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Jean P.

Hochzeit auf Schloss B.

3. Teil der Schloss B. - Trilogie





BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

Intro

 

 

Herzlich willkommen zu einem weiteren, lustvollen, labyrinthartig anmutenden Spaziergang durch die verschlungenen Gänge von Schloss B., jenem barocken Traumschloss, das einmal mehr mit seinen Salons, seinen Gemächern und Verliesen und seinem prachtvollen Park die Heldinnen und Helden des inneren Kreises in Atem hält.

 

Hochzeit auf Schloss B.

Erotischer Roman von Jean P.

 

Copyright: © Jean P. – publiziert von telegonos-publishing

www.telegonos.de

(Haftungsausschluss und Verlagsadresse auf der website)

Überarbeitete Neuauflage der 2013 als eBook erschienenen Erstveröffentlichung.

 

Covergestaltung unter Verwendung einer Vorlage von www.pixabay.de

 

Kontakt zum Autor:

www.telegonos.de/aboutJeanp.htm

 

 

 

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jegliche Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig. Dies ist eine fiktive Geschichte. Ähnlichkeiten mit lebenden oder bereits verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt. Romanfiguren können möglicherweise darauf verzichten, aber im realen Leben gilt: Safer Sex!

 

 

 

 

Vorwort

 

 

Seien Sie herzlich willkommen zu einem weiteren, lustvollen, labyrinthartig anmutenden Spaziergang durch die verschlungenen Gänge von Schloss B., jenem barocken Traumschloss, das einmal mehr mit seinen Salons, seinen Gemächern und Verliesen und seinem prachtvollen Park die Heldinnen und Helden unseres inneren Kreises in Atem hält.

Dieses Mal begibt sich die Rothaarige auf einen abenteuerlichen und nicht ungefährlichen Weg, der sie bis an ihre Grenzen und die Abgründe ihrer Phantasie führt, der sie aber schließlich – so hoffen wir doch – in ihr heimatliches Traumland finden lässt.

Gemeinsam mit dem Folterknecht, der nach schlimmen Untaten der Vergangenheit wieder rehabilitiert ist, geht sie auf Tournee, um mit diversen Sonderbehandlungen die erlesenen Wünsche der Herrinnen, Gebieter und Sklavinnen auch außerhalb von Schloss B. zu befriedigen. Begleitet werden die beiden vom Chauffeur, der sie mit seinem alten Rolls-Royce von Einsatzort zu Einsatzort fährt. Der Chauffeur hat ein Auge auf die Rothaarige geworfen. Hat er unehrenhafte Absichten oder ist er gar ihr Schutzengel, der bei all ihrem Tun auf sie aufpasst? Handelt es sich bei ihm vielleicht doch um den längst vergessen geglaubten Traummann?

Bis sich das herausstellt, muss die Rothaarige einige Abenteuer bestehen und wird durch Erinnerungen, Träume und Phantasien mit der Frage konfrontiert, wer sie eigentlich ist und wohin ihre weitere Reise sie noch führen wird.

 

Sie können den Irrungen und Wirrungen der Rothaarigen auf verschiedenen Weise folgen. Der traditionelle Wegbegleiter, sei er männlich oder weiblich, fängt vorne an und hört hinten auf. Das ist möglicherweise die spannendste Variante, sie kann jedoch ganz schön verwirrend sein.

Der systematische Wegbegleiter, so sagen uns die Vorurteile, wird ein Mann sein. Wir bleiben da lieber zweifelnd und laden sie oder ihn ein, den einzelnen, in sich abgeschlossenen Wegen der Rothaarigen zu folgen. Wer diesen Weg wählt, der liest zunächst nacheinander die Unterkapitel eines Hauptkapitels,

also z.B. 1-1, 1-2, 1-3, 1-4.

Romantikern und Romantikerinnen unter diesen Wegbegleitern sei übrigens empfohlen, mit dem 4. Kapitel zu beginnen, also 4-1, 4-2, 4-3, 4-4.

Neugierigen Wegbegleitern, die immer gerne erst lesen, was hinten steht, sei gesagt: nur zu! Und stimmt nicht hier doch das Vorurteil, dass das stets Frauen sind?

Dann gibt es auch noch diejenigen, geschlechtsspezifisch kaum zuzuordnenden Zeitgenossen und Zeitgenossinnen unter uns, die es gerne ganz besonders chaotisch mögen und mal hier und mal dort hineinschauen. Auch ihnen sei Mut gemacht. Mit etwas Mühe können sie ebenfalls die Puzzlesteine zu einem Bild zusammenfügen. Es könnte sogar ein ganz anderes ergeben als das der anderen Wegbegleiter! Aber gerne doch! Unsere Phantasie ist grenzenlos ....

 

 

Auf denn und viel Spaß!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1 – 1

 

 

„Ich, der ich der Folterknecht genannt werde, bekenne, dass ich in der Vergangenheit gegen die Regeln der Gemeinschaft verstoßen und mich deshalb schuldig gemacht habe. Nun erhalte ich eine neue Chance, die ich als Herausforderung ansehe. Ich werde mein Bestes geben, um die Aufträge der Gebieter und Herrinnen auszuführen und damit dem Wohle der Gemeinschaft zu dienen. Die Anweisung zur Behandlung der mit anvertrauten Sklavinnen werde ich strikt einhalten.“

 

Abgelesen hatte er das! Nicht einmal die paar Zeilen hatte er auswendig lernen können. Nun ja, etwas anderes war ja wohl auch nicht zu erwarten gewesen. Blieb nur zu hoffen, dass er es wirklich ernst meinte und dass die Kontrollmechanismen der Gemeinschaft nicht versagten.

Probeläufe hatte es ja einige gegeben und man konnte davon ausgehen, dass das Konzept des Nadelstreifentyps aufging, auf diese Art und Weise die ungezähmte Gewalt des Folterknechtes zu kanalisieren und dadurch dafür zu sorgen, dass es nicht mehr zu unkontrollierten Übergriffen wie in der Vergangenheit käme.

Inzwischen hatte sie selbst sich nicht nur damit abgefunden, dass sie zur Assistentin des Folterknechtes bestimmt worden war, sondern sie war sogar ein bisschen stolz darauf, dass sie diese wichtige der Integration dienende Aufgabe ausüben durfte. Sie war nun nicht mehr nur irgendeine Sklavin innerhalb der Gemeinschaft. Sie hatte ein Amt! Es war mit Verantwortung versehen. Ganz gewiss würde sie, so gut sie es konnte, auf die Sklavinnen aufpassen, die man zur Behandlung schickte.

 

Nun wurde es also offiziell. Viele waren gekommen und in der ersten Reihe des Goldenen Salons, den man extra für diese feierliche Zeremonie hergerichtet hatte, saß alles, was Rang und Namen hatte. Es kam sonst nur selten vor, dass außerhalb der jährlichen Gemeinschaftstreffen das Schloss für ein Event genutzt wurde, zu dem die gesamte Gemeinschaft geladen war. Viele kamen ja von sehr weit her und so war es meist nur der engere Zirkel, der das Schloss nutzte.

Trotzdem war das Schloss für alle ein besonderer Ort. Es war im Laufe der Jahre zu einer Art Heimatort für die Gemeinschaft geworden. Auch Hochzeiten hatte es schon gegeben und sie selbst hatte mit dem Gedanken geliebäugelt, hier für immer zu wohnen. Seit der Nadelstreifentyp, diplomatisch wie er war, ins Gespräch gebracht hatte, dass der Vorsteher der Gemeinschaft eventuell im Schloss residieren könnte, war diese Vorstellung in ihr wieder befeuert worden.

Einstweilen jedoch wohnte sie weiter bei Eva in der Hauptstadt und der Nadelstreifentyp lebte mit der Devoten zusammen in einer kleinen Stadt unweit des Schlosses.

Es war auch nicht geplant, die Sklavinnenbehandlungen des Folterknechtes etwa regelmäßig im Schloss stattfinden zu lassen. Das sollte nur zu besonderen Anlässen der Fall sein und dann war dafür, wie schon bei den Probeläufen geschehen, die alte Remise neben dem Schloss vorgesehen. Im Normalfall würde der Folterknecht zu den Gebietern und Herrinnen reisen, die eine Behandlung geordert hatten.

In Zukunft wäre also auch sie, als seine Assistentin, viel unterwegs. Dieser Gedanke erzeugte Unbehagen und gespannte Neugier zugleich. Sie ahnte, dass da mannigfache Erlebnisse auf sie warteten.

 

„Knie dich hin, wenn du mit mir sprichst!“, sagte der Folterknecht barsch und schnipste mit den Fingern.

Die Sklavin, die nach vorne gekommen war, wo man eine kleine Bühne aufgebaut hatte, hatte gerade etwas sagen wollen. Nun zuckte sie zusammen, als ob sie von einem Peitschenhieb getroffen worden wäre, bevor sie dann aber schnell seinem Befehl folgte.

Mit zu Boden gesenktem Blick raffte die kleine, recht üppige Brünette ihr türkisfarbenes Kleid und kniete sich auf das nackte Holz der Bühne.

Wie alle Sklavinnen und Herrinnen trug sie dem feierlichen Anlass entsprechend ihr Ballkleid. Es handelte sich um ein wunderschönes Taftkleid, das herrlich zu dem leuchtenden Braun ihrer lockigen Haare kontrastierte. Der Schnitt des Kleides signalisierte, dass es sich um eine Sklavin handelte, die einem Gebieter gehörte.

 

Zur Unterscheidung der Gebietersklavinnen und Herrinnensklavinnen war irgendwann eingeführt worden, dass das Miederoberteil des Kleides bei den Herrinnensklavinnen die Brüste völlig frei lassen musste, während bei den Kleidern der Gebietersklavinnen ein eingearbeiteter Spitzenvolant dafür sorgte, dass die Brüste von unten her bis zu den Nippeln bedeckt waren.

Die Herrinnen hatten sich diesbezüglich nach langer Diskussion durchgesetzt. Es hing wohl damit zusammen, dass vielen Herrinnen, so auch ihrer, die ständige Zugänglichkeit der Brüste ihrer Sklavinnen für notwendige Nippeltorturen als Strafmaßnahmen wichtig waren. Dass sie sich damit durchsetzen konnten, hing – da war sie sich ganz sicher – mit dem wachsenden Einfluss Evas auf den Nadelstreifentyp zusammen.

Selbstverständlich war aber die sofortige Zugänglichkeit der Brüste auch bei den Kleidern der Gebietersklavinnen vorgesehen, da man den Volant schnell herunterschieben konnte, wenn das gewünscht war.

Ansonsten waren sich die Ballkleider bis auf die Farben und Stoffe recht ähnlich. An die die Brüste ganz oder teilweise unbedeckt lassenden Miederoberteile waren die Stoffbahnen der weiten Röcke und Unterröcke so angenäht, dass sie vorne und hinten nur übereinander lagen und mühelos geöffnet werden konnten.

Gudrun, die seit vielen Jahren die Gemeinschaft mit ihrem Modeatelier betreute, hatte die Schnitte der dem sagenumwobenen O-Kleid nachempfundenen Kleider so perfektioniert, dass sie auch bei anderen Gelegenheiten als bei Gemeinschaftstreffen getragen werden konnten und kaum etwas auf ihre besondere Funktionalität hinwies. Nur wenn man mit großen Schritten ging, was ja einer Sklavin ohnehin verboten war, konnte möglicherweise ein Blick auf die nackten Beine fallen.

 

Auch die Herrinnen trugen diese Kleider. Im Unterschied zu den Sklavinnenkleidern waren diese jedoch nur vorne offen. Das hatten die Herrinnen schon zu der Zeit durchgesetzt, als Eva noch alleinige Vorsteherin war und es den Nadelstreifentyp noch gar nicht gab. Man hatte das als unpassend empfunden. Schließlich diente die hintere Öffnung des Kleides überwiegend dazu, dass Gebieter ihre Sklavinnen ohne viel Aufhebens auf die Schnelle von hinten nehmen konnten. Oder das Kleid konnte geöffnet und zum Zwecke der Züchtigung der Sklavin zur Seite geschlagen werden. Beides war also in funktionaler Hinsicht bei Herrinnen abwegig, während die vordere Öffnung natürlich dem Anlass dienlich war, dass die eigene oder eine fremde Lecksklavin ungehindert Zugang fand.

 

„Ich höre!“, herrschte der Folterknecht nun die brünette Sklavin an, die – vom Auftreten des Folterknechtes eingeschüchtert – in eine gewisse Apathie gefallen zu sein schien. Entfernt kannte sie die Sklavin. Sie hieß Isabella und war eine der Novizinnen gewesen, die beim letzten Jahresball zur Sklavin ernannt worden war.

Nicht nur wegen ihres Namens, auch wegen äußerer Ähnlichkeit hatte sie, als sie sie kennenlernte, an die Isabella von damals zurückdenken müssen. Was wohl aus der geworden war?

Diese Isabella jedenfalls gehörte einem der beiden Gebieter, die durch einen spektakulären Auftritt bei einer der ersten Probebehandlungen des Folterknechtes in der alten Remise vor einigen Monaten dafür gesorgt hatten, dass die bis dahin nur angedachte Möglichkeit inzwischen zur Regel geworden war, dass sich eine Novizin für eine zu behandelnde Sklavin aufopfern konnte, indem sie sich selbst mit irgendeiner Spezialität dem Folterknecht anbot.

Diese beiden Gebieter hatten damals mit ihren Sklavinnen, die ja noch im Stand der Novizin gewesen waren, eine regelrechte Show abgezogen. Sie hatten damit nicht nur die Devote vor den Pranken des Folterknechtes gerettet, sondern auch dessen Impotenz entblößt. Allen Anwesenden war damals seitens des Nadelstreifentyps verboten worden darüber zu reden – ein vergebliches Unterfangen, denn die Gerüchteküche hatte dadurch umso haarsträubendere Geschichten hervorgebracht. Auf jeden Fall hatte es dazu geführt, dass für die Zukunft Interventionen des Publikums untersagt worden waren.

 

Mit weiter zu Boden gesenktem Blick, was zur Folge hatte, dass ihre braunen Locken auf das Wunderhübscheste über ihre Schultern flossen und ihre beinahe nackten Brüste umrahmten, antwortete Isabella nun flüsternd:

„Mein Gebieter schickt mich für eine Strafbehandlung zu Ihnen. Ich habe mich ungebührlich benommen und bitte darum, die Strafe, die mein Gebieter für mich vorgesehen hat, öffentlich zu vollziehen.“

Die Art, wie sie sprach, erinnerte sie abermals an die andere Isabella. War am Ende ...? Nein, das war unmöglich.

Isabellas Stimme war immer leiser geworden und versagte schließlich ganz. Vielleicht suchte sie auch nur nach Worten, denn sicherlich wusste sie, dass sie, wenn eine Strafbehandlung vorgesehen war, sowohl den Grund der Strafe als auch das vom Gebieter vorgesehene Strafmaß und die Art der Strafe selber zu verkünden hatte, um nicht Gefahr zu laufen, dass sich der Folterknecht selber etwas ausdachte.

Diese Variante war nämlich auch vorgesehen. Eine Sklavin konnte von ihrem Gebieter oder ihrer Herrin auch zur Freibehandlung oder zur Freibestrafung zum Folterknecht geschickt werden. Allerdings hatte es so etwas in der Probephase nicht gegeben und es war zu bezweifeln, ob eine Herrin oder auch ein Gebieter das je tun würde.

 

Außer dem natürlich, wenn er noch könnte, ging ihr durch den Sinn, als der Folterknecht sich drohend aufgebaut hatte und nunmehr die Reitgerte, welche er schon die ganze Zeit in Händen hielt, drohend durch die Luft zischen ließ.

„Ich habe mich nach der Fahrt hierher geweigert, mich beim Chauffeur zu bedanken“, sprudelte es nun aus ihr heraus. „Die Strafe, die mein Gebieter zum Vollzug vorgesehen hat, soll aus zehn Gertenhieben auf den Po und zehn Hieben mit einer weichen Flogger-Whip auf die Brüste bestehen.“

Im Publikum setzte leises Geraune und Gemurmel ein und auch sie erwischte sich selbst bei dem Gedanken, dass dieser Delikt normalerweise eine härtere Bestrafung zur Folge haben müsste.

Nur ein einziges Mal hatte sie selbst sich geweigert – ganz am Anfang. Der Folterknecht hatte sie damals nicht nur grün und blau geschlagen, sondern sie eine Nacht und einen Tag lang in den Käfig gesperrt. Es war ein ungeschriebenes Gesetz der Gemeinschaft, dass der in ihren Diensten stehende Chauffeur natürlich auch einen Lohn erhielt. Er bestand im Dank der Sklavin nach einer Fahrt.

 

Sie war gespannt auf die Reaktion des Folterknechtes. Einen gewissen Spielraum hatte er im Prinzip ja ohnehin immer. Er lag in der Dosierung seines Krafteinsatzes. Auch eine Flogger-Whip konnte, von der Hand des Folterknechtes geführt, zur Tortur werden – von der Gerte ganz zu schweigen. Vielleicht war das der Grund dafür, dass der Gebieter Isabellas so ein geringes Strafmaß gewählt hatte. Er galt als sehr umsichtig. Außerdem handelte es sich ja um die erste Behandlung des Abends und alles war abgesprochen.

Möglicherweise ging es nur darum, nebenbei dafür zu sorgen, dass die Chauffeursregel nicht in Vergessenheit geriet. Der Chauffeur war ein enger Freund des Nadelstreifentyps und anderer Würdenträger der Gemeinschaft und manche munkelten, dass in Wirklichkeit er es war, der im Hintergrund die Strippen zog. Ein Ehrenplatz in der ersten Reihe jedenfalls war ihm wie auch an diesem Abend stets sicher.

 

„Dann ab über das Fass mit dir!“, murmelte der Folterknecht fast beiläufig und winkte gleichzeitig nach ihr, seiner Assistentin.

Sie wusste natürlich, was sie zu tun hatte, aber immerhin war ja heute Premiere. Eine gewisse Nervosität war da schon und ein verstohlener Blick ins Publikum signalisierte ihr, dass Eva, der Nadelstreifentyp und auch der Chauffeur aufmerksam zusahen. War es auch eine Prüfung, ob sie der Aufgabe gewachsen war?

Beflissentlich ging sie zur Sklavin herüber, um ihr hochzuhelfen. Ihr kurzer, schwarzer Lederfaltenrock wippte dabei um ihre nackten Schenkel. Er war außer den schwarzen Lederstiefeln das einzige Kleidungsstück, das sie an hatte. Eva hatte ihn ihr geschenkt, als sie sie dazu auserkoren hatte, in ihrer ersten Sklavinnenschule ihre Assistentin zu werden. Ihre Erinnerungen daran waren ambivalent. Ungeachtet dessen war entschieden worden, dass das auch jetzt ist Assistentinnenoutfit sein sollte. Gern hätte sie ja auch einmal wieder - dem feierlichen Anlass entsprechend – ihr schönes rotes Ballkleid angezogen. Aber in ihrer Rolle hatten sie das als unpassend verworfen.

 

Sie führte die Sklavin zum Holzfass und half ihr, sich herüberzubeugen. Das Holzfass war eines von vielen Requisiten, die anlässlich der Zeremonie aufgebaut worden waren. Es hätte auch andere Möglichkeiten gegeben, die Strafbehandlung zu vollziehen, aber das Holzfass war offenbar des Folterknechts Lieblingsaccessoire. Unwillkürlich musste sie an den Roten Salon zurückdenken, in dem der Folterknecht in der Vergangenheit sein eigenes SM-Equipment untergebracht hatte. Ganz hatten die alten Weinfässer dort ja gerade nicht zu der roten, plüschigen Ausstattung gepasst. Doch das war wahrlich nicht das Einzige gewesen, was unpassend gewesen war.

Momentan ging das Gerücht, dass der Rote Salon renoviert und von Teresa übernommen werden sollte. Aber das konnte ja wohl nicht sein, Teresa war doch Sklavin! Und überhaupt, das passte doch gar nicht zu ihr.

Sie verscheuchte ihre Gedanken, um sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren. Der Folterknecht durfte die Sklavinnen ja nicht berühren und so musste sie sie vorbereiten und die dazu nötigen Handgriffe tun.

Beim letzten Probelauf hatte sie sogar einmal anwärmen – und sich hinterher eingestehen müssen, dass es sogar ein wenig Spaß gemacht hatte. Dennoch hoffte sie, dass das in der Praxis nie oder nur selten vorkäme. Die anderen Dinge, die sie unter Umständen zu erledigen hatte, waren im Hinblick darauf schon schwierig genug, dass sie schließlich und letztlich doch auch Mit-Sklavin war und von daher auch mit-litt. Und den Gedanken, dass sich da irgendeine für die erlittenen Qualen an ihr rächen könnte, wagte sie gar nicht erst zu denken.

 

Nachdem sie die ausgestreckten Arme der Sklavin an den Handgelenken mittels der am Weinfass angebrachten Halterungen fixiert hatte, ging sie auf die andere Seite und öffnete das Kleid, um den Po freizulegen. Isabella trug hauchdünne, selbsthaltende Strümpfe, die ihr, als sich das Kleid beim Hinknien geöffnet hatte, gar nicht aufgefallen waren. Irgendwann hatte sich die Gepflogenheit eingebürgert, dass die Sklavinnen unter ihren langen Kleidern in der Regel ganz nackt waren, aber Vorschriften gab es da eigentlich keine.

Vielleicht hatte auch das ihr Gebieter in weiser Voraussicht angeordnet, ging ihr durch den Sinn, während der Folterknecht damit beschäftigt war, in seinem Werkzeugschrank nach einer anderen Gerte zu schauen. Möglicherweise suchte er etwas, mit dem er sehr präzise schlagen konnte, denn eine weitere Vorschrift, die man ihm gemacht hatte, besagte, dass er auf keinen Fall irgendein Kleidungsstück der Sklavin beschädigen durfte.

Die Strümpfe, die bis knapp unter die Pobacken reichten, waren also ein Schutz dafür, dass er nicht versehentlich die Oberschenkel traf. Das wollte der Gebieter also nicht. Es hatte auch bei den Probeläufen schon welche gegeben, die gerade die zarten Innenseiten der Oberschenkel ihre Sklavin zur Zeichnung in Auftrag gegeben hatten.

Ein sanfter Gebieter war das also, der dennoch viel Gemeinschaftssinn besaß. Sie ertappte sich bei dem Gedanken, sich ihm bei passender Gelegenheit einmal zu nähern.

 

Einstweilen näherte sie sich seiner Sklavin und strich ihr beruhigend über den Rücken und dann auch über den Po, nachdem sie zuvor das Kleid auseinandergebreitet und die innen eingenähten Schlaufen an den dafür seitlich angebrachten Knöpfen befestigt hatte. Dessen hätte es in dieser Position nicht unbedingt bedurft, da das auseinandergebreitete Kleid das Bestrafungsareal ohnehin freigab.

Normalerweise wurde diese Funktionalität nur genutzt, wenn die Sklavin so herumlaufen sollte. Gelegentlich sah man sogar Herrinnen ihr Kleid offen tragen. Es besaß ja auf der Vorderseite die gleiche Funktionalität wie das der Sklavinnen. Das war dann das Signal an andere Herrinnen und auch Gebieter, dass sie offen dafür war, sich nebenbei – zum Beispiel während eines Smalltalks oder ähnlichen zwanglosen Situationen – von deren Sklavinnen lecken zu lassen. Es kam selten vor, dass dieses Signal ignoriert wurde. Sie selbst war an so etwas gewöhnt und amüsierte sich manchmal darüber, wenn sie sah, dass Gebietersklavinnen sich damit schwer taten.

 

Spürte sie da ein Zittern, das durch den Körper der nun – nachdem sie ihr auch die Beine gespreizt hatte – vorbereitet über dem Holzfass liegenden Sklavin ging, als der Folterknecht nun mit schweren Schritten die atemlose Stille des Saales zerschnitt und zurückkam?

Da sie keine anderen Befehle erhalten hatte, beschloss sie, ihren Freiraum zu nutzen und Isabella etwas Beistand zu leisten. Sie ging wieder auf die andere Seite, kniete sich hin und legte ihre Hände zunächst behutsam auf Isabellas nach unten hängenden Kopf. Als sie keinen Widerstand gegen ihre Geste spürte, raffte sie Isabellas auf dem Boden liegendes Haar zusammen, ergriff ihren Kopf, hob ihn sachte an und legte ihn dann, nachdem sie noch ein bisschen herangerutscht war, langsam auf ihre Oberschenkel.

Ganz herzlos schien der Folterknecht doch nicht zu sein, denn er wartete mit dem ersten Hieb ab, bis sie die Beruhigungszeremonie beendet hatte. Erst dann ließ er die Gerte zischen.

Isabella zuckte zusammen und ein für sie das Unangekündigte widerspiegelndes Au entwich ihren Lippen.

Da sie selber ja bei zwei Proben – darunter jener sagenumwobenen Show – die Delinquentin gewesen war, hatte sie erwartet, dass der Folterknecht, wie er es sonst meist zu tun pflegte, die Sklavin vor dem ersten Schlag zum Mitzählen aufforderte. Offenbar nutzte er aber die Premiere, um deutlich zu machen, dass er Freiräume hatte und sie in der Gestaltung auch auszunutzen beabsichtigte.

Die Härte der nächsten Hiebe unterstrich dies. Sie fing Isabellas Zuckungen und die lauter und zugleich kläglicher werdenden Schreie in ihrem Schoß auf. Unwillkürlich zählte sie still für sich selber mit, doch würde sie den Mut haben, dem Folterknecht Einhalt zu gebieten, wenn er das vorgegebene Strafmaß zu überschreiten drohte? Allerdings war da schließlich Isabellas Gebieter und das ganze Publikum als Kontrollinstanz. Und Isabellas Gebieter würde ganz gewiss einschreiten!

Was aber, wenn es gar eine Art Probe für sie war, ob sie wirklich ihrer Assistentinnenpflicht nachkäme und auf die korrekte Ausführung achtete?

 

Isabellas Aufjaulen beim siebten Hieb, den der Folterknecht wohl sehr präzise – sehen konnte sie es nicht – auf schon vorhandene rote Striemen platziert hatte, riss sie aus diesen Gedanken. Ob die Wucht seiner Hiebe auch damit zu tun hatte, dass man ihm den Einsatz der Bullenpeitsche grundsätzlich verboten hatte? Wollte er nun demonstrieren, dass es mit dieser Bambusgerte, die er da herausgesucht und die sie auch schon zu spüren bekommen hatte, mindestens genauso schlimm sein konnte? Verstohlen blickte sie ins Publikum, um zu sehen, ob Isabellas Gebieter in irgendeiner Weise reagierte. Da der jedoch erst in der dritten Reihe saß, konnte sie nichts erkennen.

Der nächste Hieb kam, offenbar direkt unter den vorherigen platziert, und der neunte folgte ganz unmittelbar. Ihre anfänglichen Gedanken über die relativ milde Strafe taten ihr nun leid, so wie ihr Isabella leidtat, die tapfer versuchte, ihre Schmerzensschreie unter Kontrolle zu halten.

Beim zehnten Hieb schaffte sie das nicht mehr. Der Schrei war gellend laut und tat ihr in den Ohren weh. Geraune ging durch das Publikum. Ängstlich blickte sie zum Folterknecht auf, der das Züchtigungsinstrument immer noch drohend n seiner rechten Hand hielt. Würde er sich die Freiheit herausnehmen, für diesen Schrei, den eine Sklavin eigentlich gelernt haben sollte zu unterdrücken, einen Extrahieb zu verabreichen?

 

Er tat es nicht. Erleichterung machte sich in ihr breit, als er seinen Arm sinken ließ und die Bambusgerte zu Boden legte. Jedoch kam es ihr so vor, als hätte es da ein kaum sichtbares Handzeichen des Nadelstreifentyps gegeben. Das schmälerte ihre Erleichterung. Es hatte also erneut der Autorität des Nadelstreifentyps bedurft, den Folterknecht in seine Schranken zu verweisen. Das machte ihr ein wenig Angst im Hinblick auf die zukünftige Praxis, in der diese Autorität abwesend war.

Auf jeden Fall war nun erst einmal der Kelch an ihr vorübergegangen, ihres Wächteramtes walten zu müssen. Früher oder später würde das aber kommen. Dessen war sie sich sicher. Und dann ginge es ausschließlich darum, ob sie selber ein wenig Autorität besäße.

 

„Mach sie los und fixier sie am Galgen!“, kam die nächste Order. Er fackelte nicht lang, er wickelte ein Programm ab. Allerdings war es ein Programm, das trotz planmäßiger Folgerichtigkeit weitere Möglichkeiten andeutete. Des Galgens hätte es zum Vollzug dieser Strafe genauso wenig bedurft wie zum Vollzug der ersten des Fasses. Der Galgen war seine neueste Errungenschaft. Er war transportabel und sehr variabel. Die gesamte Konstruktion aus Stahl konnte zerlegt und zu den verschiedensten Behandlungen wieder zusammengebaut werden.

So, wie er da stand und dazu am Boden der Bühne gesichert war, legte er als Erstes die Möglichkeit der Streckung nahe. Doch das war nicht der Auftrag. Zog der Folterknecht eine Grenzüberschreitung in Betracht, um erneut seine Spielräume für die Zukunft auszuloten?

Fixieren konnte man die Sklavin eigentlich nur, indem sie mit ihren nach oben ausgestreckte Armen mittels ihrer Handgelenksfesseln am Haken befestigt würde, der dann über die am Hauptmast angebrachte Seilwinde entsprechend hochgezogen werden konnte. Fing da nicht schon die Streckung an?

Erneut war sie in der Zwickmühle zwischen Befehl und Ausführung. Doch bot ihr die Ausführung Spielraum. Es war die kleine Spannbreite ihres Assistentinnenamtes, auf die sie mit hoher Aufmerksamkeit zu achten hatte. Und mit Sicherheit würde sie daran gemessen, wie sie sich zwischen diesen Polen von Erfüllungsgehilfin und Wächterin hin und her bewegte.

 

Sie löste Isabellas breite, lederne Armbänder von den Halteringen des Fasses, half ihr sich aufzurichten und führte sie zum Galgen. Isabellas Geste, die andeutete, dass sie ihr Kleid gerne wieder geschlossen hätte, ignorierte sie. Ihre Herrin hätte gesagt: 'Etwas Kühlung verschafft Linderung.' Aber zu solcher Ironie war sie selbst nicht fähig.

Nachdem sie den großen, herabhängenden Haken, der mittels einer über zwei Rollen laufenden Kette in der Höhe regulierbar war, an dem am Hauptmast angebrachten Drehkreuz zunächst ein wenig heruntergelassen hatte, ergriff sie Isabellas Hände. Die waren kalt und so versuchte sie, ihr mit zwei, drei massierenden Bewegungen ihrer eigenen Hände zumindest symbolisch etwas Wärme und Zuwendung zu geben. Sie direkt anzusehen traute sie sich nicht.

Der Folterknecht stand schon da, breitbeinig und wie immer leicht grinsend, die herbei geholte Peitsche lässig über seine Schulter haltend.

Schnell schob sie nun die Ringe der Ledermanschetten über den Haken, drehte Isabella in Richtung des Publikums und war mit zwei Schritten wieder hinter dem Galgenmast, um das Drehkreuz zu betätigen. Ganz vorsichtig drehte sie es so weit, bis Isabellas Arme nach oben ausgestreckt waren, ohne dass dies eine Streckung des gesamten Körpers nach sich gezogen hätte.

„Fixieren hab ich gesagt!“, herrschte der Folterknecht sie an und war schon, ohne eine Reaktion von ihr abzuwarten, im selben Moment herbeigesprungen, klatschte ihr die Flogger-Whip auf den nackten Rücken, stieß sie beiseite und drehte mit einer Handbewegung das Kreuz der Seilwinde noch eine halbe Umdrehung weiter.

 

Sie war so erschrocken über seine Schnelligkeit, dass sie die Unruhe im Publikum und deren Ursache erst verzögert mitbekam, zumal ihr erster Blick der nun doch leicht gestreckten Delinquentin galt.

Es war nicht so schlimm, aber immerhin war infolge der Streckung das lange Kleid so weit hochgerutscht, dass ihre etwas altmodischen und nicht so arg hochhackigen, aber wunderschön zum Kleid passenden, schwarzen Lederstiefeletten sichtbar wurden. Sie berührten nur noch soeben den Boden.

Doch das war nicht die Ursache des Gemurmels. Und es war auch nicht die ungestüme Aktion des Folterknechtes gewesen, welche die Unruhe hervorgerufen hatte.

 

Der Gebieter der Delinquentin hatte sich erhoben und war aus seiner Sitzreihe, in der er ganz außen saß, herausgetreten. Breitbeinig stand er da und mit verschränkten Armen, nachdem er zunächst so ausgesehen hatte, als ob er nach vorne hatte kommen und dort vielleicht sogar ins Geschehen eingreifen wollen. Aber das war wohl nur ihre Phantasie.

Wie fast alle Gebieter – außer dem Nadelstreifentyp, der wie immer seinem Namen entsprechend mit einem eleganten Nadelstreifenanzug gekleidet war – trug auch Isabellas Gebieter die Kluft der Gebieter: die engen schwarzen, aber funktionell zu öffnenden Hosen und die weiten, weißen Blousons. Wie er so dastand mit seinen recht langen blonden Haaren und dem Drei-Tage-Bart, und sein Name wollte ihr partout nicht einfallen, erinnerte er sie irgendwie an einen mutigen Kämpfer aus einem Piratenfilm.

„Ich möchte gerne, dass die weitere Bestrafung von der Assistentin vollzogen wird!“, ließ er nun seine kräftige Stimme durch den Saal schallen, da er wohl die Grenzverletzung des Folterknechtes wahrgenommen hatte und sie zwar hinnahm, sie aber dennoch nicht akzeptieren konnte.

So etwas hatte es noch nicht gegeben. So etwas war nicht vorgesehen.

Gewiss, er war der Gebieter und er trug letztlich die Verantwortung. Das war die Basis von allem und brach jede andere Regel – auch die, dass seitens des Publikums eine Intervention verboten war. Aber es war gewagt, es war außergewöhnlich gewagt, es war mutig!

Es stellte die Autoritäten infrage. Das war schon irgendwie bewundernswert. Und faszinierend war die Art, wie er es machte – schwungvoll, spontan, einfach so.

 

Schweigen im Saale. Der Folterknecht blickte nur dumpf in Richtung Nadelstreifentyp. Und selbst der brauchte eine Weile. Doch dann nickte er ab. Und es war eigentlich erst diese Nicken, was das Entsetzen in ihr auslöste.

Das war real! Das war ernst gemeint!

Sie müsste wirklich – und dann auch noch vor Publikum, vor diesem Publikum – die Peitsche schwingen. Mehrmals musste sie schlucken. Da war ein Kloß in ihrem Hals. Aber es war ausweglos. Da gab es kein Entrinnen. Schon drückte ihr der Folterknecht die Peitsche in die Hand und murmelte grinsend: „Nun zeig mal, was du kannst, Süße!“

Ihre Gefühle fuhren Achterbahn und sie war sich selbst nicht klar, was denn genau ihren inneren Widerstand hervorrief. Das war halt ein Teil ihres Assistentinnenjobs. Sie hatte das vorher gewusst, dass sie auch selbst exekutiv tätig werden müsste. Und bei den Probeläufen hatte es das ja auch schon gegeben – nicht nur bei Tittenbehandlungen. Das Mitleid mit der Sklavin hielt sich außerdem in Grenzen. Die hatte sich schließlich selbst in diese Situation manövriert.

Aber jetzt! Und vor allen! Und sie selber musste es dosieren. Und dann war da dieser liebenswürdige Softie-Gebieter, der möglicherweise nur deswegen interveniert hatte, um sein holdes Schätzchen vor der weiteren Behandlung der Pranken des Folterknechtes zu schützen. Der ging sicher davon aus, dass sie mit der Flogger-Whip nur ein paar Streicheleinheiten verteilen würde.

Oder war es gar etwas ganz anderes? Wollte der Typ sie einfach nur mal in Aktion sehen? Jetzt erinnerte sie sich daran, dass der sie schon bei den ersten Kennenlern-Treffen so unverhohlen angestarrt hatte, zu denen er damals mit dem anderen befreundeten Pärchen gekommen war. Ihr wurde plötzlich ganz heiß bei dem Gedanken, dass es da seinerseits zumindest einen Hauch von Begehren gab. Aber nein, das war alles sicher nur pure Einbildung!

 

Sie würde ihren Job machen – und sie würde ihn gut machen! Sie würde sein Turteltäubchen zum Schreien bringen! Mit diesem Gedanken holte sie aus und ließ die Peitsche ein erstes Mal auf die infolge der Streckung schon frei gelegten Titten der Delinquentin zischen. Für einen Moment war sie über die Heftigkeit ihres Hiebes so erschrocken, dass sie innehielt. Drohte ihr da gerade etwas zu entgleiten? Ließ sie sich zu sehr vom Szenario beeinflussen? Gar von der Anwesenheit dieses sie irritierenden Typen?

Die Sklavin stöhnte auf. Sie beschloss, die Struktur gebende Variante des Zählen-Lassens zu verwenden.

„Zähl mit, Süße! Nachher verzähl ich mich noch!“, sagte sie, so laut sie konnte, und wunderte sich darüber, dass sie sogar die Terminologie des Folterknechtes verwendete. Süße! Eigentlich hasste sie das!

„Zwei!“, gab die Sklavin aufstöhnend Laut, obwohl sie schwächer geschlagen hatte. Die sollte sich bloß nicht so anstellen, die Kleine! Nicht mal Tittenringe hatte die. Verstand es wahrscheinlich auf das gar Allerliebste, ihren Gebieter zu umsäuseln und damit genau das durchzusetzen, was sie selber wollte!

„Drei – ei“, jammerte sie weinerlich beim nächsten Hieb, den sie wieder etwas kräftiger hatte ausfallen lassen. Der Folterknecht stand nur grinsend im Hintergrund. Sie drehte sich ein wenig, um mehr von den Reaktionen des Publikums zu sehen. Nein, ihn wollte sie sehen, wenn sie ehrlich zu sich selber war – ihn und seine Reaktion. Aber ihre Aufgabe verlangte ihr Disziplin ab, viel konnte sie sowieso nicht erkennen.

„Vier“, kam es nun klagend. Sie hatte doch wahrlich nicht zu feste geschlagen. Verstand die Kleine es so perfekt, ihren Liebsten zu bezirzen, dass sie mit dem Klang ihrer Stimme an sein Innerstes appellierte? Hatte sie gespürt, dass es da möglicherweise Schwingungen zwischen ihrem Gebieter und der sie züchtigenden Erfüllungsgehilfin gab? Zornig und auch ein bisschen wütend über sich selbst und ihre Gedanken setzte sie nun den nächsten Hieb.

„Fünf!“, jaulte nun die Delinquentin. Sollte sie ruhig ein bisschen um ihren Liebsten kämpfen!

„Sechs!“, schrie sie dann, als ob es schlimmer war, als das, was sie vorher vom Folterknecht zu spüren bekommen hatte. Die sollte bloß froh sein, dass sie nicht dessen Sklavin war!

 

Merkwürdigerweise kam ihr bei diesem Gedanken die Eingebung, dass sie gerade die falsche Taktik benutzte. Wie hatte sie es gehasst, dass sie in der Zeit, in der sie Sklavin des Folterknechtes war, nicht das geringste Mittel gefunden hatte, ihn irgendwie zu bezirzen. Da hatte es nur schonungslose Gleichmäßigkeit gegeben. Und wie hatte sie sich danach gesehnt, eine Kommunikationsebene zu haben, die jenseits aller Regeln und sonstiger Übereinkünfte so etwas wie Zweisamkeit bedeutete – Zweisamkeit, die im Augenaufschlag lag oder im Blick, im Stöhnen, ja auch im Schreien. Die beiden hatten das! Und je fester sie zuschlüge, umso mehr würde sich diese Zweisamkeit entäußern. Das war absolut pure Liebesunterwerfung!

„Sieben“, zählte die Sklavin, nach ihrem nunmehr schwächer dosierten Schlag, jetzt mit gekünsteltem Zittern in der Stimme weiter. Nein, dem musste sie wahrlich keine Bühne bieten. Und sie Idiotin hatte gar irgendwelche vermeintlichen Schwingungen gespürt. Die letzten Schläge beschloss sie so zu dosieren, dass das Publikum merken sollte, wie die Kleine das ganze Arrangement nur dazu benutzte, ihren Liebsten mithilfe der Schmerzensschreie zu bezirzen, ihn weich zu klopfen, ihn möglicherweise sogar zum Einschreiten zu bewegen, damit sie sich dann heulend in seine Arme werfen konnte.

 

Um eine unmittelbar erkennbare Veränderung zu vollziehen, wechselte sie die Seite, nahm die Peitsche in die linke Hand und ließ die Riemen nun mehr spielerisch über die prallen Brüste der Sklavin gleiten. Mit zusammengepressten und anschließend Erstaunen zum Ausdruck bringenden, weit aufgerissenen Augen entglitt ihr ein hingehauchtes „Acht“.

Erst jetzt wurde ihr schlagartig klar, dass dieses süße kleine, devote Luder Lust dabei empfand! Nicht die der Unterwerfung, sondern ganz unmittelbare, physische! Und bei ihrem Liebsten drückte sie auf die Mitleidsmasche!

Am liebsten hätte sie dem Folterknecht die Peitsche zurückgegeben. Der hätte die Kraft gehabt, ihr das mit den noch verbliebenen zwei Hieben auszutreiben – es sei denn, die Kleine stand wirklich auf die ganz harte Tour. Sie zügelte sich also weiter, auch wenn sich der letzte Gedanke festsetzte.

„Neun“, zuckte die Kleine nur leicht, schickte aber weiterhin ihren unschuldsvollen Rehblick gen Gebieter. Die war ja wirklich mit allen Wassern gewaschen, die würde vielleicht sogar den Folterknecht um den Finger wickeln. Mit diesem Gedanken schlug sie ein letztes Mal zu – nun wieder unwillkürlich etwas fester.

„Zehn!“, stieß die Kleine jammernd, beinahe röchelnd hervor und – sie hatte das Gefühl, ihr Herz stockte – zügigen Schrittes kam der Gebieter nach vorne geeilt. Hatte das Luder doch ihr Ziel erreicht!

 

Entsetzt und fragend schaute sie erst Richtung Nadelstreifentyp, dann Richtung Folterknecht, welch Letzteres ihr dann sofort ziemlich blöd vorkam. Der Folterknecht stand selbst nur starr da, abwartend, was wohl passiere. Im Prinzip war der ja auch nur Befehlsempfänger. Wie sollte das bloß werden, wenn sie mit ihm allein unterwegs wäre?

Schon war Isabellas Gebieter, die Gunst des sprachlosen Augenblicks nutzend, auf die Bühne gesprungen, stellte sich neben seine Sklavin, legte seinen Arm um ihre Taille und sprach ins Publikum:

„Freunde! Verzeiht mein etwas ungestümes und nicht abgesprochenes Auftreten. Ich möchte es mir nicht nehmen lassen, meine Herzallerliebste von der ersten offiziellen Behandlung durch den Folterknecht und seine Assistentin abzuholen, denn es ist doch – was eigentlich nicht ausgesprochen werden muss – die vornehmste Aufgabe eines Gebieters, sich in allen Lebenslagen um seine Sklavin zu kümmern. Nicht, dass sie anschließend noch vergisst, sich zu bedanken! Aber ich will nicht lange reden, da ich nicht verhehlen möchte, dass mein Auftritt einen ganz besonderen Anlass hat. Meine Liebste und ich wollen Hochzeit feiern – und zwar hier auf Schloss B., im Kreise unserer neuen Gemeinschaft!“

 

Einen Moment lang hatte sie das Gefühl, dass jegliches Geräusch im Saale verstummte. Dann, zaghaft zunächst, war ein erstes Klatschen zu hören. Das war gewiss Eva gewesen, doch hinterher war sie sich nicht mehr so sicher, ob nicht die Initialzündung für den schließlich tosenden Applaus in dem sanften Klatschen der Hand des Gebieters auf dem nackten Po seiner infolgedessen zusammenzuckenden Sklavin gewesen war.

Es war verrückt. Noch nie hatte ein Gebieter seine Sklavin in aller Öffentlichkeit Liebste oder gar Herzallerliebste genannt. Das stellte die Ankündigung der Hochzeit und den Mut des Gebieters, mit dem er das vorgetragen hatte, beinahe noch in den Schatten. Ihre Knie wurden weich.

Ein erneuter Hauch von Sehnsucht war da plötzlich. Allerdings wusste sie nicht so recht, wonach. Oder tauchte da in Wirklichkeit ihre alte Angst wieder auf – die Angst, was alles passieren könnte?