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Pete Hackett

McQuade jagt den Sheriff-Mörder

Der Kopfgeldjäger #81





BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

Der Kopfgeldjäger Band 81:

McQuade jagt die Sheriffmörder

Western von Pete Hackett

 

Der Umfang dieses Buchs entspricht 47 Taschenbuchseiten.

 

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Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

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„Gib auf, Benedikt!“, rief McQuade und duckte sich hinter den Felsen, der ihm Schutz vor den Kugeln des Banditen bot. Roy Benedikt war tiefer in die Schlucht hineingeflohen und steckte irgendwo zwischen den Felsblöcken, die sich am Fuß einer der steilen Felswände übereinandertürmten.

Roy Benedikt war dem Sheriff des Pima Countys fünfhundert Dollar wert. Er hatte bei einem Überfall einen Postkutschenfahrer erschossen und den Begleitmann schwer verletzt und war mit einer Beute von ganzen dreiundzwanzig Dollar entkommen.

Hier, in der Unwegsamkeit der Mule Mountains hatte ihn der Kopfgeldjäger gestellt. Als Benedikt Hals über Kopf zu fliehen versuchte, hatte sich sein Pferd ein Bein gebrochen. Er ließ das Tier einfach zurück und versuchte zu Fuß zu entkommen. McQuade erlöste es von seinen Qualen.

Die Schlucht endete nach hundert Yard vor einer steilen Geröllhalde, die zu erklimmen unmöglich war. Als der Bandit zum Maul der Schlucht zurückkehrte, um sich einen anderen Weg zu suchen, rannte er dem Kopfgeldjäger fast in die Arme.

Jetzt belauerten sich McQuade und Roy Benedikt. Gray Wolf war zwischen den Felsen verschwunden, die in allen Größen und Formen die Sohle der Schlucht bedeckten und diese geradezu unbegehbar machten.

„Eher friert die Hölle ein, dreckiger Hund!“, brüllte Benedikt mit vom Hass verzerrter Stimme. „Verschwinde lieber, Menschenjäger! Ansonsten schicke ich dich zur Hölle, und um deinen Kadaver werden sich die wilden Tiere streiten.“

McQuade gab keine Antwort. Die letzten Worte des Banditen waren verhallt und in der Schlucht herrschte wieder drückende Stille. Es war ein heißer Hochsommertag, der sich seinem Ende näherte. Die Sonne stand dicht über dem Horizont im Westen und würde innerhalb der nächsten halben Stunde hinter der bizarren Kulisse einer Felsenkette verschwinden, die sich in rauchiger Ferne von Norden nach Süden erstreckte. Der Kopfgeldjäger sagte sich, dass er den Outlaw erwischen musste, ehe sich die Dunkelheit zwischen die Felsen senkte.

Die Hitze war noch immer quälend, Schweiß rann über das hohlwangige, stoppelbärtige Gesicht des Texaners und hinterließ helle Spuren in der dünnen Schicht aus Staub, die sich auf seine Haut gelegt hatte. Eine Unzahl von winzigen Stechmücken sorgte im Übrigen dafür, dass der Kopfgeldjäger ungeduldig dem Moment entgegenfieberte, in welchem er diesem höllischen Spiel ein Ende bereiten konnte.

Plötzlich erklang ein wütender Fluch, ein Schuss peitschte, und dann erfüllte das zornige Bellen Gray Wolfs die Schlucht und verschmolz mit der verebbenden Detonation. Und in die geisterhaft raunenden Echos hinein brüllte der Bandit: „Du solltest dieses graue Mistvieh zurückpfeifen, Menschenjäger. Sollte es mir noch einmal vor die Mündung laufen, hat es seinen letzten Dreck gemacht!“

McQuade setzte sich in Bewegung, schob sich geduckt um den Felsen herum, der ihm bis jetzt Deckung geboten hatte, ließ sich auf alle viere nieder und kroch zwischen die zum Teil nur kniehohen Felsbrocken. Er war bemüht, keine unnötigen Geräusche zu verursachen, und verspürte nervenzerrende Anspannung. Ihm war nämlich klar, dass der Bandit ausgesprochen gefährlich war und nicht unterschätzt werden durfte. Die Tatsache, dass Roy Benedikt nichts mehr zu verlieren hatte, machte ihn äußerst unberechenbar. Er würde reagieren wie ein in die Enge getriebenes Raubtier.

Das Bellen des Wolfshundes war verstummt. Doch dass er nach dem Schuss noch Laut gegeben hatte, sagte dem Kopfgeldjäger, dass Benedikt sein Stück Blei wohl vergeudet hatte. Die Sorge um seinen treuen, vierbeinigen Partner, die nach dem Schuss in McQuade wie ein heißes Feuer aufgeflammt war, legte sich.

Der Bandit war irgendwo vor ihm zwischen den Felsblöcken. Hier wucherte überall dorniges Gestrüpp und die Schlucht war aber sicherlich auch ein Hort für Skorpione und Klapperschlangen. Vorsicht war geboten. McQuade musste sich also nicht nur auf den Outlaw konzentrieren.

Plötzlich vernahm er ein leises Schaben, wie wenn Stoff gegen rauen Fels reibt. Sofort verharrte er, lauschte und witterte und sandte seinen Instinkt aus – jenen fast untrüglichen sechsten Sinn für die unmittelbare Gefahr.

McQuade nahm den Hut ab und hob den Kopf etwas an, um über den Felsen hinwegspähen zu können, hinter dem er kauerte. Das Geräusch war nicht wieder entstanden und der Texaner sagte sich schon, dass ihm seine überreizten Sinne einen Streich gespielt hatten, als er ein kaum wahrnehmbares Klirren hörte, wie es nur Sternradsporen verursachten.

McQuade staute den Atem, legte das Gewehr zur Seite und zog den Colt. Wie hineingeschmiedet lag die schwere Waffe in seiner Faust, den Daumen hatte der Texaner auf der Hammerplatte liegen, sein Zeigefinger krümmte sich um den Abzug.

Das leise Klirren war in der Lautlosigkeit der Bergwelt versunken, die Gefahr war allgegenwärtig – der Tod streckte die knöcherne Klaue aus. Die Karten in dem höllischen Spiel waren verteilt …

Ein Schatten fiel hinter dem Felsen hervor, der nicht ganz mannshoch zehn Schritte tiefer in der Schlucht aus dem Boden ragte. Die Anspannung in McQuade wuchs. Seine Augen begannen zu schmerzen, denn die Schlucht verlief von Osten nach Westen und das grelle Licht der Sonne, die direkt über dem Schluchtende weit im Westen zu stehen schien, blendete ihn.

Doch Roy Benedikt reagierte mit der Schnelligkeit einer zustoßenden Klapperschlange, warf sich noch im Fallen halb herum und schlug mit dem Colt nach dem Wolfshund. Gray Wolf heulte auf, wurde zurückgeschleudert, rutschte ein Stück auf dem Bauch dahin, kam aber sofort wieder auf die Beine und schnellte herum.

Sofort war Gray Wolf über ihm, die Lefzen des Tieres, von denen Geifer tropfte, hatten sich über den gefährlichen Fang gehoben, der dermaßen dicht vor dem Gesicht des Banditen war, dass es der schale Atem des Wolfshundes wie ein höllischer Hauch streifte. Ein bedrohliches Knurren stieg aus der Kehle Gray Wolfs.

Der Kopfgeldjäger konnte sehen, dass seine Kugel dem Banditen die rechte Schulter zerschmettert hatte. Blut pulsierte aus der Wunde. McQuade beugte sich über Benedikt und sagte: „Daran stirbst du nicht, Hombre. Ich werde dich nach Bisbee zum Arzt bringen, und wenn der dich wieder zusammengeflickt hat, nehmen wir den Weg nach Tucson unter die Hufe unsere Pferde. Die Schlinge, die sie dir dort um den Hals legen werden, ist sicherlich schon geknüpft.“

Aus blutunterlaufenen Augen, in denen erschreckender Hass tobte, starrte der Mörder zu McQuade in die Höhe. „Zur Hölle mit dir, dreckiger Bastard!“, knirschte er.