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Jean P.

Erinnerungen an Schloss B.

1. Teil der Schloss B. - Trilogie





BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

Erinnerungen an Schloss B.

Erinnerungen an Schloss B.

Jean P.

 

Nach einer Zeit der Trennung von ihrem Geliebten, Jean, deren Ursache in zunächst unklaren Erlebnissen der Vergangenheit liegen, beginnt Teresa einen Briefwechsel mit Jean, in dem sie die Geschehnisse, die zum (vorläufigen) Bruch geführt haben, aus ihrer inneren Sicht romanhaft beschreibt.

 

Sie knüpft in ihrer Schilderung unmittelbar bei dem an, was am Ende eines Besuches bei Freunden in deren Villa passiert ist. Durch die Beziehung zu dem ursprünglich nur mit Jean befreundeten Paar und den infolgedessen ausgeübten und allmählich heftiger werdenden SM-Spielchen gerät sie in eine immer tiefere Abhängigkeit eines Strudels aus Lust, Unterwerfung und absoluter Hingabe. Orientierungspunkt ist ein fiktiver Roman, den ihr Geliebter Jean einst geschrieben hat und der als Vorlage für diverse 'Arrangements' dient.

 

Im Laufe eines Festes auf einem barocken Schloss, bei dem in historischem Ambiente Gebieter und Sklavinnen, Herrinnen und Novizinnen zusammen kommen, um die verschiedensten Sexspielarten zu pflegen, wird ihr allmählich bewusst, dass alles, was passiert, nur ein Spiegel ihre Seele ist und sie nur zum Ziel kommt, wenn sie nicht passiv bleibt, sondern die Dinge aktiv mitgestaltet und schließlich ganz in die eigenen Hände nimmt.

 

Ihr Ziel ist es, Jean, den sie irgendwann aus den Augen verliert, wiederzufinden bzw. zurückzugewinnen. Sie  glaubt, dass er sie testen will und entdeckt allmählich, dass sie ihr Ziel nur erlangt, wenn sie ihre Abhängigkeit überwindet und ihre darin wurzelnde Sehnsucht bekämpft. Ihr innerer Prozess spiegelt sich insbesondere in der Schilderung von erotischen Aufführungen, sogenannter tableaux vivants (Lebende Bilder), die im Rahmen des Schlossfestes stattfinden. 

 

Parallel zu den geschilderten Erinnerungen aus der Vergangenheit findet eine Entwicklung statt, die sich in Teresas Briefen an Jean offenbart. Die anfängliche Distanz, gipfelnd in dem Gelübde, sich bei den nun auch wieder stattfindenden Treffen nicht zu berühren, verändert sich rasch. Rechtzeitig zum Silvesterball erhält Teresa endlich Jeans 'Geschenk' und die von Teresa im Laufe des Geschehens stets unterdrückte Frage findet eine Antwort.

 

 

 

 

Impressum

Impressum

 

Erinnerungen an Schloss B. (Erster Teil der Schloss B. - Trilogie)

von Jean P.

 

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jegliche Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig.

 

© Jean P., 2016 – publiziert von telegonos-publishing  

(Überarbeitete Neuauflage der eBook-Version)

Originalausgabe von 2010

 

 

www.telegonos.de (Haftungsausschluss und Verlagsadresse auf der website) 

 

E-mail des Autors: jp@telegonos.de

Covergestaltung: © telegonos-publishing  

 

Sämtliche Personen und Vorkommnisse sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig. Romanfiguren können möglicherweise darauf verzichten, aber im realen Leben gilt: Safer Sex!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Und ein weiterer Flügelschlag des Schmetterlings...

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.Teil

1.Teil

 

 

 

 

Inhalt:

 

8 Briefe und 8 Kapitel – und ein neunter Brief

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1. Brief

1. Brief

 

Mein Liebster!

 

Ja, so nenne ich dich. Immer noch. Trotz allem, was passiert ist. Oder gerade deswegen? Ich weiß es nicht. Während ich dir diese Zeilen schreibe, sitze ich in meinem Büro. Dort, wo einst alles begann. Weißt du noch? Manchmal habe ich das Gefühl, dass es ganz woanders war, in einer anderen Dimension, in einer anderen Zeit, in tiefer Vergangenheit. Doch dann wieder ist alles wie gerade erst eben. Nun ist ja wirklich einige Zeit ins Land gestrichen, wie man so sagt, und ich möchte gern dem, was war, nachspüren. Dem, was mein Leben doch ziemlich veränderte – auch wenn du das nicht glauben magst. Die Unglaublichkeit der Dinge, die wir gemeinsam erlebt haben, die wir inszeniert haben, die wir gespielt haben, die uns an unsere Grenzen kommen ließ – das jedenfalls kann ich für mich behaupten – lässt mich nicht mehr los und so habe ich Evas 'Vermächtnis' aufgegriffen und meine Erlebnisse 'danach' begonnen aufzuschreiben. Sie meint, man könnte daraus gut ein Buch machen und dieses Buch an die Bücher, die du geschrieben hast, anhängen. Als Teil einer Serie sozusagen.

Nun ja. Ich weiß nicht. Ist doch alles ganz schön intim. Das waren doch wir – oder sind wir es immer noch? Jedenfalls habe ich mit dem Schreiben begonnen und ich muss dir sagen, es hat mir sehr gut getan. Das kann ich schon sagen, auch wenn ich noch gar nicht fertig bin. Evas 'Vermächtnis' klingt wirklich etwas theatralisch. So mutete es mir aber auch an. Dass sie nach anderem strebte, weißt du möglicherweise besser als ich – zumindest damals. Dass wir uns ganz getrennt haben, dürfte dir aber neu sein. Ganz heißt wirklich ganz! Aus dem Verlag ist sie ausgestiegen, und ich habe mich entschlossen, es nun allein zu probieren. Ich glaub, ich schaff das! Sie hat mir Mut gemacht und wir sind wirklich im Reinen auseinander gegangen. Ich finde, das Wort 'Vermächtnis' passt doch irgendwie. Ich möchte gern das, was ich aus meinen Erinnerungen aufschreibe, erst dir zu lesen geben, bevor ich über weiteres nachdenke. Vielleicht wirst du der Einzige sein, der es liest. Ich bitte dich aus alter Verbundenheit: lies, was ich dir nach und nach zuschicke. Lass es wachsen. Zerreiß es, wenn es denn sein muss, aber bitte erst ganz am Ende! Ja? Das ist da einzige, worum ich dich bitte!

 

Ich beginne also danach. Du weißt schon, was ich meine. Damals. Nach dem, was im Foyer von Gudruns und Jacques' Haus passiert ist. Damals, als die Brücke unseres Vertrauens zueinander uns fliegen ließ....

Beim Gang quer durch das Haus zur Terrasse hinaus musst du wohl meine wieder neugierig gewordenen Blicke wahrgenommen haben, als du meine Hand nahmst und sagtest:

„Bedenke, du hast nur eine Frage frei!“ Du hast natürlich gemerkt, wie ich immer wieder damit kämpfen musste, meine Neugier darüber, was da wohl alles passiert sein mag, im Zaum zu halten. Meine Ahnung darüber, dass das, was du in deinen Romanen beschrieben hast, Realität gewesen war. Meine damit verbundenen Befürchtungen und mein damit immer  einher gehendes Verlangen, das alles auch zu erleben. Mit dir zu erleben. Es durchzuleben. Es auszuprobieren. Es auszukosten. Du wusstest, dass das immer präsent war. Die Befürchtung und die Lust! Aber ich hatte grenzenloses Vertrauen.... 

 

Hand in Hand sind wir dann hinaus getreten auf die Terrasse, wo Gudrun und Jacques an der bereits gedeckten Tafel mit den letzten Vorbereitungen fürs Abendessen beschäftigt waren. Ein zartes Abendrot läutete die Dämmerung ein und die für die Jahreszeit ungewöhnlich warme Abendbrise ließ die Kerzen flackern, die Gudrun eben im Begriff war anzuzünden. Ich weiß noch: Jacques tat so, als seien wir jetzt erst gekommen und begrüßte uns noch einmal ganz herzlich. Er bat dich, den Rotwein zu öffnen, alldieweil er es übernehmen wollte, das Cabrio, das wir vor dem Eingang  der Villa geparkt hatten, in die Garage zu fahren. Ich weiß bis heute nicht so recht, ob es nun mehr sein Auto war oder deines. Und dann dieses. Ich erinnere mich noch genau. Im Vorbeigehen gab er mir einen Klaps auf den Po, als ob es das Selbstverständlichste von der Welt wäre! Und genauso 'selbstverständlich' war die damit an dich gerichtete Bemerkung:

„Deine Sklavin hat dich aber ganz schön am Wickel!“ Ich glaube, an der Stelle war für mich die letzte Gelegenheit vorbei, aus dem Spiel auszusteigen. Ich war so befangen, ich möchte fast sagen 'gefangen', dass ich nicht einmal die Ironie in dieser Bemerkung wahrnahm. Genauso wenig wie die Retourkutsche in deiner Antwort:  

„Deine aber nicht minder.“ Du meintest damit den an seinem Hals sichtbaren Knutschfleck, der ihm offenbar etwas peinlich war und ihn nun seinerseits zu der nun wieder ganz ernsthaft ins 'Spiel' weisenden Kommentierung veranlasste:  

„Offenbar ist die Erziehungsarbeit noch nicht abgeschlossen!“ Selbst Gudrun, die ja wohl ganz offensichtlich schon 'weiter' war als ich, musste wohl etwas schlucken, als er dann noch hinzufügte:  

„Sie wird sich später öffentlich dafür entschuldigen!“ Aber ich war wie im Rausch und habe mich nun einfach treiben lassen.... 

 

Dann begann unser Mahl. Ich formuliere es bewusst so, weil unsere gemeinsamen Mahlzeiten – von Anfang an – immer etwas besonderes waren. Fast möchte ich jetzt abschweifen, weil mir ganz Vieles in Erinnerung kommt, aber ich bemühe mich, den chronologischen Gang der Dinge zu schildern. Vielleicht kann ich das eine oder andere, was vor dem 'danach' war, an passender Stelle einflechten.  Aber das weiß ich noch nicht. Gudrun brachte die Vorspeise hinein. Angetan mit einer süßen kleinen, rüschenverzierten schwarzen Servierschürze über ihrem knielangen, weißen Faltenrock, den ich übrigens auch sehr schick fand, brachte sie jedem ein Schälchen mit Kräuteroliven und stellte dann eine Platte mit gerösteten Weißbrotstückchen in die Mitte des Tisches . Ich hatte schon vorher deinen Blicken entnommen, dass du dir im Geiste vorstelltest, dass mir so ein Rock auch gut stehen würde. Ich kannte ja inzwischen deine Vorlieben und habe sie ja auch gern mit dir geteilt. Nachdem sie sich dem gewohnten Ritual entsprechend hingesetzt hatte, stießen wir mit jenem wirklich sehr trockenen Couteaux de Languedoc an und gaben uns also zunächst unserem mediterranen Einstimmungsgenuss hin. Die mit Chili und Knoblauch angemachten Oliven waren schon recht scharf. Aber köstlich – ohne Zweifel! Sie dienten dazu, für eine Weile die Konversation vom Geschehen und Erwarteten abzulenken.

 

Doch dann war es abermals Jacques, der die – darf ich sagen 'Inszenierung'? - wieder in Gang brachte. Mit einem Blick zu Gudrun, die ihm gegenüber saß, sagte er ganz beiläufig:

 „Es ist nun an der Zeit, dass du dich entschuldigst.“ Mir stockte ein wenig der Atem, aber sie hatte wohl schon damit gerechnet, dass dies nun kommen würde, denn sie stand ohne zu zögern auf, ging um den Tisch herum zu Jacques, raffte ein wenig ihren Rock und ging dann vor ihm auf die Knie. Mit zu Boden gesenkten Blicken sprach sie dann ganz deutlich: 

 „Ich bitte meinen Gebieter um Entschuldigung dafür, dass ich ihm eine Blöße verschafft habe. Er mag mir dafür eine Strafe auferlegen.“ 

 „Du weißt, was du zu tun hast“, kam es nur von ihm zurück und nun schien auch sie wieder etwas zögerlich. Doch nach einer Weile öffnete sie mit Bedacht, wie mir schien, den seitlichen Verschluss ihres Rockes, um ihn nach unten zu schieben, bis er von selbst hinab glitt und sich auf dem Boden um ihre Knie ausbreitete. Anschließend richtete sie wieder ihr Servierschürzchen so, dass die Schleife ordentlich in ihrer Pofurche zu liegen kam.  

 

Du wirst sicher erstaunt sein, dass ich mir diese Details so gut gemerkt habe. Ich glaube, ich habe manches mehr verinnerlicht, als du je geahnt hast. Wenn ich also meinen Bericht manchmal detaillierter abfasse, als es für dich notwendig wäre, liegt es daran, dass meine Faszination immer noch nachwirkt. Was hast du nur aus mir gemacht!

„Kommentiere dein Tun!“, war dann wohl Jacques' nächstes Kommando, denn Gudrun sprach die nächsten Worte, daran erinnere ich mich genau, mit fast zeremoniellem Unterton:  

„Als Strafe und Wiedergutmachung für die Blöße, die ich meinem Gebieter zugefügt habe, entblöße ich mich selbst – hier, vor allen – und werde entblößt bleiben, bis mir erlaubt wird, mich wieder zu bekleiden.“ Jacques akzeptierte.  

„Gut! Da das aber keine allzu große Strafe für dich ist, werde ich mir wohl noch etwas anderes ausdenken müssen. Nun erhebe dich und serviere uns den Hauptgang!“  

Gudrun beugte sich vor, um den Rock ergreifen und noch einmal ein wenig hochziehen zu können, bevor sie sich vorsichtig erhob, um dann endgültig aus ihrem Rock hinaus steigen zu können. Bevor sie hinein ging, legte sie den Rock behutsam über einen kleinen Korbsessel, der unweit der Terrassentür stand. Noch war mir nicht klar, dass er da nicht lange liegen bleiben würde, auch nicht, als du kommentiertest:

„Gefiel mir eigentlich gut, ihr weißer Faltenrock!“ Mein Verlegenheitserröten, über das ich mich manchmal schwarz geärgert habe, das ich aber einfach nie verhindern konnte - auch jetzt nicht, als Jacques sagte: „Deswegen hab ich ihn sie ja auch anziehen lassen. Weiß ja, dass du so was magst. Würde deiner Kleinen sicher auch gut stehen.“ - war wieder gekoppelt mit der Spannung, wie es wohl weitergehen mochte. Sicher hast du gemerkt, wie ich deinem Blick auswich und nach unten sah, denn dein nächster Schritt brachte mein Blut ganz schön in Wallung und führte dazu, dass ich meine Augen sofort wieder aufrichtete, um meinerseits Blickkontakt zu suchen. Du bist einfach aufgestanden und weggegangen! Weil du angeblich Gudrun in der Küche helfen wolltest. Und sagtest noch im Weggehen: 

„Vielleicht leiht sie ihn ihr ja einmal. Dann können wir das ja später mal ausprobieren.“ Und musst dabei noch das erstaunte Entsetzen an meinen Augen abgelesen haben, mit dem ich immer noch und immer wieder auf Unerwartetes reagiert habe, selbst wenn es etwas war, dass inzwischen fast den Charakter der Selbstverständlichkeit angenommen hatte.  

 

Und natürlich hast du in meinem Blick zugleich meinen quasi angehaltenen Atem heraus gelesen, der dein Tun begleitete, dein Gang in die Küche zu Gudrun, zu Gudrun, die entblößt und verführerisch war. Mein Blick, der dein Tun in Frage stellte und voller Eifersucht war! Ich weiß ja nun, wie falsch das von mir war, jetzt und immer wieder. Aber ich konnte nicht anders. Verzeih, mein Liebster! Verzeih mir nur das. Ich würde alles dafür geben! Aber nichts kann ja rückgängig gemacht werden. Hinterher erzähltest du mir, dass ihr in der Küche lediglich darüber gesprochen hattet, dass es für mich wohl alles ein bisschen zu schnell ginge. Was nebenbei bemerkt auch wirklich so war. Aber ich Dummkopf musste mich revanchieren und tat es dann auch sofort, aber nicht einmal 'richtig'. Während ihr in der Küche ward, fragte ich Jacques um Erlaubnis, ob ich den Rock einmal anprobieren dürfe, um dich damit zu überraschen. Er war sichtlich erstaunt über mein 'Vorpreschen' und ihm war anzumerken, dass er ganz erwartungsvoll der Tatsache entgegen sah, dass ich mich nunmehr vor ihm entblößen würde. Was ich zunächst auch wollte, ich gebe es ja zu! Um dich eifersüchtig zu machen! Aber ich habe gekniffen. Er hat mir noch den Rückenreißverschluss meines Kleides geöffnet, und dann bin ich mit dem Rock, den ich mir zuvor von der Sessellehne geholt hatte, hineingelaufen. Durch die andere Terrassentür. Auf dem Weg, den ich schon kannte, ins Foyer. Habe mir dort hastig das schöne Kleid ausgezogen, das wir mir am Nachmittag gekauft hatten, bin in den Rock hineingestiegen, der wie angegossen passte, und bin dann ganz schnell zur Garderobe gerannt, um meine kurze schwarze Samtjacke, die ich dort wähnte, überzuziehen. Und ich fand sie nicht! Na klar! Gudrun, die unsere Klamotten ja am Nachmittag mitgenommen hatte, damit wir sie beim Einkaufsbummel nicht tragen mussten, hatte sicherlich die Taschen irgendwo abgestellt und war noch nicht zum Auspacken gekommen. Und ich stand nun da. Halbnackt! Oben herum nur meine weiße, offene Büstenhebe! Und ich wollte doch zurück sein, wenn du wieder von der Küche zurückkämest! Verzweifelt lief ich durchs Foyer, war schon fast so weit, mein Kleid wieder anzuziehen, entschloss mich dann aber doch dazu, hinaus zu laufen, meine Blöße zu bedecken und Jacques zu fragen, ob er wisse, wo meine Jacke sei.

 

Nun, was dann kam, weißt du. Fast im selben Moment, als ich mit  vor der Brust gekreuzten Armen in der Tür stand, kamt ihr beiden aus dem anderen Eingang heraus. Gudrun zuerst. Dann du. Mit den Schüsseln voller Köstlichkeiten. Fast wäre ich zur Salzsäule erstarrt, aber ich hatte das Gefühl, dass es dir nicht viel anders erging. Es schien dir die Sprache zu verschlagen bei dem, was du da sahst. Nach Gudrun, die – glaube ich – sofort registriert hatte, was passiert war. Die meine Erschrockenheit darüber, dass ich noch nicht so weit war und darüber, was ich überhaupt da gerade getan hatte, sofort bemerkt hatte und daher wenige Augenblicke später die Situation zu entkrampfen und damit auch deine Sprachlosigkeit zu bemänteln versuchte, indem sie das Essen mit wohl klingenden Worten ankündigte: 'Gnocchi verdi al gorgonzola e pistachi'.

 

Das, nachdem ich, immer noch da stehend, mit roten Schuhen und weißem Rock, und die Blöße meiner nur von der Büstenhebe umrahmten Brüste mit den Händen zu verbergen suchend, gestammelt hatte:

„Ich...ich...hab meine schwarze Jacke nicht finden können.“  

„Das klingt ja verlockend“, mischte Jacques sich nun ein und es war irgendwie nicht klar, ob es sich auf Gudruns oder auf meine Äußerung bezog.  

Dann aber warst du ganz schnell bei mir, nachdem du deine Schüsseln auf dem Tisch abgestellt hattest. Hast nach meinen Händen gegriffen und mich an dich herangezogen.

„Du, ich wollte dir eine Freude machen“, muss ich wohl gestammelt und noch flüsternd angefügt haben: „Und Jacques hat es erlaubt.“  

Letzteres hat mir wohl die Röte ins Gesicht getrieben. Ich habe es jedenfalls selbst so gespürt, denn es schoss mir eine regelrechte Hitzewelle hoch, verbunden mit dem Gedanken, dass ja in unserem bisherigen Spiel nur du es warst, der mir etwas 'erlauben' durfte und ich damit nun möglicherweise ein Tor geöffnet hatte für eine Erweiterung des Spiel, vor der ich mich schon seit der ersten Begegnung mit Jacques gefürchtet hatte – tags zuvor, als du von mir verlangtest, vor ihm das braune Kleid anzuprobieren. Ich denke, du hast gespürt, was da gerade in mir vorging, denn nun übernahmst du wieder ein wenig die Regie, was mich jetzt und auch später in solchen Situationen eigentlich immer etwas beruhigt hat.

 

 „Wunderbar, mein Schatz“, hast du gesagt. „Dann ist ja alles bestens und wir können nun endlich essen!“  

Unter meinem erschrockenen und aufrichtigen Protest, dass ich mir doch noch die Jacke holen wollte, hast du mich aus unserer Umarmung herausgedreht – fast wie bei einem Tanzschritt – und mich zum Tisch hinüber gezogen. Nackt. Bloßgestellt. Mit dem schwachen Trost beschwichtigt, dass ich mir die Jacke später holen dürfe – wenn mir kalt würde. Und Jacques damit wiederum die Gelegenheit für einen seiner ironischen Untertöne gebend:

„So etwas Prachtvolles sollte auch nicht unter einer Jacke verborgen werden!“ Als ich mich dann schließlich ganz brav, wie es unserem Ritual entsprach, hingesetzt hatte, und nun wieder meine Blöße mit meinen Händen zu bedecken versuchte, setzte er dann noch eins drauf und nun wurde mir schummrig zumute: 

„Deine Kleine ist wirklich noch nicht gut erzogen. Du solltest strenger mit ihr sein. Sie hat sich doch eben tatsächlich geweigert, sich hier gleich umzuziehen und ist stattdessen kleinmädchenhaft ins Haus hineingerannt! Also wirklich! Vielleicht sollten wir mal eine gemeinsame Unterrichtssession abhalten. Was hältst du davon?“ 

 

Ich weiß noch, einen Augenblick hast du gezögert, bevor du antwortetest und ich habe gespürt, wie du meinen Blick gesucht hast. Aber dann kam es ganz klar und hart: „Keine schlechte Idee!“

Und dann kamen deine Befehle und ich mag es gar nicht eingestehen – aber es war so, wie es oft schon war – sie gaben mir wieder Sicherheit.

„Schau mich an!“ kam als erstes. Gefolgt von: „Und nimm endlich deine Hände herunter! Und sitz aufrecht!“  

Das Flehentliche in meinem Blick, das meinen inneren Zwiespalt ausdrückte, hast du ganz gewiss wahrgenommen. Und wie ich dann zögerlich meine Hände auf die Tischplatte legte und mich in die Situation ergab, hoffend, dass du am Ball bliebst und nicht Jacques das Terrain wieder überlassen würdest. Was du dann auch tatest, wenn auch unerwartet.

„Was hältst du von Jacques' Idee?“, fordertest du mich heraus. Ich zitterte innerlich. Wie immer, wenn es an eine neue Grenze ging. Nur flüsternd kam wahrscheinlich aus mir hervor: 

„Wenn es mein Gebieter wünscht.“ Ich hatte meine Augen dabei wohl wieder nach unten gerichtet, denn du insistiertest: „Schau mich an! Und dann sag mir, ob du es wünscht! Ob du es wünscht, weil du es für notwendig erachtest!“ 

 

Nun lagen unsere Blicke wieder ineinander. Ich schwamm. Wie weit wolltest du noch gehen, ging mir durch den Sinn – schon wieder.

„Ich weiß es nicht“, sagte ich ganz ehrlich. Ganz leise. Nun war es Jacques, der die Szenerie zu bemänteln versuchte: „Nun, vielleicht weiß sie es ja später. Jetzt lasst uns erst speisen. Sonst wird es noch kalt.“ 

 

Der Genuss der vortrefflichen Speise, deren Zubereitung nach Gudruns Aussage zu überwiegenden Anteilen bei Jacques lag, bescherte mir eine kleine Atempause. Aber wirklich nur eine kleine, denn schon bald triebst du es wieder voran: „Ich bin ganz sicher, dass sie es auch jetzt schon weiß. Aber nach ihrer Bestrafung für ihr ungebührliches Verhalten dir gegenüber, Jacques, wird sie es auch sicher ganz bestimmt sagen!“

Irgendwie hatte ich ja geahnt, dass nun so etwas kommen würde, aber deine Frage an Jacques, ob er dir zwischenzeitlich das besorgt habe, worum du ihn tags zuvor gebeten hattest, verunsicherte mich wieder ein wenig, weil ich nicht einschätzen konnte, worum es sich handelte. Wenig später sollte es mir klar werden.

 

Nachdem wir den Hauptgang beendet hatten, wurde Gudrun losgeschickt, die entsprechenden Dinge zu holen und mir befohlen, nun ganz alleine den Tisch abzuräumen. Ich formuliere es so, weil ich wirklich nicht mehr weiß, wer es befohlen hat und ich mich ja ohnehin schon lange daran gewöhnt hatte, dass 'man' mir etwas befahl, was ich ja auch, so muss ich ehrlich zugeben und du weißt es ja ohnehin, genoss. Zuvor hatte sie mir das schwarze Servierschürzchen abtreten müssen und bevor sie ging, trug Jacques ihr noch auf, den gleichen weißen Faltenrock, von dem sie offenbar zwei Stück besaß, anzuziehen. Er meinte, es sähe doch ganz nett aus, wenn man später vielleicht einen kleinen Spaziergang unternehme und mit zwei gleich gekleideten Sklavinnen ginge. Was ihr kurz darauf auch gleich beschlossen habt, nachdem dir noch eingefallen war, dass ich mich noch gar nicht für das schöne braune Kleid bei Gudrun bedankt hatte, dass sie mir tags zuvor geschenkt hatte und ich nun ja schon ein zweites Teil von ihr trüge. Auf die Frage, ob mir klar sei, dass auch das Konsequenzen nach sich zöge, antwortete ich nur mit einem zaghaften Kopfnicken. Klar denken konnte ich schon lange nicht mehr.

Das Dessert sollte es also später geben, nachdem du noch die voraussichtlich zu erwartenden Geschehnisse etwas ironisch damit rechtfertigtest, dass ein Verdauungsspaziergang den Genuss des Desserts um ein Wesentliches erhöhen würde. Ich durfte nun also endlich meine kurze schwarze Samtjacke überziehen, so dass die schwarzweiße Farbgebung derjenigen Gudruns entsprach, die inzwischen zurück war und zu dem anderen weißen Faltenrock immer noch ihr schwarzes Seidentop trug, dass sie schon die ganze Zeit anhatte. Meine roten Highheels, die wir nachmittags zu dem schönen Pünktchenkleid gekauft hatten, durfte ich gegen meine straßentauglichen Schuhe tauschen, die ich ja in meinem kleinen Gepäck dabei hatte. Mir war natürlich schon klar, dass die 'Werkzeuge', die Gudrun auf den Esstisch gelegt hatte, wirklich eine Verwendung finden würden, aber dass ich die lederne kleine Gerte mit meinen geöffneten Händen würde vor mir hertragen müssen, ließ mir wieder das Blut in den Kopf schießen. Und die Aussicht, dass die anderen Utensilien, die da noch auf dem Tisch lagen und die ich in der Schnelle erst nicht so recht identifizieren konnte, auch für mich bestimmt waren und nicht für Gudrun, die sie zunächst tragen sollte, erzeugte in mir wieder jenes Zittern, dass mir aber immer auch signalisierte, dass es eigentlich zu spät war für jedweden Ausweg.

 

Deiner Bemerkung, dass es unterwegs sicherlich eine Gelegenheit gebe, sie mir anzulegen, hätte es also wirklich nicht mehr bedurft. Aber dass du mich in die Arme genommen hast. Und dass unsere Blicke wieder eine Brücke bauen konnten, wie sie es immer schon getan hatten. Das war gut. Ich habe dadurch immer Sicherheit getankt. Aber zu viel Sicherheit ist nicht gut. Das weiß ich jetzt. Nach noch einem Schluck Rotwein ging es dann los.

 

Mein Liebster, ich bin ja schon mitten drin, fällt mir gerade auf. Aber so war es ja auch von Anfang an und stellt insofern nur eine Widerspiegelung der Geschehnisse dar. Jedoch unterbreche ich bewusst an dieser Stelle und schicke dir in ein paar Tagen das erste Kapitel, das ich dort beginnen lasse, wo wir in den Garten gingen und dass ich im normalen auktorialen Erzählstil  formuliere. So, wie ich es mir dann gedruckt vorstelle. Ich bitte dich, es zunächst abzuwarten, bevor du – hoffentlich – von dir hören lässt. Das würde ich mir jedenfalls sehr wünschen. Einstweilen verbleibe ich – hoffend, dass es dir gut geht.

 

DS

 

 

1. Kapitel      

                                                                                 

 

Die immer noch sehr milde Luft des schon dämmrigen Frühlingsabends nahm sie auf, als sie die Terrasse verließen und in den weitläufigen, parkähnlichen Garten hinter der alten Villa traten. Die von weißem Kies bedeckten Wege, die den Garten durchzogen, boten ihnen Orientierung im Halbdunkel, dass nur noch vom letzten Rot in der Ferne erhellt wurde. Unter einer alten Eiche, deren erste Blattknospen auch im Dunkeln schon eine Ahnung der sommerlichen Mächtigkeit vermittelten, drehte er sie in seine Arme und küsste sie lang und fest. Dann folgten sie Jacques und Gudrun, die ein paar Schritte weiter an einem turnbarrenähnlichen Metallgerüst auf sie gewartet hatten. Eine Weile hielten sie schweigend inne, bis für alle an Teresas Blicken ein neuerlicher Wiedererkennungseffekt ablesbar war. Jean konnte möglicherweise sogar darin sehen, wie sie gedanklich die in seinen Romanen beschriebenen Spielchen zu rekapitulieren versuchte, um innerlich einschätzen zu können, was wohl nunmehr auf sie zukommen würde. Und es war für alle spürbar, dass das damit in ihr einher gehende Prickeln sich wie immer mit der brennenden Frage vermischte, ob das alles nur ein Produkt seiner Phantasie war oder er es und insbesondere dieses jetzt praktisch ausprobiert hatte. Sie merkten, dass es für sie manchmal unaushaltbar war, diese Frage zu unterdrücken.

 

Wie so oft streichelte er ihr zunächst mit seiner rechten Hand zärtlich über die Wange, strich ihr dann durchs Haar und küsste sie. Es war ihr Beruhigungsritual. Es wirkte immer und ließ sie manchmal hinweg fliegen. In solchen Momenten tauchte in ihr der Gedanke auf 'Wozu das alles?' Die beiden anderen betrachteten sie stumm und warteten, bis sie so weit war.

„Gib mir die Gerte und zieh dann deinen Rock aus“, kam dann unverzüglich sein erster Befehl.  

Mit beiden Händen überreichte sie ihm die Gerte, schaute noch einmal in die Runde und machte sich daran, den Rock zu öffnen. Das Ängstliche in ihren Augen, das die anderen sicher wahrnahmen, war durchaus echt, wie immer in solchen Situationen: von neugierigen Blicken beobachtet zu werden, erwischt zu werden bei dem, was sie im Begriff waren zu tun, ausgesetzt der Gefahr des Ertapptwerdens halt. Und zugleich war da immer auch das Prickelnde der Entblößung und das Berauschende der Übereinkunft des Spiels. Einer Übereinkunft, die zwischen ihm und ihr bestanden hatte, ohne dass es da irgendwelcher Worte bedurft hätte. Die immer funktioniert hatte und die sie niemals verlassen hatte. Aber nun hatte sich das Spiel verändert. Da waren also zwei Spieler hinzugekommen. Es war etwas unüberschaubar geworden. So, wie dieser ihr wild anmutende Garten mit den ihn umrahmenden großen Büschen und Bäumen jenseits des ersten, gepflegten Terrassen- und Gartenbereiches. Ihr ging der Gedanke durch den Kopf, dass hier, hinter der mächtigen Eiche, am Metallgerüst, der Eingang zu einem Irrgarten war.

Aber die Neugier war größer als die Furcht und die Lust größer als das Erschrecken. Eigentlich erschrak sie nur über sich selbst. Nicht darüber, dass sie sich möglicherweise den voyeuristischen Blicken irgendwelcher Nachbarn aussetzte, die sie gar nicht kannte und die sie nicht kannten und die nach ihrer Einschätzung auch nicht allzu viel hätten sehen können, obwohl das sommerliche Laub der Bäume ja noch weitgehend fehlte.

 

Nein, als sie sich nun langsam den Rock abstreifte, erschrak sie darüber, mit welcher Selbstverständlichkeit sie es tat vor zwei Menschen, die sie eben erst kennengelernt hatte. Seinen Freunden. Gewiss, zu Gudrun hatte sie spontanes weibliches Vertrauen erfasst, obwohl der Stachel der Eifersucht sie ja auch schon geplagt hatte. Aber Jacques gegenüber empfand sie noch zurückhaltende Distanz. Das konnte sie sich auch noch nicht erklären, denn sympathisch war er ja und es handelte sich um seinen besten Freund. War es gerade das? Jean schien ihre Gedanken zu spüren, denn es war nicht Gudrun sondern Jacques, den er bat, ihr den Rock abzunehmen, nachdem sie hinausgestiegen war.

Konfrontation? Jacques war der einzige, der nichts in Händen hielt, denn Gudrun trug ja die Dinge, mit denen sie die nächste Konfrontation erahnte. Überhaupt, war es das? Konfrontationen? Lag darin ihre Sehnsucht und Abwehr zugleich? Strafe als lustvolle Konfrontation mit dem Unausweichlichen? Das sie jetzt wieder eine erfahren sollte, hatte sie beinahe vergessen, bis er ihr nunmehr befahl, vor das niedrigere der beiden Geländer des Metallgerüstes zu treten. Es befand sich etwa in Höhe ihres Schoßes. Sie musste sich darüber beugen, dann mit den ausgestreckten Armen nach der oberen Stange greifen, die sie ungefähr einen Schritt weit entfernt von der vorderen Stange schätzte, und sich daran festhalten. Sie hatte sich ganz schön zu strecken und beinahe wäre ihr ein Lächeln entglitten angesichts der Tatsache, dass ihr trotz oder vielleicht gerade wegen dieser bizarren Haltung eine Erinnerung an seine Romane durch den Kopf schoss: die Mädchen, die an diesem Gerüst für ihre Vergehen und Fehler im Liebesunterricht bestraft worden waren, hatten doch sicherlich nicht alle die gleiche Körpergröße gehabt. Aber irgendwie hatte es immer gepasst! Oder hatte sie da etwas überlesen? Gab es da einen geheimen Verstellmechanismus? Sie nahm sich vor, ihn gelegentlich auf diese Ungereimtheit aufmerksam zu machen. Aber das war ja abstrus! Es war doch schließlich nur ein Roman. Doch dann begannen wieder ihre Zweifel daran zu keimen – und ebenso daran, dass sie es sich wirklich ersehnt hatte, das alles mit ihm zu leben, was er beschrieben hatte! Aber doch, das war sie. Und hier war die Realität.

 

Der beißende Schmerz seines ersten Hiebes auf ihren entblößten Po riss sie aus diesen Gedanken. Hatte er sie gespürt? Sonst schlug er nie so fest – beim ersten Mal.

„Wage es ja nicht, die Stange loszulassen“, begleitete er mit Worten seine Aktion. Zweiter Hieb. Nicht ganz so fest. Ein gezucktes Stöhnen entfuhr ihr.  

„Ist es nicht sinnvoller, sie anzubinden?“, kam es von Jacques. „Ich denke, das wird nicht nötig sein“, entgegnete er beim dritten Hieb. Das gab ihr wieder Kraft. Er hielt zu ihr. Er wusste, dass sie stark war. Nutzte es nun aber auch leidlich aus. Beim nächsten Hieb musste sie doch ein wenig jaulen und sie fragte sich, ob er etwas von ihr erwartete.  

„Wann wirst du uns endlich sagen, wofür du deine Strafe erhältst?“  

Das war es also. Sie wusste, dass es nicht überzeugend klang, was sie nun sagte und sprach es dennoch aus. In solchen Momenten war ihr nicht klar, was ihr wichtiger war: ihr Trotz, das Spiel, dessen Fortsetzung, dessen Beendigung, die Lust des Schmerzes oder vielleicht auch, die Lust, ihn zu provozieren. Um des weiteren Schmerzes willen? Und damit der Lust?

 

Fast kläglich kam es heraus: „Dafür, dass ich nicht sagen wollte, dass ich den gemeinsamen Unterricht will?“ Nächster Hieb.

„Okay! Erledigt, das wissen wir nun. Nächstes Thema!“  

Sie wusste noch nicht, wie sie es formulieren sollte. Versuchte, Zeit zu gewinnen.

„Bitte! Ja, ich weiß, wofür ich bestraft werde.“ 

„Dann sprich es endlich aus!“ Nächster Hieb. Jetzt musste sie wirklich aufstöhnen.  

 

„Au!“ Er macht eine Pause und wartet. Gudrun hat sich unterdessen vor Jacques hinhocken müssen und ist damit beschäftigt, dessen Stab zu lutschen. Die Utensilien, die sie in den Händen trug, liegen in der Wiese und harren ihrer Verwendung.  

„Ich bin... Als Jacques... Ich....“ Sie muss stottern, weiß jetzt wirklich nicht, wie sie es beendet, denn das möchte sie jetzt. Möchte, dass er sie jetzt einfach nimmt. Tief in sie eindringt und ihre quälende Sehnsucht erlöst.  

„Ich...ich habe. Ich habe mich....“ Jetzt weiß sie, wie sie es sagen muss und hat auch in diesem Moment das Gefühl, dass es ganz echt ist. Ins Spiel passt.  

 

„Ich habe mich Jacques gegenüber ungebührlich verhalten!“ „Dann entschuldige dich bei ihm!“  

Immer noch keine Erlösung. Jetzt ist sie wieder an ihrem Zweifelpunkt. Was erwartet er nur? Langsam spürt sie die Spitze der Gerte durch ihre Furche gleiten und schließlich am Eingang ihrer Grotte verharren. Er macht sie wahnsinnig. Nächster Hieb. Dorthin.

„Öffne deine Jacke!“ Wieder Entblößung. Wie weit würde sie gehen? Sie öffnet die drei Knöpfe ihrer Samtjacke und wagt es, anschließend die Arme davor zu halten. Nächster Hieb.  

„Arme wieder hoch! Und nun entschuldige dich endlich!“  

Leise murmelt sie, was sie denkt, das er hören will:

„Jacques, ich bitte um Verzeihung für mein ungebührliches Benehmen.“  

„Worin bestand dein ungebührliches Benehmen?“  

Bei diesen Worten wirft er die Gerte zur Seite, stellt sich hinter sie, zieht sie ein wenig von der Gerüststange weg, um ihr dann die Beine zu spreizen, soweit es diese Position eben zulässt und dringt nun langsam in sie ein. Ein heftiger Penetrationsschmerz, den sie auf ihre gestreckte Haltung zurückführt, lässt sie zusammenzucken. Doch sobald er in dem langsamen Rhythmus, den sie so mag, sachte und doch fest zustößt und sie bis tief drinnen ausfüllt, gewinnt sie an Sicherheit.

 

Diese Sicherheit ist es, die sie, begleitet von seinen Stößen, sprechen lässt: „Ich habe mich davor gescheut, mich im Beisein Jacques' umzuziehen, obwohl es schneller gegangen wäre und ich dadurch die Überraschung für meinen Gebieter hinbekommen hätte.“

„Präziser!“ Sein Becken klatscht gegen ihres.  

„Ich hätte dem bisherigen Geschehen den unausgesprochenen Wunsch meines Gebieters entnehmen können, mich automatisch, auch wenn mein Gebieter einmal nicht dabei ist, mich auch vor Jacques zu zeigen, wenn es die Situation erfordert.“  

Mit den Händen an ihren Brüsten, die Nippel zwischen Daumen und Zeigefinger zwirbelnd, insistiert er: „Das Letzte ist etwas abstrakt!“

Eine gewisse Zeit braucht sie jetzt wieder. Ganz tief ist er in ihr. Bewegungslos. Quält nur ihre Nippel. Dieser Punkt, immer wieder dieser Punkt. Dann überwindet sie sich.

„Wenn Jacques es fordert“, kommt es dahin gehaucht, flüsternd, mit einem Fragezeichen im Nachklang, der natürlich, aber wohl kaum wahrnehmbar, ihre Angst artikuliert, er könne auch anderes fordern. 

 

Er schien es wahrgenommen zu haben, denn nunmehr setzte er wieder sein sanftes, rhythmisches Stoßen fort, begleitet von den für sie nur vordergründig tröstlichen Worten: „Mein Schatz, du wirst noch eine Menge lernen müssen, aber fürs Erste soll es reichen. Jacques wird nichts fordern, was nicht deiner Erziehung dient. Und Erziehung hast du dir doch ersehnt, nicht wahr?“

Ganz sachte kam ihr Nicken, das ihn bewog nachzuhaken. „Sag es! Sprich es aus, so dass es alle verstehen!“

„Ich habe mir gewünscht erzogen zu werden, um meinem Gebieter eine perfekte Sklavin zu sein.“  

Pause. Nächster fester Stoß.

„Und alles zu tun oder zuzulassen, was diesem Ziel dienlich ist!“  

Den letzten Satz katapultierte sie schnell und fast mit etwas Trotz heraus. Zärtlich ergriff er nun, sich über sie beugend, ihren Kopf, strich durch ihr üppiges, im letzten Abendrot rotbraun leuchtenden Haar, küsste sie darauf und sagte: „Dann bitte Jacques nun um sein Geschenk, das er extra für dich angefertigt hat.“

 

 

Beruhigend seine Kraft in ihr. Nichts konnte ihr jetzt widerfahren und daher hängte sie mit Mut noch an: „Aber ich bitte darum, dass Gudrun sie mir anlegt.“

Dass Jacques schon während dieser ihr wie ein Ritual erscheinenden Aktion Gudrun penetriert hatte, nachdem diese wie in einem Automatismus, in ihrer vorgebeugten Haltung bleibend, die Beine gespreizt hatte, wäre ihr beinahe entgangen, so war sie dem ihr gewidmeten Zeremoniell verhaftet – und dem, was tief in ihr dabei vorging. Erst als sie das Stoßen spürte, das sich in Gudruns Bewegungen übertrug, wurde ihr die 'Skulptur' bewusst, die sich dort gerade gebildet hatte. Sie ihr gegenüber und er ihm gegenüber. Auf jeweiliger Augenhöhe.

Als Nächstes reichte Jacques Gudrun die eigentliche Kette an. Dass es in der Tat  nur eine, an einem Stück gefertigte Kette war, ging ihr jetzt auf, da sie ihr zum ersten Mal vor Augen geführt wurde – ebenso, wie ihr bewusst wurde, dass die in dieses filigrane Schmiedewerk integrierten Brustklemmen doch recht robust waren. Fast ein wenig martialisch kamen sie ihr vor. Sie sollten also wirklich halten. Es war auch das erste, das Gudrun quasi unter Beweis zu stellen versuchte, indem sie diese nacheinander ihren steifen Nippel zuführte. Der Schmerz, der sie dabei durchzuckte, verband sich jeweils mit einem festen Stoß seinerseits und hätte sie taumeln lassen, wären da nicht ihre fixierte Position und ihr fester, unverrückbarer Wille gewesen, sich nichts anmerken zu lassen oder gar die Hände von der oberen Haltestange zu nehmen, um sich zu schützen.

 

 

 

Und dann erst, ganz dann erst, nach dem erneuten Spüren der Innigkeit seiner Umarmung, seines Sie-Haltens, ließ sie den Gedanken in ihrem innersten zu: welch eine Skulptur! Und wieder einmal waren alle Zweifel in ihr wie weggeblasen. Die Zweifel, für die sie sich manchmal selber hasste.

Langsam löste sich die Skulptur. Die hereinbrechende Nacht verschluckte ihre letzten Windungen, die begleitet waren vom Lauschen ins Dunkel,  und erst dann, erst ganz dann vom Gedanken, was wohl nun geschehe.

„Hat Jacques nicht eine schöne Kette für meine Sklavin gemacht?“  

„Ja, mein Liebster! Aber ich kann sie gar nicht richtig begutachten. Ist schon so dunkel.“  

„Schauen wir also, dass wir wieder ins Licht kommen!“ Entgegnung. Fast schon wieder so laut, dass es auch für die anderen war. 

Die Sklavinnen durften nun ihre weißen Röcke wieder anziehen. Ein wenig Erhellung im Dunkel. Ihre Kette durfte sie nicht abnehmen. Sie baumelte etwa bis zu den Knien hinab. Auch ihre Jacke durfte sie nicht schließen. Eigentlich war ihr ja klar gewesen, dass sich die zwischenzeitliche Hoffnung, nunmehr in die Behaglichkeit des Hauses zurückzukehren und abschließenden Entspannung zu erleben, noch nicht erfüllen würde.

Endlich kamen sie an ein schmales, eisernes Gittertor in einer hohen, ihr recht verfallen erscheinenden Mauer, die offensichtlich die Grenze des Grundstücks bildete. Es wurde heller, als sie hindurch gegangen waren. Der geschotterte Weg war gesäumt von ein paar alten, schwach leuchtenden Laternen, von denen eine in unmittelbarer Nähe des Gartentors stand. Unwillkürlich griff sie nach den Schößen ihrer Jacke, um ihre Blöße zu bedecken und die Kette darunter zu verbergen. Zärtlich, aber bestimmt ergriff er daraufhin ihre Hände, führte sie hinter ihren Rücken und forderte Gudrun auf, sie festzuhalten.

Er zog mit einer Hand an der Kette und machte sich zugleich mit der anderen an ihren Nippeln zu schaffen. Er bat Jacques, ein wenig aufzupassen, ob sich jemand nähere, was sie unruhiger machte, als hätte er es nicht gesagt, deutete es doch daraufhin, dass dieser Weg möglicherweise mehr von abendlichen Spaziergängern frequentiert war, als der erste, beruhigende Eindruck es hatte vermuten lassen. Oder ging es ihm nur darum, diesen ersten, wohl doch zutreffenden Eindruck zu verscheuchen, um ihre Aufgeregtheit in Form der Angst des Gesehen-Werdens zu erhöhen? Ihre Nippel standen jedenfalls fest, ob nun durch die Frische der Abendbrise hervorgerufen oder durch ihr inneres Zittern, das zunahm durch die zwirbelnden Bewegungen seiner Finger. Er hatte jedenfalls keine Mühe, die Klammern zu befestigen, nachdem er zuvor in beide Nippel je einmal hineingebissen hatte.

 

Erst, als er ihr die Kette abnahm, sie ihr dreimal um den Hals legte, den Ring des Kettenendes an der Öse des Halsbandes befestigte und dann das ganze sorgfältig im Dekolleté drapierte, ging ihr der beruhigende Gedanke durch den Kopf, dass ein Betrachter auch hätte denken können, er sei ihr beim Richten ihres versehentlich aufgegangenen Halsschmuckes behilflich gewesen. Manchmal erschien es ihr selbst merkwürdig, dass sie immer noch und immer wieder innerlich nach solchen Erklärungen suchte, die eine Normalität suggerierten, die es längst nicht mehr gab.

Aber was war normal? Dass er sie nunmehr an die Hand nahm und sie wie ein 'normales' Liebespaar hinter Gudrun und Jacques her schlenderten, die ihrerseits Hand in Hand gingen? Dass sie unter der äußeren Bravheit ihrer Kleidung ihre Nacktheit, ihre Verfügbarkeit sowie die Insignien ihrer Lust, ihres Schmerzes, ihrer Abhängigkeit und Hingabe verbarg? War es normal, dass sie sich immer wieder einließ, Grenzen zu überschreiten, weil das Erleben ihrer Vertrautheit sie vor Glück schweben ließ? Vielleicht war das gerade normal! War denn nicht Vertrauen normaler als Misstrauen? War genau das normal, was sie zuließ?