPINNERINNEN

HÄNSEL UND GRETEL

DIE DREI SCHLANGENBLÄTTER

HERR FIX UND FERTIG

DIE WEIßE SCHLANGE

STROHHALM, KOHLE UND BOHNE

VON DEN FISCHER UND SIINE FRU (NIEDERDEUTSCH)

VON DEM FISCHER UND SEINER FRAU

DAS TAPFERE SCHNEIDERLEIN ODER SIEBEN AUF EINEN STREICH

ASCHENPUTTEL

DAS RÄTSEL

WIE KINDER SCHLACHTENS MITEINANDER GESPIELT HABEN

VON DEM MÄUSCHEN, VÖGELCHEN UND DER BRATWURST

FRAU HOLLE

DIE SIEBEN RABEN

ROTKÄPPCHEN

DIE BREMER STADTMUSIKANTEN

DER TOD UND DER GÄNSEHIRT

DER SINGENDE KNOCHEN

DER TEUFEL MIT DEN DREI GOLDENEN HAAREN

LÄUSCHEN UND FLÖHCHEN

DAS MÄDCHEN OHNE HÄNDE

DER GESCHEITE HANS

DIE DREI SPRACHEN

DER GESTIEFELTE KATER

DIE KLUGE ELSE

HANSENS TRINE

DER SCHNEIDER IM HIMMEL

TISCHCHEN-DECK-DICH, GOLDESEL UND KNÜPPEL AUS DEM SACK

DAUMESDICK

VON DER SERVIETTE, DEM TORNISTER, DEM KANONENHÜTLEIN UND DEM HORN

DIE HOCHZEIT DER FRAU FÜCHSIN

DIE WICHTELMÄNNER

DER RÄUBERBRÄUTIGAM

HERR KORBES

DER HERR GEVATTER

FRAU TRUDE

DIE WUNDERLICHE GASTEREI

DER GEVATTER TOD

DÄUMLINGS WANDERSCHAFT

FITCHERS VOGEL

VAN DEN MACHANDEL-BOOM (PLATTDEUTSCH)

VON DEM WACHOLDERBAUM

DER ALTE SULTAN

DIE SECHS SCHWÄNE

DORNRÖSCHEN

FUNDEVOGEL

KÖNIG DROSSELBART

SCHNEEWITTCHEN

DER RANZEN, DAS HÜTLEIN UND DAS HÖRNLEIN

HANS DUMM

RUMPELSTILZCHEN

DER LIEBSTE ROLAND

VOM GOLDNEN VOGEL

DER HUND UND DER SPERLING

DER FRIEDER UND DAS KATHERLIESCHEN

PRINZ SCHWAN

DIE ZWEI BRÜDER

DAS GOLDEI

DAS BÜRLE

VON DEM SCHNEIDER, DER BALD REICH WURDE

DIE BIENENKÖNIGIN

BLAUBART

DIE DREI FEDERN

DIE GOLDENE GANS

DIE WEIßE TAUBE

ALLERLEIRAUH

HÄSICHEN-BRAUT (WENDISCH)

HÄSCHENBRAUT

HURLEBURLEBUTZ

DIE ZWÖLF JÄGER

DE GAUDEIF UN SIEN MEESTER (MÜNSTERISCH)

DER GAUDIEB UND SEIN MEISTER

VON DEM SOMMER- UND WINTERGARTEN

JORINDE UND JORINGEL

DIE DREI GLÜCKSKINDER

DER OKERLO

SECHSE KOMMEN DURCH DIE GANZE WELT

PRINZESSIN MÄUSEHAUT

DER WOLF UND DER MENSCH

DAS BIRNLI WILL NIT FALLEN

DER WOLF UND DER FUCHS

DAS MORDSCHLOSS

DER FUCHS UND DIE FRAU GEVATTERIN

VON JOHANNES-WASSERSPRUNG UND CASPAR-WASSERSPRUNG

DER FUCHS UND DIE KATZE

VOGEL PHÖNIX

DIE NELKE

DIE KLUGE GRETEL

VOM SCHREINER UND DRECHSLER

DER ALTE GROßVATER UND DER ENKEL

DIE WASSERNIXE

VON DEM TODE DES HÜHNCHENS

BRUDER LUSTIG

DER SCHMIED UND DER TEUFEL

DE SPIELHANSL (DEUTSCHBÖHMISCH)

DER SPIELHANSL

DIE DREI SCHWESTERN

HANS IM GLÜCK

DAS ARME MÄDCHEN ODER DIE STERNTALER

HANS HEIRATET

DIE SCHWIEGERMUTTER

DIE GOLDKINDER

DER FUCHS UND DIE GÄNSE

DER ARME UND DER REICHE

DAS SINGENDE, SPRINGENDE LÖWENECKERCHEN

DIE GÄNSEMAGD

DER JUNGE RIESE

DAT ERDMÄNNEKEN (PADERBÖRN)

DAS ERDMÄNNCHEN

DER KÖNIG VOM GOLDENEN BERG

DIE RABE

DIE KLUGE BAUERNTOCHTER

DER ALTE HILDEBRAND (ÖSTERREICHISCH)

DER ALTE HILDEBRAND

DE DREI VÜGELKENS (PLATTDEUTSCH)

DIE DREI VÖGELCHEN

DAS WASSER DES LEBENS

DOKTOR ALLWISSEND

DER GEIST IM GLAS

DER FROSCHPRINZ

DES TEUFELS RUßIGER BRUDER

DER BÄRENHÄUTER

DER ZAUNKÖNIG UND DER BÄR

DER SÜßE BREI

DIE KLUGEN LEUTE

DIE TREUEN TIERE

MÄRCHEN VON DER UNKE

DER ARME MÜLLERBURSCH UND DAS KÄTZCHEN

DIE BEIDEN WANDERER

DIE KRÄHEN

HANS MEIN IGEL

DAS TOTENHEMDCHEN

DER JUDE IM DORN

DER GELERNTE JÄGER

DER DRESCHFLEGEL VOM HIMMEL

DE BEIDEN KÜNIGESKINNER (PADERBÖRN)

DIE BEIDEN KÖNIGSKINDER

VOM KLUGEN SCHNEIDERLEIN

DIE KLARE SONNE BRINGT’S AN DEN TAG

DAS BLAUE LICHT

DAS EIGENSINNIGE KIND

DIE DREI FELDSCHERER

DIE SIEBEN SCHWABEN

DER FAULE UND DER FLEIßIGE

DIE DREI HANDWERKSBURSCHEN

DER KÖNIGSSOHN, DER SICH VOR NICHTS FÜRCHTET

DER KRAUTESEL

DIE LANGE NASE

DIE ALTE IM WALD

DIE DREI BRÜDER

DER TEUFEL UND SEINE GROßMUTTER

FERENAND GETRÜ UN FERENAND UNGETRÜ (PLATTDEUTSCH)

FERDINAND GETREU UND FERDINAND UNGETREU

DER EISENOFEN

DIE FAULE SPINNERIN

DIE VIER KUNSTREICHEN BRÜDER

DER LÖWE UND DER FROSCH

EINÄUGLEIN, ZWEIÄUGLEIN UND DREIÄUGLEIN

DER SOLDAT UND DER SCHREINER

DIE SCHÖNE KATRINELJE UND PIF PAF POLTRIE

DER FUCHS UND DAS PFERD

DIE ZERTANZTEN SCHUHE

DIE SECHS DIENER

DIE WEIßE UND DIE SCHWARZE BRAUT

DER EISENHANS

DE WILDE MANN (PLATTDEUTSCH)

DER WILDE MANN

DE DREI SCHWATTEN PRINCESSINNEN (MÜNSTERLÄNDISCH)

DIE DREI SCHWARZEN PRINZESSINNEN

KNOIST UN SINE DRE SÜHNE (SAUERLÄNDISCH)

KNOIST UND SEINE DREI SÖHNE

DAT MÄKEN VON BRAKEL (PADERBÖRN)

DAS MÄDCHEN VON BRAKEL

DAS HAUSGESINDE (PADERBÖRN)

DAS HAUSGESINDE

DAS LÄMMCHEN UND FISCHCHEN

SIMELIBERG

UP REISEN GOHN (PADERBÖRN)

AUF REISEN GEHEN

DIE KINDER IN HUNGERSNOT

DAS ESELEIN

DER UNDANKBARE SOHN

DIE RÜBE

DAS JUNGGEGLÜHTE MÄNNLEIN

DES HERRN UND DES TEUFELS GETIER

DER HAHNENBALKEN

DIE ALTE BETTELFRAU

DIE DREI FAULEN

DIE ZWÖLF FAULEN KNECHTE

DAS HIRTENBÜBLEIN

DIE HEILIGE FRAU KUMMERNIS

DER GESTOHLENE HELLER

DIE BRAUTSCHAU

RÄTSELMÄRCHEN

DIE SCHLICKERLINGE

DER SPERLING UND SEINE VIER KINDER

DAS MÄRCHEN VOM SCHLARAFFENLAND

DAS DIETMARSISCHE LÜGENMÄRCHEN

SCHNEEWEIßCHEN UND ROSENROT

DER KLUGE KNECHT

DER GLÄSERNE SARG

DER FAULE HEINZ

DER VOGEL GREIF (ALEMANNISCH)

DER VOGEL GREIF

DER STARKE HANS

DAS BÜRLE IM HIMMEL (ALEMANNISCH)

DAS BÄUERLEIN IM HIMMEL

DIE HAGERE LIESE

DAS WALDHAUS

LIEB UND LEID TEILEN

DER ZAUNKÖNIG

DIE SCHOLLE

ROHRDOMMEL UND WIEDEKOPF

DIE EULE

DER MOND

DAS UNGLÜCK

DIE LEBENSZEIT

DIE BOTEN DES TODES

MEISTER PFRIEM

DIE GÄNSEHIRTIN AM BRUNNEN

DIE UNGLEICHEN KINDER EVAS

DIE NIXE IM TEICH

DIE GESCHENKE DES KLEINEN VOLKES

DIE PRINZESSIN AUF DER ERBSE

DER RIESE UND DER SCHNEIDER

DER NAGEL

DER ARME JUNGE IM GRAB

DIE WAHRE BRAUT

DER HASE UND DER IGEL (PLATTDEUTSCH)

DER HASE UND DER IGEL

SPINDEL, WEBERSCHIFFCHEN UND NADEL

DER BAUER UND DER TEUFEL

DIE BROSAMEN AUF DEM TISCH (SCHWEIZERDEUTSCH)

DIE BROSAMEN AUF DEM TISCH

DAS MEERHÄSCHEN

DER RÄUBER UND SEINE SÖHNE

DER MEISTERDIEB

DER TROMMLER

DIE KORNÄHRE

DER GRABHÜGEL

OLL RINKRANK (NIEDERDEUTSCH)

ALT RINKRANK

DIE KRISTALLKUGEL

JUNGFRAU MALEEN

DIE STIEFEL VON BÜFFELLEDER

DER GOLDENE SCHLÜSSEL

DER HEILIGE JOSEPH IM WALDE

DIE ZWÖLF APOSTEL

DIE ROSE (PADERBORN)

DIE ROSE

ARMUT UND DEMUT FÜHREN ZUM HIMMEL

GOTTES SPEISE

DIE DREI GRÜNEN ZWEIGE

MUTTERGOTTESGLÄSCHEN

DAS ALTE MÜTTERCHEN

DIE HIMMLISCHE HOCHZEIT

DIE HASELRUTE

Bilderverzeichnis

Aschenputtel

Bild 1, Bild 2

Blaubart

Bild 1, Bild 2, Bild 3, Bild 4, Bild 5, Bild 6, Bild 7

Bruder Lustig

Bild 1

Brüderchen und Schwesterchen

Bild 1, Bild 2

Das arme Mädchen oder die Sterntaler

Bild 1

Das singende, springende Löweneckerchen

Bild 1

Das tapfere Schneiderlein oder Sieben auf einen Streich

Bild 1, Bild 2

Das Wasser des Lebens

Bild 1

Daumesdick

Bild 1, Bild 2

Der arme Müllerbursch und das Kätzchen

Bild 1

Der gestiefelte Kater

Bild 1, Bild 2

Die Alte im Wald

Bild 1

Die Bienenkönigin

Bild 1

Die Bremer Stadtmusikanten

Bild 1, Bild 2, Bild 3, Bild 4, Bild 5, Bild 6

Die drei Schwestern

Bild 1

Die drei Männlein im Walde

Bild 1

Die goldene Gans

Bild 1, Bild 2, Bild 3, Bild 4, Bild 5, Bild 6, Bild 7, Bild 8

Die kluge Gretel

Bild 1

Die Prinzessin auf der Erbse

Bild 1

Die sieben Schwaben

Bild 1, Bild 2

Die vier kunstreichen Brüder

Bild 1, Bild 2

Die wahre Braut

Bild 1

Die weiße Schlange

Bild 1

Die zwei Brüder

Bild 1

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich

Bild 1, Bild 2, Bild 3, Bild 4, Bild 5

Der Hase und der Igel

Bild 1, Bild 2

Der König vom goldenen Berg

Bild 1

Die beiden Königskinder

Bild 1

Die Gänsemagd

Bild 1, Bild 2

Die Geschenke des kleinen Volkes

Bild 1

Die sieben Raben

Bild 1, Bild 2

Die sechs Schwäne

Bild 1

Der starke Hans

Bild 1

Der Wolf und die sieben jungen Geißlein

Bild 1, Bild 2

Die zertanzten Schuhe

Bild 1

Dornröschen

Bild 1, Bild 2

Frau Holle

Bild 1

Hänsel und Gretel

Bild 1, Bild 2

Hans im Glück

Bild 1, Bild 2, Bild 3, Bild 4, Bild 5, Bild 6

König Drosselbart

Bild 1

Marienkind

Bild 1, Bild 2, Bild 3, Bild 4, Bild 5, Bild 6

Märchen von einem, der auszog, das Fürchten zu lernen

Bild 1

Rapunzel

Bild 1

Rotkäppchen

Bild 1, Bild 2

Rumpelstilzchen

Bild 1

Schneeweißchen und Rosenrot

Bild 1, Bild 2, Bild 3

Schneewittchen

Bild 1, Bild 2

Tischchen-deck-dich, Goldesel und Knüppel aus dem Sack

Bild 1, Bild 2

Von dem Fischer und seiner Frau

Bild 1

Vorwort zur siebten digitalen Auflage

Und wieder ist ein Jahr vorüber. Und auch 2013 hat sich mein E-Book als das erfolgreichste Märchen-E-Book am Markt halten können.

Diesmal habe ich mich dazu entschlossen, alle (alte und neu hinzugekommene) Bilder, die ich finden konnte, in größtmöglicher Auflösung einzubinden, damit auch Besitzer eines leistungsfähigeren Tablet-Computers in einen noch „schärferen“ Genuss kommen können.

Frohe Weihnachten 2013 und alles Gute für 2014 wünscht

Jürgen Schulze, Verleger

 

Brüder Grimm – Leben und Werk

Die Brüder Grimm, jene für die deutsche Sprache und das erzählerische Gut herausragende Personen, sind namentlich Jacob Grimm und sein jüngerer Bruder Wilhelm Grimm. Jacob wurde am 4. Januar 1785 und Wilhelm am 24. Februar 1786 geboren. Als Söhne eines Amtmanns und Enkel bzw. Großenkel zweier geistlicher des reformierten Glaubenszweiges, gehörten sie einem eher wohlhabenden Hause an. Insgesamt hatten die Eltern der Brüder Grimm, Philipp Wilhelm und Dorothea Grimm, neun Kinder, von denen allerdings drei im Säuglingsalter verstarben. Ludwig Emil Grimm, ein jüngerer Bruder von Jacob und Wilhelm, wurde später als Maler bekannt.

Damit Jacob und Wilhelm ihrem Vater als Juristen folgen konnten, wurden sie 1798 nach Kassel geschickt, um dort bei ihrer Tante zu wohnen und das Friedrichsgymnasium zu besuchen. Später gingen beide auf die Marburger Universität und studierten Rechtswissenschaften. Friedrich Carl von Savigny, ein Lehrer der beiden, erkannte ihr Potenzial und ihre Wissbegierde, woraufhin er sie einlud, seine Privatbibliothek zu nutzen. Mit Schiller und Goethe waren Jacob und Wilhelm zu dieser Zeit bereits vertraut, doch von Savignys Sammlung führte sie in die Bereiche des Minnesangs und der Romantik. Genau so stark, wenn nicht noch ein bisschen mehr, beeinflusste die beiden das Wirken Johann Gottfried Herders, dessen Werke Jacob und Wilhelm auf den Weg der Sprachwissenschaften führten.

In Herders Manier betrachteten sie die Sprache und die Zustände, die zu ihren Verwendungsformen führten, nicht in einer romantisch-verklärten, sondern in einer rationalen und realistischen Art. Sie fingen an, zahlreiche Schriften zu studieren, zu denen nicht nur Dichtung gehörte, sondern auch Urkunden und andere geschichtliche Aufzeichnungen. Auch beschränkten sie sich nicht auf deutsche Quellen – sie nutzten Dokumente aus Großbritannien und Irland sowie später auch skandinavische, niederländische, spanische und serbische Aufzeichnungen. Nach ihrem Studienabschluss im Jahre 1806 begannen sie mit jenem Werk, das den Namen der Brüder Grimm heute noch in den Köpfen der Menschen hält – mit der Sammlung von Märchen. Im Auftrag von Achim von Arnim und Clemens Brentano, zwei Hauptvertreter der Heidelberger Romantik, trugen Jacob und Wilhelm die bis dahin überwiegend mündlich überlieferten Geschichten, Märchen und Sagen zusammen, überarbeiteten sie und glätteten ihre Sprache auf die bekannte Form.

Im Jahr 1811 veröffentlichten sowohl Jacob als auch Wilhelm jeweils ein Buch. Jacob Grimms „Über den Altdeutschen Meistergesang“ ist seine erste und einzige umfangreiche literaturhistorische Studie. Sie fasst nahezu alle damals für Jacob Grimm zugänglichen Informationen zusammen und legte zugleich den Grundstein für weitere neuzeitliche Forschungen rund um den Meistersang. Wilhelm Grimm veröffentlichte in diesem Jahr sein Werk „Altdänische Heldenlieder, Balladen und Märchen“. Dem Namen entsprechend präsentiert er in diesem Werk altdänische Volkspoesie in den benannten Formen. Zu diesen von ihm selbst übersetzten Werken fügte er eine eigene Schrift hinzu, in der er sich leidenschaftlich für die Auseinandersetzung mit den alten Schriften einsetzt.

1812, also nur ein Jahr später, agierten die Brüder Grimm zusammen als Herausgeber des Bandes „Hildebrandslied und Wessobrunner Gebet“. Die beiden Titel stellen die ältesten bis dahin und bis heute erhaltenen poetischen Texte in deutscher Sprache dar. Sie stammen beide aus dem 9. Jahrhundert und wurden von Jacob und Wilhelm erstmals wissenschaftlich aufbereitet. Der bis heute gebräuchliche Name für das Heldenlied „Hildebrandslied“ wurde von den Brüdern Grimm vergeben. Zuvor hatte diese Dichtung keinen Namen gehabt.

Die erste Ausgabe des heute bekanntesten Titels der Brüder Grimm, die „Kinder- und Hausmärchen“, wurde ebenfalls 1812 veröffentlicht. Drei Jahre später erschien der zweite Band und nach sieben Jahren, im Jahr 1819, erschien der erste Band nochmals in einer stark überarbeiteten Form. Der dritte Band der Serie wurde 1822 veröffentlicht und enthält Anmerkungen zu den jeweiligen Märchen des ersten und zweiten Bandes. Die 1825 erschienene „Kleine Ausgabe“, für die der Bruder Emil Grimm die Illustration übernahm, führte dann zu jenem weltweiten Erfolg, den die „Kinder- und Hausmärchen“ der Brüder Grimm bis heute erfahren.

Zwischen den Veröffentlichungen der „Kinder- und Hausmärchen“-Bände veröffentlichten die Brüder Grimm auch weitere Werke. So zum Beispiel zwei Bände mit dem Namen „Deutsche Sagen“, die 1816 und 1818 veröffentlicht wurden und knapp 600 aus dem deutschsprachigen Raum stammende Sagen in Buchform darbieten. Zudem die „Deutsche Grammatik“, welche Jacob Grimm 1819 veröffentlichte. Es handelt sich bei diesem Band jedoch nicht um ein Lehrbuch, das den Satzbau und die korrekte Wortbeugung aufzeigt. Vielmehr ist es eine Studie, welche die Zusammenhänge zwischen sämtlichen germanischen Sprachen und ihre historischen Entwicklungen aufzeigt. 1821 erschien Wilhelm Grimms „Über deutsche Runen“, in dem er die Runen der Sachsen sowie ihre Rolle bei der Verbreitung der Runenschrift aufzeigt.

Bis zu ihrem gemeinsamen großen Werk mit dem Namen „Deutsches Wörterbuch“ veröffentlichten die Brüder Grimm noch weitere Bücher, die zu ihrem Hauptwerk gezählt werden und die späteren Generationen als Wissensfundus dienten und dienen. Darunter Jacob Grimms „Deutsche Rechtsaltertümer“ aus dem Jahre 1828, in dem er die mittelalterliche Rechtspraxis darlegt. Dabei profitierte er unter anderem von Aufzeichnungen, die er schon während des Studiums einsah und sammelte. 1829 veröffentlichte Wilhelm Grimm „Die deutsche Heldensage“, welches er selbst als sein Hauptwerk bezeichnete. Neben Sagen, die vom 6. Jahrhundert bis zum 16. Jahrhundert datiert sind, enthält der Band auch Kommentare und geschichtliche Hintergründe. In den Jahren 1832 und 1834 erschienen Jacob Grimms Werke „Deutsche Mythologie“ und „Reinhart Fuchs“, in denen er sich zum einen vorchristlichen Religionsvorstellungen deutscher Stämme und zum anderen der Erforschung sowie der Interpretation des mittelalterlichen Tierepos hingibt.

1854 erschien dann der erste Band des Gemeinschaftswerks „Deutsches Wörterbuch“, das Wilhelm Grimm schon 1846 auf dem in Frankfurt stattfindenden Germanistentag ankündigte. Jacob Grimm schrieb dafür ein umfangreiches Vorwort, in dem er wichtige und richtungsweisende Hinweise zu Lexikographie, Orthographie, Sprachpflege und -geschichte gab. Das „Deutsche Wörterbuch“ ist kein Lexikon im herkömmlichen Sinne und die Wörter werden nicht (nur) auf ihre Definition hin beschrieben, sondern vielmehr hinsichtlich ihrer sprachwissenschaftlichen Herkunft. Dazu werden griechische, lateinische sowie auch indogermanische Quellen bedient, um die Wurzeln der Sprache freizulegen und aufzuzeigen. Die Brüder Grimm hatten den Arbeitsaufwand bis zur Fertigstellung des Gesamtwerks auf sechs bis zehn Jahre geschätzt. Jedoch verstarb Wilhelm Grimm bereits im Jahr 1859 und stellte bis dahin lediglich das Verzeichnis bis zum Buchstaben „D“ fertig. Jacob Grimm, der nur vier Jahre später – 1863 – verstarb, editierte als letztes das Wort „Frucht“. Erst im Jahr 1961 war das bis dahin auf 33 Bände angewachsene Werk vervollständigt worden.

Kinder- und Hausmärchen – Bedeutung und Entstehung

Die »Kinder- und Hausmärchen«, volkstümlich »Grimms Märchen«, genannt, sind eine berühmte deutsche Anthologie von Märchen, die Jacob Ludwig Carl Grimm und sein Bruder Wilhelm Carl Grimm, bekannt als die »Brüder Grimm«, herausgegeben haben.

1803 hatten die beiden Brüder in der Marburger Universität die Romantiker Clemens Brentano und Achim von Arnim kennengelernt, die bei ihnen das Interesse für alte Hausmärchen weckten.

Jacob und Wilhelm Grimm begannen in Kassel in ihrem bürgerlichen Umfeld, das vielfach hugenottisch geprägt war, mündlich überlieferte Märchen zu sammeln und zu bearbeiten. Viele der gesammelten Märchen stammen von der ortsansässigen Märchenerzählerin Dorothea Viehmann, die keineswegs die alte Bäuerin war, als die die Grimms sie darstellten, sondern eine gebildete Frau, sowie aus der Feder des französischen Kulturstaatssekretärs Charles Perrault, der seine Märchen ebenfalls nicht nur aus mündlicher Überlieferung, sondern auch von französischen und italienischen Märchensammlern, wie Straparola und vor allem Basile, übernahm. Bei anderen Märchen wird vermutet, dass sie aus der Feder der Grimms selbst stammten. Nach Ansicht vieler Forscher war die Pose der sorgfältigen Sammler alter Traditionen, die die Brüder einnahmen, weitgehend eine der Zeitstimmung der Romantik geschuldete Fiktion: Die Märchensammlung stellt vielmehr eine Mischung aus neuen Texten, Kunstmärchen und teils stark bearbeiteten und veränderten Volksmärchen dar. Einige der teils sehr erheblichen grimmschen Bearbeitungen erkennt man durch eine Gegenüberstellung bestimmter Märchen in der ersten Ausgabe von 1812/15 und in der Ausgabe letzter Hand von 1857.

Die Texte wurden von Auflage zu Auflage weiter überarbeitet, teilweise verniedlicht und mit christlicher Moral unterfüttert. Die Grimms reagierten damit auch auf Kritik, die Märchen seien nicht kindgerecht. Um dem zeitgemäßen Geschmack des vorwiegend bürgerlichen Publikums entgegenzukommen, wurden auch wichtige Details geändert. So wurde aus der Mutter in Hänsel und Gretel eine Stiefmutter, denn ihr Verhalten, die Kinder zu verstoßen, war mit dem Mutterbild des Bürgertums nicht zu vereinbaren. Auch direkte sexuelle Anspielungen und Bezüge wurden verändert oder weggelassen. In ihrer Vorrede zu der Ausgabe der Märchen von 1815 erwähnen sie explizit, dass es sich bei ihrer Sammlung von Märchen um ein Erziehungsbuch handelt. Wilhelm Grimm, der die Märchen seit der zweiten Auflage 1819 fast ausschließlich allein bearbeitete, ergänzte die Texte auch durch zahlreiche Redensarten und bildhafte Formeln.

Durch Perrault und durch die hugenottische Herkunft Dorothea Viehmanns und der Kasseler Familien Hassenpflug und Wild (sie verkehrten im Hause Grimm; eine Tochter der Familie Wild wurde später die Frau Wilhelms) flossen auch viele ursprünglich französische Kunstmärchen und Märchenvarianten in die Sammlung ein. Um ein Märchenbuch mit »rein deutschen« Märchen zu haben, wurden einige Märchen, die aus Frankreich in den deutschen Sprachraum gelangten, wie etwa Der gestiefelte Kater oder Blaubart, nach der ersten Ausgabe wieder entfernt. Dies geschah allerdings nicht konsequent, denn den Grimms war durchaus bekannt, dass zum Beispiel für Rotkäppchen auch eine französische Version mit tragischem Ende existierte. Eine nationale Eingrenzung war auch deshalb fragwürdig, weil einige Märchen wie etwa Aschenputtel eine umfangreiche europäische und sogar internationale Herkunfts- und Verbreitungsgeschichte haben. In ihrer Vorrede zu den Märchen versichern die Grimms immer wieder, dass es sich bei den gesammelten Märchen um »echt hessische Märchen« handele, welche ihren Ursprung in altnordischen und urdeutschen Mythen hätten. Dass es sich bei ihrer Hauptquelle, der Viehmännin, nicht um eine hessische Bäuerin, sondern um eine gebildete Schneiderin mit französischen Wurzeln handelt, verschweigen sie hingegen. In den Handschriften der Märchen, die 1927 in einer Abtei im Elsass gefunden worden sind, finden sich jedoch Vermerke über die französische Herkunft und die Parallelen zu Perraults Märchensammlung.

Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich

In den alten Zeiten, wo das Wünschen noch geholfen hat, lebte ein König, dessen Töchter waren alle schön; aber die jüngste war so schön, dass die Sonne selber, die doch so vieles gesehen hat, sich verwunderte, sooft sie ihr ins Gesicht schien. Nahe bei dem Schlosse des Königs lag ein großer dunkler Wald, und in dem Walde unter einer alten Linde war ein Brunnen; wenn nun der Tag recht heiß war, so ging das Königskind hinaus in den Wald und setzte sich an den Rand des kühlen Brunnens und wenn sie Langeweile hatte, so nahm sie eine goldene Kugel, warf sie in die Höhe und fing sie wieder; und das war ihr liebstes Spielwerk.

Nun trug es sich einmal zu, dass die goldene Kugel der Königstochter nicht in ihr Händchen fiel, das sie in die Höhe gehalten hatte, sondern vorbei auf die Erde schlug und geradezu ins Wasser hineinrollte. Die Königstochter folgte ihr mit den Augen nach, aber die Kugel verschwand, und der Brunnen war tief, so tief, dass man keinen Grund sah. Da fing sie an zu weinen und weinte immer lauter und konnte sich gar nicht trösten. Und wie sie so klagte, rief ihr jemand zu: »Was hast du vor, Königstochter, du schreist ja, dass sich ein Stein erbarmen möchte.«

Sie sah sich um, woher die Stimme käme, da erblickte sie einen Frosch, der seinen dicken, hässlichen Kopf aus dem Wasser streckte. »Ach, du bist es, alter Wasserpatscher«, sagte sie, »ich weine über meine goldene Kugel, die mir in den Brunnen hinabgefallen ist.«

»Sei still und weine nicht«, antwortete der Frosch, »ich kann wohl Rat schaffen, aber was gibst du mir, wenn ich dein Spielwerk wieder heraufhole?«

»Was du haben willst, lieber Frosch«, sagte sie; »meine Kleider, meine Perlen und Edelsteine, auch noch die goldene Krone, die ich trage.«

Der Frosch antwortete: »Deine Kleider, deine Perlen und Edelsteine und deine goldene Krone, die mag ich nicht: aber wenn du mich lieb haben willst, und ich soll dein Geselle und Spielkamerad sein, an deinem Tischlein neben dir sitzen, von deinem goldenen Tellerlein essen, aus deinem Becherlein trinken, in deinem Bettlein schlafen: wenn du mir das versprichst, so will ich hinuntersteigen und dir die goldene Kugel wieder heraufholen.«

»Ach ja«, sagte sie, »ich verspreche dir alles, was du willst, wenn du mir nur die Kugel wieder bringst.«

Sie dachte aber: Was der einfältige Frosch schwätzt! Der sitzt im Wasser bei seinesgleichen und quakt und kann keines Menschen Geselle sein.

Der Frosch, als er die Zusage erhalten hatte, tauchte seinen Kopf unter, sank hinab, und über ein Weilchen kam er wieder heraufgerudert, hatte die Kugel im Maul und warf sie ins Gras. Die Königstochter war voll Freude, als sie ihr schönes Spielwerk wieder erblickte, hob es auf und sprang damit fort. »Warte, warte«, rief der Frosch, »nimm mich mit, ich kann nicht so laufen wie du!«

Aber was half es ihm, dass er ihr sein Quak, Quak so laut nachschrie, als er konnte! Sie hörte nicht darauf, eilte nach Hause und hatte bald den armen Frosch vergessen, der wieder in seinen Brunnen hinabsteigen musste.

Am anderen Tage, als sie mit dem König und allen Hofleuten sich zur Tafel gesetzt hatte und von ihrem goldenen Tellerlein aß, da kam, plitsch platsch, plitsch platsch, etwas die Marmortreppe heraufgekrochen, und als es oben angelangt war, klopfte es an die Tür und rief: »Königstochter, jüngste, mach mir auf!«

Sie lief und wollte sehen, wer draußen wäre, als sie aber aufmachte, so saß der Frosch davor. Da warf sie die Tür hastig zu, setzte sich wieder an den Tisch, und es war ihr ganz angst. Der König sah wohl, dass ihr das Herz gewaltig klopfte, und sprach: »Mein Kind, was fürchtest du dich, steht etwa ein Riese vor der Tür und will dich holen?«

»Ach nein«, antwortete sie, »es ist kein Riese, sondern ein garstiger Frosch.«

»Was will der Frosch von dir?«

»Ach, lieber Vater, als ich gestern im Wald bei dem Brunnen saß und spielte, da fiel meine goldene Kugel ins Wasser. Und weil ich so weinte, hat sie der Frosch wieder heraufgeholt, und weil er es durchaus verlangte, so versprach ich ihm, er sollte mein Geselle werden; ich dachte aber nimmermehr, dass er aus seinem Wasser herauskönnte. Nun ist er draußen und will zu mir herein.«

Und schon klopfte es zum zweiten Mal und rief:

»Königstochter, jüngste,
Mach mir auf,
weißt du nicht, was gestern
Du zu mir gesagt
Bei dem kühlen Wasserbrunnen?
Königstochter, jüngste,
Mach mir auf!«

Da sagte der König: »Was du versprochen hast, das musst du auch halten; geh nur und mach ihm auf.«

Sie ging und öffnete die Türe, da hüpfte der Frosch herein, ihr immer auf dem Fuße nach, bis zu ihrem Stuhl. Da saß er und rief: »Heb mich herauf zu dir.«

Sie zauderte, bis es endlich der König befahl. Als der Frosch erst auf dem Stuhl war, wollte er auf den Tisch, und als er da saß, sprach er: »Nun schieb mir dein goldenes Tellerlein näher, damit wir zusammen essen.«

Das tat sie zwar, aber man sah wohl, dass sie’s nicht gerne tat. Der Frosch ließ sich’s gut schmecken, aber ihr blieb fast jedes Bisslein im Halse. Endlich sprach er: »Ich habe mich satt gegessen und bin müde; nun trag mich in dein Kämmerlein und mach dein seiden Bettlein zurecht, da wollen wir uns schlafen legen.«

Die Königstochter fing an zu weinen und fürchtete sich vor dem kalten Frosch, den sie nicht anzurühren getraute und der nun in ihrem schönen, reinen Bettlein schlafen sollte. Der König aber ward zornig und sprach: »Wer dir geholfen hat, als du in der Not warst, den sollst du hernach nicht verachten.«

Da packte sie ihn mit zwei Fingern, trug ihn hinauf und setzte ihn in eine Ecke. Als sie aber im Bett lag, kam er gekrochen und sprach: »Ich bin müde, ich will schlafen so gut wie du: heb mich herauf, oder ich sag’s deinem Vater.«

Da ward sie erst bitterböse, holte ihn herauf und warf ihn aus allen Kräften wider die Wand: »Nun wirst du Ruhe haben, du garstiger Frosch.«

Als er aber herabfiel, war er kein Frosch, sondern ein Königssohn mit schönen und freundlichen Augen. Der war nun nach ihres Vaters Willen ihr lieber Geselle und Gemahl. Da erzählte er ihr, er wäre von einer bösen Hexe verwünscht worden, und niemand hätte ihn aus dem Brunnen erlösen können als sie allein, und morgen wollten sie zusammen in sein Reich gehen. Dann schliefen sie ein, und am anderen Morgen, als die Sonne sie aufweckte, kam ein Wagen herangefahren, mit acht weißen Pferden bespannt, die hatten weiße Straußfedern auf dem Kopf und gingen in goldenen Ketten, und hinten stand der Diener des jungen Königs, das war der treue Heinrich. Der treue Heinrich hatte sich so betrübt, als sein Herr war in einen Frosch verwandelt worden, dass er drei eiserne Bande hatte um sein Herz legen lassen, damit es ihm nicht vor Weh und Traurigkeit zerspränge. Der Wagen aber sollte den jungen König in sein Reich abholen; der treue Heinrich hob beide hinein, stellte sich wieder hinten auf und war voller Freude über die Erlösung.

Und als sie ein Stück Wegs gefahren waren, hörte der Königssohn, dass es hinter ihm krachte, als wäre etwas zerbrochen. Da drehte er sich um und rief:

»Heinrich, der Wagen bricht!«

»Nein, Herr, der Wagen nicht,
Es ist ein Band von meinem Herzen,
das da lag in großen Schmerzen,
als Du in dem Brunnen saßt,
als Du ein Frosch gewesen warst.«

Noch einmal und noch einmal krachte es auf dem Weg, und der Königssohn meinte immer, der Wagen bräche, und es waren doch nur die Bande, die vom Herzen des treuen Heinrich absprangen, weil sein Herr erlöst und glücklich war.

Katz und Maus in Gesellschaft

Eine Katze und eine Maus wollten zusammenleben und eine Wirtschaft zusammen haben; sie sorgten auch für den Winter und kauften ein Töpfchen mit Fett, und weil sie keinen besseren und sichereren Ort wussten, stellten sie es unter den Altar in der Kirche, da sollte es stehen, bis sie sein bedürftig wären.

Einstmals aber trug die Katze Gelüste danach und ging zur Maus: »Hör’ Mäuschen, ich bin von meiner Base1 zu Gevatter2 gebeten, sie hat ein Söhnchen geboren, weiß und braun gefleckt, das soll ich über die Taufe halten, lass mich ausgehen und halt heut allein Haus.« – »Ja, ja«, sagte die Maus, »geh hin, und wenn du was Gutes isst, denk an mich, von dem süßen roten Wein zur Feier tränk ich auch gern ein Tröpfchen.«

Die Katze aber ging geradeswegs in die Kirche und leckte die fette Haut ab, spazierte danach um die Stadt herum und kam erst am Abend nach Haus. »Du wirst dich recht verlustiert haben«, sagte die Maus, »wie hat denn das Kind geheißen?« – »Hautab«, antwortete die Katze. – »Hautab? Das ist ein seltsamer Name, den hab’ ich noch nicht gehört.«

Bald danach hatte die Katze wieder ein Gelüsten, ging zur Maus und sprach: »Ich bin aufs Neue zu Gevatter gebeten, das Kind hat einen weißen Ring um den Leib, da kann ich’s nicht abschlagen, du musst mir den Gefallen tun und allein die Wirtschaft betreiben.«

Die Maus sagte ja, die Katze aber ging hin und fraß den Fetttopf bis zur Hälfte leer. Als sie heimkam, fragte die Maus: »Wie ist denn dieser Pate getauft worden?« – »Halbaus« – »Halbaus? Was du sagst! Den Namen hab’ ich gar noch nicht gehört, der steht gewiss nicht im Kalender.«

Die Katze aber konnte den Fetttopf nicht vergessen: »Ich bin zum dritten Mal zu Gevatter gebeten, das Kind ist schwarz und hat bloß weiße Pfoten, sonst kein weißes Haar am ganzen Leib, das trifft sich alle paar Jahr nur einmal, du lässt mich doch ausgehen?« – »Hautab, Halbaus«, sagte die Maus, »es sind so kuriose Namen, die machen mich so nachdenklich, doch geh nur hin.«

Die Maus hielt alles in Ordnung und räumte auf, dieweil fraß die Katze den Fetttopf ganz aus und kam satt und dick erst in der Nacht wieder. »Wie heißt denn das dritte Kind?« – »Ganzaus« – »Ganzaus! Ei! Ei! Das ist der allerbedenklichste Namen«, sagte die Maus; »Ganzaus? Was soll der bedeuten? Gedruckt ist er mir noch nicht vorgekommen!«

Damit schüttelte sie den Kopf und legte sich schlafen.

Zum vierten Mal wollte niemand die Katze zu Gevatter bitten; der Winter aber kam bald herbei. Wie nun draußen nichts mehr zu finden war, sagte die Maus zur Katze: »Komm wir wollen zum Vorrat gehen, den wir in der Kirche unter dem Altar versteckt haben.«

Wie sie aber hinkamen, war alles leer – »Ach!«, sagte die Maus, »nun kommt’s an den Tag, du hast alles gefressen, wie du zu Gevatter ausgegangen bist, erst Haut ab, dann halb aus, dann« – »Schweig still«, sagte die Katze, »oder ich fress’ dich, wenn du noch ein Wort sprichst« – »Ganz aus«, hatte die arme Maus im Mund, und hatte es kaum gesprochen, so sprang die Katze auf sie zu und schluckte sie hinunter.


1 Cousine

2 Taufe

Marienkind

Vor einem großen Walde lebte ein Holzhacker mit seiner Frau, der hatte nur ein einziges Kind, das war ein Mädchen von drei Jahren. Sie waren aber so arm, dass sie nicht mehr das tägliche Brot hatten und nicht wussten, was sie ihm sollten zu essen geben. Eines Morgens ging der Holzhacker voller Sorgen hinaus in den Wald an seine Arbeit, und wie er da Holz hackte, stand auf einmal eine schöne große Frau vor ihm, die hatte eine Krone von leuchtenden Sternen auf dem Haupt und sprach zu ihm: »Ich bin die Jungfrau Maria, die Mutter des Christkindleins. Du bist arm und dürftig, bring mir dein Kind, ich will es mit mir nehmen, seine Mutter sein und für es sorgen.«

Der Holzhacker gehorchte, holte sein Kind und übergab es der Jungfrau Maria, die nahm es mit sich hinauf in den Himmel. Da ging es ihm wohl, es aß Zuckerbrot und trank süße Milch, und seine Kleider waren von Gold, und die Englein spielten mit ihm. Als es nun vierzehn Jahr alt geworden war, rief es einmal die Jungfrau Maria zu sich und sprach: »Liebes Kind, ich habe eine große Reise vor, da nimm die Schlüssel zu den dreizehn Türen des Himmelreichs in Verwahrung. Zwölf davon darfst du aufschließen und die Herrlichkeiten darin betrachten, aber die Dreizehnte, wozu dieser kleine Schlüssel gehört, die ist dir verboten. Hüte dich, dass du sie nicht aufschließest, sonst wirst du unglücklich.«

Das Mädchen versprach, gehorsam zu sein, und als nun die Jungfrau Maria weg war, fing sie an und besah die Wohnungen des Himmelreichs. Jeden Tag schloss es eine auf, bis die zwölfe herum waren. In jeder aber saß ein Apostel und war von großem Glanz umgeben, und es freute sich über all die Pracht und Herrlichkeit, und die Englein, die es immer begleiteten, freuten sich mit ihm.

Nun war die verbotene Tür allein noch übrig, da empfand es eine große Lust zu wissen, was dahinter verborgen wäre, und sprach zu den Englein: »Ganz aufmachen will ich sie nicht und will auch nicht hineingehen, aber ich will sie aufschließen, damit wir ein wenig durch den Ritz sehen.«

»Ach nein«, sagten die Englein, »das wäre Sünde, die Jungfrau Maria hat’s verboten, und es könnte leicht dein Unglück werden.«

Da schwieg es still, aber die Begierde in seinem Herzen schwieg nicht still, sondern nagte und pickte ordentlich daran und ließ ihm keine Ruhe. Und als die Englein einmal alle hinausgegangen waren, dachte es: »Nun bin ich ganz allein und könnte hineingucken, es weiß es ja niemand, wenn ich’s tue.«

Es suchte den Schlüssel heraus, und als es ihn in der Hand hielt, steckte es ihn auch in das Schloss, und als es ihn hineingesteckt hatte, drehte es auch um. Da sprang die Türe auf, und es sah da die Dreieinigkeit im Feuer und Glanz sitzen. Es blieb ein Weilchen stehen und betrachtete alles mit Erstaunen, dann rührte es ein wenig mit dem Finger an dem Glanz, da ward der Finger ganz golden. Alsbald empfand es eine gewaltige Angst, schlug die Türe heftig zu und lief fort. Die Angst wollte auch nicht wieder weichen, es mochte anfangen, was es wollte, und das Herz klopfte in einem fort und wollte nicht ruhig werden, auch das Gold blieb an dem Finger und ging nicht ab, es mochte waschen und reiben, soviel es wollte.

Gar nicht lange, so kam die Jungfrau Maria von ihrer Reise zurück. Sie rief das Mädchen zu sich und forderte ihm die Himmelsschlüssel wieder ab. Als es den Bund hinreichte, blickte ihm die Jungfrau in die Augen und sprach: »Hast du auch nicht die dreizehnte Tür geöffnet?«

»Nein«, antwortete es. Da legte sie ihre Hand auf sein Herz, fühlte, wie es klopfte und klopfte, und merkte wohl, dass es ihr Gebot übertreten und die Türe aufgeschlossen hatte. Da sprach sie noch einmal: »Hast du es gewiss nicht getan?«

»Nein«, sagte das Mädchen zum zweiten Mal. Da erblickte sie den Finger, der von der Berührung des himmlischen Feuers golden geworden war, sah wohl, dass es gesündigt hatte, und sprach zum dritten Mal: »Hast du es nicht getan?«

»Nein«, sagte das Mädchen zum dritten Mal. Da sprach die Jungfrau Maria: »Du hast mir nicht gehorcht, und hast noch dazu gelogen, du bist nicht mehr würdig, im Himmel zu sein.«

Da versank das Mädchen in einen tiefen Schlaf, und als es erwachte, lag es unten auf der Erde, mitten in einer Wildnis. Es wollte rufen, aber es konnte keinen Laut hervorbringen. Es sprang auf und wollte fortlaufen, aber wo es sich hinwendete, immer ward es von dichten Dornhecken zurückgehalten, die es nicht durchbrechen konnte. In der Einöde, in welche es eingeschlossen war, stand ein alter hohler Baum, das musste seine Wohnung sein.

Da kroch es hinein, wenn die Nacht kam, und schlief darin, und wenn es stürmte und regnete, fand es darin Schutz, aber es war ein jämmerliches Leben, und wenn es daran dachte, wie es im Himmel so schön gewesen war, und die Engel mit ihm gespielt hatten, so weinte es bitterlich. Wurzeln und Waldbeeren waren seine einzige Nahrung, die suchte es sich, so weit es kommen konnte. Im Herbst sammelte es die herabgefallenen Nüsse und Blätter und trug sie in die Höhle, die Nüsse waren im Winter seine Speise, und wenn Schnee und Eis kam, so kroch es wie ein armes Tierchen in die Blätter, dass es nicht fror. Nicht lange, so zerrissen seine Kleider und fiel ein Stück nach dem andern vom Leibe herab. Sobald dann die Sonne wieder warm schien, ging es heraus und setzte sich vor den Baum, und seine langen Haare bedeckten es von allen Seiten wie ein Mantel. So saß es ein Jahr nach dem andern und fühlte den Jammer und das Elend der Welt.

Einmal, als die Bäume wieder in frischem Grün standen, jagte der König des Landes in dem Wald und verfolgte ein Reh, und weil es in das Gebüsch geflohen war, das den Waldplatz einschloss, stieg er vom Pferd, riss das Gestrüpp auseinander und hieb sich mit seinem Schwert einen Weg. Als er endlich hindurchgedrungen war, sah er unter dem Baum ein wunderschönes Mädchen sitzen, das saß da und war von seinem goldenen Haar bis zu den Fußzehen bedeckt. Er stand still und betrachtete es voll Erstaunen, dann redete er es an und sprach: »Wer bist du? Warum sitzest du hier in der Einöde?«

Es gab aber keine Antwort, denn es konnte seinen Mund nicht auftun. Der König sprach weiter: »Willst du mit mir auf mein Schloss gehen?«

Da nickte es nur ein wenig mit dem Kopf. Der König nahm es auf seinen Arm, trug es auf sein Pferd und ritt mit ihm heim, und als er auf das königliche Schloss kam, ließ er ihm schöne Kleider anziehen und gab ihm alles im Überfluss. Und ob es gleich nicht sprechen konnte, so war es doch schön und holdselig, dass er es von Herzen lieb gewann, und es dauerte nicht lange, da vermählte er sich mit ihm.

Als etwa ein Jahr verflossen war, brachte die Königin einen Sohn zur Welt. Darauf in der Nacht, wo sie allein in ihrem Bette lag, erschien ihr die Jungfrau Maria und sprach: »Willst du die Wahrheit sagen und gestehen, dass du die verbotene Tür aufgeschlossen hast, so will ich deinen Mund öffnen und dir die Sprache wiedergeben. Verharrst du aber in der Sünde und leugnest hartnäckig, so nehme ich dein neugeborenes Kind mit mir.«

Da war der Königin verliehen zu antworten, sie blieb aber verstockt und sprach: »Nein, ich habe die verbotene Tür nicht aufgemacht.«

Und die Jungfrau Maria nahm das neugeborene Kind ihr aus den Armen und verschwand damit. Am andern Morgen, als das Kind nicht zu finden war, ging ein Gemurmel unter den Leuten, die Königin wäre eine Menschenfresserin und hätte ihr eigenes Kind umgebracht. Sie hörte alles und konnte nichts dagegen sagen, der König aber wollte es nicht glauben, weil er sie so lieb hatte.

Nach einem Jahr gebar die Königin wieder einen Sohn. In der Nacht trat auch wieder die Jungfrau Maria zu ihr herein und sprach: »Willst du gestehen, dass du die verbotene Türe geöffnet hast, so will ich dir dein Kind wiedergeben und deine Zunge lösen. Verharrst du aber in der Sünde und leugnest, so nehme ich auch dieses neugeborene mit mir.«

Da sprach die Königin wiederum: »Nein, ich habe die verbotene Tür nicht geöffnet.«

Und die Jungfrau nahm ihr das Kind aus den Armen weg und mit sich in den Himmel. Am Morgen, als das Kind abermals verschwunden war, sagten die Leute ganz laut, die Königin hätte es verschlungen, und des Königs Räte verlangten, dass sie sollte gerichtet werden. Der König aber hatte sie so lieb, dass er es nicht glauben wollte, und befahl den Räten bei Leibes- und Lebensstrafe, nicht mehr darüber zu sprechen.

Im nächsten Jahr gebar die Königin ein schönes Töchterlein, da erschien ihr zum dritten Mal nachts die Jungfrau Maria und sprach: »Folge mir.«

Sie nahm sie bei der Hand und führte sie in den Himmel, und zeigte ihr da ihre beiden ältesten Kinder, die lachten sie an und spielten mit der Weltkugel. Als sich die Königin darüber freute, sprach die Jungfrau Maria: »Ist dein Herz noch nicht erweicht? Wenn du eingestehst, dass du die verbotene Tür geöffnet hast, so will ich dir deine beiden Söhnlein zurückgeben.«

Aber die Königin antwortete zum dritten Mal: »Nein, ich habe die verbotene Tür nicht geöffnet.«

Da ließ sie die Jungfrau wieder zur Erde hinabsinken und nahm ihr auch das dritte Kind.

Am andern Morgen, als es ruchbar ward, riefen alle Leute laut: »Die Königin ist eine Menschenfresserin, sie muss verurteilt werden.«

Und der König konnte seine Räte nicht mehr zurückweisen. Es ward ein Gericht über sie gehalten, und weil sie nicht antworten und sich nicht verteidigen konnte, ward sie verurteilt, auf dem Scheiterhaufen zu sterben. Das Holz wurde zusammengetragen, und als sie an einen Pfahl festgebunden war und das Feuer ringsumher zu brennen anfing, da schmolz das harte Eis des Stolzes und ihr Herz ward von Reue bewegt, und sie dachte: »Könnt ich nur noch vor meinem Tode gestehen, dass ich die Tür geöffnet habe.«

Da kam ihr die Stimme, dass sie laut ausrief: »Ja, Maria, ich habe es getan!«

Und alsbald fing der Himmel an zu regnen und löschte die Feuerflammen, und über ihr brach ein Licht hervor, und die Jungfrau Maria kam herab und hatte die beiden Söhnlein zu ihren Seiten und das neugeborene Töchterlein auf dem Arm. Sie sprach freundlich zu ihr: »Wer seine Sünde bereut und eingesteht, dem ist sie vergeben.«

Und reichte ihr die drei Kinder, löste ihr die Zunge und gab ihr Glück für das ganze Leben.

Märchen von einem, der auszog, das Fürchten zu lernen

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