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Nr. 153

– Im Auftrag der Menschheit Band 128 –

 

Straße im Kosmos

 

Sie sind die Boten Skanmanyons – sie bringen der Menschheit das Chaos

 

von Ernst Vlcek

 

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Auf den Stützpunkten der USO, den Planeten des Solaren Imperiums und den übrigen Menschheitswelten schreibt man Mitte Juni des Jahres 2843.

Lordadmiral Atlan hat bei seinem Einsatz auf dem Planeten Karagam den geraubten Zellaktivator noch gerade rechtzeitig zurückgewonnen. Der kopierte Bewusstseinsinhalt des jungen Kristallprinzen Atlan, der Körper und Geist Curs Broomers übernommen hatte, existiert nicht mehr. Auch der Körper Broomers ist tot – und damit ist eine Episode beendet, die nicht nur in Kreisen der USO beträchtliche Unruhe und Aufregung verursacht hatte.

Doch schon vor diesem Zeitpunkt hat sich eine neue Krise angebahnt, die den Lordadmiral zum Eingreifen veranlasst. Ausgangspunkt dieser Krise ist ein Sonnensystem in der Eastside der Galaxis. Hier, und zwar auf der Welt Komouir, sind wertvolle Schwingkristalle entdeckt worden.

Die Entdeckung hat sofort bei allen Prospektoren und Glücksrittern in der Nähe einen wahren Run ausgelöst. Die USO und das Solare Imperium haben dabei das Nachsehen, denn sie sind nicht frühzeitig genug informiert worden. Selbst Froom Wirtz, der in der Nähe von Komouir tätige Instinkt-Spezialist der USO, hat keine Meldung abgeben können.

Jetzt jedoch greifen Atlan und IS Wirtz persönlich ein. Von Terrania Skeller, einem parapsychisch begabten Kind, begleitet, erreichen sie Komouir, die Welt der Schatzsucher. Dort entdecken sie das »schweigende Raumschiff« und die STRASSE IM KOSMOS ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Atlan – Der USO-Chef auf den Spuren der Verantwortlichen für den Hohlweltwahn.

Froom Wirtz – Der IS wird aktiv.

Terrania Skeller – Das Mädchen nimmt Kontakt mit Fremden auf.

Vart Loo – Anführer einer Gruppe von Antis.

Laroop – Vart Loos Widersacher.

Grevier – Ein Mann, der sich opfert.

1.

 

»Terrania! Komm sofort zurück!«

Froom Wirtz brüllte aus Leibeskräften. Doch als sei die ohnehin dünne Atmosphäre von Komouir in der Nähe der Absturzstelle des fremden Raumschiffes ein noch viel schlechterer Schallträger als anderswo, klang seine Stimme so leise und schwach wie ein Flüstern.

Das bis auf die Knochen abgemagerte Mädchen reagierte überhaupt nicht auf seine Rufe. Vielleicht hörte sie ihn nicht, oder aber sie kümmerte sich nicht darum. Jedenfalls ging sie unbeirrbar auf das Nebelfeld zu, das die Absturzstelle einhüllte und keine Einzelheiten erkennen ließ. Sie bewegte sich wie in Trance und doch so sicher wie eine Schlafwandlerin, die in ihrer eigenen und nur ihr bekannten Welt lebt.

»Wir dürfen sie nicht allein lassen«, sagte der dunkelhaarige Mann neben Froom Wirtz.

Doch bevor er etwas unternehmen konnte, war Froom Wirtz schon auf den Beinen und lief dem Mädchen nach. Er erreichte sie, als ihre schmale Gestalt von den ersten Nebelschwaden eingehüllt wurde.

Plötzlich geriet der Nebel in Bewegung, ein Heulen ging durch die dünne Luft, und ein heftiger Windstoß erfasste Terrania Skeller und trieb sie zurück. Ohne eine Abwehrbewegung oder einen Laut stolperte sie rückwärts und wäre von der Bö zu Boden gestoßen worden, hätte Wirtz sie nicht im letzten Moment aufgefangen.

Er ging mit ihr hinter einen Felsbrocken in Deckung. Doch war dies eine überflüssige Vorsichtsmaßnahme, denn kaum waren sie aus dem Nebelfeld, flaute der Wind sofort wieder ab.

»Was fällt dir ein, einfach davonzulaufen, ohne uns ein Wort zu sagen«, schalt Wirtz das Mädchen.

Er verstummte jäh, als er sie genauer ansah. Terrania wirkte völlig apathisch. Ihr Gesicht war bar jeglichen Ausdrucks. Ihre großen braunen Augen waren zwar auf ihn gerichtet, doch sie blickten durch ihn hindurch. Sie merkte es nicht einmal, als der zweite Mann herankam.

Er war viel größer als Wirtz und wirkte viel kräftiger und durchtrainierter, wenngleich auch er von schlanker Gestalt war. Er nannte sich Bralt Meeker – zumindest hatte er sich diesen Namen zugelegt, solange er in der Schatzgräbersiedlung Rekeul weilte. Aber seit er mit Wirtz und Terrania allein war, legte er auf sein Inkognito keinen Wert mehr. Und Wirtz nannte ihn auch bei seinem richtigen Namen, als er ihn ansprach.

»Atlan, was halten Sie von Terranias Zustand?«

»Wir werden ein wachsames Auge auf sie haben müssen«, meinte Atlan.

»Wir erleben es nicht zum ersten Mal, dass sie in Trance verfällt, aber diesmal scheint diese tiefergreifend zu sein. Ein Beweis mehr dafür, dass sie auf irgendeine Art in geistiger Abhängigkeit zu diesem fremden Raumschiff steht.«

»Wir hätten sie nicht mitnehmen dürfen«, sagte Wirtz. »Sie ist uns bei diesem Unternehmen nur hinderlich.«

»Dieser Ansicht bin ich nicht«, entgegnete Atlan. »Wenn sie wirklich im Bann einer geistigen Macht steht, die von dem Raumschiff ausgeht, dann könnte sie uns durch Informationen weiterhelfen. Abgesehen davon wäre es viel zu gefährlich gewesen, sie zurückzulassen. Wenn sie den Schatzsuchern in die Hände gefallen wäre, hätten sie diese gelyncht.«

Dem musste Wirtz vorbehaltlos zustimmen. Es gab in weitem Umkreis von der Schatzgräbersiedlung Rekeul kein sicheres Versteck.

Die Schatzsucher und Prospektoren hatten schon vor dem Auftauchen des fremden Raumschiffs Jagd auf Atlan, Wirtz und das neunjährige Mädchen gemacht, weil sie sie als Konkurrenten und Diebe ansahen.

Als dann die schwarze Riesenscheibe von ungefähr 3000 Meter Durchmesser und 500 Meter Dicke aufgetaucht und später in 100 Kilometer Entfernung abgestürzt war, bekamen die Schatzsucher einen weiteren Grund, die drei Fremden zu jagen.

Denn mit dem Auftauchen des fremden, scheibenförmigen Raumschiffes verfielen alle Bewohner von Komouir dem Hohlweltrausch. Und da Atlan, Wirtz und Terrania immun dagegen waren, galten sie in den Augen der Hohlweltler als entartet.

Wirtz hatte sofort beim Anblick der schwarzen Riesenscheibe die Ähnlichkeit der Abmessungen zu dem auf Wiga-Wigo abgestürzten Raumschiff erkannt, nach dem in Menschende gegraben worden war. Und Wirtz bezweifelte auch nicht, dass Atlan recht hatte, als er behauptete, dass die beiden Raumschiffe identisch waren. Das bedeutete aber, dass das Raumschiff von seiner Absturzstelle auf Wiga-Wigo gestartet, zum Tiffak-System geflogen war und auf dem zweiten Planeten Komouir neuerlich abstürzte.

Was steckte dahinter? Welches Geheimnis barg das unbekannte Raumschiff mit den äußerst kuriosen Fluggewohnheiten und der unheimlichen Ausstrahlung, die alle Intelligenzwesen in einen Hohlweltrausch stürzte? Und warum waren ausgerechnet sie – Atlan, Terrania Skeller und er, Froom Wirtz – immun dagegen?

Sie waren aus dem Gebiet von Rekeul zur Absturzstelle aufgebrochen, um hier des Rätsels Lösung zu finden.

Bisher hatten sie aber noch keine aufschlussreichen Entdeckungen gemacht – außer, dass das Gebiet um die Absturzstelle sich verändert hatte und das Scheibenraumschiff unter einer dichten Nebelglocke lag und somit für sie unsichtbar war.

»Wir müssen es riskieren, näher an das Raumschiff heranzukommen«, hatte Atlan an ihrem Beobachtungsposten gesagt.

Und als sei dies eine Aufforderung für Terrania gewesen, machte sie sich kommentarlos auf den Weg.

Jetzt hielt Wirtz sie an den dünnen Ärmchen fest. Sie wirkte immer noch wie in Trance, machte jedoch keine Anstalten, sich aus Wirtz' Griff zu befreien. Es hatte den Anschein, als dass es sie überhaupt nicht berührte, was um sie vorging und was mit ihr geschah. Nur einmal versuchte sie, sich wieder in Richtung der Absturzstelle in Bewegung zu setzen, gab diesen Versuch aber sofort wieder auf, als Wirtz sie mit sanftem Druck daran hinderte.

»Lassen Sie Terrania los, Wirtz«, verlangte Atlan von dem Instinkt-Spezialisten, dessen Fähigkeiten inzwischen aktiviert worden waren.

»Ich verstehe«, sagte Wirtz und ließ Terrania los. »Sie wollen, dass sie uns ans Ziel führt. Aber ist es nicht ein zu großes Risiko, sich dem Raumschiff ohne Ausrüstung zu nähern?«

»Wenn wir in unseren Nachforschungen weiterkommen wollen, müssen wir dieses Risiko eingehen«, erwiderte Atlan.

Wirtz ließ das Mädchen los, und sie ging auf das Nebelfeld zu, das nur wenige Schritte vor ihnen begann.

 

*

 

Ein kalter Wind kam auf, als sie in die Nebelzone vordrangen. Er zerrte an ihnen und ließ sie frösteln. Atlan und Wirtz nahmen Terrania in die Mitte, um sie zu stützen, da sie überhaupt nicht versuchte, gegen den Wind anzukämpfen.

»Stemme dich gegen den Wind, Terrania«, rief Atlan über das Heulen der Atmosphäre dem Mädchen zu, »sonst wirst du noch davongeweht.«

Seltsamerweise reagierte das Mädchen. Ihre Lippen bewegten sich, und dann bildete sich um ihre Mundwinkel ein Lächeln.

»Was hat sie gesagt?«, fragte Wirtz, während er versuchte, sich den Kragen des Pullovers weiter über den Hals hinaufzuziehen.

Atlan zuckte die Achseln.

Terranias Blick wurde mit einemmal klarer. Ihre Augen wanderten zwischen ihren beiden Begleitern hin und her, ihr Lächeln vertiefte sich und sie sagte:

»Ich habe sie gehört ...«

»Wen? Uns?«, fragte Atlan.

Terrania schüttelte den Kopf.

»Sie schlafen nicht mehr – und ich habe sie gehört«, sagte sie. »Für einen kurzen Augenblick war alles ganz klar für mich. Der Weg war deutlich zu sehen ... er ist vorgezeichnet – und er wird ihn gehen, wenn er geebnet ist.«

»Von wem sprichst du, Terrania?«, fragte Wirtz und hielt sie fest, als eine Sturmbö sie umzuwerfen drohte.

Sie zitterte, und auf ihren dünnen Handgelenken, die unter den Ärmeln des Pullis hervorsahen, bildete sich eine Gänsehaut. Das Lächeln verschwand von ihrem Gesicht und wurde von einem Ausdruck des Bedauerns abgelöst.

»Für wen wird der Weg geebnet werden?«, fragte auch Atlan.

»Ich weiß es nicht«, sagte Terrania zähneklappernd. Die Trance war nun endgültig von ihr abgefallen; sie war nun wieder nur noch ein kleines, zart gebautes Mädchen von neun Jahren, das hilflos den Gewalten einer manipulierten Natur ausgeliefert war.

»Mir ist kalt«, sagte sie.

Atlan legte ihr den Arm um die knöchernen Schultern, und sie drückte sich, die Wärme seines Körpers suchend, an ihn.

»Warum bist du auch so kalt wie Eis, Atlan?«, fragte sie verständnislos und begann womöglich noch heftiger zu zittern, als Atlan sie fester an sich drückte.

»Erinnerst du dich daran, was eben vorgefallen ist, Terrania?«, fragte der Arkonide sie. »Kannst du uns erzählen, was du gesehen hast? Du sprachst von einem vorgezeichneten Weg, der für einen Unbekannten geebnet werden soll. Weißt du, um wen es sich handelt und was für ein Weg das ist?«

Terrania schüttelte in echtem Bedauern den Kopf.

»Es ist alles wieder verschwommen. Dieser furchtbare Wind hat alle Bilder in meinem Kopf ausgelöscht.«

Sie stellten keine weiteren Fragen mehr an das Mädchen. Der Wind wurde immer stärker, je näher sie der Absturzstelle kamen; mit jedem Atemzug sogen sie unwirkliche Kälte in ihre Körper ein. Es konnte kein Zweifel daran bestehen, dass der Wind künstlich erzeugt wurde und auch die Kälte keines natürlichen Ursprungs war.

Atlan kam sogar zu der Überzeugung, dass diese Kälte von Instrumenten nicht anzumessen war. Sie wurde nur von Intelligenzwesen verspürt.

Durch ein ähnliches Phänomen musste auch der an vielen Stellen glasierte Boden zustande gekommen sein. Es sah aus, als sei die Oberfläche rund um das abgestürzte Raumschiff unter der Einwirkung starker Hitze geschmolzen.

Doch es gab einige Anzeichen dafür, dass es sich um ein kaltes, nichtthermisches Feuer gehandelt hatte, das den Boden rund um die Absturzstelle schmelzen ließ. Denn nur nichtorganische Materie war davon betroffen, die Pflanzen dieses Gebiets waren dagegen nicht einmal angesengt worden.

Gräser und Sträucher waren unzerstört geblieben und ragten aus dem glasierten Boden heraus, sofern sie nicht darin versunken und eingeschmolzen waren.

Jetzt, unter der zersetzenden Kälte des unheimlichen Windes, zerbröckelten die Pflanzen jedoch, als hätte eine unsichtbare Kraft ihnen alle Flüssigkeit entzogen. Atlan zerrieb den Ast eines Strauches zwischen den Fingern zu Staub, der vom Wind davongetragen wurde.

»Wir können nicht mehr weit von der Absturzstelle entfernt sein«, rief Froom Wirtz über das Heulen des Sturmes hinweg. »Höchstens vierhundert Meter.«

Der Instinkt-Spezialist hat die Entfernung richtig abgeschätzt, meldete sich Atlans Extrasinn. Aber das werden die längsten vierhundert Meter deines Lebens. Achtung!

Atlan hatte für einen Moment nicht auf den Weg vor sich geachtet. Er selbst nahm nur unterbewusst wahr, dass der Nebel plötzlich eine Bodenspalte freigab, die vor ihm lag, doch sein Extrasinn verarbeitete blitzschnell die optische Information, die er von Atlans Augen erhielt und warnte vor der so unerwartet aufgetauchten Gefahr.

Doch die Warnung kam zu spät. Atlan konnte Terrania gerade noch zurückstoßen und sie vor dem Absturz bewahren. Dabei glitt er jedoch auf dem glasigen Untergrund aus, verlor den Halt und stürzte in die bodenlos scheinende Kluft.

2.

 

Die sieben Männer hatten als einige der wenigen die Katastrophe von Rekeul überlebt. Als es infolge des Raumschiffabsturzes zu Beben und zum Ausbruch des Vulkans gekommen war, hatten sie einen kühlen Kopf bewahrt und sich in ungefährdetes Gebiet durchgeschlagen, wo die Beben sich nicht so verheerend auswirkten und der Ascheregen und die Lavamassen sie nicht erreichen konnte.

Darüber hinaus hatten sie die Absturzstelle des Raumschiffes angepeilt und sich nach der Katastrophe auf den Marsch dorthin gemacht.

Jetzt waren sie an ihrem Ziel angelangt.

Vart Loo blickte mit zusammengekniffenen Augen von der kleinen Anhöhe auf das Nebelfeld hinunter, das die Absturzstelle seinen Blicken verbarg. Nur die Falten um seine Augen zeugten von seiner Konzentration, sonst war sein Gesicht ausdruckslos.

»Der Nebel ist nicht natürlichen Ursprungs«, sagte einer seiner Leute. »Er wurde künstlich erzeugt. Das lässt darauf schließen, dass ein Teil der Besatzung des Schiffes den Absturz überlebt hat. Wenn wir an Bord gehen wollen, müssen wir mit einigem Widerstand rechnen.«

»Das war mir von Anfang an klar«, erwiderte Vart Loo mit einem leicht spöttischen Lächeln. »Ein solches Riesenschiff muss ganz einfach die nötige technische Ausrüstung besitzen, um die Insassen auch im Falle eines Absturzes zu schützen.«

»Glaubst du, dass das Risiko dafürsteht, Vart Loo?«, sagte ein anderer.

»Wie meinst du das, Laroop?«, stellte Vart Loo die Gegenfrage.

»Das ist doch leicht zu verstehen«, gab Laroop gereizt zurück. »Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, im Dienste unseres Volkes in den Besitz der Schwingkristalle zu kommen. Nur deshalb flogen wir überhaupt nach Komouir. Wir haben angenommen, dass die Schwingkristalle unsere parapsychischen Fähigkeiten verstärken würden. Wir hätten den ganzen Planeten in unsere Hand bekommen und die Bewohner beherrschen können. Doch damit ist es vorbei. Die Schwingkristalle sind zu Staub zerfallen – und Komouir ist für uns bedeutungslos geworden. Ich frage mich, was wir Báalols noch hier zu suchen haben.«

Vart Loo sah Laroop lange an, dann sagte er:

»Ich frage mich ernsthaft, ob du es verdienst, dem Báalol-Kult anzugehören. Ich weiß nicht, bist du nur dumm oder feige – oder beides zusammen?«

Laroop zuckte unter diesen Worten zusammen, sein Körper spannte sich an, und sein Gesicht verzerrte sich vor Zorn.

»Du hast nicht das Recht, so mit mir zu reden. Nur weil du es durch Zufall bis zum Oberpriester gebracht hast, bist du noch lange nicht mehr als ich. Du kannst deine Machtgelüste an unseren Dienern auslassen und dein Mütchen an den Feinden unseres Volkes kühlen. Aber ich bin ebenfalls ein Báalol, vergiss das nicht, Vart Loo.«

»Manchmal könnte man das vergessen«, sagte Vart Loo, der Hohepriester des Báalol-Kults aus dem Volk der Antis, der das Kommando über die Einsatzgruppe auf Komouir führte.

»Ich bin dir keine Rechenschaft schuldig, Laroop«, fuhr er fort. »Aber da du offenbar noch immer nicht gemerkt hast, worum es hier geht, will ich dich gerne aufklären. Wir kamen auf diesen Planeten, um die Schwingkristalle in den Besitz unseres Volkes zu bringen. Als wir unserem Ziel schon zum Greifen nahe waren, da vergingen diese Schwingkristalle jedoch, wurden zu wertlosem Staub. Dieses scheinbare Phänomen ist aber bei genauerer Überlegung gar keines.

Denn die Schwingkristalle hörten gerade in dem Augenblick zu existieren auf, als das scheibenartige Raumschiff in der Atmosphäre dieses Planeten auftauchte. Jeder Unwürdige kann den Zusammenhang sehen, deshalb ist es beschämend, dass gerade du, ein Báalol, nicht erkannt hast, dass es zwischen den Schwingkristallen und dem abgestürzten Fremdraumschiff eine Verbindung geben muss. Die Schlussfolgerung, dass dieses Raumschiff von noch größerer Bedeutung für uns sein kann als die Schwingkristalle, ergibt sich zwangsläufig. Zumal mit seinem Auftauchen noch ein zweites Ereignis in Zusammenhang steht, nämlich der Hohlweltrausch, in den alle Bewohner Komouirs sofort verfielen. Wir blieben davon verschont, wahrscheinlich dank unserer Psi-Begabung. Hast du nun endlich begriffen, was dieses Raumschiff für uns bedeutet, Laroop?«

Der angesprochene Anti schwieg verschämt. Er ärgerte sich, weil er in seinem Hass gegen den Hohepriester die ganz simplen Tatsachen übersehen hatte. Ja, das Raumschiff war für ihre Zwecke von besonderer Bedeutung. Aber es wäre nicht nötig gewesen, dass Vart Loo ihn deshalb vor allen diskriminierte.

Vart Loo überspielte die angespannte Situation, indem er zu seinen Männer sagte:

»Schließen wir uns zu einem Geistesblock zusammen. Vielleicht können wir so schon eine Vorentscheidung herbeiführen. Ich hoffe, dass du dich nicht ausschließt, Laroop, und uns deine Kräfte vorbehaltlos zur Verfügung stellst. Wir benötigen für unser Vorhaben das Parapotenzial eines jeden einzelnen.«

Laroop hätte den Hohepriester für diese neuerliche Schmach töten können.

 

*

 

Anti – das war die von den Terranern geprägte Kurzform für Antimutanten. Die Antis stammten in direkter Linie von den Akonen ab, gehörten jedoch einem Splittervolk an, das sich auf Trakarat, dem 16. Planeten der roten Doppelsonne Aptut ansiedelte.

Die neuen Umwelteinflüsse veränderten die Erbmasse der akonischen Pioniere auf eine Art, dass diese im Laufe der Zeit paranormale Begabungen entwickelten und zu Mutanten wurden.