Thomas Hofer (Hg.)

Dagegen sein
ist nicht genug

Mit Beiträgen von

Josef Barth • Irmgard Griss • Thomas Hofer • Rudolf Hundstorfer • Sebastian Kurz • Reinhold Mitterlehner • Josef Moser • Erwin Pröll • Susanne Riess • Marie Ringler • Anneliese Rohrer • Hermann Schützenhöfer • Alois Stöger • Matthias Strolz • Franz Vranitzky • Stefan Wallner

Inhalt

Vorwort

THOMAS HOFER

Teil 1: Wo wir stehen

Von Wutbürgern und Angstpolitikern

THOMAS HOFER

Wut vernebelt – Bürgernähe wirkt

REINHOLD MITTERLEHNER

Plädoyer für den Kompromiss

RUDOLF HUNDSTORFER

Die Sache mit der Angst

MARIE RINGLER

Still statt schrill

ALOIS STÖGER

Plädoyer für einen neuen Kaffeehaus-Journalismus!

ANNELIESE ROHRER

Teil 2: Wen wir brauchen

Politik muss persönlicher werden

ERWIN PRÖLL

Restplatzbörse Politik

SUSANNE RIESS

Wie baue ich eine Partei?

MATTHIAS STROLZ

Keine Angst vor Emotionen – Politik der Hoffnung gegen das Spiel mit der Angst

STEFAN WALLNER

Teil 3: Was wir ändern

Wir brauchen mehr Europa

FRANZ VRANITZKY

Zehn Initiativen, um wieder nach vorne zu kommen

SEBASTIAN KURZ

Was ist politische Verantwortung?

IRMGARD GRISS

Reformmaßnahmen: Reden reicht nicht – Handeln!

JOSEF MOSER

Österreich ist reformierbar

HERMANN SCHÜTZENHÖFER

Bürgerbeteiligung: Es ginge. Man müsste nur wollen.

JOSEF BARTH

Die Autoren

Für Marie

Vorwort

THOMAS HOFER

Die Idee zu diesem Buch entstand während der ersten Blüte der heimischen Wutbürger-Bewegung im Jahr 2011. Spätestens seit damals drehen sich Gespräche über die österreichische Innenpolitik immer auch um diese Fragen: Wie desaströs ist ihr Zustand? Und: Geht es eigentlich noch tiefer? Nach kurzer, resignierter Debatte, spätestens aber nach dem nächsten innenpolitischen Tiefpunkt, sind sich die Gesprächsteilnehmer meist einig: Ja, es geht.

Bei allem Verständnis für die heimische Lust am Untergang, lösungsorientiert ist dieser Zugang nicht. Stünde Österreich an der Spitze internationaler Vergleichsrankings, man könnte das Phänomen als die übliche Miesmacherei belächeln. Doch der Zustand der Demokratie ist tatsächlich viel zu besorgniserregend, um sich zu Beginn des 21. Jahrhunderts einer verspäteten Fin-de-Siècle-Stimmung zu ergeben.

Deshalb gibt es dieses Buch. Es ist der Versuch, dem richtungslos dahinagitierenden Wutbürgertum etwas entgegenzusetzen, ohne dabei dessen Beweggründe zu verharmlosen.

Mit den meisten der hier versammelten Autorinnen und Autoren verbinden mich intensive Diskussionen über die Demokratiekrise und die vermuteten Gründe dafür. Die Analysen gingen dabei durchaus auseinander, was nicht zuletzt an der Unterschiedlichkeit der Beiträge abzulesen ist. Jeder Artikel allerdings ist getragen vom Bemühen, Änderungsbedarf konkret festzumachen. Mit harten Worten über aktuelle Verhältnisse wird nicht gespart, auch nicht von den zahlreichen aktiven politischen Akteuren. Diese Manöverkritik ist wohl auch nötig, um den Blick wieder in die richtige Richtung, nämlich nach vorn, zu lenken.

Das war auch die einzige inhaltliche „Vorgabe“ an die Autorinnen und Autoren: Sie sollten neben der Analyse auch Ideen liefern, wie man der aktuellen Stimmungslage erfolgreich begegnen könnte. Die zweite Bitte war, von allzu parteipolitisch gefärbten Positionen Abstand zu nehmen und das Allgemeingültige in den Vordergrund zu rücken. Die in diesem Buch angesprochenen Sorgen und Phänomene – von der Schwierigkeit der Rekrutierung politischen Personals über die mangelnde Akzeptanz von Reformen bis hin zur Frage der wachsenden Kluft zwischen Regierenden und Regierten – betreffen ja auch alle politischen Lager.

Insgesamt sollte so ein Bild entstehen, das über Parteigrenzen und persönliche Präferenzen hinweg Gültigkeit entwickelt. Ob das gelungen ist, kann und soll man als Herausgeber nicht beurteilen. Schon die politisch bunte Mischung der versammelten Autorinnen und Autoren aber ist wohl nicht alltäglich.

Ihnen, den Autorinnen und Autoren, gilt auch mein Dank für die Bereitschaft, sich auf dieses Projekt überhaupt einzulassen. Dem Verlag danke für das Wagnis, Politisches noch zu verlegen, Gernot Bauer und Silke Hofer-Rudorfer für die kritischen Anmerkungen zum Manuskript und meiner Familie für ihre Geduld während der Entstehung des Buches.

Der Herausgeber, im Juni 2015

Teil 1:
Wo wir stehen

Von Wutbürgern und Angstpolitikern

THOMAS HOFER

Wer das Tagesgeschehen aufmerksam verfolgt, muss zur Auffassung gelangen, dass das politische System in Österreich aus den Fugen geraten ist. Die Politiker-Umfragen spucken vom Kanzler abwärts für viele Spitzenvertreter der Branche Imagewerte aus, die ihren Vor-Vorgängern nicht einmal in deren schlimmsten Albträumen erschienen wären. Auch tiefergehende empirische Befunde sprechen eine deutliche Sprache: Die Europäische Wertestudie wies schon bald nach Ausbruch der Finanzkrise, die auch eine politische Krise auslöste, für die Institutionen der Republik einen dramatischen Vertrauensverfall nach. Die Zufriedenheit mit der Beschaffenheit der heimischen Demokratie brach binnen Zehnjahresfrist von knapp 75 Prozent auf nur mehr 50 Prozent ein. Kurz gefasst: Der Zustand der österreichischen Demokratie ist besorgniserregend.

Während der Glaube an die demokratischen Institutionen deutlich nachgelassen hat und der Respekt gegenüber dem politischen Personal auf breiter Basis verloren scheint, sind die konkreten Reaktionen des Wahlvolks unterschiedlich. Die einen wenden sich genervt und enttäuscht von der Politik ab, die anderen lassen ihrem Furor freien Lauf. Bei alldem handelt es sich nicht um Verhaltensmuster sozialer Randschichten oder sogenannter Modernisierungsverlierer. Auch die Mittelschicht wurde von der neuen Empörungswelle längst erfasst. Sie ist betroffen, fühlt sich im Stich gelassen und wird von Abstiegsängsten gebeutelt. Und für all das wird die Politik verantwortlich gemacht.

Zur Beschreibung dieses Zustands reicht die abgegriffene Vokabel Politikverdrossenheit nicht aus. Es ist Verbitterung, nein Verachtung, die der „Politikerkaste“ da zunehmend entgegenschlägt. Die gefühlte Kluft zwischen Regierenden und Regierten wächst und lässt sich so schnell wohl nicht überbrücken. Diese Entwicklung ist kein österreichisches Phänomen allein. „Spiegel“-Autor Dirk Kurbjuweit beschrieb anlässlich der 2010 in Deutschland tobenden Debatten zum Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 und der Auseinandersetzung um die Zuwanderungsthesen Thilo Sarrazins, die später in Bewegungen wie Pegida mündeten, eine „neue Gestalt“, die „sich in Deutschland wichtig“ mache: den Wutbürger („Spiegel“ 41/2010). Das Bürgertum, so Kurbjuweit, habe die Contenance verloren, agitiere ungehemmt drauflos und verhindere gesellschaftlichen Wandel, verursache Stillstand. Es handle sich schlicht um Hysterie, die sich da zu Beginn des 21. Jahrhunderts in der Mittelschicht breit mache.

Wut als Konstante

Die wutbürgerliche Aufwallung war wenig später auch in Österreich zu beobachten. Dabei ging es um kein Bauprojekt. Die deutsche Erregung über Stuttgart 21 hatte man hierzulande schon bei der Abstimmung über das AKW Zwentendorf und beim umstrittenen Bau des Wiener Konferenzzentrums vorweggenommen. Und schockierende Thesen zum Thema Ausländer unterliegen in Österreich spätestens seit Jörg Haiders kometenhaftem Aufstieg Mitte der Achtzigerjahre dem Gewöhnungseffekt. In Österreich suchte sich das neue Sentiment ein anderes Ventil. Der Kabarettist Roland Düringer, vom testosterongetriebenen Benzinbruder zum esoterisch angehauchten Waldschrat mutiert, funktionierte die Satiresendung „Dorfers Donnerstalk“ im Dezember 2011 kurzerhand zur Abrechnung mit dem System um und präsentierte sich als Sprachrohr der geschundenen Massen. Düringer: „Wir sind jene Systemtrotteln, die es schön langsam satt haben, im Hamsterrad zu laufen und all jenen, die vom System fest profitieren, den Deppen zu machen. Wir sind wütend.“ Was folgte, war eine Abrechnung mit den „Polit-Marionetten“, die der Gemeinschaft nicht mehr dienten, sondern nur noch Banken und Konzernen. Dann äußerte Düringer, ganz im Stil der deutschen „Lügenpresse“-Debatte, Vorbehalte gegenüber den Medien. Pressefreiheit und unabhängige Medien gebe es in Österreich nicht, so die These, stattdessen werde man mit „geistigem Müll oder mit Falschinformationen zugeschissen“.

Wie so vieles in Österreich geriet auch die Diskussion über Düringers Furioso zur Operette. Vielen war nicht klar, ob der Auftritt des Kabarettisten nun ernst gemeint war oder ob er sich über den kollektiven Wutstau bloß lustig gemacht hatte. Einige Interviews später wurde deutlich: Während Deutschland das Phänomen des Wutbürgers noch analysierte, hatte Österreich in Roland Düringer seinen ersten Wutbürgermeister gefunden.

Rasch erweitert sich seither sein Hofstaat: Der Musiker Andreas Gabalier mobilisiert seine Fan-Schar gegen die gegenderte Bundeshymne; die dagegen protestierende Frauenministerin wird daraufhin Opfer einer Welle von Cyber-Hassattacken. 2013 tritt Frank Stronach bei der Nationalratswahl an und setzt einen zweistelligen Millionenbetrag gegen das politische System; der schräge Wutmilliardär scheitert mit seinem Unterfangen ausschließlich an sich selbst. In diversen TV-Live-Diskussionen mit Bürgerbeteiligung äußern sich grantelnde Vertreter der Wutbürgerbewegung; bei einer dieser Gelegenheiten bekommt es im Herbst 2014 der neue ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner mit einer aufgebrachten Wirtin zu tun. Die Dame wird über Nacht zur vom Boulevard gehypten „Wut-Oma“.

Das Wutbürgertum mag teils skurrile Blüten treiben. Zu unterschätzen ist das Grundgefühl breiter Bevölkerungsschichten nicht. „Das Volk versteht das meiste falsch, aber fühlt das meiste richtig“, sagte einst Kurt Tucholsky. Und gefühlt liegt eben vieles im Argen. Diese grundpessimistische Einstellung findet man auch in den sogenannten informierten Kreisen von Politikern, Journalisten, Beratern und Funktionären aller Art in der Bundeshauptstadt. Egal, welche politische Entscheidung gefällt wird: Sie ist jedenfalls falsch und neuer Tiefpunkt einer unfassbaren Nivellierung nach unten. Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer würde diesen Zugang wohl das „übliche Gesudere“ nennen. Doch die Gründe für die allgemeine Missstimmung sind komplexer.

Nicht alles ist dabei der aktuellen Politikergeneration anzulasten. Wären die gefeierten politischen Persönlichkeiten der 50er- bis 70er-Jahre der permanenten medialen Überbelichtung des 21. Jahrhunderts ausgesetzt gewesen, würde sich manches heute anders darstellen. Auch mediale Sichtbarkeit kann Verachtung schaffen. Das verwundert nicht, wenn jedes Detail, jede leicht missratene Reaktion und jede halbprivate Äußerung wie unter dem Brennglas seziert werden. Die mediale Kanalvielfalt und da vor allem der kommunikative Game-Changer schlechthin, die sozialen Netzwerke mit ihrer Dialogorientierung – oder besser: ihrer Monologorientierung für jedermann –, haben politische Abläufe jedenfalls stärker verändert als jeder noch so spektakuläre Wahlausgang.

Der Politik wird ihr eigenes Geschäft zu schnell. Unter dem Eindruck zunehmender Mobilität und Globalität können politische Entscheidungsprozesse tempomäßig nicht mehr mithalten. Gerade Demokratien, von komplexen Gebilden wie der Europäischen Union ganz zu schweigen, werden bloß noch als schwerfällig und überfordert wahrgenommen. In einer „Welt ohne Halt“ (Ralf Dahrendorf) ist das eine fatale Entwicklung. Während Menschen vermehrt und fast verzweifelt nach Orientierung suchen, wirken die politischen Repräsentanten selbst überfordert. Sie sind so ohnmächtig wie ihre vermeintlich Schutzbefohlenen.

Politik braucht Entschleunigung und langsamere, dafür sachlich besser untermauerte Entscheidungen, meint der lange Jahre führende SPD-Politiker Franz Müntefering („Cicero“ 8/2012). Damit hat er wohl recht. Dennoch wirkt sein Satz angesichts der permanenten Beschleunigung, die in der Öffentlichkeit von Entscheidern erwartet wird, seltsam aus der Zeit gerissen. Der Zug zur effektheischenden Placebo-Politik scheint unaufhaltsam.

Dabei ist es nicht nur der bloße Erwartungsdruck, irgendeine Lösung zu präsentieren, die ein bestehendes Problem beseitigt. Auf die heutige Politikergeneration wirkt auch eine wachsende Zahl gut artikulierter Partikularinteressen. Die drängen auf maßgeschneiderte Lösungen. Werden diese nicht geliefert, gibt es Ärger. Dann sind Politiker Kampagnen ausgesetzt, die für sie durchaus ungemütlich werden können. Das gilt im Übrigen immer öfter auch für innerparteiliche Auseinandersetzungen.

Der Trend wird in sogenannten „großen“ Koalitionen österreichischer Prägung des 21. Jahrhunderts noch verstärkt. Zwischen SPÖ und ÖVP hat man sich unabgesprochen darauf verständigt, dem jeweils anderen in der Koalition keinen Platz zu lassen. Besonders bezeichnend für Österreich ist die Abwesenheit jeglicher gemeinsamer Regierungskommunikation seit der ersten Neuauflage der rot-schwarzen Zusammenarbeit im Jahr 2007. In Koalitionsverhandlungen geht man seither mit öffentlich breit kommunizierten Maximalforderungen. Diese werden dann vom Gegenüber samt und sonders herausverhandelt, um den parteieigenen Anspruchsgruppen zeigen zu können, was man verhindert hat. Dem Partner passiert umgekehrt dasselbe. Was am Ende herauskommt, ist ein Minimalkonsens, der erst recht niemanden zufriedenstellt und inhaltlich nicht geeignet ist, als großer Wurf durchzugehen.

Eine ansatzweise Verbesserung der Situation schien man bei der Steuerreform 2015 erreicht zu haben. Echte Reformen unterblieben dabei zwar erneut. Immerhin aber beschloss man eine Entlastung von mehreren Milliarden Euro. Die Chance auf eine gemeinsame, offensive Verbreitung der Botschaft ließ die Koalition aber wieder aus. Strategische Regierungskommunikation bleibt hierzulande so ein Fremdwort.

Ein Gefühl siegt

All diese Entwicklungen wären schon schlimm genug, schränken sie doch den Handlungsspielraum der Politik zunehmend ein. Dazu kommt aber eine völlig falsche Reaktion des politischen Führungspersonals. Statt sich den beschriebenen Trends der Mediatisierung, Mobilität und Fragmentierung zu stellen und sich den eigenen Gestaltungsspielraum zurückzuerobern, ergeben sich Politikerinnen und Politiker ihrem Schicksal. Mehr noch: Sie beschleunigen ihre eigene Entmachtung.

Die Reaktion des politischen Establishments auf den medialen Dauerdruck und den strukturellen Wandel der Öffentlichkeit, die Reaktion auf Finanz- und Wirtschaftskrisen können in einem Wort zusammengefasst werden: Angst.

Die Politik ergibt sich diesem Gemütszustand. Sie hat Angst vor dem Bedeutungsverlust; Angst vor der Abwahl; Angst vor der Überforderung; Angst, diese könnte von jemandem bemerkt werden; Angst vor dem medialen Pranger; Angst vor dem Shitstorm; Angst vor der falschen Entscheidung; Angst vor einer Entscheidung; Angst vor den anderen Parteien; Angst vor der eigenen Partei; Angst vor dem kommenden Ranking; Angst vor der Schlagzeile von morgen.

Die Angst ist zur dominierenden Emotion in der Politik geworden. In Wahlkämpfen war das immer schon so. Kampagnenmanager wissen, dass sie bei der Ausrichtung eines Wahlkampfs de facto nur zwischen zwei Grundgefühlen wählen können, auf die sie ihre Botschaft dann stützen: der Hoffnung oder eben der Angst. Nachdem sehr wenige Politiker imstande sind, echte Hoffnung zu wecken, wird in den meisten Fällen die zweite Option gewählt und Angst vor einem Zustand, einer bestimmten Entwicklung oder dem Konkurrenten geschürt. Adressat ist dabei aber immer das Publikum. Kein professioneller Politiker würde auf den eigenen Wahlkampf-Spin hereinfallen. Mittlerweile aber hat der Siegeszug der Angst nicht mehr nur die Wahlkämpfe im Griff, sondern auch das politische Personal selbst.

In den vergangenen Jahren wurde auf der Suche nach Erklärungen für das Phänomen Wutbürger oft die Frage gestellt, wer denn nun Schuld an dessen Existenz trage. Ob es auf eine Radikalisierung der Mitte zurückzuführen sei, den beginnenden Wohlstandsverlust oder die Ermüdung durch den mühsam erscheinenden demokratischen Prozess. Das mögen Erklärungsansätze sein. Sie stellen aber allein auf das Publikum ab und lassen einen Hauptakteur außer Acht: Den Nährboden für den Wutbürger hat keiner so erfolgreich aufbereitet wie der Angstpolitiker. Der Angstpolitiker ist der Schöpfer des Wutbürgers. Er hat ihn großgezogen, hält ihn geborgen in seiner Gefühlswelt und bewahrt ihn vor positiven Einflüssen.

Phänomenologie des Angstpolitikers

Die vergangenen Jahre strotzten nicht nur in Österreich vor Krisen und anderen heiklen Anlässen, die nach politischen Erklärungen, Interpretationen und Richtungsentscheidungen verlangten. Die Finanz- und Wirtschaftskrise beginnend mit dem Jahr 2008; die Turbulenzen des Euro; der Absturz einiger EU-Mitgliedsländer wie Griechenland; das Erstarken separatistischer und extremistischer Bewegungen in Europa; die Eskalation in der Ukraine; der Skandal um die Hypo Alpe Adria; fortgesetzte innenpolitische Reformdebatten zu zentralen Bereichen wie Pensionen, Gesundheit oder Soziales. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Das einzig Beständige im 21. Jahrhundert scheint bisher der Verlust von Sicherheit zu sein. Zur allgemeinen Orientierungslosigkeit kommt aber eine weitere Konstante hinzu – die Kommunikationsverweigerung der Politik.

Jede der erwähnten krisenhaften Entwicklungen stellt die politischen Entscheider vor Probleme. Genauso aber bieten Krisen nach der Ur-Logik von Politik Möglichkeiten, um zu kommunizieren und dem herrschenden Gefühl der Unsicherheit etwas entgegenzusetzen. Wann, wenn nicht in solchen Momenten, kann die Fähigkeit zur Führung unter Beweis gestellt werden? Doch diese Chance bleibt immer öfter ungenutzt. Das Führungspersonal zieht es vor, das Publikum mit der Deutung entscheidender Ereignisse allein zu lassen oder die Interpretationshoheit anderen Akteuren zu überlassen. Der Angstpolitiker kommuniziert lieber nicht, weil er fürchtet, Fehler zu machen und Angriffsflächen für Kritik zu bieten. Er hat ein neues Motto gefunden: Wer nicht kommuniziert, macht keine Fehler.

Dass der Verzicht auf gerichtete Information und Deutungshoheit schon der Kardinalfehler ist, wird übersehen. Am Höhepunkt der Eurokrise des Jahres 2012 war über Wochen kein zuständiges Regierungsmitglied bereit, in der ZIB 2 oder anderen zentralen Orten der politischen Meinungsbildung Rede und Antwort zu stehen. Mancher politische Spitzenvertreter verweigert sich fast schon rituell der offenen Auseinandersetzung mit kritischen Journalistenfragen. Bevor einer möglicherweise bei Armin Wolf untergeht, wagt er sich lieber nicht in die Höhle des Löwen. Dass Politiker in solchen Momenten auch kommunikative Wucht entwickeln, Botschaften absetzen und das Publikum erreichen könnten, wird gar nicht mehr in Betracht gezogen. Wenn sich einer dann doch ins Studio traut, versucht er meist, das Interview zu durchtauchen, heikle Fragen möglichst geschickt zu umgehen und danach fürs einigermaßen unbeschadete Überstehen der kritischen Minuten parteiintern gefeiert zu werden. Für all die Wutbürgerinnen und Wutbürger ist eine solche Kommunikationsleistung freilich zu wenig. Sie merken die Absicht und bleiben verstimmt.

Der politische Imperativ lautet: Deckung!

Dabei hat sich das gewollte politische Versagen von Kommunikation noch nicht zu allen medienpolitischen Akteuren durchgesprochen. Der Eigentümer eines TV-Senders schaffte nach einem persönlichen Ärgernis über eine förderpolitische Entscheidung kurzerhand das politische Talk-Format seines Senders ab. Gedacht war das wohl auch als Bestrafungsaktion für die heimische Politlandschaft, der nach der Logik des Medienfachmanns ja daran gelegen sein musste, Auftrittsmöglichkeiten zu haben. Der Effekt war der gegenteilige. Nicht wenige Politiker freuten sich über den gewonnenen diskussionsfreien Abend.

Das verwundert nicht. Denn der politische Imperativ des Angstpolitikers lautet: Deckung! Während der politischen Schlacht im kommunikativen Schützengraben zu verweilen, erspart die peinliche Frage nach Verlusten. Wagt sich einer nach vorn, riskiert er ein Spiel mit offenem Ausgang. Da kann der Angstpolitiker auf viele Beispiele verweisen. Einschneidende Reformen sind demnach überhaupt zu unterlassen, widersprechen sie doch dem gemeinhin stark ausgeprägten Bedürfnis der Bevölkerung nach Beständigkeit.

Die Beharrungskräfte des Publikums sind auch tatsächlich nicht zu unterschätzen. Gerhard Schröder etwa initiierte in seiner Amtszeit als deutscher Bundeskanzler weitreichende Sozialreformen. Seine Basis dankte ihm das nicht. Nach einer krachenden Niederlage im roten Kernland Nordrhein-Westfalen musste Schröder die rot-grüne Koalition 2005 vorzeitig auflösen. Im darauffolgenden Wahlgang kämpfte sich der letzte SPD-Star zwar noch einmal auf einen Prozentpunkt an die knapp siegreiche CDU-Chefin Angela Merkel heran. Für den Erhalt des Kanzlerpostens reichte es aber nicht.

Bei Merkel hinterließ die gefühlte Niederlage ebenfalls Spuren. Im Wahlkampf hatte sie mit einem offensiven und personell wie inhaltlich detailreich ausgeschilderten Kurs das Dauerfeuer auf sich gezogen. Sie überlebte nur knapp. Seitdem hält sie den Ball flach, streckt den Kopf innenpolitisch kaum noch über die Wahrnehmungsschwelle – und lebt wirtschaftspolitisch von Schröders Reformagenda. So wurde Merkel ungewollt zur Ikone der Angstpolitiker. Auch wenn diese ihre Brillanz der Einebnung von inhaltlichen Differenzen nicht erreichen: Merkels Kurs des Einlullens der Innenpolitik bestimmt das eigene Drehbuch.

Der österreichische Angstpolitiker trachtet danach, in der Defensive stark zu sein und die Null zu halten. Er verteidigt mit Mann und Maus und verzichtet auf einen Stürmer. Das aber ist genau der Unterschied zu Merkel, die sich auf dem außenpolitischen Feld sehr wohl positioniert, dort mit der Wucht Deutschlands punktet und innenpolitisch gerade deshalb unangreifbar bleibt. So werden die aktuellen Imagewerte der kontrollierten Defensivkünstlerin Merkel wohl in Deutschland wie Österreich auf Jahre unerreichbar bleiben.

Hierzulande ist dagegen ein Paradoxon entstanden: Je mehr Politiker danach trachten, mit ihrer Defensivstrategie Wutreaktionen seitens der Bevölkerung zu vermeiden, desto eher ernten sie die Früchte des Zorns.

Gekommen, um zu bleiben

Den Angstpolitiker verunsichern die Reaktionen des Publikums zwar, aber er leitet daraus keine Handlungsaufforderung ab. Lieber verharrt er, um das, was ist, abzusichern. Von Wahl zu Wahl trachten die ehemaligen Großparteien SPÖ und ÖVP danach, ihre traditionellen Kernschichten irgendwie bei der Stange zu halten. Die Strahlkraft nimmt von Wahl zu Wahl spürbar ab, aber solange die Hoffnung lebt, dass es sich das nächste Mal noch ein letztes Mal mit der angestrebten Platzierung ausgehen könnte, unterbleibt eine Neuaufstellung.

Diese Grundausrichtung zeitigt inhaltliche Folgen. Eine tiefgehende Pensionsdebatte ist mit der Sozialdemokratie nicht zu machen. Fürchtet sie doch, ihre letzte treue Wählergruppe zu verstören. Ähnlich ist das in der ÖVP bei Anspruchsgruppen wie Beamten oder Bauern. Selbst etablierte Oppositionsparteien haben sich schon Zielgruppen erarbeitet, deren Wohlwollen man lieber nicht über Gebühr strapaziert.

So scheitert Reformkommunikation oft nicht erst an der Umsetzung von Lösungen, sondern schon am Verbalisieren des Problems. „Alle große politische Aktion besteht im Aussprechen dessen, was ist. Alle politische Kleingeisterei besteht in dem Verschweigen und Bemänteln dessen, was ist“, stellte Ferdinand Lassalle schon 1862 fest. Die aktuelle Realitätsverweigerung mündet in stetig schwindendes Zutrauen in die Handlungsfähigkeit des politischen Personals. Politiker machen ständig das, was man in innovativen Unternehmen die Phase des „premortem“ nennt. Schon vor Beginn der Umsetzung eines Vorhabens stellen sie sich die Frage, woran es dereinst scheitern könnte. Was allerdings im Wirtschaftsleben zum frühzeitigen Auffinden von Schwachstellen und deren möglichst rascher Beseitigung dienen soll, führt in der Politik zum plötzlichen Ableben des Vorhabens. Jeder Beteiligte kann zahlreiche Gründe vorbringen, warum etwas nicht gelingen wird.

Die logische Konsequenz aus dieser Art des Gruppendenkens ist die Konservierung des Status quo. Das gilt nicht nur auf der inhaltlichen Ebene. Es geht auch darum, die eigene Position nicht zu verlieren. Viele politisch Handelnde sind auch persönlich abhängig von der Politik. Sie haben daher das Eigene und das Jetzt im Sinn, nicht das Allgemeine und Zukünftige. Sie glauben, sie hätten in ihrem politischen Leben schon alles erreicht, nur weil sie ein bestimmtes Amt erlangt haben. Die Frage, wozu sie es nutzen können, ist von sekundärer Bedeutung. Diese Prioritätensetzung rückt jede Zukunftsorientierung aus dem Blick. Was dominiert, ist Kurzfristigkeit, ist die Schlagzeile von morgen. Verschlimmert wird diese Tendenz durch die Fokussierung auf auflagenstarke Blätter und deren Interessen. Der Politikwissenschaftler Fritz Plasser nennt Österreich vor diesem Hintergrund zu Recht eine „Boulevarddemokratie“.

Die so erfolgte Konditionierung der Politik hat weitreichende Folgen: Regierende regieren in den Tag hinein. Sie verlieren an Strategiefähigkeit und die Grundkompetenz zur Steuerung der politischen Agenda. Sie werden zu Getriebenen tagesaktueller Stimmungen. Aktives Agenda Setting traut sich der Angstpolitiker nicht zu, in seiner Eigendefinition ist er als erfolgreicher Politiker viel eher Agenda Surfer: Er ist zwar nicht mehr in der Lage, inhaltliche Wellen zu erzeugen, jene, die auf ihn zurollen, will er aber bestmöglich nutzen. Das, was zur Bekämpfung der Gefühlswelt des Wutbürgertums nötig wäre, nämlich gegen bestehende Stimmungen anzukämpfen, ihnen inhaltlich und emotional zu begegnen, findet sich nicht im Repertoire des Angstpolitikers. Er sieht den Shitstorm aufziehen, seine einzige Reaktion besteht aber in der Hoffnung, dass der Sturm vorüberzieht.

Komplexe Themen sind, sobald vom Boulevard definiert und eingeordnet, nicht mehr diskutabel. Als Beispiel kann das umstrittene Handelsabkommen zwischen der EU und den USA, TTIP, gelten. Wer sich in der politischen Landschaft nicht kategorisch gegen das Abkommen stellt, hat verloren. Er wird automatisch zum Befürworter von Chlorhühnern und Hormonfleisch. Hätten frühere Politikergenerationen so gehandelt, Jörg Haiders Warnung vor dem Import von Blutschokolade und Schildlausjoghurt hätte die Debatte über den EU-Beitritt Österreichs jäh beendet.

Der Angstpolitiker will sich Überzeugungsarbeit nicht antun. Er will gefallen. Deshalb liebt er Umfragen. Die für begründete strategische Entscheidungen notwendige empirische Erhebung von Meinungsbildern sieht er aber nicht als Hilfestellung, wie er seine Kommunikationslinie gestalten und nötigenfalls bestehende Einstellungen argumentativ drehen kann. Er sieht Umfrageergebnisse als Handlungsanleitung. Dort, wo die Mehrheit steht, steht auch der Angstpolitiker. Auf groteske Weise hat in dieser Hinsicht die politisch schnell verglühte Piratenpartei Standards gesetzt. Sie hatte sich dem Konzept des „liquid feedback“ verschrieben. Ihre gewählten Abgeordneten mussten so abstimmen, wie es ihnen die Mehrheit der Basis diktiert hatte.

Die Politik schafft sich ab

Der Angstpolitiker ist von dieser Pervertierung der repräsentativen Demokratie nicht weit entfernt. Er lässt sich von vorhandenen Stimmungen treiben. Im schlimmsten Fall aber ergibt er sich einer Empörungswelle nicht nur, er versucht sich an ihre Spitze zu stellen. In der Hoffnung auf Applaus macht er das wogende Anliegen zu seinem. In solchen Momenten glaubt er voranzuschreiten. Doch da unterliegt er einer Täuschung: Die Entrüsteten folgen ihm nicht. Sie schieben ihn richtungslos vor sich her, ohne dass er nur den Funken einer Chance hätte, den Kurs zu ändern.

So ist eine Situation entstanden, in der Politik gesellschaftliche Entwicklungen eher nachvollzieht denn initiiert. Im besten Fall bringt man Gesetze auf die Höhe der Zeit. Angestoßen werden Veränderungen kaum noch. Der dominante Politikertypus von heute zuckelt hinten nach. So ist der Politik eine ihrer zentralen Aufgaben abhanden gekommen: die Führungsfähigkeit. Denn vom Ende des Feldes her kann man nicht führen.

Mit dem damit einhergehenden Autoritätsverlust müssen Politiker umgehen lernen. Politische Funktionen an sich verleihen schon lange keine Autoritätsaura mehr. Nicht nur der Kanzlerbonus ist verschwunden. Mit dem – an sich wünschenswerten – Verlust der Ehrfurcht aber ist in der Beziehung zwischen Regierenden und Regierten auch etwas anderes, für die Demokratie ungleich Wertvolleres, verkümmert – der Respekt vor dem Amt. Schuld daran tragen das politische Personal und dessen Tendenz zur Selbstaufgabe. Politiker geben ihre Rolle und die damit verbundene Verantwortung freiwillig auf. Mehr noch: Sie wollen sie loswerden. Politiker wollen Situationen vermeiden, in denen sie gefragt werden, was unter ihrer Verantwortung geschehen ist. Eine Folge davon ist eine unterentwickelte Rücktrittskultur. Politiker haben aber auch Angst davor, sich festzulegen oder gar eine Vorstellung von der Zukunft zu entwickeln. Und selbst wenn sie eine hätten, sie würden den Teufel tun und eine solche „Vision“ jemals äußern.

Dabei ist es das, was Politik ausmacht. Max Webers viel zitierte und oft missbrauchte Definition, wonach Politik das „Bohren harter Bretter“ sei, war gefolgt von nicht weniger zentralen Worten: „Alle geschichtliche Erfahrung bestätigt es, dass man das Mögliche nicht erreichte, wenn nicht immer wieder in der Welt nach dem Unmöglichen gegriffen worden wäre.“ Regierungsmitglieder, Parlamentarier – sie sind selten Fachexperten und müssen das entgegen einer weit verbreiteten Meinung auch gar nicht sein. Aber: Sie sollten Leitbilder entwickeln und dafür Mehrheiten herstellen können. Österreichische Politiker hören das nicht gern. Sie zitieren dann den fälschlicherweise Franz Vranitzky zugeschriebenen Satz, wonach einen Arzt brauche, wer in der Politik Visionen habe.

Dabei kommt es in der Politik sehr häufig gar nicht darauf an, dass ein Politiker die von ihm entwickelte Vision auch selbst Realität werden lässt. Welchen amerikanischen Präsidenten verbindet man mit der Mondlandung? Wohl John F. Kennedy. Dabei formulierte dieser nur das Ziel. Das historische Ereignis selbst fand erst unter dem übernächsten US-Präsidenten, Richard Nixon, statt.

In der österreichischen Politik hat sich ein anderes Idealbild durchgesetzt. Führende „Gestalter“ dieses Landes sagen gern: Man solle nichts versprechen. Man solle auch nichts ankündigen, was man dann nicht halten kann. Das klingt fürs erste logisch. Wie oft hat man es erlebt, dass Ankündigungen des Wahlkampfs dann nicht eingelöst wurden? Doch hier geht es nicht um eilfertig versprochene Wahlzuckerl. Die Frage ist: Woher weiß man, was man halten kann und was nicht?

Offenbar beschleicht die aktuelle Politikergeneration nicht selten das Gefühl, dass sie die Gravitas, die zur Umsetzung politischer Pläne nötig ist, nicht besitzt. Der Mangel an Ambition ist so auch das Eingeständnis der eigenen Machtlosigkeit. Das mag man realistisch nennen. Doch so schafft sich die Politik selbst ab. Die Kapitulation vor den Mühen des politischen Willensbildungsprozesses schafft ein öffentliches Vakuum, in das jederzeit andere Akteure stoßen können.

Wie kommen wir da raus?

Welche Akteure das sind, muss letztlich auch von den Bürgerinnen und Bürgern beantwortet werden. Bei allem Lamento über schuldhaftes Verhalten seitens der Politik – die Bevölkerung hat es in der Hand, wie das demokratische Zusammenleben künftig gestaltet wird. Die Frage ist, ob sich jene durchsetzen, die autoritäre Quasi-Demokratien wie Russland als entscheidungsfreudigere Alternative preisen, oder doch die, welche den Glauben an die Rettung des bestehenden Systems noch nicht verloren haben.

Der Wutbürger ist mit seiner ungelenken und destruktiven Aggression kein idealer Ratgeber. Dagegen sein ist nicht genug. Was es braucht, sind Einschnitte im System, die dabei helfen, die Glaubwürdigkeit der politischen Institutionen wieder zu erhöhen. Eines der vordringlichsten Ziele dabei ist, den Angstpolitiker aus seiner Erstarrungshaltung zu lösen und ihn wieder in eine aktivere Rolle im politischen Prozess zu zwingen. Dazu werden in den folgenden Beiträgen bekannter Autorinnen und Autoren zahlreiche Ideen geboten, die es wert sind, breiter diskutiert zu werden.

Vorab hier sieben Ansätze, wie die Wiederbelebung des demokratischen Prozesses in Österreich gelingen kann:

1. Wir brauchen eine neue Form der politischen Rekrutierung. Derzeit findet eine Negativauslese statt. Diese Spirale nach unten muss durchbrochen werden. Es darf kein Makel mehr sein, wenn jemand Zeit in der Politik verbracht hat. Im Gegenteil: Die Durchlässigkeit zwischen Politik einerseits und Wirtschaft und Zivilgesellschaft andererseits muss erhöht werden. Dem steht die aktuelle Sesselkleber-Mentalität entgegen. Die Zahl der Perioden, die ein Politiker eine Funktion ausüben kann, gehört also begrenzt.

2. Das Wahlrecht gehört reformiert. Die Persönlichkeit sollte vor der Partei stehen. Die Parteien haben ihre historischen Verdienste, heute sind sie zu dominant und behindern die demokratiepolitische Durchlüftung des Landes. In Österreich kann es passieren, dass es jemand in einer Partei in die erste Reihe schafft, ohne dabei Bekanntschaft mit Wählerinnen und Wählern zu machen. Wer seine politische Karriere mehr auf Gremien als aufs Publikum baut, ist dann aber nicht selten schwer vermittelbar. Rücken Personen von Beginn an in den Vordergrund, hilft das, die Kluft zwischen Repräsentierten und ihren Repräsentanten zu verkleinern.

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