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Nr. 116

– ATLAN exklusiv Band 8 –

 

Welt der tausend Foltern

 

Der Kristallprinz auf Ganberaan – dem Planeten des Schreckens

 

von Ernst Vlcek

 

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Im Großen Imperium der Arkoniden schreibt man das Jahr 10.497 v.A. – eine Zeit, die dem 9. Jahrtausend v. Chr. entspricht, eine Zeit also, da die Erdbewohner in Barbarei und Primitivität verharren und nichts mehr von den Sternen oder dem großen Erbe des untergegangenen Lemuria wissen.

Arkon hingegen – obzwar im Krieg gegen die Maahks befindlich – steht in voller Blüte. Imperator des Reiches ist Orbanaschol III., ein brutaler und listiger Mann, der den Tod seines Bruders Gonozal VII. inszeniert hat, um selbst die Herrschaft übernehmen zu können.

Auch wenn Orbanaschol seine Herrschaft gefestigt hat – einen Mann hat der Imperator von Arkon zu fürchten: Atlan, den rechtmäßigen Thronerben, der kurz nach dem Tode Gonozals zusammen mit Fartuloon, dessen Leibarzt, spurlos verschwand und bei der Allgemeinheit längst als verschollen oder tot gilt.

Doch der junge Kristallprinz ist quicklebendig! Nachdem man ihn über seine wahre Herkunft informiert und sein Extrahirn aktiviert hat, ist sein ganzes Sinnen und Trachten nur darauf gerichtet, den Usurpator zu stürzen.

Im Zuge seiner Maßnahmen bleibt Atlan – in der Maske des Satago Werbot – dem Blinden Sofgart, dem Henker des Imperators, dicht auf den Fersen. Atlan will Farnathia befreien, das Mädchen, das er liebt, und er landet auf der WELT DER TAUSEND FOLTERN ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Atlan – Der Kristallprinz sucht Farnathia.

Desto Argam – Besatzungsmitglied eines Kralasenenschiffes.

Ta-Amonte – Atlans neuer Gefährte.

Mingor – Ein Vulther.

Der Seelenfänger – Wächter der Folterwelt des Blinden Sofgart.

1.

 

Die Gespräche verstummten für einen Moment, als ich den Mannschaftsraum betrat. Ich fühlte die Blicke der wenigen Männer, die sich hier ihre Freizeit vertrieben, kurz auf mir ruhen. Sie wandten sich aber gleich darauf desinteressiert ab, und das verhaltene Stimmengemurmel setzte wieder ein.

Nur einer von ihnen sah weiterhin in meine Richtung. Es war Desto Argam, der mit mir im Maschinenraum arbeitete. Er gehörte nicht zu den privilegierten Kralasenen, sondern stand mit mir auf einer Stufe und durfte an Bord nicht einmal eine Waffe tragen. Dennoch spielte er sich ständig wie mein Vorgesetzter auf. Ich ließ ihn gewähren, weil ich einem Streit aus dem Wege gehen wollte. Das war vielleicht mein Fehler, denn er deutete es als Schwäche und spielte mir gegenüber den Starken. Aber ich ertrug auch das, denn ich hatte nur ein Ziel:

Farnathia aus den Klauen des Blinden Sofgart zu befreien!

Ich tat, als sehe ich Desto Argam nicht. Aber er hob den Arm und rief mir zu:

»He, Satago, komm mal 'rüber!«

Damit bist du gemeint, klärte mich mein Extrasinn auf.

Ich unterdrückte den aufkommenden Ärger über die Bevormundung meines Extrahirns und setzte mich in Bewegung.

Als ob ich es je vergessen könnte, dass ich mich Satago Werbot nannte, seit ich zur Schiffsbesatzung des Blinden Sofgart gehörte! Ich hatte mir zur Tarnung nicht nur einen falschen Namen zugelegt, sondern mein Haar schwarz färben und mein Gesicht älter machen lassen. An mein neues Spiegelbild war ich längst gewöhnt.

Und dann meldete sich mein Extrasinn und erinnerte mich daran, dass ich es war, der mit Satago angesprochen wurde.

Es erfüllte mich mit Stolz, dass ich einer von wenigen war, der auf Largamenia die Reifeprüfung bestanden und die ARK SUMMIA Dritter Stufe erhalten hatte. Das war nicht nur eine ideelle Auszeichnung, sondern brachte mir auch die Aktivierung meines Extrahirns ein – was für mich von unschätzbarem Wert war. Dieser Extrasinn oder Logiksektor half mir, im Zweifelsfall die bessere von zwei Alternativen zu wählen, so dass ich schneller und gezielter handeln konnte; er schärfte meinen Verstand, machte ihn analytischer und lenkte mein Denken ganz allgemein in logische Bahnen.

Es kam aber gelegentlich noch zu Auswüchsen, die ich als unangenehm empfand. Der Extrasinn entglitt manchmal meiner Kontrolle und meldete sich zu den unpassendsten Momenten – so wie eben jetzt, als er mich auf meinen Tarnnamen aufmerksam machte. Aber diese Nebenerscheinungen waren im Vergleich zu den Vorteilen, die mir der Extrasinn brachte, relativ unbedeutend.

Ich setzte mich zu Desto Argam an den Tisch.

»Immer noch unzufrieden mit dem Schicksal?«, fragte er mich grinsend.

Er versuchte immer wieder, mich mit ein und derselben Sache aufzuziehen. Ich hörte gar nicht mehr hin. Aber er ließ nicht locker.

»Ich kann schon verstehen, dass dir die Arbeit im Maschinenraum nicht behagt«, fuhr er fort. »Als du nach Trumschvaar kamst, um dich den Kralasenen anzuschließen, da hast du geglaubt, der Blinde Sofgart würde dich sofort in seine Leibgarde aufnehmen. Ich fühle mit dir, Satago! Ich kann mir vorstellen, was für ein Schock es für dich war, als du dich im Maschinenraum wiederfandest.«

»Sei still!«, sagte ich mit gespieltem Zorn.

Doch Argam dachte nicht daran.

»Du kannst dich damit trösten, dass auch andere Kralasenen klein angefangen haben. Vielleicht kommt eines Tages deine Chance, und du kannst dem Blinden Sofgart beweisen, was für ein Kerl du bist. Vielleicht aber kommt sie auch nie, und du wirst im Maschinenraum steinalt.«

»Dazu kommt es nicht«, erwiderte ich gepresst. »Ich könnte es mit jedem Kralasenen aus Sofgarts Leibwache aufnehmen. Das weiß ich. Der Tag wird kommen, an dem ich Sofgart auf meine Fähigkeiten aufmerksam machen kann. Dann wird er mich einfach beachten müssen.«

»Hört, hört!«, rief Argam belustigt. Er machte sofort wieder ein ernstes Gesicht, beugte sich zu mir über den Tisch und raunte: »Wenn du die Befähigung zu Höherem in dir fühlst, dann solltest du nicht länger warten. Suche den Blinden Sofgart auf und zeige ihm, was du kannst. Jetzt, nach der Landung auf der Folterwelt, gibt es für dich kaum mehr etwas zu tun. Du könntest dir also etwas einfallen lassen, um Sofgart zu imponieren. Wie wäre es zum Beispiel damit, wenn du das Schiff heimlich verlässt und versuchst, ihm zu folgen. Wenn es dir gelingt, ihn lebend zu erreichen, dann nimmt er dich bestimmt in seiner Leibgarde auf. Dafür verbürge ich mich.«

Die anderen Männer an den umliegenden Tischen hatten Argams Worten grinsend gelauscht. Als er nun endete, begannen sie grölend zu lachen.

Ich wusste, dass sie sich auf meine Kosten amüsierten. Aber das berührte mich im Moment überhaupt nicht. Argam hatte etwas gesagt, das mich stutzig machte.

»Stimmt es, dass der Blinde Sofgart von Bord gegangen ist?«, fragte ich, um mir Gewissheit zu verschaffen.

»Ja, doch«, bestätigte Argam lachend. »Es ist noch gar nicht lange her, dass er mit der Gefangenen und in Begleitung seiner Eliteleibwache das Schiff verlassen hat. Du könntest sie noch einholen. Das heißt, falls du nicht in der Hölle dieses Planeten umkommst.«

Wieder lachten die Männer im Gemeinschaftsraum schallend.

Ich sank in mich zusammen. Für einen Moment war Hoffnung in mir aufgeflackert. Ich hatte mir schon die Chancen ausgerechnet, die ich hatte, um Farnathia zu befreien, wenn der Blinde Sofgart mit seiner Leibgarde von Bord war. Doch nun blieb mir nur Resignation: Sofgart, dieser Teufel, hatte Farnathia mit sich genommen!

»Na, mir scheint, du bist auf einmal nicht mehr so versessen darauf, dem Blinden Sofgart eine Probe von deinem Mut zu geben, Satago«, hörte ich Argam sagen.

Ich hätte Lust gehabt, mich auf ihn zu stürzen und ihm das Maul zu stopfen. Aber ich bezähmte mich und gab mich äußerlich ruhig.

»Ich kann warten«, sagte ich. »Meine Zeit kommt schon. Jetzt werde ich erst einmal meinen Landurlaub genießen.«

Zu meiner Überraschung hatte ich mit dieser harmlosen Bemerkung einen unglaublichen Heiterkeitserfolg. Die Männer bogen sich förmlich vor Lachen.

»Er will seinen Landurlaub genießen«, rief einer unter Lachtränen.

»Willst wohl ein wenig im Sumpf baden, Satago!«, rief ein anderer.

»Oder dich mit Riesenspinnen balgen?«

Ich erfuhr erst etwas später, warum sich die Männer über mich amüsierten. Argam wurde wieder ernst und sagte:

»Abgesehen davon, dass dieser Planet nicht gerade gastfreundlich zu nennen ist und keiner von den Eingeweihten Lust verspürt, das Raumschiff zu verlassen, so hat der Blinde Sofgart eine generelle Ausgangssperre verfügt. Die Mannschaft muss an Bord bleiben und auf seine Rückkehr warten.«

»Weiß man, wann er zurückkommt?«, fragte ich.

Argam zuckte die Schultern.

»Das hängt davon ab, wie lange er sich mit seiner Gefangenen vergnügt.«

Als Argam so von Farnathia sprach, sah ich plötzlich rot. Mein Gesicht muss in diesem Moment zum Fürchten ausgesehen haben, denn er zuckte entsetzt zurück und hob abwehrend die Hände.

»Du wirst doch einen Scherz unter Männern nicht gleich übelnehmen, Satago«, sagte er schnell. »Du kannst es mir bei Gelegenheit mit gleicher Münze zurückzahlen, dass ich dich auf den Arm genommen habe. Aber jetzt mach keine Dummheiten. Ehrlich gestanden, ich mag dich ganz gern.«

Es war nicht auf Argams Besänftigungsversuche zurückzuführen, dass ich mich schließlich beruhigte – es war mein Extrasinn, der mich zur Besinnung brachte.

Ohne auf das Vorgefallene noch einmal einzugehen, erhob ich mich und wollte den Mannschaftsraum verlassen. Doch Argam hielt mich am Arm zurück. Ich blickte ihm herausfordernd in die Augen und wunderte mich darüber, darin einen Ausdruck von Bestürzung zu sehen – aber in seinem Blick war auch eine stumme Bitte.

»Warte einen Augenblick, Satago«, sagte er mit krächzender Stimme. »Ich möchte dir ein Geschäft vorschlagen.«

»Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich mit dir handelseinig werden könnte«, erwiderte ich, obwohl ich nicht uninteressiert war. Argams Haltung war nicht so, als ob er wieder einen seiner üblen Scherze anbringen wollte.

»Hör dir einmal an, was ich dir vorzuschlagen habe«, beschwor er mich. »Ich bin sicher, dass es ein Geschäft nach deinem Geschmack ist – und du schneidest bestimmt nicht schlecht dabei ab.«

Ich blieb zögernd stehen.

»Worum geht es also?«

Argam blickte sich gehetzt nach den anderen Männern um, die sich längst nicht mehr um uns kümmerten.

»Nicht hier«, sagte er und erhob sich ebenfalls. »Gehen wir in meine Kabine.«

Vorsicht, warnte mich mein Extrasinn. Diesem Desto Argam darf man nicht über den Weg trauen.

2.

 

Ich wartete, bis Argam durch die Tür gegangen war, dann folgte ich ihm. Er bewohnte eine Einzelkabine, in der eine unbeschreibliche Unordnung herrschte. Ich schloss die Tür hinter mir und blieb davor stehen, um mich gegebenenfalls schnell zurückziehen zu können.

»Hier sieht es nicht immer so aus«, entschuldigte sich Argam. »Aber ich habe etwas gesucht ... daher dieses Durcheinander. Ich habe mir eingebildet, noch etwas davon in Reserve zu haben. Doch das war ein Irrtum. Ich habe meinen Vorrat aufgebraucht ...«

»Das Geschäft«, erinnerte ich ihn.

Er lächelte. »Das gehört dazu.«

»Was?«

Er machte eine unbestimmte Handbewegung, in seinem Gesicht zuckte es. Ich beobachtete ihn. Er hatte sich merklich verändert, seit ich im Mannschaftsraum zu ihm gestoßen war; seine Bewegungen wirkten linkisch und nervös, seine Stimme klang unsicher, er sprach abgehackt und manchmal unzusammenhängend, als würde er immer wieder den Faden verlieren.

Er fuchtelte mit den Händen durch die Luft.

»Na, das was ich suche, gehört doch zum Geschäft«, sprudelte es über seine Lippen. »Ich brauche es, sonst werde ich wahnsinnig. Der Blinde Sofgart hat mich immer kurz gehalten, er hat sich an meinen Qualen geweidet, die ich ausstand, wenn er mir den Stoff zu lange vorenthielt. Aber wenn ich auf der Kippe stand, hat er mir die benötigte Dosis gegeben. Und nun ...«

Ich sah klar. Argam war süchtig.

»Jetzt ist er verschwunden, ohne dir eine Dosis des Suchtgifts zu hinterlassen«, vollendete ich den Satz.

»Er muss es vergessen haben«, meinte Argam. »Ja, so muss es sein. Denn ihm liegt sicher nichts daran, dass ich umkomme. Er quält mich manchmal, aber töten will er mich nicht. Das beabsichtigt er bestimmt nicht.«

»Warum sagst du mir das alles?«, fragte ich ihn.

Er blickte mich mit lodernden Augen an, und ich ahnte, dass er knapp vor einer Krise stand.

»Es ist nicht so, dass der Blinde Sofgart nichts von dem Stoff vorrätig hätte«, sagte Argam. »O nein! Er muss ja außer mir auch noch einige andere an Bord versorgen. Er tut es gerne, weil er uns damit an sich bindet. Wir sind von ihm abhängig. Er hat genügend von diesem Zeug vorrätig. Er hat nur vergessen, es zu verteilen. Deshalb ist es bestimmt in seinem Sinn, wenn ich es mir beschaffe. Das heißt, persönlich kann ich nichts unternehmen. Die Wachen würden sofort wissen, worum es mir geht, und sie würden mich zum Teufel jagen.«

»Tut mir leid, Desto«, sagte ich und wandte mich zur Tür. »Aber ich kann dir auch nicht helfen.«

Ich hatte natürlich sofort erkannt, dass er mich dafür einspannen wollte, ihm das Suchtgift zu beschaffen. Aber ich dachte nicht daran, mein Leben für ihn aufs Spiel zu setzen. Wenn ich schon ein solches Risiko einging, dann nur für Farnathia.

»Halt!«, hörte ich seine drohende Stimme in meinem Rücken. »Wenn du die Tür öffnest, dann brenne ich dir ein Loch in den Schädel.«

Ich dachte, er bluffe nur, weil ich wusste, dass ihm der Besitz einer Waffe ebenso wie mir untersagt war. Aber ich drehte mich dann doch um und sah verblüfft, dass er tatsächlich einen kleinen, aber leistungsstarken Strahler in der Hand hielt.

»Woher hast du diese Waffe?«, wunderte ich mich.

Argam lachte nur.

»Was ich sagte, war keine leere Drohung, Satago. Wenn du diese Kabine verlässt, dann entweder als mein Verbündeter oder als toter Mann. Ich kann es mir nicht leisten, dass du mich verrätst. Ich verlange nicht, dass du umsonst etwas für mich tust. Dieser Strahler hier hat noch einen Bruder – der könnte dir gehören!«

Dieses Angebot war zwar verlockend, aber der Preis dafür zu hoch.

»Wie stellst du dir das eigentlich vor, Desto«, sagte ich. »Glaubst du, ich kann einfach in Sofgarts Kabine gehen und mit dem Suchtgift wieder verschwinden? Das wäre glatter Selbstmord.«

Er kicherte.

»Klar wäre das Selbstmord. Aber wer behauptet, dass du dich in die Kabine des Blinden Sofgarts schleichen sollst? Das Zeug, das ich brauche, ist ganz woanders zu finden. Es handelt sich nicht um ein Suchtgift im üblichen Sinne – so einfallslos ist der Blinde Sofgart nicht. Er hat sich etwas viel Teuflischeres einfallen lassen. Habe ich dir eigentlich erzählt, dass ich schon einmal auf dieser Folterwelt war – dass ich den Planeten betreten habe?«

»Nein.«

»Dann setz dich, ich werde dir davon erzählen.«

Ich setzte mich auf den Rand eines Stuhles. Dadurch kam ich Argam um eineinhalb Schritt näher. Ich entspannte mich nicht, sondern saß sprungbereit da. Aber Argams Wachsamkeit ließ nicht nach, obwohl sich sein Zustand von Moment zu Moment verschlechterte.

»Der Blinde Sofgart hat mich zusammen mit einigen anderen in einem Wehrturm auf dieser Welt ausgesetzt«, erzählte Argam. »Wir hatten keine Ahnung, was wir dort sollten, glaubten aber, dass wir das Vordringen der mörderischen Tier- und Pflanzenwelt verhindern mussten. Wir sahen das als eine Art Prüfung an, durch die wir uns für seine Leibgarde qualifizieren sollten.

Schon am ersten Tag mussten wir erkennen, dass wir in dem Wehrturm auf verlorenem Posten standen. Wir waren zwar bis an die Zähne bewaffnet und hätten es mit allen Riesenungeheuern dieser Welt aufnehmen können. Aber diese kamen nicht. Statt ihrer wurden wir von Schwärmen von Stechmücken überfallen. Einen Tag danach sahen wir alle wie Aussätzige aus – unsere Körper waren voll von Beulen. Wir dachten, dass dies unser Ende sei. Aber am dritten Tag landete ein Gleiter mit Kralasenen und brachte uns an Bord von Sofgarts Schiff. Dort wurden wir in einem Quarantäneraum untergebracht. Fünf Tage blieben wir dort – so lange, bis die Insektenbrut, die in den Beulen an unseren Körpern heranwuchs, ausschlüpfte.

Der Blinde Sofgart fing die Insekten ein und züchtet sie seit damals an Bord einiger seiner Schiffe in Tieren und Menschen. Und alle, die einmal von diesen Insekten gestochen wurden, sind fortan so süchtig wie ich. Eigentlich bin ich immun gegen diese Parasiten. Das heißt, wenn eines dieser Insekten seine Brut in meinem Körper hinterlegt, so stirbt diese ab – und die Rückstände werden von meinem Körper verarbeitet. Darauf, Satago, bin ich süchtig. Du musst mir einen solchen Parasiten beschaffen, sonst bin ich verloren!«

Ich sah Argam von diesem Augenblick an mit ganz anderen Augen. Er tat mir leid. Aber ich hatte trotzdem nicht die Absicht, mein Leben für ihn zu riskieren.

»Verstehst du jetzt, warum das Suchtgift nicht in Sofgarts Kabine gelagert ist?«, sagte er und kicherte wieder. »Die Stechmücken werden in einem besonderen Raum und einzeln in winzigen Behältern gehalten. Beschaffe mir einen dieser Behälter, Satago, und du kannst alles von mir haben. Du hast mein Leben in der Hand! Ich liefere mich dir völlig aus.«

»Wenn es so einfach ist, an die Parasiten heranzukommen, warum beschaffst du sie dir nicht selbst?«, fragte ich, um Zeit zu gewinnen.

»Das habe ich dir doch schon erklärt«, sagte er ungeduldig. »Ich bin als Süchtiger bekannt. Wenn ich mich in der Nähe des Brutraums blicken lasse, bin ich geliefert. Auf dich wird dagegen kein Verdacht fallen.«

»Aber der Brutraum wird sicherlich bewacht«, wandte ich ein. »Soll ich die Wachen einfach über den Haufen schießen?«

»Ich erkläre dir noch, wie du ihnen am besten aus dem Wege gehst.« Er blickte auf den Zeitmesser an der Wand und fuhr fort: »In wenigen Augenblicken ist Wachablösung. Das ist der Zeitpunkt, wo du zuschlagen musst. Ich habe bereits alles bis ins kleinste Detail geplant. Pass auf!«

Ohne mich aus den Augen zu lassen, ging er zur Bordsprechanlage und hantierte mit der freien Hand daran herum, während er mit der anderen die Waffe auf mich gerichtet hielt.

Es dauerte nicht lange, da ertönten Stimmen aus dem Lautsprecher.

»Ich musste lange an der Sprechanlage herumbasteln, bis es mir gelang, die Frequenz der Wachmannschaft anzuzapfen«, sagte er. »Aber die Mühe hat sich gelohnt. Wenn du dich genau an den von mir ausgearbeiteten Zeitplan hältst, dann werden dich die Wachen nicht entdecken. Was ist, bist du mein Mann, Satago? Du könntest schon bald im Besitz einer Strahlwaffe sein.«

Ich wollte ihn fragen, was passierte, wenn ich ablehnte, doch darauf gab mir mein Extrasinn die Antwort: